Verwaltungsrecht

Klagebefugnis für Verpflichtungsklage auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts

Aktenzeichen  14 ZB 15.2633

Datum:
23.8.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 129403
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 42 Abs. 2
BUKG § 10 Abs. 3

 

Leitsatz

1 Bei einem geltend gemachten Anspruch auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts muss sich für das Vorligen der Klagebefugnis aus dem Sachvortrag die Möglichkeit ergeben, dass die Behörde aufgrund einer Rechtsgrundlage verpflichtet ist, den begehrten feststellenden Bescheid zu erlassen, wobei sich die Rechtsgrundlage auch aus dem Normzweck ergeben kann (Anschluss an BVerwG NVwZ 1991, 267). (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2 Es ist nicht erkennbar, dass das Bundesumzugskostengesetz den Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts für die Anerkennung einer eigenen Wohnung vorsieht. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 17 K 14.380 2015-10-29 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils) ist nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegt jedenfalls nicht vor.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548).
Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage des Klägers, eines im Dienste der Beklagten stehenden Soldaten auf Zeit, auf Anerkennung eines eigenen Hausstands mangels Klagebefugnis als unzulässig abgewiesen, da der behauptete Anspruch auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise bestehe. Das Bundesumzugskostengesetz (BUKG) sehe den Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts für die Anerkennung einer eigenen Wohnung nicht vor. § 10 Abs. 3 BUKG enthalte lediglich eine Legaldefinition der Wohnung i.S.v. § 10 Abs. 1 BUKG. Ob eine Wohnung vorliege oder nicht, sei jeweils Anspruchsvoraussetzung für das Vorliegen eines umzugskostenrechtlichen Anspruchs und dann zu prüfen, wenn der Kläger Leistungen nach dem Umzugskostenrecht begehre und beantrage. Daher handele es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 12. August 2013, mit dem dem Kläger mitgeteilt worden sei, dass die angezeigte Wohnung nicht als berücksichtigungsfähig anerkannt werden könne, nicht um einen Verwaltungsakt, sondern – wie im Erlass des BMVg vom 4. März 1997 (S II 4 (2) Az.: 21-10-02) ausgeführt – um ein verwaltungsinternen Zwecken dienendes Zwischenergebnis. Der Kläger könne – auch insoweit gebe die Verwaltungsvorschrift die Rechtslage zutreffend wieder – gegen die Ablehnung der Gewährung von Leistungen nach dem Umzugskostenrecht gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen und sei daher nicht rechtlos gestellt. Die Frage, ob die Wohnung des Klägers als eigene Wohnung i.S.v. § 10 Abs. 3 BUKG anzuerkennen sei, sei dann als Inzidentfrage bei der Überprüfung der Voraussetzungen für den zu erlassenden Verwaltungsakt zu klären. Aus diesem Grunde fehle dem Kläger darüber hinaus auch das Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Verpflichtungsklage, denn das Rechtsschutzbedürfnis fehle für Klagen, wenn der Kläger sein Ziel auf anderem Wege effizienter erreichen könne.
Der Kläger wendet hiergegen ein, das Gericht habe zu Unrecht die erhobene Verpflichtungsklage als unzulässig abgewiesen, denn er habe den Antrag auf Anerkennung seiner Wohnung nicht im Zuge einer Versetzung/Kommandierung gestellt. Er habe die Wohnung angemietet wegen der Unterbringung seiner Schusswaffen und Munition, um auch außerhalb der Dienstzeiten am Schießtraining teilnehmen zu können und habe daher nicht die Gewährung von Leistungen nach dem Umzugskostenrecht beantragt, sondern lediglich die Anerkennung dieser Wohnung als Hausstand. Dieses Ziel habe er auch nicht „auf anderem Wege“ erreichen können. Auch sei die Beklagte auf seinen Antrag hin im normalen Verwaltungswege tätig geworden und habe diesen materiell-rechtlich geprüft, nicht aber schon von vornherein als unzulässig abgewiesen. Die Ablehnung des Antrags auf Anerkennung der Wohnung als Hausstand erfülle im Übrigen auch alle Voraussetzungen, die ein Verwaltungsakt nach § 35 VwVfG haben müsse. Ohne Belang für die Anerkennung sei, dass er die Wohnung mit seiner Schwester angemietet habe und die Frage, ob eine Befreiung vom Wohnen in der Gemeinschaftsunterkunft vorgelegen habe.
Durch das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und es werden keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.
Die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage setzt das Vorliegen der Klagebefugnis i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO voraus. Bei der Verpflichtungsklage ist klagebefugt, wer ein subjektives Recht auf Erlass des Verwaltungsakts haben kann (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 92). Die Klagebefugnis für eine Verpflichtungsklage fehlt, wenn offensichtlich und eindeutig kein Rechtssatz besteht, der die Behörde zum Erlass des Verwaltungsaktes verpflichtet oder wenigstens ermächtigt und zugleich einen subjektiven Anspruch gewährt sowie den jeweiligen Kläger in den Rechtskreis der Berechtigten einbezieht. Darin liegt die „Filterfunktion“ des § 42 Abs. 2 VwGO bei Verpflichtungsklagen (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.1997 – 1 C 29.95 –BVerwGE 104,115). Wird – wie hier – ein Anspruch auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts geltend gemacht, muss sich somit aus dem Sachvortrag die Möglichkeit ergeben, dass die Behörde aufgrund einer Rechtsgrundlage verpflichtet ist, den begehrten feststellenden Bescheid zu erlassen, wobei sich die Rechtsgrundlage auch aus dem Normzweck ergeben kann (vgl. BVerwG, B.v. 10.10.1990 –1 B 131.90 – NVwZ 1991, 267). Für die Zulässigkeit einer jeden Inanspruchnahme des Gerichts ist auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis Voraussetzung. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn der Kläger sein Ziel auf anderem Wege einfacher und schneller oder effizienter erreichen könnte (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, vor §§ 40-53 Rn. 12).
Hierzu hat der Kläger schon nichts vorgetragen. Er hat nicht im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, inwieweit die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Klage sei mangels Klagebefugnis unzulässig, da das Bundesumzugskostengesetz den Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts für die Anerkennung einer eigenen Wohnung offensichtlich nicht vorsehe, nicht zutreffend sein soll und nennt keine ausdrückliche oder im Wege der Auslegung zu ermittelnde gesetzliche Grundlage, die die Behörde zum Erlass des begehrten feststellenden Verwaltungsakts verpflichten (oder ermächtigen) könnte. Soweit der Kläger geltend macht, er habe die Wohnung angemietet wegen der Unterbringung seiner Schusswaffen und Munition, um auch außerhalb der Dienstzeiten am Schießtraining teilnehmen zu können, hätte er in diesem Zusammenhang aufzeigen müssen, dass sich gerade aus diesem Grund eine entsprechende Verpflichtung (oder Ermächtigung) für die Beklagte aus § 10 Abs. 3 BUKG oder aus einer anderen gesetzlichen Grundlage ergeben könnte.
Selbst bei der Annahme, dass sich in besonders gelagerten Fällen aus den konkreten rechtlichen oder tatsächlichen Umständen ausnahmsweise die Pflicht einer Behörde ergeben kann, einen feststellenden Verwaltungsakt auch ohne Vorliegen einer gesetzlichen Ermächtigung hierfür zu erlassen (bejahend, wenn ein berechtigtes Interesse an der Klärung der Rechtslage besteht: BayVGH, U.v.18.8.1980 – 22 B 1410/79 – NJW 1981, 2076; offengelassen: BayVGH, U.v. 2.9.1986 – 26 B 83 A.2240 – BayVBl 1987, 499), hat der Kläger nicht dargelegt, inwieweit er außerhalb der Geltendmachung umzugsbzw. trennungsgeldrechtlicher Ansprüche (auf die es ihm entgegen seinem Vortrag offensichtlich ankommt, vgl. VG-Akte Bl. 36) ein berechtigtes Interesse an der Feststellung eines eigenen Hausstands durch die Beklagte gerade wegen der Lagerung seiner Schusswaffen in der angemieteten Wohnung haben könnte. Kommt es dem Kläger aber auf die Feststellung der Anerkennung der Wohnung zur Geltendmachung trennungsgeldrechtlicher Ansprüche an, hätte er aufzeigen müssen, warum es ihm nicht zumutbar sein sollte, dies als Inzidentfrage bei der Überprüfung der Voraussetzungen für den nach dem Umzugskostenrecht zu erlassenden Verwaltungsakt klären zu lassen.
Auch sein Vortrag, für die Anerkennung eines eigenen Hausstands sei die Frage ohne Belang, ob eine Befreiung vom Wohnen in der Gemeinschaftsunterkunft vorgelegen habe, vermag den Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu begründen. Ganz abgesehen davon, dass der wegen Versetzung in die neue Einheit erlassene Widerruf der Befreiung vom Wohnen in der Gemeinschaftsunterkunft vom 27. Juni 2013 (vgl. Behördenakte Bl. 12) bestandskräftig wurde, würde sich diese Frage erst im Rahmen der Begründetheit der Klage stellen.
Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.
Streitwert: §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.


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