Verwaltungsrecht

Kommunalverfassungsstreit, Besetzung von Ausschüssen im Kreistag, Spiegelbildlichkeit, Organisationsermessen des Kreistags insbesondere bzgl. des Auswahlverfahrens

Aktenzeichen  M 7 E 20.2656

Datum:
10.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 51991
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
LkrO Art. 27 Abs. 2 S. 2 und 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin, eine aus drei Kreistagsmitgliedern mit selber Parteizugehörigkeit bestehende Gruppe, wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die vom Kreistag des Antragsgegners beschlossene Sitzverteilung in den Kreistagsausschüssen, soweit diese Ausschüsse betrifft, welche über 12 Mitglieder verfügen.
Als abschließendes Ergebnis der Kreistagswahl 2020 ergab sich laut Bekanntmachung des Landkreiswahlleiters vom 1. April 2020 folgende Sitzverteilung im Kreistag bei insgesamt 60 zu vergebenden Sitzen:
Partei
Gesamtzahl gültiger Stimmen
Anzahl Sitze (Gesamt: 60)
CSU
1. … 
24
BÜNDNIS 90/DIE GÜNEN (GRÜNE)
3. …
8
Alternative für Deutschland (AfD)
1. …
3
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
3. …
9
Freie Demokratische Partei (FDP)
7. …
2
Freie Wähler (FW)
3. …
8
Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP)
9. …
2
Junge Liste im Landkreis A. e. V. (JL)
1. …
4
Im Rahmen seiner konstituierenden Sitzung am 18. Mai 2020 beschloss der Kreistag des Antragsgegners unter TOP 4.1 Regelungen zur Geschäftsordnung – Verfahren zur Besetzung der Ausschüsse:
Im Vorgriff auf eine, frühestens in der zweiten Sitzung des Kreistags, zu beschließende Neufassung der Geschäftsordnung wird § 33 Abs. 2 Satz 2 wie folgt gefasst:
„Haben mehrere Parteien oder Wählergruppen gleichen Anspruch auf einen Sitz, wird auf die Zahl der bei der Wahl auf diese Parteien oder Wählergruppen abzugebenden Stimmen zurückgegriffen; bei Beteiligung einer Ausschussgemeinschaft entscheidet das Los.“
Diese Änderung gilt ab sofort und wird erstmals für die Besetzung der Ausschüsse in der Wahlperiode 2020 bis 2026 angewandt.
§ 33 Abs. 1 und 2 der Geschäftsordnung des Kreistags Altötting (im Folgenden: GO KT) trifft damit unter Berücksichtigung des Beschlusses vom 18. Mai 2020 für den Kreisausschuss folgende Regelung:
„(1) Dem Kreisausschuss gehören der Landrat und 12 Kreisräte an (Art. 27 LKrO).
(2) Die Mitglieder des Kreisausschusses werden vom Kreistag aufgrund der Vorschläge der Parteien und Wählergruppen nach dem Hare-Niemeyer-Verfahren ermittelt. Haben mehrere Parteien oder Wählergruppen gleichen Anspruch auf einen Sitz, wird auf die Zahl der bei der Wahl auf diese Parteien oder Wählergruppen abzugebenden Stimmen zurückgegriffen; bei Beteiligung einer Ausschussgemeinschaft entscheidet das Los. Einzelmitglieder und kleine Gruppen des Kreistags, die aufgrund des Stärkeverhältnisses im Kreisausschuss nicht vertreten wären, können sich zur Entsendung gemeinsamer Vertreter in den Kreisausschuss zusammenschließen (Ausschussgemeinschaften i.S. Art. 27 Abs. 2 Satz 5 LKrO); Ausschussgemeinschaften können einen Sprecher und mindestens einen Stellvertreter benennen.
Die gleiche Regelung gilt für den laut Geschäftsordnung ebenfalls mit 12 Kreisräten und dem Landrat besetzten Umweltausschuss (§ 36a Abs. 1 GO KT).
Den unter TOP 4 der konstituierenden Sitzung behandelten Antrag der Antragstellerin, das Verfahren nach Hare/Niemeyer aus der Kreissatzung zu streichen, TOP 4a von der Tagesordnung zu nehmen und hilfsweise zu 2, das mathematische Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren anstelle der mathematischen Verfahren nach Hare/Niemeyer oder d’Hondt zu setzen, lehnte der Kreistag mit 3:57 Stimmen ab.
Von den insgesamt 12 Sitzen des Kreisausschusses und des Umweltausschusses entfielen auf die CSU jeweils 5 Sitze, die SPD jeweils 2 Sitze, die FW jeweils 2 Sitze, die Grünen jeweils 1 Sitz, die JL jeweils 1 Sitz und die (am 27. April 2020 durch einen Kreisrat erklärte) Ausschussgemeinschaft ÖDP/FDP jweils 1 Sitz. Auf die Antragstellerin entfiel jeweils kein Sitz (zu den ermittelten Proportionalzahlen und der Verteilung nach Hare/Niemeyer s.u./Ausführungen zur Antragserwiderung). Alle weiteren beschlossenen Ausschüsse haben weniger als 12 Sitze.
Mit Eingang am 17. Juni 2020 wendet sich die Antragstellerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Besetzung des Kreis- und Umweltausschusses. Zur Begründung wird angeführt, dass die Verteilung der Sitze in den mit 12 Mitgliedern zu besetzenden Ausschüssen im Kreistag mit Art. 28 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 und 2 GG unvereinbar sei und die Antragstellerin in ihren verfassungsmäßigen Rechten als Organteil verletze. Denn laut Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folge aus den genannten Normen, dass sowohl im Plenum wie auch den Ausschüssen kommunaler Vertretungen das Prinzip der demokratischen Repräsentation zur Geltung kommen müsse und die Ausschüsse daher grundsätzlich als verkleinerte Abbilder des Plenums dessen Zusammensetzung und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegeln müssten. Gegenstand dieser Widerspiegelung könnten dabei nur die Parteien und Wählergruppen sein, welche sich den Bürgern zur Wahl gestellt hätten. Dies treffe laut Bundesverwaltungsgericht auf Zusammenschlüsse wie der aus FPD und ÖDP gebildeten Fraktionsgemeinschaft nicht zu. Art. 27 Abs. 2 Satz 5 LKrO sei jedenfalls dann mit dem Grundgesetz unvereinbar, wenn man ihn so auslege, dass er nicht nur Einzelabgeordnete, sondern auch die Bildung von Ausschussgemeinschaften, wie vorliegend zur FDP und ÖDP, ermögliche. Wenn man der Berechnung der Sitzverteilung daher ausschließlich die Größe der Parteien und Wählergruppen im Kreistag zugrunde lege, ergebe sich (bzgl. der Ausschüsse mit 12 Mitgliedern) für die Antragstellerin nach Hare/Niemeyer eine 2/3-(Los) Chance auf einen Ausschusssitz und nach Sainte-Laguë/Schepers ein Ausschusssitz. Je nachdem, welches Verfahren angewendet werde, stehe der Antragstellerin damit jedenfalls eine Loschance zu. Der Antragsgegner sei aber ohnehin nicht frei in der Auswahl des Verfahrens. Vielmehr habe er dasjenige Verfahren zu wählen, das die größtmögliche Annäherung an die Spiegelbildlichkeit erziele. Dies sei vorliegend das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers, welches mathematisch betrachtet die geringste Abweichung bzw. Entfernung zur Spiegelbildlichkeit ergebe. Mit zwei Schriftsätzen jeweils vom 1. Juli 2020 ergänzt der Bevollmächtigte der Antragstellerin, dass der bayerische Gesetzgeber keine Rechtsgrundlage geschaffen habe, um eines der drei grundsätzlich in Betracht kommenden Auswahlverfahren in der Geschäftsordnung für alle anzuwendenden Fälle als verbindlich vorzugeben. Daher seien die Kommunen zu einer Einzelfallprüfung bzgl. der größtmöglichen Spiegelbildlichkeit verpflichtet. Unabhängig davon sei die Besetzung der beiden Ausschüsse schon deswegen fehlerhaft, weil zur Berechnung eine rechtswidrig gebildete Ausschussgemeinschaft berücksichtigt worden sei.
Die Antragstellerin beantragt vertreten durch ihren Bevollmächtigten, einstweilen anzuordnen, dass der Antragsgegner die Sitzverteilung für die Ausschüsse in seinem Kreistag erneut vornimmt und zwar so, dass die Antragstellerin im Kreisausschuss und allen anderen Ausschüssen mit 12 Mitgliedern einen Sitz erhält.
Hilfsweise einstweilen anzuordnen, dass der Antragsgegner die Sitzverteilung für den Kreis- und den Umweltausschuss in seinem Kreistag erneut und zwar unter Berücksichtigung ausschließlich der Parteien und Wählergruppen vornimmt, die den Bürgern bei der Landkreiswahl 2020 zur Wahl standen.
Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2020 beantragt der Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.
Die Sitzverteilung in den verfahrensgegenständlichen Ausschüssen des Kreistages sei rechtmäßig. Die Entscheidung, nach welchem Verteilungsverfahren unter Beachtung des Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO die Besetzung der Ausschüsse erfolgen solle, sei Ausfluss der Organisationshoheit des Kreistages; im Gesetz sei kein bestimmtes Verfahren vorgeschrieben. Eine „ideale Spiegelbildlichkeit“ gebe es ohnehin nicht. Ein Übergang auf ein alternatives Verfahren müsse beim Kreisausschuss, dessen Mitgliederzahl zwingend vorgegeben sei, nur dann erfolgen, wenn die Anwendung des angewandten Verfahrens zu einer Überrepräsentation („Überaufrundung“) führe. Die sei vorliegend nicht der Fall, wie ein Vergleich des mathematischen Verhältnisses mit dem Ergebnis des Verfahrens nach Hare/Niemeyer zeige:
Mathematisches Verhältnis
Sitze nach Hare-Niemeyer
CSU
24 x 12/60 = 4,8
4+1=5
Grüne
8 x 12/60 = 1,6
1+0=1
AfD
3 x 12/60 = 0,6
0+0=0
SPD
9 x 12/60 = 1,8
1+1=2
FW
8 x 12/60 = 1,6
1+1=2
JL
4 x 12/60 = 0,8
0+1=1
ÖDP/FDP
4 x 12/60 = 0,8
0+1=1
Bei gleicher Verhältniszahl habe die Fraktion der Freien Wähler aufgrund der im Vergleich zu Grünen und AfD höheren Zahl der Wählerstimmen den 12. Sitz erhalten (§ 33 Abs. 2 GO KT). Sinngehalt des Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO sei, dass jeder Ausschuss ein verkleinertes Abbild des Kreistages darstellen müsse. Zwar solle so verhindert werden, dass kleinere Fraktionen oder Gruppen durch Beschluss der Mehrheitsparteien ausgeschlossen würden. Allerdings habe sie nicht den Sinn, dass jede noch so kleine Minderheit bzw. fraktionslose Gemeinderatsmitglieder Anspruch auf Vertretung in jedem Ausschuss hätten. Daher bestehe kein Anspruch auf Korrektur der Sitzverteilung.
Ergänzend wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag bleibt erfolglos.
1. Das Gericht geht zunächst davon aus, dass die Antragstellerin in ihrer Funktion als Gruppe innerhalb des Kreistages jedenfalls in der vorliegenden Konstellation beteiligtenfähig und antragsbefugt ist, § 61 Nr. 2 VwGO sowie § 42 Abs. 2 VwGO analog. Wenn ihr Antrag Erfolg hätte, würde ihr gemäß § 29 Abs. 3 GO KT das Recht zustehen, eine Fraktion zu bilden, weil sie dann – was laut Geschäftsordnung Voraussetzung ist – einen Sitz im Kreisausschuss innehätte (vgl. zur Beteiligtenfähigkeit einer Kreistagsfraktion in einem Kommunalverfassungsstreit BayVGH, B. v. 10.4.2018 – 4 CE 17.2450 – juris Rn. 14).
2. Die Antragstellerin hat aber jedenfalls keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag auch vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch zur Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d. h. der materielle Anspruch, für den die Antragstellerin vorläufigen Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet wird, nach § 920 Abs. 2 i.V.m. § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft zu machen.
Die angegriffene Verteilung der Ausschusssitze im Kreis- und im Umweltausschuss ist rechtmäßig. Die Antragstellerin hat weder einen Anspruch auf einen Sitz in diesen Ausschüssen (mit 12 Mitgliedern) noch einen Anspruch auf erneute Vornahme der Sitzverteilung unter Berücksichtigung ausschließlich der Parteien und Wählergruppen, die den Bürgern bei der Landkreiswahl 2020 zur Wahl standen, glaubhaft gemacht.
1.1 Für die Berechnung der Sitzverteilung hat der Kreistag – unabhängig vom zugrundeliegenden Auswahlverfahren – zunächst zu Recht auf die Ausschussgemeinschaft ÖDP/FDP abgestellt und nicht auf die darin vertretenen Kreisräte dieser Parteien als solche.
Nach Art. 27 Abs. 2 Satz 5 LKrO können sich Kreisräte zur Entsendung gemeinsamer Vertreter in den Kreisausschuss und auch in den Umweltausschuss (Art. 29 Abs. 1 Satz 3 LKrO) zusammenschließen. Ein Verstoß gegen höherrangiges Bundes- oder Landes-(verfassungs-)recht liegt nicht vor, wenn Art. 27 Abs. 2 Satz 5 LKrO dahingehend einschränkend ausgelegt wird, dass darin nur der Zusammenschluss von sog. Einzelgängern oder solchen Fraktionen oder Gruppen zugelassen wird, die ohne einen Zusammenschluss keinen Sitz im Ausschuss erhalten würden (vgl. BayVGH, U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.117 – juris Rn. 43 m.w.N.; bestätigt durch BayVGH, B.v. 28.9.2009 – 4 ZB 09.858 – juris Rn. 5). Unter dieser Beschränkung, die für jeden Ausschuss gesondert zu prüfen ist, ist das Leitbild vom Ausschuss als dem verkleinerten Abbild des Plenums nicht entscheidend in Frage gestellt und damit das verfassungsrechtliche Demokratieprinzip geachtet (vgl. BayVGH, U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.117 – juris Rn. 43 unter Verweis auf das vom Bevollmächtigten der Antragstellerin zitierte Urteil des BVerwG vom 10.12.2003 – 8 C 18.03 – juris). Das Gesetz will lediglich die Mitarbeit sonst nicht vertretener kleiner Gruppierungen in den Ausschüssen ermöglichen, nicht aber die Basis ohnehin vertretener Parteien oder Wählergruppen verstärken. Es dürfen sich also nur „Kleine mit Kleinen”, nicht aber „Kleine mit Großen” oder gar „Große mit Großen” verbinden (vgl. BayVGH, U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.117 – juris Rn. 43). In diesem Sinne argumentiert im Übrigen auch das Bundesverwaltungsgericht im vom Bevollmächtigten der Antragstellerin zitieren Urteil vom 9. Dezember 2009 (Az. 8 C 17/08 – juris Rn. 22 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht schließt darin gemeinsame Wahlvorschläge von Koalitionsfraktionen zur Sicherung des „Mehrheitsprinzips“ aus, weil sie den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Spiegelbildlichkeit über das zur Realisierung des Mehrheitsprinzips erforderliche Maß hinaus einschränken. Wie eben erläutert dient Art. 27 Abs. 2 Satz 5 LKrO in seiner eingeschränkten Auslegung im Gegenteil gerade dazu, die „Kleinen“ vor solch einem Zusammenschluss von (ohnehin bereits) „Größeren“ zu schützen und ihnen umgekehrt durch einen eigenen Zusammenschluss eine stärkere Rechtsposition zu verschaffen. Im Übrigen würde Art. 27 Abs. 2 Satz 5 LKrO vorliegend auch der Antragstellerin die Teilnahme an einem solchen Zusammenschluss ermöglichen.
1.2 Die Anwendung des Auswahlverfahrens nach Hare/Niemeyer begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.
Die von der Antragstellerin erstrebte Zuteilung eines Sitzes im Kreis- und Umweltausschuss wäre im vorliegenden Fall nur geboten, wenn sie einen Anspruch darauf hätte, dass bei der Ausschussbesetzung zwingend das Verfahren Sainte-Laguë/Schepers zur Anwendung gelangte. Einen Anspruch auf Anwendung dieses aus Sicht der Antragstellerin mathematisch vorzugswürdigeren Verfahrens gibt es laut ständiger Rechtsprechung jedoch nicht (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2017 – 4 ZB 16.1815 – juris Rn. 15 mit Verweisen auf: BVerwG, B.v. 25.2.1997 – 8 B 19/97 – juris Rn. 2; BVerwG, U.v. 10.12.2003 – 8 C 18/03 – juris Rn. 21; BayVGH, U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.1159 – juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.117 – juris Leitsatz 2 und Rn. 46, 63: Ungeeignetheit eines Berechnungsverfahrens nur bei sog. Überaufrundung, Überprüfung nur ergebnisbezogen, nicht verfahrensbezogen; ebenso BayVGH, U.v. 8.5.2015 – 4 BV 15.201 – juris 29/30; VG Regensburg, U.v. 14.1.2015 – RN 3 K 14.1045 – juris Rn. 61; für die Bildung von Landtagsausschüssen vgl. BayVerfGH, E.v. 26.11.2009 – Vf.32-IVa-09 – juris Rn. 36 und 56: autonome Gestaltungsfreiheit; zur Sitzverteilung bei den Gemeinde- und Landkreiswahlen vgl. BayVerfGH, E.v. 26.10.2009 – Vf. 16-VII-08 – juris Rn. 33, 37, 39 und 43 m.w.N.). Auch die Folge, dass die Antragstellerin durch das gewählte Berechnungsverfahren keinen Ausschusssitz erhält, rechtfertigt für sich nicht den Schluss, dass deshalb das Auswahlermessen des Antragsgegners bezüglich der Auswahl des Berechnungsverfahrens auf Null reduziert wäre. Es gibt keinen Billigkeitsgrundsatz dahingehend, dass Parteien oder Ausschussgemeinschaften durch die Wahl eines passenden Auswahlverfahrens so (über) repräsentiert werden müssten, dass auch sie einen Ausschusssitz erhalten können (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2017 – 4 ZB 16.1815 – juris Rn. 14 mit Verweis auf BayVGH, U.v. 7.10.1992 – 4 B 91.2372 – juris Rn. 16 bis 18 für die Bestimmung der Ausschussgröße). Eine Korrektur des Auswahlverfahrens ist nach der zitierten Rechtsprechung nur erforderlich, soweit eine sog. Überrundung stattfindet, was aber beim Verfahren nach Hare/Niemeyer bereits methodisch ausgeschlossen ist.
Fehler bei der Anwendung des Hare/Niemeyer-Verfahrens selbst oder bei der Ausschussbesetzung im Übrigen sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
2. Daher waren sowohl der Haupt- als auch der hilfsweise gestellte Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Nrn. 22.7 und 1.5 Satz 2 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.


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