Verwaltungsrecht

Kosovo ist ein sicherer Herkunftsstaat

Aktenzeichen  M 5 S 16.30536

Datum:
31.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 4, § 29a
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
GG GG Art. 16a
VwGO VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Der Kosovo ist ein sicherer Herkunftsstaat. Die allgemein schwierige wirtschaftliche Situation im Kosovo begründet keine Verfolgung iSv § 3 AsylG. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Die Antragstellerin ist kosovarische Staatsangehörige albanischer Volkszugehörig-keit. Nach erfolgloser Asylantragstellung (unanfechtbare Ablehnung des Asylantrags am 28.4.1999) wurde sie am 14. Oktober 2004 abgeschoben. Sie reiste nach eigenen Angaben auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland erneut ein und stellte hier am 2. Dezember 2015 Asylantrag.
Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab die Antragstellerin an, dass sie von einem verheirateten Mann, mit dem sie sonst keine Beziehung gehabt habe, ein Kind erwartet habe. Dieser kosovarische Mann habe eine Niederlassungserlaubnis in Deutschland und lebe hier. Als ihre Eltern das erfahren hätten, hätten sie ihr gedroht, sie umzubringen. Ihr Vater habe sie auch geschlagen und verletzt. Daraufhin sei sie ausgereist. Der Kindsvater habe die Vaterschaft des mittlerweile in Deutschland am … Juli 2015 geborenen Kindes anerkannt.
Mit Bescheid vom 26. Februar 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offensichtlich unbegründet ab, lehnte den Antrag auf subsidiären Schutz ab (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Antragstellerpartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Kosovo oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 10 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Zur Begründung führte das Bundesamt insbesondere aus, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht vorlägen, da die Antragstellerpartei keine Verfolgungsmaßnahmen durch den Staat oder zu berücksichtigende schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen seitens nichtstaatlicher Dritter zu befürchten habe. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor, insbesondere sei weder von der kosovarischen Regierung noch durch nichtstaatliche Dritte eine unmenschliche Behandlung zu erwarten. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Eine allgemein schwierige soziale und wirtschaftliche Lage begründe kein Abschiebungsverbot, sie müsse und könne von der Antragstellerpartei ebenso wie von vielen seiner Landsleute ggf. unter Aufbietung entsprechender Aktivitäten bewältigt werden. Eine Rückkehr sei insofern zumutbar. Insbesondere bestünden Hilfsangebote für Frauen, die von häuslicher Gewalt bedroht seien.
Der Bescheid wurde dem Bevollmächtigten der Antragstellerpartei am 9. März 2016 zugestellt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerpartei am 16. März 2016 Klage (ausgenommen die Ablehnung der Anerkennung als Asylberechtigte) und beantragte gleichzeitig,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung anzuordnen.
Da die Antragstellerin bei ihrer Familie im Kosovo keine Aufnahme finden könne, sei zumindest eine Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet nicht haltbar. Für das in Deutschland geborene Kind sei eine Aufenthaltserlaubnis beantragt worden.
Die Antragsgegnerin legte die Akten vor und stellte keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Klageverfahren sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (Art. 16a Abs. 4 GG, §§ 71 Abs. 4, 36 Abs. 4 AsylG).
1. Gemäß Art. 16a GG, § 36 Abs. 4 AsylG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG offensichtlich nicht besteht – wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht – und ob dieser weiterhin Bestand haben kann (BVerfG, B. v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – BVerfGE 67, 43). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a GG) und die Voraussetzungen des § 3 AsylG offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel i. S. v. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.), was nach ständiger Rechtsprechung aber nicht anzunehmen ist, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen, und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B. v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – Inf-AuslR 1993, 196).
2. An der Rechtmäßigkeit der insoweit seitens des Bundesamts getroffenen Entscheidungen bestehen hier keine derartigen ernstlichen Zweifel.
a) Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag der Antragstellerpartei nicht erkennbar. Vielmehr hat sie sich im Kern allein auf die schwierige wirtschaftliche Situation im Kosovo berufen. Dies begründet aber keine Verfolgung im Sinne von § 3 AsylG. Das Gericht folgt daher der zutreffenden Begründung der Antragsgegnerin im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG). Soweit die Antragstellerin befürchtet, Opfer häuslicher Gewalt zu werden, hat das Bundesamt im angegriffenen Bescheid ausführlich unter Bezugnahme auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 9. Dezember 2015 hierzu Stellung genommen, worauf verwiesen wird.
b) Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt auch insoweit auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Auch können Rückkehrer laut Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 9. Dezember 2015 Leistungen bzw. Eingliederungshilfen erhalten.
Die zuständige Ausländerbehörde hat eine eventuelle Auswirkung des ausländerrechtlichen Status des Kindes der Antragstellerin zu berücksichtigen. Für die Beurteilung des vorliegenden Schutzantrags ist das unbeachtlich.
Vor diesem Hintergrund ist die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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