Aktenzeichen W 2 K 17.811
AVBaySchFG Art. 15 Abs. 1
Art. 8 § 2 Konkordat vom 29. März 1924
Leitsatz
1 An staatlichen Schulen besteht kein Bedarf für die Bestellung eines Betriebsarztes und einer Fachkraft für Arbeitssicherheit. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2 Es ist von Verfassungs wegen nicht geboten, alle von einem privaten Träger einer Ersatzschule tatsächlich aufgewandten Kosten voll zu übernehmen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 30. September 2015 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 18. November 2015 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten für die vorgenommene Bestellung eines Betriebsarztes und einer Fachkraft für Arbeitssicherheit für das Haushaltsjahr 2010 in Höhe von 1.504,80 EUR, § 113 Abs. 5 VwGO.
Nach Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 BaySchFG in der für das Haushaltsjahr 2010 maßgeblichen Fassung werden Ersatzschulen, die von juristischen Personen des öffentlichen oder privaten Rechts einschließlich der kirchlichen Rechtsträger betrieben werden und auf gemeinnütziger Grundlage wirken, auf Antrag des Schulträgers staatlich gefördert. Unter anderem erhält der Schulträger bei privaten Förderschulen und Schulen für Kranke nach Art. 34 Abs. 1 Satz 1 BaySchFG für den notwendigen Schulaufwand einen Zuschuss in Höhe von 80 bzw. 100%.
Notwendig ist nach § 15 Abs. 1 AVBaySchFG in der für das Haushaltsjahr 2010 maßgeblichen Fassung der Schulaufwand, der nach den einschlägigen Vorschriften bei entsprechenden staatlichen Schulen als Mindestaufwand anfällt. Art. 8 § 2 des Konkordats zwischen Seiner Heiligkeit Papst Pius XI. und dem Staate Bayern vom 29. März 1924, das durch Gesetz vom 15. Januar 1925 (BayRS 2220-1-UK) als Staatsvertrag genehmigt wurde und nach Art. 182 BV fort gilt (vgl. auch Art. 58 BaySchFG), bestimmt ebenfalls, dass der Freistaat Bayern privaten katholischen Volksschulen und Sonderschulen auf Antrag des Schulträgers den notwendigen Aufwand ersetzt, der sich nach dem der öffentlichen Schulen bemisst.
Die Kostenerstattung ist damit sowohl nach dem Konkordat als auch nach dem Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz und der hierzu erlassenen Ausführungsverordnung auf den Schulaufwand beschränkt, der an öffentlichen Schulen als Mindestaufwand anfällt (BayVGH, U.v. 20.8.2009, Az.: 7 B 07.453 – juris).
Für die streitigen Kosten fällt jedoch an staatlichen Schulen kein (vergleichbarer) Mindestaufwand an. Denn eine Bestellung externer Kräfte als Betriebsarzt und als Fachkraft für Arbeitssicherheit findet an staatlichen Schulen nicht statt.
Die gem. § 16 ASiG erforderliche Gewährleistung eines den Grundsätzen des Arbeitssicherheitsgesetzes gleichwertigen arbeitsmedizinischen und arbeitssicherheitstechnischen Arbeitsschutzes erfolgt an staatlichen Schulen nach Maßgabe der Richtlinien über die Gewährleistung eines arbeitsmedizinischen und arbeitssicherheitstechnischen Arbeitsschutzes in der staatlichen Verwaltung des Freistaates Bayern vom 15. Februar 2011. Danach können die Schulleiter/-innen – denen mit Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 1. März 2013 (A 3 – M 1161.8. – 8b/22 468) die Zuständigkeit für die Bestellung von Betriebsärztinnen/Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit entsprechend Ziffer 2.1. Satz 3 der o.g. Richtlinie übertragen wurde – unter den Voraussetzungen in Ziffer 2.6. der o.g. Richtlinie von der Bestellung von Betriebsärztinnen/Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit absehen. Erforderlich hierfür ist u.a., dass der Schulleiter/die Schulleiterin oder eine von diesem/dieser bestellte Lehrkraft an ausreichenden Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen teilnimmt, die der für den Landesbereich zuständige Träger der Unfallversicherung organisiert und durchführt (vgl. Anlage 1 zu Ziffer 2.6. der o.g. Richtlinie).
An staatlichen Schulen besteht somit kein Bedarf für die von der Klägerin vorgenommene Bestellung eines Betriebsarztes und einer Fachkraft für Arbeitssicherheit. Es fehlt daher an einem „nach den einschlägigen Vorschriften bei entsprechenden staatlichen Schulen als Mindestaufwand anfallenden Schulaufwand“ i.S.d § 15 Abs. 1 AVSchFG und damit an einer gesetzlichen Grundlage für eine Kostenerstattung.
Dies ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar.
In der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Verfassung keine volle Übernahme der vom privaten Träger einer Ersatzschule tatsächlich aufgewandten Kosten gebietet und dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von gesetzlichen Regelungen über Art und Höhe finanzieller Leistungen für Privatschulen ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt ist. Er darf sich dabei an den Kosten des öffentlichen Schulwesens orientieren. Denn eine bessere Ausstattung als vergleichbare öffentliche Schulen können Ersatzschulen nicht beanspruchen (siehe grundlegend BVerfG, U.v. 08.04.1987, Az. 1 BvL 8/84, 1 BvL 16/84 – juris). Demgemäß ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass § 15 Abs. 1 AVSchFG den notwendigen Schulaufwand i.S.d. Art. 34 Satz 1 BaySchFG als den bei entsprechenden staatlichen Schulen anfallenden Mindestwand bestimmt. Wie sich bereits aus dem Wort „Mindestaufwand“, aber auch daraus ergibt, dass der Staat von Verfassungs wegen nicht verpflichtet ist, die tatsächlich aufgewandten Kosten voll zu übernehmen, umfasst der notwendige Personal- und Schulaufwand nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. grundlegend U.v. 26.7.1995, Az. 7 B 94.428 – juris) nicht zwangsläufig alles, was machbar, wünschenswert oder sinnvoll ist. Das gilt auch in Bezug auf die streitgegenständlichen Kosten.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.