Verwaltungsrecht

Kostentragung bei Erledigterklärung nach Untätigkeitsklage

Aktenzeichen  AN 11 K 16.31077, AN 11 K 15.30613

Datum:
8.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 80, § 83b
RVG RVG § 30 Abs. 2
VwGO VwGO § 75, § 87a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3, § 92 Abs. 3, § 161, § 162

 

Leitsatz

Ein Kläger darf dann nicht mit einer Bescheidung vor Klageerhebung im Sinne von § 161 Abs. 3 VwGO rechnen, wenn der Beklagte einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung hatte und der Kläger diesen kannte oder hätte kennen müssen. (red. LS Clemens Kurzidem)
Die seit 2012 erheblich gestiegenen Asylbewerberzahlen stellen einen zureichenden Grund für die Nichtentscheidung des Bundesamts über einen Asylfolgeantrag dar. Die Belastungssituation des Bundesamts ist auch allgemein bekannt. (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

1. Das Verfahren AN 11 K 15.30613 wird unter dem Aktenzeichen AN 11 K 16.31077 fortgeführt und eingestellt.
2. Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Der Gegenstandswert beträgt 2.500,00 EUR.

Gründe

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache mit am 21. Juli 2016 bei Gericht eingegangenem Schreiben des Klägervertreters und Schriftsatz der Beklagtenseite vom 2. August 2016 für erledigt erklärt haben, war das Verfahren wieder aufzunehmen und entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
Im Falle der Untätigkeitsklage richtet sich die Kostentragungslast nach § 161 Abs. 3 VwGO. Hiernach fallen in den Fällen des § 75 VwGO die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit einer Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Zwar liegt ein Fall des § 75 VwGO vor, da der Kläger mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2013 einen Folgeantrag gestellt hat und der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge dem Kläger am 18. Juli 2016 zuging. Doch die weitere Voraussetzung, dass der Kläger mit der Bescheidung der Anträge vor Klageerhebung rechnen durfte, ist nicht erfüllt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist diese Voraussetzung nämlich dann nicht zu bejahen, wenn die Beklagte einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung hatte und der Klägerseite dieser Grund bekannt war oder bekannt sein musste (BVerwG, Urteil vom 23.7.1991). So verhält es sich hier. Die seit 2012 erheblich gestiegenen Asylantragszahlen stellen nach Auffassung des Gerichts einen zureichenden Grund für die Nichtentscheidung über den Folgeantrag des Klägers dar. Das Gericht geht davon aus, dass diese Überlastung des Bundesamts allgemein und auch der Klägerseite bekannt war. Auf die Ausführungen im Beschluss über die Prozesskostenhilfe wird Bezug genommen.
Durfte der Kläger daher nicht mit einer Entscheidung über seinen Antrag vor Klageerhebung rechnen, verbleibt es bei der Anwendung von § 162 Abs. 2 VwGO. Danach ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden: Billigem Ermessen entspricht es vorliegend, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben. Der Umstand allein, dass die Beklagte dem Antrag stattgegeben und sich insoweit in die Rolle des Unterlegenen begeben hat, rechtfertigt hier nicht, ihr die Kosten des Verfahrens vollständig aufzuerlegen. Da das Bundesamt das Verfahren nicht ohne zureichenden Grund liegengelassen hat, sondern mangels ausreichender Kapazitäten aufgrund der gestiegenen Asylantragszahlen nicht mit der wünschenswerten Beschleunigung betrieben hat, war es letztlich nur eine Frage der Zeit, bis es eine Entscheidung treffen würde.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG). Da Streitgegenstand des Verfahrens die Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über den Antrag der Klägerin war, reduziert das Gericht den Gegenstandswert aus Gründen der Billigkeit, § 30 Abs. 2 RVG.
Diese Entscheidung ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.
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