Verwaltungsrecht

Kroatischer Staatsangehöriger, Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt, Langjährige Haftstrafe, Schwerer Bandendiebstahl

Aktenzeichen  M 25 K 20.3581

Datum:
14.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 30917
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FreizügG/EU § 6
§ 7 FreizügG/EU Art. 6 GG Art. 8 EMRK

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2021 entschieden werden, obwohl für die Klagepartei niemand erschienen ist. Denn in der fristgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens eines Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 9. Juli 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Die vom Beklagten vorgenommene Ermessensentscheidung ist nicht zu beanstanden, § 114 VwGO.
1. Die nach pflichtgemäßem Ermessen ausgesprochene Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 und Abs. 2 FreizügG/EU erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung als rechtmäßig.
Diesbezüglich wird auf die umfangreiche und zutreffende Begründung des streitgegenständlichen Bescheides Bezug genommen, § 117 Abs. 5 VwGO.
2. Auch im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung liegen die Voraus setzungen des § 6 Abs. 1, 2 FreizügG/EU für die getroffene Verlustfeststellung vor.
Entgegen dem Vorbringen des Prozessbevollmächtigten liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 FreizügG/EU, wonach die Verlustfeststellung nach Erwerb eines Daueraufenthaltsrechts nur aus schwerwiegenden Gründen getroffen werden kann, nicht vor. Der Kläger, der erstmals im Jahr 2016 ins Bundesgebiet einreiste, hielt sich bis zu seiner Festnahme am 27. Juni 2017 sowie zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides nicht 5 Jahre lang rechtmäßig im Bundesgebiet auf, so dass ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU nicht entstanden ist.
Es besteht auch weiterhin die konkrete Gefahr, dass der Kläger zur Finanzierung seines Lebensunterhalts erhebliche Straftaten im Bundesgebiet begehen wird, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühren und somit die Gefahr besteht, dass er die öffentliche Ordnung im Sinne des Art. 45 Abs. 3 AEUV beeinträchtigen wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger sein kriminelles Verhalten, welches er bereits seit dem Jahr 2006 durch Begehung gleichartige Einbruchsdiebstähle in Kroatien gezeigt hat, nach kurzem Aufenthalt im Bundesgebiet fortgesetzt hat. Er ist somit Wiederholungstäter, der sich durch strafgerichtliche Urteile und verhängte und verbüßte Freiheitsstrafen (in Kroatien saß er ab Mitte 2013 2 Jahre und 4 Monate in Untersuchungs- bzw. Strafhaft) nicht beeindrucken lässt.
Der Kläger hat sich auch entgegen dem Vorbringen seines Prozessbevollmächtigten während der Strafhaft nicht korrekt verhalten. Nach der Stellungnahme der JVA Bernau vom 28. April 2020 trat der Kläger zweimal disziplinarisch in Erscheinung. So hat er im Mai 2019 versucht, die Briefkontrolle zu umgehen und im Juni 2019 entwendete er Gewürze aus der Küche. Auch aus der Stellungnahme der JVA Bernau vom 3. September 2020 ist zu entnehmen, dass vom Kläger eine erhebliche Gefahr der Begehung weiterer Straftaten ausgeht, weshalb eine Behandlung gemäß § 456a StPO nicht befürwortet wurde.
Eine soziale Integration ist dem Kläger im Bundesgebiet nicht gelungen. Er verfügt über keinen Arbeitsplatz und keine sonstigen Beziehungen im Bundesgebiet. Ob sich seine Schwester hier aufhält, ist nicht bekannt. Seine Mutter sowie die Tochter aus der geschiedenen Ehe leben in Kroatien. Dort hat er sich mit Ausnahme des Aufenthalts im Bundesgebiet seit 2016 durchgehend aufgehalten und ist auch sozial integriert.
Die im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Ermessenserwägungen berücksichtigen umfassend die klägerischen Belange. Im Klageverfahren sind keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen, noch sind solche ersichtlich.
Unter Berücksichtigung der vom Kläger ausgehenden erheblichen Gefahr der Begehung weiterer schwerer Straftaten ist auch unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Klägers die angeordnete Einreisesperre von 7 Jahren nach § 7 Abs. 2 Satz 6 FreizügG/EU nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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