Verwaltungsrecht

Mehrfacher Verstoß gegen die Verpflichtung zur sorgfältigen Aufbewahrung von Waffen

Aktenzeichen  21 CS 17.2566

Datum:
4.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 11880
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b, § 36 Abs. 4 S. 1
VwGO § 146 Abs. 4 S. 6

 

Leitsatz

1. Der Umstand, das jemand mehrere Schusswaffen außerhalb des erforderlichen Sicherheitsbehältnisses in seiner Wohnung frei zugänglich abgelegt hat und eine weitere Schusswaffe in der Tasche seines Jagdmantels aufbewahrt, rechtfertigt auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die Prognose, dass auch künftig Waffen und Munition nicht sorgfältig verwahren werden. (Rn. 17 – 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auf Nr. 5.2 der Vollzugshinweise des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zur Änderung des Waffengesetzes zum 25. Juli 2009 kann sich nicht erfolgreich berufen, wer mehrfach gegen die Aufbewahrungsvorschriften verstoßen hat. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 5 S 17.1272 2017-12-05 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.125,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Dem Antragsteller geht es darum, dass die aufschiebende Wirkung einer Klage angeordnet bzw. wiederhergestellt wird, die er gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte und die dazu ergangenen Nebenentscheidungen erhoben hat.
Am 17. August 2017 kontrollierten Bedienstete des Landratsamts Haßberge unangemeldet, jedoch mit Einwilligung des Antragstellers die Aufbewahrung von Waffen und Munition in dessen Wohnung. Sie stellten dabei nach dem Inhalt eines an den Antragsteller gerichteten Anhörungsschreibens vom 22. August 2017 Folgendes fest:
– Ein Drilling (lfd. Nr. 4 der Waffenbesitzkarte) lag auf einem etwa 30 cm hohen Sideboard. Beim Öffnen der Waffe fiel aus dem Einstecklauf eine Patrone (Kal. .22 WMR) und aus dem linken Schrotlauf eine Schrotpatrone (Kaliber 16/70).
– Eine halbautomatische Flinte (lfd. Nr. 5 der Waffenbesitzkarte) lehnte ungeladen an einem Holzschrank, in dem der Antragsteller Munition aufbewahrte (Munitionsschrank).
– Im Schloss des Munitionsschranks steckte der dazugehörige Schlüssel.
– Der Antragsteller bewahrte im Waffenschrank eine halbautomatische Gaspistole auf (Nr. 300368, Marke SM, Kal. 8 mm), die nicht in der Waffenbesitzkarte eingetragen ist. Bei der Waffe waren die Blockierstifte entfernt, so dass sie zum Verschießen von Patronenmunition genutzt werden konnte. Der Antragsteller äußerte dazu, die Waffe in diesem Zustand erworben zu haben.
– Eine doppelläufige Pistole Marke Röhm (lfd. Nr. 8 der Waffenbesitzkarte, die nach den Angaben des Antragstellers stets im Nachttisch neben seinem Bett liegt, war nicht auffindbar. Bei einer am selben Tag durchgeführten Nachkontrolle konnte der Antragsteller die Waffe vorweisen. Er führte dazu aus, die Waffe habe sich in der Tasche seines im Keller abgelegten Jagdmantels befunden, den er am Morgen während der Jagd getragen hatte. Er habe die Waffe wieder in den Nachttisch gelegt.
Der Antragsteller äußerte sich zu dem Anhörungsschreiben unter anderem dahin, dass die darin „dargelegten Beobachtungen“ richtig seien und eingeräumt würden; allerdings könne er die rechtliche Schlussfolgerung der Behörde nicht teilen, dass aus diesem Sachverhalt seine Unzuverlässigkeit herzuleiten sei.
Das Landratsamt widerrief mit Bescheid vom 25. September 2017 die Waffenbesitzkarte Nr. … des Antragstellers, in die 8 Schusswaffen eingetragen sind (Nr. 1), und traf unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (Nr. 7) dazugehörige Nebenentscheidungen (Nrn. 3 und 5). Zudem wurde der zuletzt bis zum 31. März 2018 verlängerte Jagdschein Nr. … eingezogen (Nr. 2).
Der Antragsteller hat gegen den Bescheid am 25. Oktober 2017 Klage erhoben und am 30. Oktober 2017 beschränkt auf den Widerruf der Waffenbesitzkarte und die dazu ergangenen Nebenentscheidungen die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag mit Beschluss vom 5. Dezember 2017 abgelehnt.
Dagegen richtet sich die am 20. Dezember 2017 eingelegte Beschwerde.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die zur Begründung der Beschwerde fristgerecht dargelegten Gründe, die im Wesentlichen das im erstinstanzlichen Verfahren Vorgebrachte wiederholen und auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Grundsatz beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, die angefochtene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben. Der Senat verweist insoweit auf die Gründe des angegriffenen Beschlusses und macht sich diese zu eigen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:
1.1 Der Antragsteller wendet vergeblich ein, es sei unverhältnismäßig, ihm nach 59-jährigem zuverlässigen Umgang mit Waffen die waffenrechtlichen Erlaubnisse aufgrund eines einmaligen Versehens zu entziehen.
Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG zwingend zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die für die Erteilung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG vorausgesetzte Zuverlässigkeit nicht mehr besteht. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen unter anderem solche Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren werden (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG).
Die am 17. August 2017 von Mitarbeitern des Landratsamts Haßberge durchgeführte Kontrolle hat beim Antragsteller ein hohes Maß an Nachlässigkeit bezüglich der Aufbewahrung von Waffen und Munition offenbart. So hatte er entgegen der für ihn als „Altbesitzer“ nach wie vor maßgebenden Vorschrift des § 36 Abs. 2 WaffG in der bis zum 6. Juli 2017 geltenden Fassung (a.F. – § 36 Abs. 4 Satz 1 und 2 WaffG) zwei seiner Schusswaffen außerhalb des erforderlichen Sicherheitsbehältnisses in seiner Wohnung frei zugänglich abgelegt (Drilling und halbautomatische Flinte) und eine weitere Schusswaffe (doppelläufige Pistole) in der Tasche seines Jagdmantels aufbewahrt. Damit hat er gleich mehrfach gegen die grundlegende, jeden Waffenbesitzer treffende Pflicht verstoßen, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass Waffen abhanden kommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG a.F., § 36 Abs. 4 Satz 1 und 2 WaffG). Hinzu kommt ein Verstoß gegen die Verpflichtung Schusswaffen nur getrennt von der Munition aufzubewahren (§ 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG a.F., § 36 Abs. 4 Satz 1 und 2 WaffG), denn in zwei Läufen des Drillings befand sich Munition.
Ohne dass es noch auf die weiteren Verstöße des Antragstellers bezüglich der Aufbewahrung von Waffen und Munition ankommt, rechtfertigen die vorstehend aufgezeigten Verfehlungen auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nach ihrer Art und ihrem Gewicht die Prognose des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller werde auch künftig Waffen und Munition nicht sorgfältig verwahren. Mit seinem nunmehrigen Verhalten hat der Antragsteller neue Tatsachen geschaffen, die trotz des (behaupteten) bislang zuverlässigen Umgangs mit Waffen nach aller Lebenserfahrung ein plausibles Risiko dafür begründen, dass er auch künftig Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren wird.
1.2 Der Antragsteller rügt, das Verwaltungsgericht habe Nr. 5.2 der Vollzugshinweise des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zur Änderung des Waffengesetzes zum 25. Juli 2009 (IMS vom 26.10.2009 – ID5-2131.67-21) nicht hinreichend berücksichtigt, wonach ein einmaliger Verstoß gegen die Aufbewahrungspflicht in der Regel einen Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis noch nicht begründe.
Das Verwaltungsgericht hat dazu zutreffend ausgeführt, dass der Antragsteller mehrfach gegen die Aufbewahrungsvorschriften verstoßen hat (vgl. BA S. 18). Schon deshalb kann er aus den von ihm herangezogenen Vollzugshinweisen nichts zu seinen Gunsten herleiten.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Die Streitwertentscheidung folgt aus § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG unter Berücksichtigung der Nrn. 50.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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