Verwaltungsrecht

Mitteilung des gewerblichen Sammlers auf Sammelcontainern – erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung

Aktenzeichen  20 ZB 17.29

Datum:
11.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 114416
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 93 S. 2, § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 S. 4
KrWG § 17, § 18
GG Art. 12

 

Leitsatz

Die Abfallbehörde muss die Entsorgungssituation im gesamten Zuständigkeitsgebiet im Blick haben, um im Rahmen des Systems nach § 18 KrWG angemessen reagieren zu können. Dazu gehört die Möglichkeit, die Zurechnung eines Containers zu dem jeweiligen gewerblichen Sammler leicht zu erkennen und auf etwaige Unzuträglichkeiten zu reagieren. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

20 ZB 17.898 2017-05-11 Bes VGHMUENCHEN VGH München

Tenor

I. Von dem Zulassungsverfahren wird der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen die Abweisung der Klage gegen die Ziffer 2 des Bescheides des Beklagten vom 20. Januar 2016 abgetrennt und insoweit unter dem Aktenzeichen 20 ZB 17.898 fortgeführt.
II. Im Übrigen wird der Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt.
III. Die Kosten des Zulassungsverfahrens Az. 20 ZB 17.29 hat die Klägerin zu tragen.
IV. Der Streitwert wird für das Berufungszulassungsverfahren Az. 20 ZB 17.29 auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1. Die Abtrennung des Antrags auf Zulassung der Berufung gegen die Klageabweisung hinsichtlich der Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides beruht auf § 93 Satz 2 VwGO.
2. Im Übrigen hat der Antrag auf Zulassung der Berufung keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht hinreichend dargelegt worden ist (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) bzw. nicht vorliegt.
Zum geltend gemachten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ist erforderlich, dass der Rechtsmittelführer aufzeigt, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist. Der Rechtsmittelführer muss sich mit dem angefochtenen Urteil und dessen entscheidungstragenden Annahmen substanziell auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 124 a Rn. 63 m.w.N.). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind auch begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2011 – 20 ZB 11.1146 – juris) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 – DVBl 2004, 838). Schlüssige Gegenargumente liegen in diesem Sinne dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Anhaltspunkte aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis nicht richtig ist (BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546).
2.1 Gemessen daran wurden hinsichtlich der Klageabweisung zu Ziffer 3 des Bescheids (jährliche Mitteilung der gesammelten Abfallmengen) keine ernstlichen Zweifel dargelegt.
2.2 Soweit die Klägerin sich gegen die Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides wendet, nämlich insoweit sie darin verpflichtet wird, auf jedem Sammelcontainer Name, Anschrift und Telefonnummer des gewerblichen Sammlers anzugeben, liegen die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanziellen Urteils nicht vor.
Die angefochtene Auflage findet in dem noch strittigen Umfang ihre Rechtsgrundlage in § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG. Hiernach kann die zuständige Behörde die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG sicherzustellen. Bei der hier inmitten stehenden gewerblichen Sammlung geht es um das gesetzgeberische Ziel der Einhaltung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG, die für eine gewerbliche Sammlung vorliegen müssen. Das sind die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der Abfälle sowie der Einklang mit den speziellen, in § 17 Abs. 3 KrWG näher ausgeformten abfallrechtlichen öffentlichen Interessen. Hierzu zählt, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt und der Senat bereits deutlich gemacht hat, die Unbedenklichkeit der gewerblichen Sammlung. Diesbezüglich muss das Landratsamt als untere staatliche Abfallbehörde die Entsorgungssituation im gesamten Landkreisgebiet im Blick haben, um im Rahmen des Systems nach § 18 KrWG angemessen reagieren zu können. Dazu gehört die Möglichkeit, die Zurechnung eines Containers zu dem jeweiligen gewerblichen Sammler leicht zu erkennen und auf etwaige Unzuträglichkeiten zu reagieren (BayVGH, B.v. 8.4.2015 – 20 ZB 15.131 – juris Rn. 3).
Der Beklagte und das Verwaltungsgericht hatten erkennbar neben den Verwertungswegen auch das öffentliche Interesse nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG im Blickfeld, so dass es auf die Erwägungen, ob durch die Maßnahme auch Erkenntnisse über die Zuverlässigkeit der Klägerin gewonnen oder dadurch eine ordnungsgemäße schadlose Verwertung sichergestellt werden dürfen, nicht ankommt. Denn jedenfalls die Sicherstellung von Belangen des öffentlichen Interesses vermag eine Maßnahme nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG zu tragen (BayVGH, B.v. 8.4.2015 – 20 ZB 15.131 – juris Rn. 4; ebenso Karpenstein/Dingemann in Jarass/ Petersen, KrWG, 2014, Rn. 69 zu § 18; Gruneberg in Jahn/Deifuß-Kruse/Brandt, KrWG, 2014, § 18 Rn. 56; Klement in Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 18 Rn. 37).
Schließlich ist der Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG oder in die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG derart gering, dass eine nennenswerte Belastung der Klägerin durch die Befolgung des ihr im streitgegenständlichen Bescheid angesonnenen Gebots (hier Ziffer 1) kaum erkennbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2015 – 20 ZB 15.131 – juris Rn. 5; B.v. 16.1.2017 – 20 ZB 16.2038 – juris Rn. 4). Angesichts eines solchen Minimaleingriffs waren keine besonderen Erwägungen bezüglich der Ermessensausübung veranlasst, weil bereits die Begründung im streitgegenständlichen Bescheid die Maßnahme hinreichend rechtfertigt. Das Interesse an einem raschen und leichten Zugriff auf den jeweiligen gewerblichen Sammler hat offenkundig Vorrang gegenüber dem Interesse der Klägerin, von der entsprechenden Beschriftung ihrer Container freigestellt zu werden, wofür sie weder unternehmensethische noch wirtschaftliche Interessen und schließlich auch keine Gesichtspunkte des Konkurrenzschutzes geltend macht.
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Streitwert ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Der Senat geht hinsichtlich der Auflagen von einem Streitwert von jeweils 2.000,00 Euro aus.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angegriffene Urteil insoweit rechtskräftig (vgl. § 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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