Verwaltungsrecht

Nachträgliche Befristung der Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug

Aktenzeichen  M 10 K 17.152

Datum:
22.6.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 7 Abs. 2 S. 2, § 18 Abs. 2, § 30, § 31 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
GG GG Art. 6

 

Leitsatz

1 Hat die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet weniger als 3 Jahre bestanden, kann dem Ehegatten weiterer Aufenthalt nur zur Vermeidung einer besonderen Härte ermöglicht werden. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Ausländerbehörde kann die Aufenthaltserlaubnis nachträglich befristen, wenn deren rechtliche Erteilungsvoraussetzungen entfallen sind. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ist der Ausländer ohne das erforderliche Visum zum Familiennachzug eingereist, beginnt die Dreijahresfrist (Mindestbestandszeit der tatsächlich gelebten ehelichen Lebensgemeinschaft) nicht mit der Eheschließung oder dem Einreisedatum, sondern mit der Erteilung der ersten Aufenthaltserlaubnis. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 21. Dezember 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -).
Der Beklagte hat den Aufenthalt des Klägers nachträglich zu Recht befristet. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
1. Die für die formelle Rechtmäßigkeit der nachträglichen Befristung des Aufenthaltes erforderliche Anhörung des Klägers hat der Beklagte vor Erlass der Verfügung mit Anhörungsschreiben vom 13. Oktober 2016 ordnungsgemäß durchgeführt (Art. 28 VwVfG).
2. Die materiellen Voraussetzungen für die nachträgliche Befristung des Aufenthaltes des Klägers sind gegeben. Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG kann die Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis nachträglich befristen, wenn deren rechtliche Erteilungsvoraussetzungen entfallen sind. So liegt es hier. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis um ein Jahr nach § 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Das Gericht folgt insoweit der Begründung des Bescheides des Beklagten vom 21. Dezember 2016 und sieht von einer vollständigen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).
3. Ergänzend wird Folgendes ausgeführt: Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist derjenige der Entscheidung des Gerichtes (BVerwG, U.v. 15.11.2007 – 1 C 45/06 – juris, Rn. 12). Im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurden keine neuen Umstände vorgetragen oder festgestellt, die zu einer für den Kläger günstigeren Beurteilung als im angefochtenen Bescheid führen würden.
a) Dass die eheliche Lebensgemeinschaft des Klägers mit seiner damaligen Ehefrau, Frau V. G., im Zeitpunkt des Bescheidserlasses (Dezember 2016) tatsächlich nicht mehr bestand, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Daher sind insoweit keine Umstände ersichtlich, die zu einer insoweit für den Kläger günstigeren Beurteilung als im angefochtenen Bescheid führen würden.
b) Dass die eheliche Lebensgemeinschaft des Klägers mit seiner damaligen Ehefrau, Frau V. G., schon im Juni oder spätestens im Juli 2015 beendet wurde, ergibt sich aus der glaubhaften Aussage des in der mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2017 vernommenen Zeugen D. J., dem Sohn der damaligen Ehefrau des Klägers. Dieser hat ausgesagt, seine Mutter sei zwischen Juni und Juli 2015 zurück in die Wohnung in M. gezogen. Gegen Juli 2015 sei er mit seiner Freundin zusammengekommen. Damals sei die Mutter schon wieder täglich in der gemeinsamen Wohnung gewesen.
Der Zeuge wirkte bei seiner Aussage ehrlich und unbeeinflusst. Zwar haben die ehemaligen Vermieter des Klägers, das Ehepaar G., in der mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2017 ausgesagt, dass die damalige Ehefrau des Klägers im August 2015 ausgezogen sei. Diese beiden Zeugen wirkten nach Auffassung des Gerichtes bei ihren Aussagen jedoch unsicher und konnten den Auszugszeitpunkt von Frau V. G. nicht mit einem bestimmten Ereignis im Sommer 2015 in Verbindung bringen. In der Gesamtschau wirkten die Aussagen dieser beiden Zeugen zeitlich eher ungenau. Demgegenüber schien dem Gericht der Zeuge D. J. sich – in Erinnerung an den Sommer 2015, der immerhin im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits zwei Jahre zurück lag, – sehr sicher zu sein, dass seine Mutter im Juli 2015 bereits wieder in die Wohnung in … eingezogen war. Er konnte sich auch genau daran erinnern, wann er mit seiner jetzigen Freundin im Sommer 2015 zusammengekommen war. Dies ist für das Gericht nachvollziehbar, da es allgemein üblich ist, dass man sich bei einer länger andauernden Beziehung an die Phase der anfänglichen Verliebtheit und der ersten Annäherung gerne zurück erinnert und diese zeitlich konkret einordnen kann. Hinzu kommt, dass sich die Aussage des Zeugen D. J. mit den Angaben deckt, die der Kläger selbst im Verwaltungsverfahren gemacht hatte. Nachdem ihn der Beklagte mit Schreiben vom 13. Oktober 2016 zu beabsichtigten nachträglichen Verkürzung seiner Aufenthaltserlaubnis sowie zur Ablehnung seines Antrages auf Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis angehört hatte, hatte der Kläger schriftlich mitgeteilt, er habe sich von Frau V. G. Ende Juni oder Juli 2015 endgültig getrennt.
Ausgehend von der glaubhaften Aussage des Zeugen D. J. geht das Gericht davon aus, dass die familiäre Lebensgemeinschaft des Klägers mit seiner damaligen Ehefrau seit dem Auszug der damaligen Ehefrau im Juni bzw. spätestens Juli 2015 nicht mehr bestand. Damit hatte die eheliche Lebensgemeinschaft rechtmäßig im Bundesgebiet weniger als drei Jahre bestanden (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG). Der Zeitraum beginnt im vorliegenden Fall mit der ersten Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Ein Visum, das zeitlich angerechnet werden könnte, liegt nicht vor. Der Kläger hatte das Visumverfahren nicht eingehalten.
Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestands der ehelichen Lebensgemeinschaft kann nicht gemäß § 31 Abs. 2 AufenthG abgesehen werden. Nach § 31 Abs. 2 AufenthG ist von der Voraussetzung eines dreijährigen rechtmäßigen Bestands der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Eine besondere Härte ist hier weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Abschiebungsandrohung unter Setzung einer Ausreisefrist beruht auf §§ 59, 58 AufenthG und ist nicht zu beanstanden.
4. Der Kläger hat als unterlegene Partei gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).


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