Verwaltungsrecht

Nichtannahmebeschluss: mangels rügefähigen Rechts unzulässige Verfassungsbeschwerde, mit der die Verletzung des subjektiven Wahlrechts gerügt worden war – hier: Wahlsystem zum Schleswig-Holsteinischen Landtag

Aktenzeichen  2 BvR 2174/10

Datum:
18.10.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Nichtannahmebeschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2010:rk20101018.2bvr217410
Normen:
Art 20 Abs 2 S 2 GG
Art 28 Abs 1 S 2 GG
Art 38 Abs 1 S 1 GG
Art 3 Abs 1 GG
Art 93 Abs 1 Nr 4a GG
§ 90 Abs 1 BVerfGG
Spruchkörper:
2. Senat 3. Kammer

Verfahrensgang

vorgehend Landesverfassungsgericht Schleswig-Holstein, 30. August 2010, Az: LVerfG 1/10, Urteilvorgehend Landesverfassungsgericht Schleswig-Holstein, 30. August 2010, Az: LVerfG 3/09, Urteil

Gründe

1
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzulässig ist.

2
Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung ihres subjektiven Wahlrechts in der Ausprägung des Grundsatzes der Gleichheit der
Wahl aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG und aus Art. 3 Abs. 1 GG. Für dieses Vorbringen steht den Beschwerdeführern ein mit der
Verfassungsbeschwerde rügefähiges Recht nicht zur Seite (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG).

3
Während bei Bundestagswahlen die Verletzung der Wahlrechtsgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG im Wege einer Verfassungsbeschwerde
gerügt werden kann, fehlt eine vergleichbare Gewährleistung, wenn es um die Durchsetzung dieser Grundsätze bei allgemeinen
politischen Wahlen und Abstimmungen im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG auf der Ebene der Länder geht (vgl. BVerfGE 99,
1 ; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 2006 – 2 BvR 1487/06 -, juris 
; vom 8. Juli 2008 – 2 BvR 1223/08 -, juris; vom 9. März 2009 – 2 BvR 120/09 -, NVwZ 2009, S. 776 f.; vom 3. Juli 2009 – 2 BvR
1291/09 -, juris und vom 11. Mai 2010 – 2 BvR 511/10 -, juris).

4
Art. 38 GG erfasst unmittelbar nur die Wahlen zum Deutschen Bundestag. Eine analoge Anwendung auf Wahlen in den Ländern scheidet
mit Rücksicht auf die selbständigen Verfassungsräume von Bund und Ländern aus. Zwar verlangt Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, dass
die Grundsätze der allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl auch bei politischen Wahlen in den Ländern
gelten. Die Länder haben diesem Verfassungsgebot bei der Regelung des Wahlrechts zu ihren Länderparlamenten und auf kommunaler
Ebene zu genügen. Dem Einzelnen vermittelt Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG jedoch keine mit der Verfassungsbeschwerde rügefähige
subjektive Rechtsposition. Im Anwendungsbereich von Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG scheidet auch ein Rückgriff
auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG aus (vgl. BVerfGE 99, 1 ).

5
Die Länder gewährleisten den subjektivrechtlichen Schutz des Wahlrechts bei politischen Wahlen in ihrem Verfassungsraum allein
und abschließend (vgl. BVerfGE 99, 1 ; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom vom 13. Dezember 2006,
a.a.O.; vom 8. Juli 2008, a.a.O.; vom 9. März 2009, S. 777; vom 3. Juli 2009, a.a.O. und vom 11. Mai 2010, a.a.O.). Den Beschwerdeführern
stand im Hinblick auf die von ihnen geltend gemachte Verletzung des Grundsatzes der Gleichheit der Wahl ein Rechtsweg zur
Verfügung. Das Wahlprüfungsverfahren auf Landesebene ist – den Vorgaben des Homogenitätsprinzips in Art. 28 Abs. 1 GG entsprechend
– gemäß § 43 Abs. 1 und Abs. 2 LWahlG zweistufig ausgestaltet und sieht nach dem Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl eine
Beschwerde zum Landesverfassungsgericht gegen die Entscheidung des Landtages vor (vgl. BVerfGE 99, 1 ). Ein Mehr ist
von Verfassungs wegen nicht geboten, weil Art. 19 Abs. 4 GG keinen subjektiven verfassungsgerichtlichen Rechtsschutz durch
das Bundesverfassungsgericht verbürgt (vgl. BVerfGE 99, 1 ).

6
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

7
Durch die Nichtannahme erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

8
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.


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