Verwaltungsrecht

Nichtbestehen der Fahrlehrerprüfung

Aktenzeichen  AN 2 K 14.00528

Datum:
30.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FahrlG FahrlG § 4 Abs. 1 S. 1 und 2
Prüfungsordnung für Fahrlehrer § 14 Abs. 1, 19 Abs. 4

 

Leitsatz

Im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle von Berufszugangsprüfungen verpflichtet die Untersuchungsmaxime das Gericht zur Erforschung des Prüfungsgeschehens, soweit der klägerische Vortrag in konkreter und substantiierter Form Indizien für Verfahrensfehler oder Bewertungsmängel enthält. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Klage ist in der Sache unbegründet.
Der angefochtene Prüfungsbescheid des Prüfungsausschusses für die Fahrlehrerprüfung in Bayern vom 19. März 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über das Fahrlehrerwesen muss die Fahrlehrerprüfung den Nachweis erbringen, dass der Bewerber die fachliche Eignung zur Ausbildung von Fahrschülern besitzt. Nach Satz 2 dieser Bestimmung hat er unter anderem ausreichende technische Kenntnisse des Fahrzeugs, gründliche Kenntnisse der maßgebenden gesetzlichen Vorschriften, das Vertrautsein mit der Verkehrsverhaltenslehre einschließlich der Gefahrenlehre nachzuweisen. Die Einzelheiten der Prüfung richten sich nach der Prüfungsordnung für Fahrlehrer (im Folgenden: Prüfungsordnung).
Zum Bestehen der Fahrlehrerprüfung für die Fahrerlaubnis der Klasse BE müssen gemäß § 19 Abs. 4 der Prüfungsordnung die Leistungen in allen Prüfungen und Lehrproben gemäß § 14 Abs. 1 Prüfungsordnung mindestens mit der Note „ausreichend“ bewertet sein. Diese Voraussetzungen hat die Klägerin jedenfalls mit dem mangelhaften Ergebnis in der praktischen Lehrprobe nicht erfüllt.
Die von der Klägerin erhobenen materiell-rechtlichen Bewertungsrügen gegen das Prüfungsergebnis vermögen nicht durchzugreifen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubewertung der Prüfung.
Im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle von Berufszugangsprüfungen verpflichtet die Untersuchungsmaxime das Gericht zur Erforschung des Prüfungsgeschehens, soweit der klägerische Vortrag in konkreter und substantiierter Form Indizien für Verfahrensfehler oder Bewertungsmängel enthält.
Hinsichtlich der verschiedenen Fehlertypen sind unterschiedliche Kontrollmaßstäbe anzuwenden.
Der vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit unterliegen insbesondere formale Aspekte wie z. B. Verfahrensfehler in den Phasen der Leistungsermittlung und -bewertung. Hierzu zählen unter anderem Rügen im Hinblick auf Prüfungsunfähigkeit des Prüflings, Befangenheit eines Prüfers, das Vorliegen äußerer Störungen sowie eine unzureichende Begründung des Prüfungsergebnisses.
Gleiches gilt für die Bewertung der Antworten des Prüflings auf ihre fachliche Richtigkeit, die Zugrundelegung eines unrichtigen Sachverhalts oder die nicht vollständige Kenntnisnahme. der zu beurteilenden Leistung.
Demgegenüber sind prüfungsspezifische Wertungen, die vor allem in der konkreten Benotung der Arbeit ihren Niederschlag finden, dem Beurteilungsspielraum und damit der Letztentscheidungskompetenz der Prüfer überlassen, sofern nicht gegen das Willkürverbot verstoßen wird.
Auch festgestellte Prüfungsfehler führen nur dann zu einer gerichtlichen Korrektur, wenn sie sich auf die Notengebung und damit auf das Prüfungsergebnis ausgewirkt haben.
Nach diesen Prämissen erweist sich insbesondere in Ansehung der eingeholten Prüferstellungnahmen zur Klage sowie des Ergebnisses der Zeugeneinvernahme in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2016 das Vorbringen der Klägerin als nicht geeignet, Zweifel an der Benotung der Lehrprobe im fahrpraktischen Unterricht zu begründen.
Die Kritik der Klägerin erschöpft sich überwiegend darin, den Feststellungen der Prüfer zum Ablauf der Lehrprobe eine subjektive eigene Darstellung gegenüberzustellen, ohne Bewertungsfehler in fachlicher Hinsicht aufzuzeigen. Auch der wiederholt vorgetragene Einwand, die Begründung für die Benotung sei nicht hinreichend konkretisiert und verstoße deshalb gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, kann nicht nachvollzogen werden. Die originären handschriftlichen Erläuterungen der Prüfer zur Lehrprobe, wie auch die (umfassendere) Begründung in der Niederschrift über die Fahrlehrerprüfung vom … 2014 beinhalten jeweils konkrete Bezugnahmen auf einzelne, aus Sicht der Prüfer kritikwürdige Begebenheiten während der Prüfung.
Diese für die Benotung maßgeblichen Vorhaltungen können auch nicht nach dem Ergebnis der Zeugeneinvernahme in der mündlichen Verhandlung als entkräftet angesehen werden. Der damals als Fahrschüler fungierende Zeuge Sch… bekundete zu dem angesprochenen „Rotlichtverstoß“, er könne sich nicht mehr konkret an die Situation erinnern und wisse nicht mehr, ob der grüne Abbiegepfeil schon erloschen gewesen sei, als er links abgebogen sei. Er könne sich zwar noch erinnern, längere Zeit in einer Tempo-30-Zone gefahren zu sein, ob damals zusätzlich eine Beschilderung „Kinder“ vorhanden gewesen sei, wisse er jedoch auch nicht mehr. Gleiches gelte auch für die Situation mit dem rückwärts ausparkenden Fahrzeug. Er wisse noch, dass es am Ende der Fahrstunde eine Nachbesprechung im Fahrzeug gegeben habe. Ganz sicher sei er sich jedoch insoweit nicht mehr. An den Inhalt dieser Nachbesprechung könne er sich nicht mehr erinnern. Er wisse noch, dass verschiedene Fehler bei ihm aufgetreten seien, insbesondere habe er mindestens einmal am Berg den Motor abgewürgt. In die Tempo-30-Zone seien sie wohl eingefahren, weil es ihm vorher bereits schwer gefallen sei, richtig abzubiegen.
Demgegenüber bestätigte die Zeugin Sa… im Wesentlichen die in ihrer Eigenschaft als Prüferin abgegebene Stellungnahme vom 12. Juli 2014, sie könne sich noch erinnern wahrgenommen zu haben, dass der Lenker des Fahrzeugs schon in die Kreuzung nach links hineingefahren war. Sie habe auch gesehen, dass der Gegenverkehr schon angefahren war, ob der Grünpfeil zu diesem Zeitpunkt noch vorhanden gewesen sei oder nicht, habe sie nicht sehen können. Sie habe aber gesehen, dass der Prüfer … „Rotlicht!“ vermerkt habe. Nach ihrer Einschätzung hätte die Klägerin in dieser Situation entweder den Fahrschüler verbal rechtzeitig zum Halten auffordern oder notfalls auf die Bremse treten müssen. Die Klägerin habe aber nichts dergleichen getan. Weiterhin habe sie gesehen, dass der Fahrschüler anlässlich eines Fahrstreifenwechsels etwa zwei bis drei Sekunden über die Schulter geblickt habe. Die Klägerin habe insoweit lediglich die Anweisung gegeben, die Fahrspur nach links zu wechseln, auf die mit dem Schulterblick verbundene Gefahrenproblematik sei nicht hingewiesen worden. Bei der Situation im Zusammenhang mit dem Gefahrenschild „Kinder“ habe die Klägerin gegenüber dem Fahrschüler keine Reaktion gezeigt. Das gleiche sei bei dem ausparkenden Auto, dessen Rückfahrlicht eingeschaltet gewesen sei, festzustellen gewesen. Die Klägerin habe wiederum keinerlei Reaktion gezeigt, obwohl der Fahrschüler geradeaus weitergefahren sei, ohne dass ersichtlich gewesen sei, ob er die Gefahrensituation erkannt habe oder nicht.
Nach alledem ist die Kammer der Überzeugung, dass der Klägerin die in der Niederschrift vom … 2014 aufgelisteten Mängel zu Recht vorgehalten werden. An der Rechtmäßigkeit der Bewertung würde sich im Übrigen auch dann nichts ändern, wenn man in der einen oder anderen Situation unterstellte, der Fahrschüler habe sich verkehrsgerecht verhalten (etwa beim Linksabbiegen) und zulässige Höchstgeschwindigkeiten eingehalten (Tempo-30-Zone), wie es die Klägerin behauptet. Gemäß § 18 der Prüfungsordnung hat der Bewerber bei der Lehrprobe im fahrpraktischen Unterricht nachzuweisen, dass er in der Lage ist, Fahrschülern praktischen Unterricht zu erteilen. Die Anforderungen an die zu erbringenden Prüfungsleistungen sind dabei nicht abhängig von dem jeweiligen fahrerischen Können und Ausbildungsstand des Fahrschülers. Mit Blick auf diese spezifische Prüfungssituation konnten mithin von der Klägerin durchaus Hinweise und Fragestellungen zu typischen Gefahren des Straßenverkehrs verlangt werden, um auf diese Weise eine Rückmeldung des Fahrschülers im Hinblick auf die praktische Lernzielkontrolle zu erlangen. Beim Gefahrenschild „Kinder“ hätte die Klägerin deshalb die Gründe für eine Geschwindigkeitsverringerung hinterfragen müssen, selbst wenn der Fahrschüler, wie die Klägerseite vorbringt, eine solche vorgenommen hätte. Entsprechendes gilt auch für die übrigen Beanstandungen der Prüfer, insbesondere den sogenannten „Rotlichtverstoß“, den Schulterblick im Zusammenhang mit dem Fahrstreifenwechsel und den rückwärts ausparkenden PKW.
Angesichts der Bewertung der praktischen Prüfungslehrprobe der Klägerin mit der Note 5 (mangelhaft), kann letztlich auch die im Streit stehende Aufhebung der Bewertung der Lehrprobe im theoretischen Unterricht nicht mehr dazu führen, dass die Klägerin die Fahrlehrerprüfung in der ersten Wiederholungsprüfung besteht. Denn bereits die Bewertung der praktischen Lehrprobe mit mangelhaft führt insgesamt zum Nichtbestehen der Prüfung. Demzufolge ist der Bescheid des Beklagten im Ergebnis rechtmäßig.
Die Klage war daher insgesamt mit der aus § 154 Abs. 1 VwGO resultierenden Kostenfolge abzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift:
Promenade 24 – 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift:
Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift:
Ludwigstraße 23, 80539 München;
Postfachanschrift:
Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in
in Ansbach:
Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen
Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift:
Promenade 24 – 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift:
Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.


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