Verwaltungsrecht

Nichtbestehen einer Fortbildungsprüfung

Aktenzeichen  M 16 K 15.2300

Datum:
26.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG BayVwVfG Art. 80
VwGO VwGO § 88, § 91, § 113 Abs. 1 S. 4

 

Leitsatz

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Der Entscheidung war der vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung gestellte Feststellungsantrag zugrunde zu legen. Dabei handelt es sich im Hinblick auf den ursprünglich gestellten Anfechtungsantrag nicht um ein bloßes Umstellen in einen Fortsetzungsfeststellungsantrag im Sinne des § 173 VwGO i. V. m. § 264 ZPO, das nicht den Regelungen der Klageänderung (§ 91 VwGO) unterliegt. Denn die erhobene Klage richtete sich zunächst gegen den Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2015 und nicht gegen deren Bescheid vom 18. Februar 2014. Der im Schriftsatz vom 1. Juni 2015 enthaltene Klageantrag kann auch nicht in der Weise ausgelegt werden (§ 88 VwGO), dass schon bei Klageerhebung der Bescheid vom 18. Februar 2014 angegriffen werden sollte. Denn der Klägerbevollmächtigte setzt sich in seiner Klagebegründung ausdrücklich mit dem im Klageantrag genannten Prüfungsbescheid vom 23. Februar 2015 auseinander und rügt maßgeblich, dass dieser den Kläger als Repetenten ausweise.
Die Klageänderung ist zulässig, weil sich die Beklagte rügelos auf den geänderten Klageantrag eingelassen hat (§ 91 Abs. 2 VwGO).
Die geänderte Klage bleibt ohne Erfolg.
Eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist nur statthaft, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt erledigt hat. Nach obergerichtlicher Rechtsprechung ist die Frage, ob und ggf. in welchem Ausmaß ein Prüfungsbescheid, mit dem eine Prüfung für nicht bestanden erklärt worden ist, den Prüfling auch noch nach dem Bestehen einer Wiederholungsprüfung in der Weise beschwert, dass sein Aufhebungsinteresse Rechtsschutz verdient, nicht abstrakt und generell zur beantworten. Die Antwort kann vielmehr je nach Art der Prüfung, den vom Prüfling verfolgten Zielen und seinen weiteren persönlichen Planungen unterschiedlich ausfallen (vgl. BVerwG, U.v. 21.10.1993 – 6 C 12/92 – juris; BayVGH, U.v. 28.11.2006 – 21 B 04.3400 – juris). Nachdem die Klägerseite mit ihrem letzten Schriftsatz aber selbst eingeräumt hat, dass der Kläger durch die nichtbestandene erste Prüfung keine beruflichen Nachteile habe, kann davon ausgegangen werden, dass sich der Prüfungsbescheid vom 18. Februar 2014 mit Bestehen der Wiederholungsprüfung erledigt hat und die Fortsetzungsfeststellungsklage daher statthaft ist.
Die Klage ist aber unzulässig, weil der Kläger kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat, dass der Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2014 rechtswidrig gewesen ist (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).
Für das notwendige Fortsetzungsfeststellungsinteresse genügt jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., RdNr. 84 zu § 113). Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse wird insbesondere bejaht bei Wiederholungsgefahr, zur Rehabilitierung bei Verwaltungsakten mit diskriminierendem Charakter oder bei schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigungen und bei Präjudizität zur Vorbereitung von Schadenersatz- oder Entschädigungsprozessen, insbesondere aus Amtshaftung, wenn ein entsprechender Prozess mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und nicht offenbar aussichtslos erscheint (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., Rn. 86 ff. zu § 113) .
Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Auch darüber hinaus sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, auf die im vorliegenden Fall ein berechtigtes schutzwürdiges Interesse an der begehrten Feststellung gestützt werden könnte.
Da der Kläger die Wiederholungsprüfung bestanden hat, ist eine das berechtigte Feststellungsinteresse begründende konkrete Wiederholungsgefahr ersichtlich nicht gegeben.
Auch ein Rehabilitierungsinteresse liegt nicht vor. Der Bescheid über eine nichtbestandene Prüfung hat über einen etwaigen Makel des Nichtbestehens hinaus, der im konkreten Fall auch nach der zuletzt geäußerten Ansicht des Klägers nicht vorliegt, keine diskriminierende oder ehrenrührige Wirkung. Ein Rehabilitierungsinteresse ergibt hier sich auch nicht aus dem Vorliegen einer schwerwiegenden Grundrechtsverletzung. Soweit die Klägerseite eine solche darin sieht, dass die Beklagte vor Ablegung der Wiederholungsprüfung über den Widerspruch des Klägers nicht entschieden hat, ist darauf hinzuweisen, dass nicht jede Rechtsverletzung einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff darstellt (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., Rn. 93 zu § 113 m.w.N). Wenn über einen Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden wird, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit der Erhebung einer Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) eröffnet. Im Übrigen dürfte ein zureichender Grund hier jedenfalls bis zum Eingang der Stellungnahme des Prüfungsausschusses Mitte September 2014 vorgelegen haben.
Soweit der Kläger vorträgt, einen Amtshaftungsprozess gegen die Beklagte führen zu wollen, ist ihm entgegenzuhalten, dass das erledigende Ereignis – nämlich das Bestehen der Wiederholungsprüfung im November 2014 – schon vor Klageerhebung am 4. Juni 2015 eingetreten ist. In einem solchen Fall ist ein berechtigtes Interesse an der Fortführung einer verwaltungsgerichtlichen Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage unter dem Gesichtspunkt eines bevorstehenden Amtshaftungsprozesses nicht gegeben, weil noch kein prozessualer verwaltungsgerichtlicher Aufwand entstanden ist und die zuständigen ordentlichen Gerichte von sich aus in der Lage sind, im Rahmen eines Zivilprozesses die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes festzustellen (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., Rn. 87 zu § 113 m. w. N.). Im Übrigen hat der Kläger nicht einmal geltend gemacht, dass ihm über die Aufwendungen hinaus, die ihm im Rahmen des Widerspruchsverfahrens entstanden sind, ein kausaler materieller Schaden entstanden sei.
Die Kostenerstattung in Bezug auf Aufwendungen eines Widerspruchsführers im Widerspruchsverfahren ist aber nicht notwendig unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung geltend zu machen. Hier hat die Beklagte das entsprechende Vorverfahren mit Bescheid vom 24. März 2015 eingestellt und die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben. Rechtsgrundlage dieser Kostenentscheidung ist Art. 80 Abs. 1 Satz 5 BayVwVfG. Danach wird über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sachstands entschieden, wenn sich ein Widerspruch erledigt hat. Anders als im Klageverfahren (§ 158 VwGO) kann im Widerspruchsverfahren die Kostengrundentscheidung als von der Widerspruchsentscheidung zwar abhängiger, ansonsten aber selbstständiger Verwaltungsakt isoliert angefochten werden (vgl. Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand: April 2016, Erl. VI. 2 zu Art. 80 BayVwVfG).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V. mit §§ 708ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.


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