Verwaltungsrecht

Nichteinhaltung der Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung

Aktenzeichen  9 ZB 15.2323

Datum:
8.1.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 41778
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 56 Abs. 2, § 57 Abs. 1, Abs. 2, § 60 Abs. 2 S. 1, § 124a Abs. 4 S. 4, § 173 S. 1
ZPO § 85 Abs. 2, § 176, § 222 Abs. 1, § 224
BGB § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Die Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung (§ 124a Abs. 4 S. 4 VwGO) ist nicht verlängerbar. (redaktioneller Leitsatz)
2 Nimmt der Bevollmächtigte eines Klägers irrtümlich an, dass die Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung verlängerbar ist, handelt es sich um einen zu vertretenden Rechtsirrtum, den sich der Kläger zurechnen lassen muss. Das Gericht ist nicht verpflichtet, auf diesen Irrtum hinzuweisen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt grundsätzlich nicht in Betracht. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

9 K 14.00081 2015-09-07 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird verworfen.
II.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.
III.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt im Zusammenhang mit seiner Biogasanlage Feststellungen betreffend die Rechtswidrigkeit der Nichtgenehmigung der Wiederinbetriebnahme sowie der Wirksamkeit einer erteilten Baugenehmigung. Die Feststellungsklage wurde vom Verwaltungsgericht mit Urteil vom 7. September 2015, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 12. September 2015, abgewiesen.
Hiergegen beantragte der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 12. Oktober 2015, die Berufung zuzulassen; die Begründung sollte in einem besonderen Schriftsatz folgen. Mit weiterem Schriftsatz vom 12. November 2015 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers, die Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung bis einschließlich 14. Dezember 2015 zu verlängern. Auf den gerichtlichen Hinweis vom 13. November 2015, dass die Darlegungsfrist nicht verlängerbar sei, erfolgte keine Reaktion mehr.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung (§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO) ist unzulässig und deshalb in entsprechender Anwendung von § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu verwerfen.
Der Antrag ist nicht innerhalb der gesetzlichen Frist des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO begründet worden. Das mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Urteil des Verwaltungsgerichts wurde dem Kläger mittels Postzustellungsurkunde am 12. September 2015 zugestellt (§ 56 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 176 ff ZPO). Die zweimonatige Begründungsfrist des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO lief deshalb nach § 57 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB am Donnerstag, dem 12. November 2015 ab. Eine Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung ist nicht erfolgt.
Der vom Bevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 12. November 2015 gestellte Antrag, die Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung zu verlängern, ist unbehelflich, da die Darlegungsfrist gemäß § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht verlängerbar ist (§ 57 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 224 Abs. 2 ZPO; vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 a Rn. 50). Abgesehen davon, dass es sich hierbei um einen regelmäßig zu vertretenden Rechtsirrtum (Bier in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2015, § 60 Rn. 33) des Bevollmächtigten handelt, der dem Kläger zuzurechnen ist (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO), ist das Gericht auch nicht verpflichtet, auf diesen Rechtsirrtum hinzuweisen (vgl. zur Einlegung eines Rechtsmittels beim unzuständigen Gericht: Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 60 Rn. 78). Bei Ausschöpfung von Fristen obliegen dem Kläger bzw. seinem Bevollmächtigten regelmäßig erhöhte Sorgfaltspflichten (Czybulka in Sodan/Ziekow, a. a. O., § 60 Rn. 60), denn bei Stellung des Antrags zu einem früheren Zeitpunkt als am letzten Tag der Frist und Eingang bei Gericht um 16:35 Uhr wäre die Möglichkeit einer Fristversäumnis leichter vermeidbar gewesen (vgl. Bier in Schoch/Schneider/Bier, a. a. O., § 60 Rn. 40). Gründe, die für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 VwGO sprechen könnten, sind deshalb – unabhängig davon, dass der Klägerbevollmächtigte auch auf den Hinweis des Gerichts mit Schriftsatz vom 13. November 2015 keine Klagebegründung mehr vorgelegt hat und damit den Anforderungen des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht nachgekommen ist – weder ersichtlich noch vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG (wie Verwaltungsgericht).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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