Verwaltungsrecht

Nichterteilung einer Zuweisung auf dem Betriebsgelände Großmarkthalle, Begehung einer Straftat durch den Vertreter, Begehung einer strafbaren Handlung in einem schwerwiegenden Fall

Aktenzeichen  M 7 K 20.1259

Datum:
5.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 54716
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GO Art. 21
Markthallen-Satzung der Landeshauptstadt M. § 4 Abs. 3 S. 1
Markthallen-Satzung der Landeshauptstadt M. § 5 Abs. 4 S. 1 Nr. 9 Buchst. a

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig. Das im Hinblick auf § 88 VwGO maßgebliche klägerische Begehren ist darauf gerichtet, die Beklagte entgegen dem Versagungsbescheid vom 11. Februar 2020 zu verpflichten, der Klägerin die begehrte Zuweisung für die Freifläche westlich des Gebäudes der Fa. … auf dem Betriebsgelände Großmarkthalle zur Errichtung einer Lagerhalle zu erteilen. Hierfür ist die Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage statthafte Klageart. Insbesondere kann die Klägerin ihr Klageziel auch nicht im Wege einer Anfechtungsklage verfolgen. Denn der in Nr. 1 des Bescheids vom 11. Februar 2020 hilfsweise erklärte Widerruf kommt vorliegend nicht zum Tragen, da eine Zuweisung der streitgegenständlichen Freifläche an die Klägerin tatsächlich noch nicht erfolgt ist. Das von der Klägerin für die Freifläche geplante Vorhaben wurde nach unwidersprochenen Angaben der Markthallen dem Bauabschnitt II zugeordnet. Händler dieses Bauabschnitts erhalten erst nach Erteilung der Baugenehmigung für ihr Vorhaben durch die Lokalbaukommission eine Zuweisung für die jeweilige Freifläche. Dass im Fall der Klägerin von dieser Praxis abgewichen wurde, ist nicht substantiiert geltend gemacht. Allein die vorbereitende Einholung der Baugenehmigung für die Bebauung der Ausgleichsflächen und die damit verbundene Anforderung der entsprechenden Antragsunterlagen bei den für eine spätere Zuweisung vorgesehenen Bewerbern begründet noch kein Zuweisungsverhältnis. Insbesondere hat die Klägerin insoweit auch die entsprechenden genehmigungsfähigen Unterlagen noch nicht vollständig eingereicht. Zudem ist der klägerische Vortrag, wonach die Zuweisung der Klägerin ihrem Verständnis nach bereits mündlich erteilt worden sei, dahingehend inkonsistent, dass die Klagebegründung zugleich darauf abstellt, dass eine Zuweisung bislang (unberechtigterweise) noch nicht erfolgt sei (vgl. S. 5 der Klagebegründung vom 5. Juni 2020).
Die Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuweisung der streitgegenständlichen Freifläche (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).
In formeller Hinsicht begegnet die Versagung der Zuweisung keinen Bedenken. Insbesondere wurde die Klägerin hierzu auch mit Schreiben vom 10. Oktober 2019 ordnungsgemäß angehört, Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG. Soweit der Klägerbevollmächtigte rügt, dass bereits vor dem für den 24. Oktober 2019 angesetzten mündlichen Anhörungstermin die Entscheidung zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheids gefallen gewesen sei, der Termin inhaltslos verlaufen sei und die Argumente der Klägerin nicht gehört worden seien, der ein Anhörungstermin im Beisein der anwaltlichen Vertretung nicht gewährt worden sei – eine ergänzende Stellungnahme sei am 13. November 2019 erfolgt – vermag dies die Annahme einer ordnungsgemäßen Anhörung schon nicht in Zweifel zu ziehen. Denn im Hinblick auf Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist es ausreichend, wenn dem Betroffenen die Gelegenheit gegeben wird, sich schriftlich zu äußern. Ein Anspruch darauf, eine mündliche Anhörung durchzuführen, besteht grundsätzlich nicht (vgl. Hermann in BeckOK, VwVfG, Stand: 1.7.2021, § 28 Rn. 17). Zugleich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass in der Angelegenheit der Klägerin ein mündlicher Anhörungstermin beantragt worden oder eine Stellungnahme bei den Markthallen eingegangen wäre. Aus der Behördenakte (Bl. 327) ergibt sich lediglich, dass der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben an die Markthallen vom 28. Oktober 2019 beantragt hatte, die im Anhörungsschreiben gesetzte Frist zu verlängern, was in der Folge auch gewährt wurde. Eine Stellungnahme für die Klägerin erfolgte jedoch nicht. Insbesondere bezog sich die am 13. November 2019 abgegebene Stellungnahme des Klägerbevollmächtigten ausweislich des Betreffs und der Anträge nur auf die Einzelfirma sowie die GmbH des Sohns der Klägerin.
Auch in materieller Hinsicht ist die Versagung der streitgegenständlichen Zuweisung nicht zu beanstanden.
Nach § 1 Abs. 1 Markthallen-Satzung betreibt die Beklagte die Markthallen, zu denen unter anderem die ständigen Lebensmittelmärkte wie der Viktualienmarkt gehören, als öffentliche Einrichtung im Sinne des Art. 21 GO. Gemäß Art. 21 Abs. 1 GO bemisst sich das Recht zur Benutzung der öffentlichen Einrichtung „nach den bestehenden allgemeinen Vorschriften“, hier insbesondere nach den in der Markthallen-Satzung festgelegten Zulassungs- und Benutzungsregelungen. Im Satzungswege kann auch der Kreis der zur Benutzung der öffentlichen Einrichtung Anspruchsberechtigten festgelegt werden. Eine solche Festlegung hat die Beklagte getroffen, indem sie in § 3 Markthallen-Satzung nicht nur die Kunden, sondern auch die Gewerbetreibenden – etwa Zuweisungsnehmer im Sinne von § 3 Nr. 1 Markthallen-Satzung – als Benutzer der öffentlichen Einrichtung „Markthallen“ definiert hat (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2018 – 4 CS 17.2083 – juris Rn. 14 m.w.N.). § 4 Markthallen-Satzung regelt die Erteilung der Zuweisung. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Markthallen-Satzung wird die Zuweisung dem geeignetsten Bewerber erteilt. § 5 Markthallen-Satzung regelt die Möglichkeiten der Beendigung einer einmal erteilten Zuweisung unter anderem in Form von zwingenden und fakultativen Widerrufsgründen. Flankierend hierzu sieht § 6 Nr. 3 MarkthallenSatzung die Pflicht zur Räumung und Übergabe der zugewiesenen Objekte nach erfolgtem Widerruf der Zuweisung vor. Gemäß § 5 Abs. 4 Markthallen-Satzung, der durch verschiedene Regelbeispiele ausgeformt und konkretisiert wird, kann die Zuweisung jederzeit aus wichtigem Grund widerrufen werden, sofern der vorübergehende Ausschluss nach § 16 Markthallen-Satzung keine ausreichende Gewähr für die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Markthallen bietet (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2018 – 4 CS 17.2083 – juris Rn. 14 f.).
Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieser Satzungsbestimmung, die eine Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 GG darstellt, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Als Ausfluss der verfassungsrechtlich verbürgerten Selbstverwaltungsgarantie sind die Gemeinden grundsätzlich dazu befugt, den Zugang zu ihren öffentlichen Einrichtungen im Wege von Benutzungsbedingungen auszugestalten und den Benutzungsanspruch beispielsweise durch zeitliche Befristungen, Kapazitätsbegrenzungen oder inhaltliche Vorgaben zu beschränken. Hierzu gehört auch das Recht, in der Benutzungssatzung Beendigungstatbestände für die Benutzung der öffentlichen Einrichtung vorzusehen, etwa bestimmte Widerrufsgründe für die Standplatzzuweisung bei Unzuverlässigkeit, bei Nichteinhaltung der Benutzungsbedingungen oder bei einrichtungsbezogenen Verstößen von einem gewissen Gewicht zu normieren. Damit wird zugleich den Vorgaben des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG Rechnung getragen, der den Widerruf rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakte vorsieht, wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist. Als Rechtsvorschriften in diesem Sinn sind auch satzungsrechtliche Regelungen anzusehen (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2018 – 4 CS 17.2083 – juris Rn. 16 m.w.N.).
Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Markthallen-Satzung wird die Zuweisung – wie ausgeführt – dem geeignetsten Bewerber erteilt. Dabei besteht im Hinblick auf Art. 21 Abs. 1 GO ein Anspruch auf Zulassung jedoch nur im Rahmen der Zweckbestimmung der öffentlichen Einrichtung und in den Grenzen der vorhandenen Kapazität, während ein Anspruch auf Kapazitätserweiterung nicht besteht (vgl. BayVGH, U.v. 14.5.1997 – 4 B 96.1451 – juris Rn. 21; OVG NW, B.v. 18.12.1992 – 15 B 4474/92 – juris Rn. 12 ff). Bei einer Erschöpfung der Kapazität der öffentlichen Einrichtung hat der Bewerber um eine zu vergebende Fläche ein subjektivöffentliches Recht auf fehlerfreie Ausübung des Auswahlermessens, d.h. darauf, dass die Beklagte die Auswahlentscheidung nach sachlichen Kriterien (vgl. BayVGH, B.v. 11.2.2019 – 4 ZB 18.378 – juris Rn. 16 unter Verweis auf BVerwG, B.v. 24.6.2011 – 8 B 31/11 – juris Rn. 5) und unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes zu treffen hat. Entsprechend haben die Markthallen die Auswahl des geeignetsten Bewerbers um eine Zuweisungsfläche grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass – anders als im Fall einer Neubewerbung um ausgeschriebene Zuweisungsflächen – die Auswahl der Händlerinnen und Händler für diverse Ersatzflächen allein aufgrund der Räumung von wegen Baugefährdung widerrufenen Kellerflächen veranlasst war. Ausweislich der Bescheidsgründe des Widerrufsbescheids an die Klägerin vom 24. Juli 2018 haben die Markthallen in der Folge die Anstrengungen verstärkt, im Rahmen der Kapazitäten Ersatzflächen zur Verfügung zu stellen (vgl. S. 6 des Bescheids vom 24. Juli 2018, Bl. 35 der Behördenakte). Die Vergabe der Zuweisungsflächen erfolgt mithin vorliegend nicht an den geeignetsten Bewerber aus dem innerhalb eines Ausschreibungsverfahrens gebildeten Bewerberpool. Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die begehrte Zuweisung einer Ersatzfläche ist vielmehr das bestehende Zuweisungsverhältnis im Zeitpunkt der Kellerschließung und der in der Folge von einem (ehemaligen) Zuweisungsnehmer angemeldete Bedarf für eine Ersatzfläche. Da in diesem Fall der Inhaber der – ohne sein Verschulden – widerrufenen Zuweisung bereits zu einem früheren Zeitpunkt als geeignetster Bewerber für eine Zuweisungsfläche in den Markthallen ermittelt wurde, ist es nicht zu beanstanden, wenn sich die Auswahlentscheidung betreffend die Zuweisung einer Ersatzfläche in ständiger Verwaltungspraxis darauf beschränkt, im Wege pflichtgemäßer Ermessensausübung – unter Berücksichtigung der bestehenden Kapazitäten – zu prüfen, ob diese Einschätzung auch hinsichtlich der Ersatzfläche unverändert Bestand hat. Dabei ist auch die von den Markthallen bei dieser Prüfung zugrunde gelegte Annahme nicht zu beanstanden, dass es an der (fortgesetzten) Eignung des (vormaligen) Zuweisungsnehmers i.S.d. § 4 Abs. 3 Satz 1 Markthallen-Satzung insbesondere dann fehlt, wenn in Bezug auf diesen ein Widerrufstatbestand einschlägig ist. Dies ergibt sich ohne weiteres für die obligatorischen Widerrufsgründe nach § 5 Abs. 3 MarkthallenSatzung. Denn die Behörde kann allein schon im Hinblick auf den Vorwurf widersprüchlichen Handelns nicht hinsichtlich ein- und desselben Sachverhalts verpflichtet sein, einerseits die Eignung i.S.d. § 4 Abs. 3 Markthallen-Satzung zu bejahen und andererseits eine danach erteilte Zuweisung unmittelbar wieder im Wege des Widerrufs zu entziehen. Vielmehr darf und muss sie die Erfüllung etwaiger Widerrufstatbestände durch den Bewerber bereits im Rahmen ihrer Entscheidung über dessen Eignung i.S.d. § 4 Abs. 3 Satz 1 Markthallen-Satzung entsprechend berücksichtigen. Nichts anderes kann insoweit auch hinsichtlich der fakultativen Widerrufsgründe nach § 5 Abs. 4 Markthallen-Satzung gelten.
Danach hat die Klägerin mangels Eignung keinen Anspruch auf Zuweisung der streitgegenständlichen Ersatzfläche. Denn in Bezug auf die Klägerin ist vorliegend der Widerrufstatbestand des § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 Buchst. a Alt. 2 Markthallen-Satzung erfüllt, da ihr Vertreter eine strafbare Handlung in einem schwerwiegenden Fall begangen hat. Insoweit wird auf die Urteilsgründe der in der Verwaltungsstreitsache M 7 K 19.6510 mit Urteil ebenfalls vom 5. Mai 2021 ergangenen Entscheidung (dort Rn. 28 ff.) Bezug genommen. Insbesondere steht für das Gericht auch fest, dass der Sohn der Klägerin nach wie vor als deren Vertreter i.S.d. § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 Markthallen-Satzung im Geschäftsverkehr auftritt. Denn ungeachtet des Widerrufs der erst kurz zuvor gegenüber den Markthallen erteilten schriftlichen Generalvollmacht für den Sohn mit E-Mail der Klägerin vom 1. Juli 2019, ist dieser betreffend die Planung für die Aufbauten auf der Freifläche auch in der Folgezeit – wie zuvor schon über viele Jahre hinweg (vgl. etwa statt vieler Bl. 178 der Behördenakte: „Herr … beschwerte sich mündlich beim Unterzeichner dieser Vormerkung, dass die Baufirma während der Baumaßnahme zur statischen Sanierung den Strom von dem ihm zugewiesenen Keller … abgezapft habe“ sowie Bl. 238, 243, 252, 257, 286 der Behördenakte für Fälle, in denen der Sohn der Klägerin im Auftrag oder in eigenem Namen für die Einzelfirma der Klägerin unterschrieben hat) – weiterhin gegenüber den Markthallen als Ansprechpartner aufgetreten (vgl. Bl. 140 bis 143 der Behördenakte). Insbesondere ist die Vertreterstellung dabei auch nicht an eine schriftliche Vollmachtserteilung gebunden. Denn die Erteilung der Vollmacht ist im Hinblick auf § 167 Abs. 2 BGB grundsätzlich formfrei (vgl. Schäfer in BeckOK, BGB, Stand: 1.8.2021, § 167 Rn. 8). Die Annahme der fortgesetzten Vertreterstellung deckt sich auch mit dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 5. Juni 2020, wonach die Klägerin ihre Einzelfirma bis heute – aufgrund ihres Alters gemeinsam mit ihrem Sohn – führe. Der Sohn sei teilweise für operative Tätigkeiten vertretungsberechtigt. Nichts anderes ergibt sich auch aus dem klägerischen Vortrag mit Schriftsatz vom 3. Mai 2021, wonach die Klägerin ihre Geschäfte noch immer selbst führe, aber einen Großteil auf ihren Mitarbeiter, Herrn W., delegiere, der als ihr Rechtsnachfolger im Gespräch sei. Insbesondere setzt die Vertreterstellung i.S.d. § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 MarkthallenSatzung weder voraus, dass ausschließlich der Vertreter im Geschäftsverkehr für den Zuweisungsnehmer auftritt, noch, dass es sich um den einzigen oder einen generalbevollmächtigten Vertreter des Zuweisungsnehmers handelt. Vielmehr begründet allein die Tatsache, dass der Zuweisungsnehmer einer anderen Person im Hinblick auf die eigene Markttätigkeit – wenn auch nur in einem bestimmten Teilbereich – das Recht einräumt, eigenverantwortliche Entscheidungen an seiner Stelle zu treffen, den einen Widerruf rechtfertigenden besonderen Zurechnungszusammenhang zwischen der Markttätigkeit des Zuweisungsnehmers und den Handlungen der vertretungsberechtigten Person.
Damit liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 Buchst. a Alt. 2 Markthallen-Satzung vor. Zutreffend haben die Markthallen zudem auch angenommen, dass im vorliegenden Einzelfall ein Ausschluss des Sohns der Klägerin nach § 16 Abs. 2 Markthallen-Satzung keine ausreichende Gewähr für die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Markthallen bietet (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1 Markthallen-Satzung a.E.). Auch insoweit wird auf die Urteilsgründe der in der Verwaltungsstreitsache M 7 K 19.6510 mit Urteil ebenfalls vom 5. Mai 2021 ergangenen Entscheidung (dort Rn. 36) Bezug genommen.
Die Versagung der Zuweisungserteilung stellt sich vorliegend auch nicht als ermessensfehlerhaft oder unverhältnismäßig dar. Hinsichtlich dieser Ermessensentscheidung legt § 114 Satz 1 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang fest. Das Gericht hat danach nur zu prüfen, ob die Verwaltung den ihr eingeräumten Ermessensspielraum ausgeschöpft hat, ob sie die gesetzlichen Grenzen der Ermessensbetätigung überschritten hat und ob sie die nach dem Zweck der Ermessensermächtigung für die Entscheidung relevanten Gesichtspunkte bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hat. Es darf die getroffene Entscheidung nur anhand derjenigen Erwägungen überprüfen, die die Behörde tatsächlich angestellt hat, wozu auch in Einklang mit § 114 Satz 2 VwGO nachgeschobene Erwägungen zählen (vgl. BVerwG, U.v. 11.5.2016 – 10 C 8/15 – juris Rn. 13).
Vorliegend sind Ermessensfehler nicht ersichtlich. Die Markthallen haben insbesondere erkannt, dass ihnen hinsichtlich der Entscheidung über Erteilung einer Zuweisung von Ersatzflächen Ermessen zukommt und dieses durch entsprechende Erwägungen ausgefüllt. Sie haben das ihnen eingeräumte Ermessen auch rechtsfehlerfrei ausgeübt. Die Markthallen haben das Interesse der Klägerin als langjährige Zuweisungsnehmerin an der fortgesetzten Nutzung der öffentlichen Einrichtung zum Einkommenserwerb, mit dem Interesse der Allgemeinheit daran, dem Ruf des Markts und damit den Interessen anderer Händler auf dem Markt sowie der Markthallen bzw. der Stadtverwaltung als Marktbetreiber abgewogen und festgestellt, dass vorliegend das Interesse an einem möglichst ungestörten Ablauf des Marktbetriebs – insbesondere auch das Vertrauen in die Rechtssicherheit auf dem Markt – höher zu bewerten sei. Dabei wurde zutreffend zu Grunde gelegt, dass die Klägerin ihrem Gewerbe des Obst- und Gemüsegroßhandels auch außerhalb des Betriebsgeländes Großmarkthalle nachgehen kann. Dass Gericht verkennt nicht, dass das Betriebsgelände Großmarkthalle eine herausgehobene Stellung innerhalb des Münchener Obst- und Gemüsegroßhandels einnimmt. Gleichwohl kommt die Versagung der Zuweisungserteilung vorliegend nicht – wie der Klägerbevollmächtigte meint – einer Gewerbeuntersagung oder einem faktischen Berufsverbot, sei es für die Klägerin oder ihren Sohn – annähernd gleich. Es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin die erforderlichen Lagerflächen für ihren Obst- und Gemüsegroßhandel nicht auch andernorts im Stadtgebiet mit zumutbarem Aufwand finden und anmieten könnte. Insbesondere wurde dem Vortrag der Beklagten, wonach in der Praxis vielfach andere Händler – auch ehemalige Großmarkthallenhändler – für Obst und Gemüse mit eigenen bzw. angemieteten Gewerbehallen im Großraum München vertreten seien, klägerseits nicht substantiiert entgegengetreten. Soweit klägerseits die besondere Bedeutung des Sichthandels für das klägerische Geschäftsmodell hervorgehoben wird, ist schon nicht erkennbar, inwieweit eine persönliche Auswahl und Besichtigung der Waren vor Ort nicht auch an anderer Verkaufsstelle möglich sein sollte. Soweit darauf verwiesen wird, dass die für die Klägerin maßgebliche Kundschaft allein in der Großmarkthalle anzutreffen sei, liegen ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Kunden der Klägerin deren Lager zur Besichtigung und persönlichen Auswahl der Waren – ggf. nach Einleitung entsprechender Marketingmaßnahmen – nicht auch an einer neuen Ausstellungslokalität aufsuchen würden. Insoweit erscheint insbesondere auch die nach klägerischem Vortrag notwendige Bündelung und Ergänzung der Warensortimente, die anschließend ausgeliefert werden, ohne Publikumsverkehr andernorts möglich. Hinzu kommt, dass der Widerruf der Kellerflächen bereits im Jahr 2018 erfolgte und die Klägerin seitdem ihr Gewerbe auch ohne die Möglichkeit der Nutzung der – hier allein streitgegenständlichen – in Aussicht gestellten Ersatzfläche betreiben konnte. So hat die Klägerin nach eigenen Angaben auch derzeit eine entsprechende Lagerfläche bei einem Dritten angemietet und nutzt dieses erfolgreich für die logistische Abwicklung ihrer Geschäfte.
Die Versagung der Zuweisungserteilung erweist sich auch nicht deshalb als unverhältnismäßig, weil eine fortdauernde Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in den Markthallen durch ein Verhalten des Sohns der Klägerin nicht zu befürchten wäre. Denn es ist nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon auszugehen, dass dieser sein marktschädigendes Verhalten nicht auch in der Zukunft fortsetzt. Insoweit wird auf die Urteilsgründe der in der Verwaltungsstreitsache M 7 K 19.6510 mit Urteil ebenfalls vom 5. Mai 2021 ergangenen Entscheidung (dort Rn. 39 ff.) Bezug genommen. Wie bereits ausgeführt, liegen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte vor, die ein Vertrauen dahingehend begründen, dass der Sohn der Klägerin künftig nicht mehr als ihr Vertreter gegenüber den Markthallen agieren wird.
Zutreffend haben die Markthallen schließlich auch angenommen, dass vorliegend kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Verfügung stand. Insbesondere stellt ein zeitweiser Marktausschluss des Sohns der Klägerin nach § 16 Abs. 2 Markthallen-Satzung im vorliegenden Einzelfall kein solches milderes Mittel dar, da ein Ausschluss – wie ausgeführt – bereits keine ausreichende Gewähr dafür bietet, die Sicherheit und Ordnung in den Markthallen aufrecht zu erhalten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass im Interesse des guten Rufs des Betriebsgeländes Großmarkthalle, wegen der damit verbundenen Abschreckungswirkung gerade die endgültige Beendigung des Zuweisungsverhältnisses dazu geeignet ist, andere Händler von entsprechenden schwerwiegenden Straftaten abzuhalten. Eine entsprechende drastische Wirkung hat ein befristeter Ausschluss nicht. Im Falle der Klägerin kommt ein Ausschluss ihres Sohns daher nicht als gleich geeignetes Mittel in Betracht. Die Markthallen haben insoweit zu Recht angenommen, dass bei dem vom Sohn der Klägerin begangenen Verstoß eine andere Sanktion keine ausreichende Gewähr für die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Markthallen bietet. Vor diesem Hintergrund ist auch die Feststellung im streitgegenständlichen Bescheid, dass weitere mildere Mittel wie ein Bußgeld oder eine Abmahnung in diesem Fall erst recht nicht in Frage kämen, nicht zu beanstanden. Der Einwand des Klägerbevollmächtigten, die Behörde hätte sich mit möglichen milderen Mitteln überhaupt nicht auseinandergesetzt, geht hier fehl.
Auch erscheint die Versagung der Zuweisungserteilung nicht im Hinblick darauf unverhältnismäßig, dass die Klägerin selbst nicht die strafbaren Handlungen begangen hat. Denn die Zurechnung der Handlungen ihres Sohns erscheint gerade in der vorliegenden Konstellation, in der der Sohn der Klägerin regelmäßig nach außen als ihr Vertreter in Unternehmensangelegenheiten auftritt, nicht unbillig. Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich die steuerstrafrechtlichen Verfehlungen formal lediglich auf die Einzelfirma des Sohns der Klägerin bezogen haben. Denn das mit den vom Sohn der Klägerin begangenen Straftaten verbundene Unwerturteil trifft diesen – wie ausgeführt – unmittelbar in der Sphäre seiner gewerblichen Markttätigkeit und gerade nicht nur als vom Marktgeschehen losgelöste Privatperson. Da die gewerbliche Markttätigkeit des Sohns der Klägerin in den Markthallen neben seiner Tätigkeit als Einzelkaufmann unter eigenem Namen firmierend sowie im Rahmen der … GmbH als geschäftsführender Alleingesellschafter gerade auch die Tätigkeit für die Firma der Klägerin umfasst, schlägt dieses Unwerturteil vorliegend auch auf die Einzelfirma der Klägerin durch.
Sonstige Gründe, die eine Neuzuweisung im Hinblick auf § 4 Abs. 3 Satz 1 Markthallen-Satzung (Erteilung der Zuweisung an den geeignetsten Bewerber) rechtfertigen würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere hat die Klägerin sich vorliegend auch nicht auf eine ausgeschriebene Zuweisungsfläche neu beworben.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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