Verwaltungsrecht

Nichtzulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache in Asylstreitverfahren (Sierra Leone)

Aktenzeichen  9 ZB 20.30690

Datum:
30.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9704
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Hat sich das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung auf bestimmte Erkenntnismittel oder gerichtliche Entscheidungen gestützt, muss das Vorbringen zum Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung zumindest einen überprüfbaren Hinweis auf andere Gerichtsentscheidungen oder nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- oder Erkenntnisquellen enthalten, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf (Rn. 4). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 4 K 18.31322 2020-02-07 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Kläger ist Staatsangehöriger S. L.und begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie hilfsweise die Zuerkennung subsidiären Schutzes, die Feststellung von Abschiebungshindernissen und das Einreise- und Aufenthaltsverbot aufzuheben bzw. kürzer zu befristen. Mit Urteil vom 7. Februar 2020 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Die Berufung ist nicht wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 22.10.2019 – 9 ZB 18.30670 – juris Rn. 3 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
Der Kläger sieht eine grundsätzliche Bedeutung in der Tatsachenfrage, „ob alleinstehende Staatsangehörige S. L. (wie der Kläger) sich hinreichend wahrscheinlich in ihrer Heimat ein Leben am Rande des Existenzminimums erwirtschaften können werden oder ob in solchen Fällen ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG festzustellen ist“. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung unter Bezugnahme auf den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 18. Juli 2018 (§ 77 Abs. 2 AsylG) ausgeführt, dass es dem Kläger als jungem, arbeitsfähigen und gesundem Mann möglich sein wird, seine Existenz zu sichern, wenn auch unter Mühen und ggf. unter Rückgriff auf Subsistenzwirtschaft. Ihm sei dies beispielsweise auch in Algerien gelungen. Zudem ergibt sich aus dem vom Verwaltungsgericht in Bezug genommen angefochtenen Bescheid des Bundesamts vom 18. Juli 2018, dass die Mutter des Klägers noch in S. L. lebt, der Kläger ihren Aufenthaltsort wisse und es dem Kläger somit möglich sein dürfte, seine Mutter wiederzufinden, die ihn bei seiner Rückkehr unterstützen und auffangen könne. Abgesehen davon, dass das Zulassungsvorbringen dem nicht substantiiert entgegentritt und insbesondere auch nicht ausgeführt wird, warum die aufgeworfene Frage angesichts der vom Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf den Bescheid des Bundesamts vom 18. Juli 2018 (§ 77 Abs. 2 AsylG) angenommenen familiären Unterstützungsmöglichkeit durch die Mutter des Klägers vorliegend überhaupt entscheidungserheblich sein soll, setzt es sich in Bezug auf die grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit nicht mit den vom Verwaltungsgericht in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln auseinander. Stützt sich das Verwaltungsgericht – wie hier, teilweise auch unter Bezugnahme auf den Bescheid des Bundesamts (§ 77 Abs. 2 AsylG) – bei seiner Entscheidung auf bestimmte Erkenntnismittel oder gerichtliche Entscheidungen, ist erforderlich, dass das Zulassungsvorbringen zumindest einen überprüfbaren Hinweis auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- oder Erkenntnisquellen enthält, etwa entsprechende Auskünfte, Stellungnahmen, Gutachten oder Presseberichte, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf (vgl. BayVGH, B.v. vom 23.5.2019 – 9 ZB 19.31946 – juris Rn. 4 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht. Vielmehr widerspricht der Kläger der Auffassung des Verwaltungsgerichts und macht im Gewand einer Grundsatzrüge ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geltend, was keinen im Asylverfahrensrecht vorgesehenen Zulassungsgrund darstellt (BayVGH, B.v. 22.1.2019 – 9 ZB 18.31719 – juris Rn. 5). Abgesehen davon ist die Frage auch nicht verallgemeinernd, sondern nur nach jeweiliger Würdigung der Verhältnisse im Einzelfall zu beurteilen (vgl. BayVGH, B.v. 8.10.2019 – 9 ZB 19.33218 – juris Rn. 4).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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