Verwaltungsrecht

Nutzungsuntersagung für Aufenthaltsräume in einem Beherbergungsbetrieb, Erhebliche Brandschutzmängel, Fehlende Rettungswege, Störerauswahl

Aktenzeichen  Au 5 S 22.50

Datum:
31.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 6489
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
BayBO Art. 54 Abs. 4
BayBO Art. 76 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,– EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Nutzungsuntersagung für das 1. Obergeschoss und das Dachgeschoss des Anwesens Fl.Nr., Gemarkung ….
Die Antragstellerin ist Mieterin von Räumen im 1. Obergeschoss und im Dachgeschoss des Anwesens Fl.Nr., Gemarkung, die sie als Pensions-, Monteur- und Fremdenzimmer untervermietet. Vermieter an die Antragstellerin ist der Antragsteller im Verfahren Au 5 S 22.52, der das Gebäude von den Eigentümern gepachtet hat und als Weitervermieter auftritt.
Anlässlich einer Feuerbeschau am 11. November 2021 und eines Ortstermins am 16. November 2021 war festgestellt worden, dass in dem Gebäude seit längerem ein gewerblicher Beherbergungs- bzw. Wohnheimbetrieb abweichend von der zuletzt mit Baugenehmigung vom 18. Juli 1969 genehmigten Nutzung ausgeübt wird.
Bei der Feuerbeschau waren erhebliche brandschutztechnische und brandschutzrechtliche Mängel festgestellt worden.
Aus den vom Antragsgegner vorgelegten Akten ergibt sich, dass das Pachtverhältnis von Vertretern der Eigentümergemeinschaft am 15. November 2021 fristlos gekündigt wurde.
Am 7. Dezember 2021, der Antragstellerin zugestellt am 11. Dezember 2021, erließ das Landratsamt … (im Folgenden: Landratsamt) folgenden Bescheid:
1. Herrn … sowie der …GmbH und Co.KG werden die folgenden Nutzungen in dem bestehenden Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … (…straße …) mit Zugang dieses Bescheids untersagt:
Die Nutzung des kompletten 1. Obergeschosses und Dachgeschosses als Aufenthaltsräume im Rahmen und für die Zwecke eines Beherbergungs- bzw. Wohnheimbetriebes.
Die in den genehmigten Plänen vom 18. Juli 1969, Az. … als „Wohnräume“ und „Schlafraum“ im 1. Obergeschoss gekennzeichneten Zimmer (nördlicher Gebäudebereich, nördlich Treppenhaus) dürfen nur zu privaten Zwecken verwendet werden.
2. Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 wird angeordnet.
3. Bei Nichterfüllung der in Nr. 1 dieses Bescheides genannten Verpflichtungen wird ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 Euro je Verpflichteten fällig.
4. Herr … (…) und die … GmbH und Co.KG (…) haben die Kosten (…) des Verfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen.
5. Für die Baukontrolle vom 16. November 2021 wird eine Gebühr in Höhe von 106,40 EUR festgesetzt.
6. Auslagen werden in Höhe von 5,52 EUR erhoben.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass bei der durchgeführten Feuerbeschau erhebliche brandschutzrechtliche und brandschutztechnische Mängel festgestellt worden seien, welche mit einer Gefahr für Leben und Gesundheit insbesondere für in den Beherbergungs- bzw. Wohnheimzimmern untergebrachte Personen verbunden seien. Die baulichen Veränderungen mit dem Einbau von Beherbergungs- bzw. Wohnheimzimmern im 1. Obergeschoss sowie im Dachgeschoss würden weder einen nachgewiesenen vollständigen baurechtlichen Bestandsschutz genießen noch den zur Verfügung stehenden genehmigten Planunterlagen entsprechen. Beim Umbau des Gebäudes im Jahr 1968 seien nach den genehmigten Bauvorlagen im 1. Obergeschoss neben privaten Wohnräumen nur zwei Gasträume vorgesehen. Für die Nutzung des Dachgeschosses lägen keine genehmigten Bauvorlagen, insbesondere auch für Gastzimmer, vor. Nach der zum Zeitpunkt des Umbaus geltenden Bayerischen Bauordnung 1962 wären die Nutzungsänderungen anzeigepflichtig gewesen. Die Frage eines baurechtlichen Bestandsschutzes könne jedoch dahingestellt bleiben, weil aufgrund der erheblichen brandschutzrechtlichen Mängel, insbesondere durch den mangelhaften ersten Flucht- und Rettungsweg sowie den zum Teil gänzlich fehlenden zweiten Flucht- und Rettungsweg, erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit der Benutzer der Beherbergungs- bzw. Wohnheimräume bestehe. In diesem Zusammenhang lasse Art. 54 Abs. 4 Bayerische Bauordnung (BayBO) auch nachträgliche Anforderungen an bestandsgeschützte bauliche Anlagen zu. Aufgrund der Anzahl von mehr als zwölf Betten handle es sich zudem um einen Sonderbau mit erhöhten brandschutzrechtlichen Anforderungen. Die Nutzungsuntersagung entspreche pflichtgemäßem Ermessen. Ein milderes Mittel komme nicht in Betracht, weil technische Nachrüstungen nicht kurzfristig umsetzbar seien. Insbesondere aufgrund der fehlenden ordnungsgemäßen Rettungswege und der damit verbundenen erheblichen Gefährdung für Leben und Gesundheit der Beherbergungsgäste sowie der dazu erforderlichen und gebotenen unmittelbaren Abhilfe könnten rechtmäßige Zustände aktuell und umgehend daher nur durch den Erlass einer Nutzungsuntersagung erreicht werden. Ausreichend hierfür sei bereits die formelle Rechtswidrigkeit, von der wegen der fehlenden Anzeige bzw. Baugenehmigung auszugehen sei. Die Nutzungsuntersagung sei auch verhältnismäßig. Es sei ein unverzügliches bauaufsichtliches Einschreiten geboten. Nur mit der sofortigen Aufgabe der Benutzung der gewerblich genutzten Zimmer könnten die derzeitigen sicherheitsrechtlichen Mängel ausgeräumt werden und ein ausreichender Personenschutz sichergestellt werden. Die Sicherung der Rechtsgüter Leben und Gesundheit genieße in der Abwägung mit wirtschaftlichen Interessen an der gewerblichen Weiternutzung des Beherbergungs- und Wohnheimbetriebes Vorrang. Die Nutzungsuntersagung sei gegenüber der Antragstellerin als weitere Vermieterin sowie gegenüber dem Pächter verfügt worden. Pächter und Vermieter seien Verursacher der Störung. Es erscheine deshalb zur Unterbindung der Nutzung sachgerecht und am effektivsten, die Untersagung gegen beide zu richten, da insbesondere bei einer Untersagung gegen den Eigentümer dieser zunächst zivilrechtlich gegen seinen Pächter vorgehen müsse und damit eine sofortige Unterlassung der Nutzung nicht sichergestellt werden könne. Eine Duldungsanordnung gegenüber dem Eigentümer sei zur Durchsetzung einer Nutzungsuntersagung entbehrlich. Die sofortige Durchsetzbarkeit der Nutzungsuntersagung sei im öffentlichen Interesse notwendig. Sie liege regelmäßig im besonderen öffentlichen Interesse, wenn dezidierte und im Vorliegenden festgestellte Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr von Leben und Gesundheit insbesondere durch erhebliche brandschutzrechtliche Mängel bestünden. Nur mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung sei eine wirksame Gefahrenabwehr möglich.
Auf die weiteren Bescheidsgründe wird verwiesen.
Am 10. Januar 2022 ließ die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid vom 7. Dezember 2021 erheben, über die noch nicht entschieden ist (Az. Au 5 K 22.49).
Ebenfalls am 10. Januar 2022 ließ die Antragstellerin beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 20. Januar 2022 vorgetragen, dass ein Grund für einen Sofortvollzug nicht ersichtlich sei. Das Gebäude sei im Jahr 1938 als landwirtschaftlicher Betrieb mit Metzgerei und Gaststätte erstellt worden. Im 1. Stock sei mit Umbaugenehmigung vom 18. Juli 1969 der damalige Tanzsaal zu Fremdenzimmern umgebaut worden. Der darüber gelegene 2. Stock sei früher überwiegend als Speicher genutzt worden. Daneben habe es im vorderen Bereich bereits zwei Fremdenzimmer gegeben, die schon bei den Voreigentümern (also vor Ende der sechziger Jahre) als solche genehmigt und genutzt worden seien. Den hinteren Bereich dieses ehemaligen Speichers hätten dann die Erwerber in Gestalt der Eheleute … – erinnerlich ebenfalls 1969 – für die eigene Familie zu privaten Wohnzwecken nach entsprechender Genehmigung ausgebaut. Der Ausbau des Dachbodens sei damals genehmigungsfrei gewesen, weil die Statik durch den Innenausbau in Leichtbauweise nicht verändert worden sei und sich auch am äußeren Erscheinungsbild des Gebäudes nichts veränderte. Damit würde das Gebäude für die Umbauten im 1. Obergeschoss sowie die Änderungen im 2. Obergeschoss in formeller Hinsicht Bestandsschutz genießen. Hinzu käme der Vertrauensschutz der jetzigen Eigentümer, die keine Umbauarbeiten vorgenommen hätten. Im Jahr 1969 habe es noch keine Brandschutzvorschriften gegeben. Es würden deshalb im Hinblick auf brandschutzrechtliche Vorgaben nicht die heutigen Vorschriften, sondern die bei Erstellung des Objekts maßgeblichen Vorschriften gelten. Damit würden heutige Vorschriften, die eventuell Fluchtwege oder Brandschutztüren vorsehen, keine Anwendung finden. Das Gebäude genieße demnach auch materiellen Bestandsschutz. Zudem sei der vorliegende Zustand seit dem Jahr 1969 bis Ende 2021, also mehr als 50 Jahre, beanstandungsfrei geblieben. Eine Begründung für die plötzliche Anordnung sofortiger Vollziehung oder eine Eilbedürftigkeit sei deshalb nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung seien deshalb nicht gegeben. Zur Begründung sei außerdem nur eine allgemeine Floskel verwandt worden. Konkrete Anhaltspunkte für eine Gefahr für Leib und Leben seien ebenfalls nicht gegeben. In über 50 Jahren sei kein einziger Schadensfall eingetreten.
Das Landratsamt hat für den Antragsgegner mit Schriftsatz vom 20. Januar 2022 beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Nutzung des Gebäudes im 1. Obergeschoss und im Dachgeschoss aufgrund der fehlenden baurechtlichen Zulassung des im aktuellen Umfang rechtswidrig ausgeführten gewerblichen Beherbergungs- bzw. Wohnheimbetriebs und der festgestellten erheblichen brandschutztechnischen Mängel untersagt worden sei. Im Hinblick auf eine unmittelbar gebotene Abwehr einer konkreten Gefahrenlage für Leben und Gesundheit von Personen in der Benutzung der Beherbergungsstätte sei ein milderes Mittel nicht in Betracht gekommen. Baurechtliche Bestandsschutzrechte seien nach Aktenlage nicht gegeben. Unbeschadet der bereits fehlenden formellen Zulässigkeit der Beherbergungsnutzung sei die Untersagung selbst im Falle eines Bestandsschutzes wegen der erheblichen Mängel im brandschutztechnischen Bereich zwingend notwendig. Allein das Vorliegen eines seit 50 Jahren unveränderten Zustandes begründe keinen baurechtlichen Bestandsschutz. Anhaltspunkte für eine Verwirkung bauaufsichtlicher Eingriffsrechte seien nicht gegeben. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei zur Sicherstellung einer nicht verzögerten Ausführung der Anordnungen im Bescheid erforderlich gewesen.
Auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 20. Januar 2022 wird verwiesen.
Ergänzend wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist nicht begründet. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist dahingehend auszulegen, dass hinsichtlich der Klage gegen Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt wird (§ 88 VwGO).
1. Der Antrag ist zulässig.
Der Antrag auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist statthaft. Grundsätzlich hat die Anfechtungsklage gegen einen belastenden Verwaltungsakt gem. § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Wegen der behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung (Ziffer 2 des Bescheides) kommt der Klage gegen die Ziffer 1 des Bescheides jedoch vorliegend gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung zu. Nach Art. 21a VwZVG hat die Anfechtungsklage gegen Ziffer 3 des Bescheides schon kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) keine aufschiebende Wirkung. Mithin kann das Gericht auf Antrag die kraft Gesetzes bzw. aufgrund der behördlichen Anordnung ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen bzw. wiederherstellen.
Als Adressatin eines belastenden Verwaltungsakts ist die Antragstellerin auch antragsbefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakt auf Antrag eines Betroffenen im Falle des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen, im Falle des § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf erfolglos sein wird, tritt das Interesse der Antragstellerin regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass die erhobene Anfechtungsklage keinen Erfolg haben wird.
a) Die Anordnung des Sofortvollzuges in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides erging in formell rechtmäßiger Weise. Der Antragsgegner hat der Begründungspflicht für die Anordnung des Sofortvollzuges nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ausreichend Rechnung getragen.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO erfordert ein besonderes öffentliches Interesse, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Erlass des Verwaltungsaktes selbst rechtfertigt (BVerfG, B.v. 25.1.1996 – 2 BvR 2718/95 – juris Rn. 19). Dieses besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung muss in der nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO erforderlichen schriftlichen Begründung zum Ausdruck kommen. Der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Begründungspflicht ist nämlich auch in Bezug auf die inhaltlichen Anforderungen an die Begründung Rechnung zu tragen. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht schon dann genügt, wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird. Vielmehr bedarf es einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Fall ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht, gegenüber dem das Interesse des Betroffenen am Bestand der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels ausnahmsweise zurückzutreten hat (BVerwG, B.v. 18.9.2001 – 1 DB 26/01 – juris Rn. 6). Diesen Anforderungen genügen pauschale oder formelhafte Wendungen grundsätzlich nicht (BayVGH, B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 7.3.2016 – 10 CS 16.301 – juris Rn. 3).
Gemessen hieran trägt die Anordnung der sofortigen Vollziehung dem formellen Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ausreichend Rechnung. Der Antragsgegner hat in nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Nutzungsuntersagung im besonderen öffentlichen Interesse liegt, insbesondere wegen der erheblichen Gefahren für Gesundheit und Leben. Insbesondere, wenn es wie vorliegend um die Abwehr brandschutzrechtlicher Gefahren geht und deshalb das Erlass- und das Vollzugsinteresse zusammenfallen, sind an die Begründung des Sofortvollzugs keine zu hohen Anforderungen zu stellen.
b) Unter Beachtung der oben genannten Vorgaben wird die Anfechtungsklage gegen den streitgegenständlichen Bescheid voraussichtlich keinen Erfolg haben, sodass der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage insoweit abzulehnen ist.
aa) Der streitgegenständliche Bescheid ist formell rechtmäßig.
Von einer Anhörung der Antragstellerin konnte gem. Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG abgesehen werden, da wegen der konkreten und erheblichen Gefahr für die überragend wichtigen Rechtsgüter Leben und Gesundheit eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug notwendig war. Etwaige Verfahrensfehler wären auch durch Nachholung im gerichtlichen Verfahren geheilt (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG).
bb) Die Nutzungsuntersagung in Ziffer 1 des Bescheides vom 7. Dezember 2021 ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig.
(1) Die Nutzungsuntersagung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 54 Abs. 4 BayBO i.V.m. Art. 76 Satz 2 BayBO.
Danach kann die Bauaufsichtsbehörde auch bei bestandsgeschützten baulichen Anlagen notwendige Anforderungen zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit stellen. Die Anforderung zur Abwehr einer erheblichen Gefahr kann darin begründet sein, dass die Gefahr erst nachträglich auftritt oder erst nachträglich erkannt wird (vgl. Dirnberger in Busse/Kraus, BayBO, 144. EL September 2021, Art. 54 Rn. 167). Auch eine Nutzungsuntersagung i.S. des Art. 76 Satz 2 BayBO kann eine derartige Anforderung sein.
Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob die bauliche Anlage in der Form, wie sie derzeit von der Antragstellerin als Mieterin genutzt wird, formell und materiell bestandsgeschützt ist. Zu Recht hat der Antragsgegner im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, dass die Anordnung der Nutzungsuntersagung im Falle des Bestandsschutzes auf Art. 54 Abs. 4 BayBO gestützt werden kann. Art. 54 Abs. 4 BayBO vermittelt der Bauaufsichtsbehörde über Art. 54 Abs. 2 und 3 BayBO sowie Art. 76 BayBO hinausgehend auch Eingriffsbefugnisse bei Anlagen, die aufgrund einer geltenden Baugenehmigung formell bestandsgeschützt sind. Auf die detaillierte Ermittlung und Beurteilung der bestehenden Baugenehmigungslage kann dabei verzichtet werden. Dies gilt umso mehr vorliegend, als die untersagte Nutzung nach Aktenlage nie baurechtlich genehmigt wurde. Mit der letzten, in den Akten auffindbaren Baugenehmigung vom 18. Juli 1969 waren im 1. Obergeschoss zwei Gastzimmer sowie private Wohnräume genehmigt worden. Für den Ausbau des Dachgeschosses finden sich in den vorgelegten Unterlagen keinerlei Genehmigungen. Nach Angaben des Bevollmächtigten der Antragstellerin im Schriftsatz vom 20. Januar 2022 sei das Dachgeschoss früher überwiegend als Speicher genutzt worden. Daneben habe es im vorderen Bereich zwei Fremdenzimmer gegeben. Der hintere Bereich des ehemaligen Speichers sei dann von den Eigentümern für die eigene Familie zu privaten Wohnzwecken ausgebaut worden. Die derzeitige tatsächliche Nutzung des gesamten 1. Obergeschosses und des gesamten Dachgeschosses zu Beherbergungszwecken wurde demnach nie genehmigt. Auf die Frage, ob die Umnutzung zum damaligen Zeitpunkt lediglich anzeigepflichtig gewesen wäre und formeller Bestandsschutz eingetreten sei, kommt es jedoch nicht entscheidend an. Denn bei der Anwendung des Art. 54 Abs. 4 BayBO muss die Frage der genauen Reichweite des Bestandschutzes nicht vertieft werden. Eine Anordnung, die nach dieser Vorschrift gegen eine in ihrem Bestand geschützte Anlage gerichtet werden kann, darf jedenfalls in analoger Anwendung des Art. 54 Abs. 4 BayBO auch und erst recht gegen eine nicht in ihrem Bestand geschützte Anlage ergehen. Voraussetzung für die behördliche Befugnis zur Anordnung von Maßnahmen ist das Vorliegen eines Gefahrenverdachts. Es muss bei Betrachtung ex ante im Einzelfall bei ungehindertem Geschehensablauf mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden drohen. Dabei sind, da es sich um den Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter handelt, an die Feststellung der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BayVGH, B.v. 25.3.2019 – 15 C 18.2324 – juris Rn. 31; Dirnberger in Busse/Kraus, a.a.O. Art. 54 Rn. 169 ff.). Es genügt grundsätzlich, wenn ein Schadenseintritt zu Lasten der durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG unter dem besonderen Schutz der Rechtsordnung stehenden Schutzgüter aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls nicht ganz unwahrscheinlich ist (vgl. BayVGH, B.v. 25.3.2019, a.a.O.; B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – juris Rn. 21 m.w.N.; B.v. 18.9.2018 – 15 CS 18.1563 – juris R. 20 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall sind jedenfalls objektive Umstände gegeben, die einen Gefahrenverdacht begründen, der gleichzeitig bereits die Schwelle einer erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit im Sinne des Eingriffstatbestandes des Art. 54 Abs. 4 BayBO erfüllt. Dies ergibt sich vorliegend daraus, dass, wie die Feuerbeschau am 11. November 2021 ergeben hat, gravierende brandschutzrechtliche Mängel festgestellt wurden.
Anlässlich der Feuerbeschau am 11. November 2021 und des nachfolgenden Ortstermins am 15. November 2021 wurden zahlreiche, teils gravierende Verstöße gegen die Brandschutzvorschriften der BayBO festgestellt. Im Protokoll über die Feuerbeschau vom 15. November 2021 wird vom Brandschutzbeauftragten des Marktes … ausgeführt, dass die nach der BayBO geforderte Ausgestaltung von Rettungswegen im gesamten Objekt nicht gegeben sei. Die Flure seien nicht als notwendige Flure ausgebildet, gleiches gelte für den Treppenraum. Die Anforderungen an den ersten Rettungsweg seien nicht erfüllt (Abschnitt 2, Nr. 3 a des Protokolls). Ein zweiter Rettungsweg sei nicht situiert (Abschnitt 2, Nr. 3 b des Protokolls). Die Voraussetzungen für die Menschenrettung und eine effektive Brandbekämpfung seien aufgrund der fehlenden Sicherheitsvorkehrungen nicht gegeben (Abschnitt 2, Nr. 3 c des Protokolls). Gem. Art. 31 Abs. 1 BayBO müssen für Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum in jedem Geschoss mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie vorhanden sein. Die Voraussetzungen für die Ausnahme hiervon nach Art. 31 Abs. 1 Satz 2 BayBO liegen nicht vor. Das Dachgeschoss wurde mit Schlafräumlichkeiten (6 Vermietungszimmer) ausgebaut, es ist jedoch nur ein Fluchtweg vorhanden. Eine Personenrettung aus dem Dachgeschoss ist deshalb nach den Erkenntnissen der Feuerbeschau höchst problematisch bzw. überhaupt nicht möglich. Im Obergeschoss sind 10 Vermietungszimmer eingebaut. Mehrere dieser Zimmer sind jedoch nicht anleiterbar, so dass es an einem zweiten Rettungsweg fehlt. Damit liegen gravierende Verstöße gegen zentrale Anforderungen des effektiven Brandschutzes vor. Des Weiteren wurden Verstöße u.a. gegen Art. 29, 32, 33 und 34 BayBO festgestellt. Die festgestellten brandschutzrechtlichen Mängel und Verstöße werden von der Antragstellerin nicht bestritten. Sie beruft sich vielmehr darauf, dass für ihr Vorhaben nur die im Jahr 1969 geltenden Regelungen anzuwenden seien.
Die Kammer ist aufgrund der Vielzahl der brandschutzrechtlichen Mängel, insbesondere wegen der fehlenden Rettungswege, der Auffassung, dass jedenfalls die Möglichkeit eines Schadenseintritts nicht von der Hand zu weisen ist. Angesichts des hohen Stellenwertes der Rechtsgüter Leben und Gesundheit genügt dies für die Annahme eines hinreichenden Gefahrenverdachts i.S. des Art. 54 Abs. 4 BayBO aus. Eine erhebliche – konkrete – Gefahr i.S. des Art. 54 Abs. 4 BayBO entsteht zwar nicht bereits allein dadurch, dass sich gesetzliche Vorschriften im Laufe der Zeit ändern und eine bestehende Anlage in der Folge nicht mehr in allen Details mit neueren (etwa bauordnungs-) rechtlichen Vorgaben übereinstimmt. Besonderheiten gelten jedoch bei der Gefahr- und Wahrscheinlichkeitsbeurteilung im Zusammenhang mit brandschutzrechtlichen Anforderungen, weil mit der Entstehung eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden muss (BayVGH, B.v. 27.1.2003 – 2 CS 02.2438 – juris Rn. 10; VGH BW, B.v. 29.3.2011 – 8 S. 291010 – juris Rn. 24) und ein Gebäudebrand regelmäßig mit erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit von Personen einhergeht. Personen, die sich in dem Gebäude aufhalten, müssen sich darauf verlassen können, dass die vorgesehenen Rettungswege im Brandfall hinreichend gefahrfrei und sicher benutzbar sind. Mängel innerhalb der Rettungswege indizieren daher eine erhebliche Gefahr i.S. des Art. 54 Abs. 4 BayBO (BayVGH, B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 27.1.2003 – 2 CS 02.2438 – juris Rn. 10; Dirnberger in Busse/Kraus, a.a.O. Art. 54 Rn. 176).
Auf den vom Antragstellerbevollmächtigten hervorgehobenen Umstand, dass es 50 Jahre lang nicht gebrannt habe, kommt es deshalb nicht entscheidend an. Die Nutzungsuntersagung konnte somit auf die in Art. 54 Abs. 4 BayBO eingeräumte Befugnis, nachträgliche Anforderungen zu stellen, gestützt werden.
(2) Der Antragsgegner hat das ihm im Rahmen des Art. 54 Abs. 4 BayBO eingeräumte Ermessen unter Berücksichtigung des nach § 114 Satz 1 VwGO insoweit eingeschränkten gerichtlichen Prüfungsumfanges nach summarischer Prüfung ordnungsgemäß ausgeübt. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Dies würde im Übrigen auch für den Fall gelten, dass die Nutzungsuntersagung nicht auf Art. 54 Abs. 4 BayBO, sondern ausschließlich auf Art. 76 Satz 2 BayBO gestützt werden könnte. Die behördlichen Ermessenserwägungen sind insoweit weitgehend identisch (BayVGH, B.v. 14.3.2011 – 2 CS 11.229 – juris Rn. 9).
Die Anordnung nach Art. 54 Abs. 4 BayBO steht zwar im Ermessen der Bauaufsichtsbehörde, das Handlungs- / Entschließungsermessen (hinsichtlich des „Ob“) wird aber regelmäßig – so auch hier – auf Null reduziert sein, d.h. die Behörde muss in der Regel tätig werden, soweit Anordnungen zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit notwendig sind (vgl. BayVGH, B.v. 25.3.2019, a.a.O. – juris Rn. 38; B.v. 18.9.2018 – 15 CS 18.1563 – juris Rn. 36; B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 -juris Rn. 30; Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O. Art. 54 Rn. 180). Hinsichtlich der Auswahl der Maßnahme verbleibt der Bauaufsichtsbehörde hingegen ein Ermessen, das sie pflichtgemäß und rechtmäßig auszuüben hat. Insbesondere müssen Anordnungen gemäß Art. 54 Abs. 4 BayBO nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein.
Das Entschließungsermessen des Antragsgegners war insoweit auf Null reduziert, er musste angesichts der gravierenden brandschutzrechtlichen Mängel tätig werden. Hinsichtlich des verbleibenden Auswahlermessens sind keine Ermessenfehler erkennbar. Insbesondere halten sich die Anordnungen im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Der Antragsgegner hat die Nutzungsuntersagung auf die Aufenthaltsräume im 1. OG und Dachgeschoss beschränkt, weil hier die fehlenden Rettungswege unmittelbar zu erheblichen Gefahren für die Nutzer im Falle eines Brandes führen können. Zu Recht wurde im Bescheid ausgeführt, dass ein milderes Mittel nicht zur Verfügung steht, um zeitnah baurechtlich zulässige Zustände herzustellen. Mit den Regelungen wird nicht, selbst für den Fall von Bestandsschutz, über die Grenze des nach Art. 54 Abs. 4 BayBO Erforderlichen hinausgegangen. Die Nutzungsuntersagung erweist sich auch als verhältnismäßig im engeren Sinne. Die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin an einer Weiternutzungsmöglichkeit der Räume müssen hinter dem weit überwiegenden öffentlichen Interesse an der Einhaltung brandschutzrechtlicher Vorschriften zurücktreten. Angesichts der von den Eigentümern gegenüber dem Pächter ausgesprochenen Kündigung des Objekts und der Aufforderung zur Räumung bis zum 31. Januar 2022 ist zudem das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an der Möglichkeit der Weiternutzung zu gewerblichen Zwecken eher gering zu bewerten.
Eine Verwirkung der bauaufsichtlichen Eingriffsbefugnis kommt vorliegend nicht in Betracht. Zum einen hat die zuständige Bauaufsichtsbehörde in der Vergangenheit in keiner Weise einen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, dass die baurechtswidrigen Verhältnisse geduldet würden. Zum anderen kann die Befugnis zum bauaufsichtlichen Einschreiten im Rahmen einer Gefahrenabwehr nicht allein durch Zeitablauf verwirkt werden.
(3) Der Antragsgegner hat auch in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Antragstellerin als Störerin herangezogen.
Mangels spezialgesetzlicher Regelungen in der Bayerischen Bauordnung ist für die Störerauswahl auf die allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsätze, insbesondere auf Art. 9 LStVG, zurückzugreifen (vgl. Dirnberger in Busse/Kraus, a.a.O. Art. 54 Rn. 178). Art. 9 LStVG unterscheidet zwischen dem Handlungsstörer, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 LStVG und dem Zustandsstörer, Art. 9 Abs. 2 LStVG. Handlungsstörer ist derjenige, dessen Verhalten die Gefahr oder die Störung verursacht hat. Zustandsstörer ist der Inhaber der tatsächlichen Gewalt oder der Eigentümer einer Sache oder Immobilie, deren Zustand Grund für die Gefahr oder die Störung ist. Die Anordnung nach Art. 54 Abs. 4 BayBO setzt dabei auch kein Verschulden des Verpflichteten voraus (vgl. Dirnberger in Busse/Kraus, a.a.O. Art. 54 Rn. 178).
Bei einer Mehrheit von Störern hat die Bauaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen über deren Inanspruchnahme zu entscheiden. Diese Entscheidung ist durch das Gericht nur auf Ermessensfehler überprüfbar, Art. 40 BayVwVfG, § 114 VwGO. Gesetzliche Richtschnur für die fehlerfreie Ausübung des Auswahlermessens unter mehreren Störern sind die Umstände des Einzelfalles, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und auch das Gebot der schnellen und effektiven Gefahrenbeseitigung. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Handlungsstörer durch seine Tätigkeit mehr zur Störung der Rechtsordnung beiträgt als etwa der Grundstückseigentümer als Zustandsstörer wird es dabei regelmäßig sachgerecht sein, den Handlungsstörer vor dem Zustandsstörer in Anspruch zu nehmen (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2001 – 1 ZB 01.664 – juris Rn. 5).
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist es daher sachgerecht, dass der Antragsgegner die Antragstellerin als Mieterin der Aufenthaltsräume im 1. Obergeschoss und im Dachgeschoss als Adressatin der Nutzungsuntersagung (neben dem Pächter als ihrem Vermieter) herangezogen hat. Die Antragstellerin nutzt die Räume zu gewerblichen Zwecken und tritt als Vermieterin für Pensions- und Fremdenzimmer auf. Dies ergibt sich aus dem am Anwesen befestigten Briefkasten mit dem Firmennamen der Antragstellerin, dem Hinweis auf „PensionsMonteur- Fremdenzimmer“ sowie der dort genannten Telefonnummer. Auch im Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 20. Januar 2022 wird diese als „Pächterin“ bezeichnet. Die Antragstellerin war damit als Handlungsstörerin heranzuziehen, die durch das Unterlassen der weiteren Vermietung der Räume die bestehende Gefahrenlage für Leben und Gesundheit sofort beenden kann. Eine Duldungsanordnung gegenüber den Eigentümern war vorliegend nicht erforderlich, weil das bloße Nichtbenutzen einer baulichen Anlage im Allgemeinen nicht geeignet ist, die Rechtsstellung des Grundstückseigentümers nachteilig zu berühren (BayVGH, U.v. 16.2.2015 – 1 B 13.649 – juris Rn. 18).
cc) Der Antrag ist auch unbegründet, soweit er auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Androhung des Zwangsgeldes in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides gerichtet ist. Insoweit wird die Klage voraussichtlich ebenfalls erfolglos bleiben.
Aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung von Ziffer 3 liegt ein vollziehbarer Grundverwaltungsakt gem. Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG vor.
Die Zwangsgeldandrohung wurde zutreffend auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG gestützt. Art. 36 Abs. 5 VwZVG verlangt dabei, dass das Zwangsgeld in einer bestimmten Höhe anzudrohen ist. Dies dient dem Zweck, dem Vollstreckungsschuldner zu erkennen zu geben, für welchen Fall der Nichterfüllung einer Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht ihm ein Zwangsgeld in welcher Höhe droht. Hinsichtlich der Höhe des angedrohten Zwangsgeldes bestehen keine rechtlichen Bedenken. Die rechtlichen Anforderungen an das Bestimmtheitserfordernis in Art. 36 BayVwZVG sind vorliegend gewahrt. Für die Antragstellerin ist klar erkennbar, welches Zwangsgeld ihr im Falle der Nichtbefolgung der Untersagungsverfügung droht.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Bescheid vom 7. Dezember 2021 nach summarischer Prüfung rechtmäßig ist und sich die Klage voraussichtlich als erfolglos erweisen wird. Damit überwiegt auch unter Berücksichtigung der Gesamtumstände das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nrn. 9.4 und 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Danach geht das Gericht für das Klageverfahren von einem Streitwert von 10.000,- EUR aus, der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu halbieren war.


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