Verwaltungsrecht

Offenkundig widersprüchlicher Vortrag zur behaupteten Homosexualität

Aktenzeichen  Au 4 K 17.32860

Datum:
27.10.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG §§ 3 ff.

 

Leitsatz

Der Bescheid über die Abschiebung eines Asylsuchenden ist rechtmäßig, weil sich für das Gericht erwiesen hat, dass eine Verfolgung des Asylsuchenden wegen seiner behaupten Homosexualität nicht stattfindet. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf die Gewährung subsidiären Schutzes; er hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts vom 4. Mai 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Das klägerische Vorbringen, das sich auf eine (Vor-) Verfolgung wegen Homosexualität stützt, ist vollkommen unglaubwürdig. Schon der Vortrag des Klägers im Klageverfahren ist offenkundig widersprüchlich. So hat er in der Klagebegründung vom 21. Juni 2016 vortragen lassen, er habe Anfang 2014 aus Uganda fliehen können. Der Kläger hat ferner in der mündlichen Verhandlung angegeben, sich von 2009 bis 2012 in Irland aufgehalten zu haben. Mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2017 hat er demgegenüber u.a. ein Schreiben von „Spectrum Uganda“ vom 29. November 2016 vorlegen lassen, wonach der Kläger im Dezember 2011 Uganda verlassen haben soll.
Dieses Schreiben – mit einer behaupteten Ausreise im Dezember 2011 – hatte der Kläger im Übrigen schon durch seine früheren Bevollmächtigten dem Bundesamt vorlegen lassen (Schreiben vom 8.12.2016, Bl. 72 ff. der Bundesamtsakte). Gerade damit hat er offenkundig seinen Vortrag bei der Anhörung vor dem Bundesamt zu untermauern versucht, er habe sein Heimatland „Ende 2011“ verlassen (Anhörungsniederschrift, S. 2), nach dem er „Mitte 2011“ gekidnappt worden war. Insofern erweist sich die Angabe des Klägers in der Klagebegründung, er habe lediglich die Jahre verwechselt, tatsächlich sei es 2013 zu dem Brand gekommen, Anfang 2014 sei er ausgereist, als vorgeschoben. Der Kläger hat vor dem Bundesamt alles daran gesetzt, nachzuweisen, dass seine Angabe, 2011 sei das zutreffende Jahr, richtig sei. Nunmehr aber hat er – wie schon im streitgegenständlichen Bescheid festgehalten (S. 2) – eingeräumt, dass er sich vom 2009 bis 2012 in Irland aufgehalten hat. Dies steht im eindeutigen Widerspruch zu seiner Angabe vor dem Bundesamt, dass die fluchtauslösenden Ereignisse und die Flucht selbst im Jahre 2011 stattgefunden hätten. Gegen eine „Verwechslung“ der Jahre spricht auch, dass der Kläger das Jahr 2011 bei seiner Anhörung zwei Mal bei völlig unterschiedlichen Fragen angegeben hat (vgl. S. 2 und S. 4 der Anhörungsniederschrift). Zudem hatte der Kläger einen Fluchtverlauf angegeben, der etwa Anfang 2012 begann (vgl. S. 2 der Anhörungsniederschrift), also ebenfalls zur einer Flucht Ende 2011 passen sollte. In der Klagebegründung hat der Kläger nunmehr eingeräumt, am 21. November 2012 nach Uganda abgeschoben worden zu sein, so dass auch insoweit ein eindeutiger Widerspruch zu seinen Angaben vor dem Bundesamt besteht.
Nach dem vom Kläger (sowohl beim Bundesamt als auch bei Gericht) vorgelegten Schreiben von Spectrum Uganda vom 29. November 2016 soll der Kläger überdies seit Oktober 2009 Mitglied dieser Organisation sein. Dies steht im eindeutigen Widerspruch zu den nicht in Zweifel zu ziehenden Feststellungen im streitgegenständlichen Bescheid (S. 2), wonach der Kläger am 29. Juli 2009 in Irland einen Asylantrag gestellt und sich damit jedenfalls seit diesem Tag – der Kläger konnte in der mündlichen Verhandlung keine genauen Angaben machen – in Irland aufgehalten hat. Die vom Kläger hierzu in der mündlichen Verhandlung gegebene Erklärung, er sei erst von Irland aus Mitglied geworden, ist vollkommen unglaubwürdig. Abgesehen davon, dass sein gesamter bisheriger Vortrag in dieser Richtung keine Anhaltspunkte enthielt, führt das Schreiben vom 29. November 2016 selbst aus – die jetzigen und die früheren Klägerbevollmächtigten haben hierauf ausdrücklich hingewiesen (Schriftsatz vom 20.10.2017, S. 2; Schreiben vom 8.12.2016, Bl. 72 der Bundesamtsakte) –, dass der Kläger regelmäßig an Veranstaltungen und geheimen Treffen der Organisation teilgenommen habe. Dies lässt sich nur so verstehen – gerade deshalb hat der Kläger dieses Schreiben offensichtlich vorgelegt –, dass der Kläger zunächst, im Oktober 2009, Mitglied geworden sein soll und sich im Anschluss hieran in der Organisation engagiert habe. Gerade damit sollte offenbar auch nochmals der Vortrag des Klägers vor dem Bundesamt untermauert werden, dass er sich mit einer homosexuellen Gruppe beschäftigt habe (Anhörungsniederschrift, S. 4). Ein solches Engagement ab Oktober 2009 ist aber ausgeschlossen, wenn sich der Kläger, wie er nunmehr eingeräumt hat, ab 2009 in Irland aufgehalten hat.
Dem Gericht fehlt es daher nicht nur an der erforderlichen Überzeugung von der Wahrheit des vom Kläger behaupteten individuellen Schicksals; es ist vielmehr umgekehrt der Überzeugung, dass die vom Kläger geschilderte Verfolgungsgeschichte und insbesondere seine Homosexualität unzutreffend sind. Der Kläger hat derartiges zur Überzeugung des Gerichts lediglich vorgetragen, um aus der Situation Homosexueller in Uganda einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu konstruieren. Die vom Kläger vorgelegten Unterlagen des … e.V. und des … e.V. ändern hieran nichts. Diese beziehen sich auf das Verhalten des Klägers in Deutschland, nicht auf sein – hier im Vordergrund stehendes – Verfolgungsschicksal in Uganda, welches der Kläger, wie ausgeführt, vollkommen widersprüchlich und damit unglaubhaft geschildert hat. Vielmehr ist der Vortrag des Klägers auch insoweit widersprüchlich, als der Kläger in der Klagebegründung noch im Juni 2017 hat vortragen lassen, er wolle in Deutschland endlich zur Ruhe kommen, er trete in Deutschland nicht in Kontakt zu anderen Männern, während er andererseits bereits im April 2017 Kontakt zum Verein … aufgenommen haben und den Wunsch geäußert haben will, andere homosexuelle Menschen kennenzulernen.
Im Übrigen folgt das Gericht der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids, welche ebenfalls bereits unter anderen zutreffend ausgeführt hat, dass der Sachvortrag des Klägers nicht den Kriterien einer glaubhaften Darstellung des Verfolgungsschicksals entspricht, und nimmt auf den Bescheid Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG). Diese Bezugnahme gilt insgesamt, d.h. insbesondere einschließlich der Ausführungen zum Nichtvorliegen von Abschiebungsverboten und zur Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots.
Auf stattgebende gerichtliche Entscheidungen sowie weitere Unterlagen zur Situation Homosexueller in Uganda kam es daher nicht an; sie können nur dann eine Rolle spielen, wenn – anders als hier – eine schlüssige, stimmige Verfolgungsgeschichte vorgetragen wird (vgl. auch BayVGH, B.v. 27.4.2012 – 9 ZB 12.30134 – juris).
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO


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