Verwaltungsrecht

Offensichtlich unbegründete Klage eines ivorischen Staatsangehörigen

Aktenzeichen  W 2 K 19.30441

Datum:
15.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 10002
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 30
VwGO § 102 Abs. 2
EMRK Art. 3
AufenthG § 60 Abs. 5

 

Leitsatz

Eine individuelle Betroffenheit kann nicht mit schlechter wirtschaftlicher Situation der Familie und daraus resultierender mangelnder Schulbildung begründet werden. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die Klage, über die gemäß § 102 Abs. 2 VwGO auch in Abwesenheit der Parteien mündlich verhandelt werden konnte, ist als Verpflichtungsklage zulässig, jedoch offensichtlich unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 20. Februar 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Der Kläger hat offensichtlich keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten. Rechtsfehler bei der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots sind ebenfalls nicht ersichtlich.
1. Der Asylantrag des Klägers ist offensichtlich unbegründet.
Gemäß § 30 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. Die Beurteilung als offensichtlich unbegründet ist gerechtfertigt, wenn nach der vollständigen Erforschung des Sachverhaltes zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt (vgl. statt vieler: BVerfG, B.v. 25.2.1981, BVerfGE 56, 2016).
Der Kläger hat bei den Anhörungen durch das Bundesamts nichts vorgetragen, was auch nur im Entferntesten auf eine individuelle Verfolgung im Sinne von Art 16a, § 3 AsylG oder einen ernsthaften Schaden im Sinne von § 4 AsylG hindeuten könnte. Auch den in das Verfahren einbezogenen Erkenntnismitteln lassen sich keine Anhaltspunkte für eine Verfolgung oder individuelle Bedrohung anhand seiner Ethnie, Herkunft, politischen Einstellung, religiösen Zugehörigkeit oder sonstigen denkbaren Anknüpfungspunkte erkennen. Der Kläger selbst lieferte keine Anhaltspunkte für eine individuelle Betroffenheit, sondern gab bei seiner Anhörung lediglich an, dass er wegen der schlechten wirtschaftlichen Situation seiner Familie und weil er deswegen nicht zur Schule habe gehen können beschlossen habe, sein Heimatland zu verlassen. Da er der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Landung ferngeblieben ist, hat er die Möglichkeit nicht genutzt, seinen Vortrag zu ergänzen. Es besteht mithin für das Gericht unter keinen denkbaren Gesichtspunkt Anhaltspunkte zur Prüfung einer Asylanerkennung oder eines internationalen Schutzstatus. Die Ablehnung des Asylantrags drängte sich mithin gerade auf, so dass die Klage als offensichtlich unbegründet abzuweisen war. Für die weiteren Einzelheiten wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf den verfahrensgegenständlichen Bescheid Bezug genommen.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten.
Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Die Abschiebung eines Ausländers ist danach unzulässig, wenn ihm im Zielstaat unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK droht oder wenn im Einzelfall andere in der Europäischen Menschenrechtskonvention verbürgte, von allen Vertragsstaaten als grundlegend anerkannte Menschenrechtsgarantien in ihrem Kern bedroht sind (vgl. BVerwG, U.v. 24. Mai 2000 – 9 C 34/99 -, juris Rn. 11). Dabei können unter bestimmten Umständen auch schlechte humanitäre Bedingungen eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen. Ist die schlechte humanitäre Lage weder dem Staat noch den Konfliktparteien zuzurechnen, sondern bedingt durch die allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, kommt eine Verletzung von Art. 3 EMRK nur dann in Betracht, wenn ganz außergewöhnliche Umstände in der Person des Antragstellers vorliegen, die über die allgemeine Beeinträchtigung der Lebenserwartung des Antragstellers im Herkunftsland hinausgehen (vgl. EGMR, U.v. 27. Mai 2008 – 26565/05, U.v. 28. Juni 2011 – 8319/07). Solche Umstände sind beim Kläger weder vorgetragen noch ersichtlich. Angesichts seiner zehnjährigen Schulbildung, seines bestehenden familiären Netzwerks im Heimatland und seiner bisherigen beruflichen Erfahrung ist ohne weiteres davon auszugehen, dass er sich jedenfalls ein Existenzminimum wird erwirtschaften können.
Gesundheitsbedingte Einschränkungen im für ein Abschiebungsverbot relevanten Schweregrad sind weder durch aussagekräftige ärztliche Atteste substantiiert noch sonst ersichtlich. Der Kläger trägt keiner gesundheitlichen Einschränkungen vor. Ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kommt mithin ebenfalls nicht in Betracht kommt.
1.5. Die vom Bundesamt verfügte Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden. Die betreffende Entscheidung beruht auf § 34 Abs. 1 AsylG, § 59 Abs. 1 bis 3 AufenthG, § 36 Abs. 1 AsylG, deren Voraussetzungen hier gegeben sind.
1.6. Schließlich sind auch gegen die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots des § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6 des Bescheids) keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken vorgetragen worden oder sonst ersichtlich. Insbesondere sind keine Ermessensfehler des Bundesamts bei der Bemessung der Frist nach § 11 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 AufenthG zu erkennen.
Somit hatte die Klage insgesamt keinen Erfolg.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.


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