Verwaltungsrecht

Offensichtlich unbegründeter Asylantrag – Kosovo ist ein sicherer Herkunftsstaat

Aktenzeichen  M 2 K 15.31231

Datum:
19.1.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 29a
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Der Kosovo ist ein sicherer Herkunftsstaat. (redaktioneller Leitsatz)
Ein Abschiebungsverbot wegen einer erheblichen konkreten Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nach § 60 Abs. 7 AufenthG liegt nur vor bei einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde; eine der medizinischen Versorgung in Deutschland gleichwertige Versorgung im Herkunftsland wird nicht vorausgesetzt. Epilepsie ist im Kosovo behandelbar (ebenso VG Würzburg BeckRS 2014, 50323). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Über die Klage kann gemäß § 102 Abs. 2 VwGO entschieden werden, obwohl keiner der fristgerecht geladenen und entsprechend belehrten Beteiligten zur mündlichen Verhandlung erschienen ist.
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger folglich nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
Soweit das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf Asylanerkennung und auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat, ist der Bescheid mangels Anfechtung bestandskräftig geworden. Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Bundesamt das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG verneint hat. Dem Kläger droht weder im Hinblick auf die allgemeine Situation in Kosovo noch aufgrund besonderer individueller Umstände eine Gefährdung im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.
Zunächst wird auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom … September 2015 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist wie folgt auszuführen: Der Gesundheitszustand des Klägers stellt kein Abschiebungshindernis dar. Zwar kann eine Erkrankung ein Abschiebungsverbot begründen, wenn die Gefahr besteht, dass sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat wesentlich verschlechtert. Für die Bestimmung der „Gefahr“ gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, d. h. die drohende Rechtsgutverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (BVerwG, B. v. 2.11.1995 – 9 B 710/94 – DVBl 1996,108). Eine Gefahr ist dann „erheblich“, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist, also wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Eine wesentliche Verschlechterung ist nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes anzunehmen, sondern nur bei besonders schweren körperlichen oder psychischen Schäden. Außerdem muss die Gefahr konkret sein, was voraussetzt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustandes alsbald nach der Rückkehr des Betroffenen in sein Heimatland eintreten wird (BVerwG, U. v. 29.7.1999 – 9 C 2/99 – juris Rn. 8). Eine Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn im Heimatland des Ausländers die notwendige Behandlung oder Medikation seiner Erkrankung zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. etwa BVerwG, U. v. 29.10.2002 – 1 C 1/02 – juris Rn. 9).
Gemessen an diesen Grundsätzen liegt bei an Epilepsie leidenden Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Halbs. 2 AsylVfG) kein Abschiebungsverbot vor, denn Epilepsie ist im Kosovo behandelbar (Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 31.7.2011 an das Bundesamt; vgl. auch VG Augsburg, B. v. 21.3.2012 – Au 6 E 12.30114 – juris; VG Saarland, U. v. 21.3.2012 – 10 K 67.12 – juris; VG Würzburg, B. v.3. 4.2014 – W 1 S 14.30293 – juris). Zwar ist für medizinische Leistungen und für Basismedikamente aus der „Essential Drug List“ eine Eigenbeteiligung zu leisten Medikamente, die nicht in der „Essential Drug List“ aufgeführt sind, werden Personen ohne ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, wenn Patienten sonst in eine lebensbedrohliche Lage gerieten; es gibt auch Krankenhausärzte, die Medikamentenvorräte angelegt haben, mit denen sie sozial schwache Personen behandeln (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, a. a. O.). Auch der Kläger wurde im Kosovo wegen seiner Erkrankung behandelt, wie der von seinen Eltern beim Bundesamt vorgelegte Bericht der Universitätsklinik … über einen Klinikaufenthalt vom 6. bis 8. Januar 2013 zeigt. Somit ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger bei einer Rückkehr in den Kosovo alsbald in eine lebensbedrohliche Lage geraten würde.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen (wobei Gerichtskosten gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben werden).


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