Verwaltungsrecht

Offensichtlich unbegründeter Asylantrag mangels dargelegter Verfolgungssituation

Aktenzeichen  M 5 S 16.30545

Datum:
26.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
GG GG Art. 16a
AsylG AsylG § 3, § 4, § 30 Abs. 1, § 36 Abs. 4
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Das Ziel, eine dauerhaft heilende Behandlung in Deutschland zu erhalten, ist über den Weg des Asylrechts nicht zu erreichen. (redaktioneller Leitsatz)
Ein Abschiebungsverbot aus gesundheitlichen Gründen liegt nicht vor, wenn mit der im Heimatland verfügbaren Gesundheitsversorgung gewährleistet ist, dass eine konkrete und erhebliche Gefahr für Leib oder Leben nicht besteht. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Beschluss vom 31. März 2016 wird in Nr. II. aufgehoben.

Gründe

I.
Die Antragsteller sind albanische Staatsangehörige albanischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten nach eigenen Angaben auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten hier am 2. September 2015 Asylantrag.
Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab die Antragstellerpartei im Wesentlichen an, sie hätten Albanien verlassen, damit die Antragstellerin zu 7 geheilt werden könne. Das Kind leide an einem zerebralen Abszess. Eine angesetzte Operation in Albanien sei bereits zwei Mal abgesetzt worden. Die Antragsteller vermuten, dass das finanzielle Gründe gehabt habe. Im Übrigen bestehe für die Antragsteller eine schlechte Wohnsituation und eine fehlende Perspektive auf einen festen Arbeitsplatz.
Mit Bescheid vom 8. März 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offensichtlich unbegründet ab, lehnte den Antrag auf subsidiären Schutz ab (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Antragstellerpartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Kosovo oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 10 bzw. 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Zur Begründung führte das Bundesamt insbesondere aus, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht vorlägen, da die Antragstellerpartei keine Verfolgungsmaßnahmen durch den Staat oder zu berücksichtigende schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen seitens nichtstaatlicher Dritter zu befürchten habe. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor, Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Eine allgemein schwierige soziale und wirtschaftliche Lage begründe kein Abschiebungsverbot, sie müsse und könne von der Antragstellerpartei ebenso wie von vielen seiner Landsleute ggf. unter Aufbietung entsprechender Aktivitäten bewältigt werden. Eine Rückkehr sei insofern zumutbar. Da eine Behandlung der Antragstellerin zu 7 in Albanien möglich sei, bestünden auch unter diesem Aspekt keine Abschiebungsverbote. Durch die im Heimatland verfügbare Behandlung werde jedenfalls eine erhebliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben ausgeschlossen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerpartei am 16. März 2016 Klage und beantragte gleichzeitig,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung anzuordnen.
Die Antragsgegnerin legte am 22. März 2016 die Akten vor und stellte keinen Antrag.
Die Antragstellerpartei legte ein kinder- und jugendärztliches Attest vom 2. März 2016 bezüglich des Gesundheitszustands der Antragstellerin zu 7 vor. Weiter wurden am 31. März 2016 unterlagen in albanischer Spräche dem Gericht vorgelegt.
Mit Beschluss vom 31. März 2016 ordnete das Gericht an, dass die Antragsteller die Unterlagen in einer Übersetzung in deutscher Sprache bis spätestens 20. April 2016 vorzulegen hätten (Nr. I.), ebenfalls wurde die aufschiebende Wirkung der Klage bis 4. Mai 2016 angeordnet (Nr. II.). Die Antragsteller legten bis jetzt eine Übersetzung der Dokumente in die deutsche Sprache nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Klageverfahren sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (Art. 16a Abs. 4 GG, § 36 Abs. 4 AsylG).
1. Gemäß Art. 16a GG, § 36 Abs. 4 AsylG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG offensichtlich nicht besteht – wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht – und ob dieser weiterhin Bestand haben kann (BVerfG, B. v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – BVerfGE 67, 43). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a GG) und die Voraussetzungen des § 3 AsylG offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel i. S. v. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.), was nach ständiger Rechtsprechung aber nicht anzunehmen ist, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen, und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B. v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – InfAuslR 1993, 196).
2. An der Rechtmäßigkeit der insoweit seitens des Bundesamts getroffenen Entscheidungen bestehen hier keine derartigen ernstlichen Zweifel.
a) Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Asylberechtigter oder als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag der Antragstellerpartei nicht erkennbar. Es wurde überhaupt keine Verfolgungssituation vorgetragen. Dies begründet keine Verfolgung im Sinne von Art. 16 a GG oder § 3 AsylG. Das Gericht folgt daher der zutreffenden Begründung der Antragsgegnerin im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die vom Antragsteller angegebenen Gründe – dauerhafte Heilung des Kindes durch eine Operation in Deutschland – haben auch nicht ansatzweise einen Bezug zu einer politischen Verfolgung.
b) Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt auch insoweit auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Mit der im Heimatland der Antragsteller verfügbaren Gesundheitsversorgung ist gewährleistet, dass eine konkrete und erhebliche Gefahr für Leib oder Leben der Antragstellerin zu 7 in Albanien nicht besteht. Nur das ist der rechtliche Maßstab für ein Abschiebungsverbot. Das von der Antragstellerpartei verfolgte Ziel, eine dauerhaft heilende Behandlung der Antragstellerin zu 7 in Deutschland zu erhalten, ist über den Weg des Asylrechts nicht zu erreichen. Aus dem kinder- und jugendärztlichen Attest vom 2. März 2016 folgt nichts anderes.
Vor diesem Hintergrund ist die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.
3. Da die Antragsteller bis heute und damit nicht fristgemäß eine deutsche Übersetzung der von ihnen am 31. März 2016 in albanischer Sprache vorgelegten Unterlagen beigebracht haben, ist eine Prüfung dieser Dokumente nicht möglich. Es besteht daher kein Grund, die aufschiebende Wirkung der Klage weiter bis längstens 4. Mai 2016 anzuordnen. Nr. II des Beschlusses vom 31. März 2016 ist vielmehr mit sofortiger Wirkung aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.


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