Verwaltungsrecht

Prüfungs- und Informationspflichten des Wahlleiters nach Art. 32 Abs. 1 GLKrWG

Aktenzeichen  4 ZB 20.3109

Datum:
22.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 4156
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GLKrWG Art. 4, Art. 7, Art. 32, Art. 50, Art. 51, Art. 51a
VwGO § 65 Abs. 2
GG Art. 28 Abs. 1 S. 2, Art. 33 Abs. 2

 

Leitsatz

Die Regelungen in Art. 50 Abs. 4 Satz 2 und Art. 51 Satz 2 GLKrWG, wonach bei der Wahlprüfung und Wahlanfechtung Verstöße des Wahlleiters gegen seine Prüf- und Hinweispflichten aus Art. 32 Abs. 1 GLKrWG außer Betracht bleiben, sind verfassungsgemäß. (Rn. 17)

Verfahrensgang

Au 1 K 20.1381 2020-10-30 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt die Ungültigerklärung der Gemeinderatswahl in seiner Heimatgemeinde.
Am 22. Januar 2020 reichte er für die am 15. März 2020 anstehende Kommunalwahl einen Wahlvorschlag für seine Wählergruppe ein. Der Gemeindewahlleiter teilte ihm am 3. Februar 2020 schriftlich mit, dass der Wahlvorschlag an einem formalen Fehler leide. Der Wahlausschuss der Gemeinde wies in seinen Sitzungen vom 4. und 11. Februar 2020 den Wahlvorschlag zurück. Eine an den Beschwerdeausschuss bei der Regierung von Schwaben gerichtete Beschwerde des Klägers blieb gleichfalls ohne Erfolg. Die Gemeinderatswahl fand daraufhin ohne die vom Kläger eingereichte Liste statt.
Mit einem am 31. März 2020 bei dem zuständigen Landratsamt eingegangenen Schreiben beantragte der Kläger die Ungültigerklärung der Wahl und rügte eine Verletzung von Wahlvorschriften durch den Gemeindewahlleiter; dieser habe den Wahlvorschlag so spät überprüft, dass eine Heilung des Mangels nicht mehr möglich gewesen sei. Die Wahlanfechtung wurde mit Bescheid vom 6. Juli 2020 zurückgewiesen.
Die vom Kläger daraufhin erhobene Klage auf Ungültigerklärung der Wahl wies das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 30. Oktober 2020 ab. Zwar sei mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Verletzung wahlrechtlicher Vorschriften auszugehen, da der Wahlleiter seiner Verpflichtung aus Art. 32 Abs. 1 Satz 1 und 2 GLKrWG zur unverzüglichen Prüfung des Wahlvorschlags und unverzüglichen Aufforderung zur Beseitigung der festgestellten Mängel nicht nachgekommen sei. Der Verstoß könne aber nicht zur Ungültigerklärung der Wahl führen, da Verstöße des Wahlleiters gegen die Pflichten aus Art. 32 Abs. 1 GLKrWG nach Art. 51 Satz 2 i. V. m. Art. 50 Abs. 4 Satz 2 GLKrWG bei der Berichtigung und Ungültigerklärung außer Betracht blieben. Es bestehe auch kein Anlass, in verfassungskonformer Auslegung von der Anwendung des Art. 50 Abs. 4 Satz 2 GLKrWG abzusehen. Zwar sei daran zu denken, in Ausnahmefällen die Vorschrift einschränkend auszulegen, wenn die Zulassung eines Wahlvorschlags durch den Wahlleiter vorsätzlich rechtswidrig vereitelt werde, etwa durch Vernichtung oder Fälschung von Unterlagen. Ein solcher Sonderfall liege hier aber nicht vor. Der Wahlleiter habe über die Nichtbeachtung der Pflicht zur unverzüglichen Prüfung des Wahlvorschlags hinaus nichts aktiv unternommen, um der vom Kläger vertretenen Wählervereinigung die Teilnahme an der Wahl unmöglich zu machen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung.
Der Beklagte tritt dem Antrag entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
1. Über den Antrag auf Zulassung der Berufung kann entschieden werden, obwohl die bei verwaltungsgerichtlichen Wahlprüfungen gemäß § 65 Abs. 2 VwGO gebotene Beiladung der bisher Gewählten und ihrer nächsten Listennachfolger (vgl. BayVGH, B.v. 17.2.1997 – 4 D 96.4282 – BayVBl 1997, 343; Büchner, Kommunalwahlrecht in Bayern, Stand Februar 2020, Art. 51a GLKrWG Anm. 2.3.) im erstinstanzlichen Verfahren unterblieben ist. Eine Beiladung kommt in einem Rechtsmittelzulassungsverfahren nicht in Betracht, da hier allein um die prozessualen Voraussetzungen zur Fortführung des Verfahrens und nicht um die Sache selbst gestritten wird (BVerwG, B.v. 20.10.2000 – 7 B 58.00 – BayVBl 2001, 478; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 65 Rn. 5).
2. Der Antrag hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.
a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Dieser Zulassungsgrund liegt vor, wenn es für die Streitentscheidung auf eine über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage ankommt, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173 Rn. 33 m.w.N.).
aa) Der Kläger hält die Rechtsfrage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob Art. 50 Abs. 4 Satz 2 GLKrWG verfassungsgemäß sei. Die Unbeachtlichkeit der Pflichtverletzungen nach Art. 32 Abs. 1 GLKrWG solle nach dem Willen des Landesgesetzgebers uneingeschränkt und ausnahmslos gelten, so dass die Ansicht des Verwaltungsgerichts, wonach Pflichtverletzungen des Wahlleiters in Sonderfällen doch beachtlich sein könnten, im Gesetz keine Stütze finde. Die Pflichtverletzung sei demnach auch unbeachtlich bei einem gezielten und vorsätzlichen Unterlassen der Prüfung eines Wahlvorschlags und/oder bei so später Information, dass die Mängel aus zeitlichen Gründen nicht mehr behoben werden könnten. Es stelle sich daher die grundsätzliche Frage, ob die mit der Gesetzesänderung vom 16. Februar 2012 eingeführte uneingeschränkte Unbeachtlichkeit von Verstößen des Wahlleiters gegen die aus Art. 32 Abs. 1 GLKrWG folgenden Pflichten mit dem Demokratiegebot und dem Rechtsstaatsgebot vereinbar sei. Durch die sanktionslose Untätigkeit des Wahlleiters werde das Grundrecht des Klägers auf gleichen Zugang zu einem öffentlichen Amt (Art. 33 Abs. 2 GG) verletzt; die Pflichtverletzung bleibe selbst bei Willkür unbeachtlich.
bb) Mit diesem Vorbringen wird eine grundsätzlich klärungsbedürftige Frage nicht dargetan. Es liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erörterung in einem Berufungsverfahren, dass die für die Klageabweisung maßgebliche Bestimmung des Art. 50 Abs. 4 Satz 2 GLKrWG bei zutreffendem Normverständnis verfassungsgemäß ist.
Nach den für die förmliche Wahlanfechtung gemäß Art. 51 Satz 2 GLKrWG entsprechend anwendbaren Wahlprüfungsbestimmungen des Art. 50 Abs. 4 Satz 1 GLKrWG bleiben bei der von der Rechtsaufsichtsbehörde zu treffenden Entscheidung über die Berichtigung und Ungültigerklärung einer Wahl Verstöße des Wahlleiters gegen Art. 32 Abs. 1 GLKrWG außer Betracht. Nach Art. 32 Abs. 1 GLKrWG hat der Wahlleiter u. a. die Wahlvorschläge nach Eingang unverzüglich auf Ordnungsgemäßheit und Vollständigkeit zu prüfen (Satz 1); stellt er Mängel fest, benachrichtigt er unverzüglich die Beauftragten und fordert sie auf, diese, soweit möglich, bis 18 Uhr des 41. Tags vor dem Wahltag zu beseitigen (Satz 2).
(1) Die in diesen Vorschriften für das Wahlprüfungs- und Wahlanfechtungsverfahren vorgesehene Unbeachtlichkeit eines pflichtwidrigen Verhaltens des Wahlleiters umfasst, ohne dass es dazu einer verfassungskonformen Auslegung bedürfte, von vornherein nicht den vom Kläger genannten (Extrem-)Fall eines gezielten und vorsätzlichen Unterlassens der Prüfung eines Wahlvorschlags. Kommt der Wahlleiter, der als unabhängiges Organ der Gemeinde bzw. des Landkreises fungiert (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 GLKrWG), seiner aus Art. 32 Abs. 1 GLKrWG folgenden Prüfungspflicht in böswilliger Absicht hinsichtlich eines bestimmten Wahlvorschlags nicht oder nicht in gleicher Weise wie bei den anderen Wahlvorschlägen nach, so wird damit nicht lediglich gegen die genannte Verfahrensvorschrift verstoßen, sondern zugleich gegen die Verpflichtung der Wahlorgane zur unparteiischen Wahrnehmung ihrer Aufgaben (Art. 7 Abs. 2 Satz 1 GLKrWG). Da es sich auch bei diesem Neutralitätsgebot um eine Wahlvorschrift handelt, führt seine Verletzung nach Art. 50 Abs. 2 und 3 GLKrWG zwingend zur Wahlberichtigung bzw. Ungültigerklärung der Wahl, ohne dass es dabei noch auf die gleichzeitige Verletzung des Art. 32 Abs. 1 GLKrWG und damit auf die Unbeachtlichkeitsvorschrift des Art. 50 Abs. 4 Satz 2 GLKrWG ankäme.
(2) Dass in den verbleibenden Fällen einer ohne Benachteiligungsabsicht erfolgenden „schlichten“ Missachtung der Prüf- und Hinweispflichten aus Art. 32 Abs. 1 GLKrWG der darin liegende Wahlrechtsverstoß nach dem Willen des Gesetzgebers nicht ausreicht, um das Wahlergebnis zu berichtigen oder die Wahl für ungültig zu erklären, verstößt nicht gegen verfassungsrechtliche Grundsätze.
Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf das Recht auf gleichen Zugang zu einem öffentlichen Amt nach Art. 33 Abs. 2 GG (bzw. Art. 116 i. V. m. Art. 95 Abs. 2 Satz 1 BV) beruft, geht sein Vortrag von vornherein ins Leere. Denn dieses grundrechtsgleiche Recht gilt nicht für die durch Wahl zu vergebenden Mandate der ehrenamtlichen Gemeinderatsmitglieder (vgl. BVerfG, B.v. 20.9.2016 – 2 BvR 2453/15 – BVerfGE 143, 22 Rn. 21 m.w.N.; BayVerfGH, E.v. 25.7.1961 – Vf. 99-VII-60 – VerfGHE 14, 77/85 f.).
Die Unbeachtlichkeitsbestimmung des Art. 50 Abs. 4 Satz 2 GLKrWG verletzt nicht das Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG, Art. 2 BV) und das darin wurzelnde Gebot, wonach das Volk auch in den Kreisen und Gemeinden eine aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangene Vertretung haben muss (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 13 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BV). Aus der verfassungsrechtlichen Garantie des aktiven und passiven Wahlrechts folgt zwar auf der kommunalen wie auch auf der staatlichen Ebene, dass ein die Beachtung der genannten Wahlrechtsgrundsätze sicherndes Wahlprüfungsverfahren eingerichtet werden muss. Der Landesgesetzgeber verfügt dabei aber über eine weitreichende Gestaltungsfreiheit, deren Grenzen erst überschritten sind, wenn schwerwiegende Verstöße gegen die Grundsätze der Freiheit oder der Gleichheit der Wahl, die als gewichtiger anzusehen sind als das Bestandserhaltungsinteresse der gewählten Volksvertretung, von vornherein außer Betracht blieben (vgl. BVerfG, U.v. 8.2.2001 – 2 BvF 1/00 – BVerfGE 103, 111/135 m.w.N.). Davon kann hier schon deshalb keine Rede sein, weil durch die – nach Art. 50 Abs. 4 Satz 2 GLKrWG sanktionslose – Nichterfüllung der Prüfungs- und Informationspflichten des Wahlleiters nach Art. 32 Abs. 1 GLKrWG weder die Freiheit der Wahl noch einer der anderen Wahlrechtsgrundsätze berührt wird.
Der Grundsatz der freien Wahl umfasst auch die Freiheit, zusammen mit anderen Wahlberechtigten im Vorfeld eines Wahlgangs nach eigenen Vorstellungen Wahlvorschläge einreichen zu können (vgl. BVerfG, B.v. 9.3.1976 – 2 BvR 89/74 – BVerfGE 41, 399/417; VerfGH, E.v. 28.1.1993 – Vf. 25-VI-92 u.a. – VerfGHE 46, 21/31 m.w.N.). Dieses Recht zur Aufstellung von Bewerbern für die zu vergebenden Mandate besteht unabhängig davon, ob und mit welcher Genauigkeit die entsprechende Liste später von den zuständigen Wahlorganen auf ihr ordnungsgemäßes Zustandekommen geprüft wird. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Ausübung des Wahlvorschlagsrechts durch die für die Kandidatenaufstellung geltenden Verfahrensvorschriften (Art. 24 bis 30 GLKrWG, §§ 34 bis 43 GLKrWO) in solchem Maße erschwert wäre, dass eine ordnungsgemäße Einreichung von Wahlvorschlägen nur mit amtlicher Hilfe und Beratung möglich wäre. Die in Art. 32 Abs. 1 GLKrWG normierte Pflicht des Wahlleiters zur unverzüglichen Prüfung und Benachrichtigung über festgestellte Mängel bildet demnach kein unverzichtbares Element des Bewerberaufstellungsverfahrens.
Unterbleibt eine (sofortige) Überprüfung durch den Wahlleiter und ergeht deswegen kein frühzeitiger Hinweis auf bestehende Mängel, so führt dies angesichts der in Art. 32 Abs. 5 GLKrWG vorgesehenen Heilungsmöglichkeit nur dann unvermeidbar zum Ausschluss des betreffenden Wahlvorschlags, wenn es sich nicht um „behebbare Mängel“ (§ 47 Abs. 1 GLKrWO) handelt, die noch nach der ersten Sitzung des Wahlausschusses bis zu dessen abschließender Entscheidung (Art. 32 Abs. 3 GLKrWG) bzw. bis zur Entscheidung des Beschwerdeausschusses (Art. 32 Abs. 4 GLKrWG) beseitigt werden können. Das Versäumnis des Wahlleiters, einen Wahlvorschlag unverzüglich zu prüfen und die festgestellten Mängel unverzüglich mitzuteilen (Art. 32 Abs. 1 Satz 1 und 2 GLKrWG), berührt somit lediglich das in Art. 32 Abs. 1 Satz 3 GLKrWG für den Fall nicht behebbarer Mängel vorgesehene Recht, ausnahmsweise noch bis 41 Tage vor dem Wahltag einen gänzlich neuen Wahlvorschlag einreichen zu können. Diese erst mit dem Änderungsgesetz vom 22. März 2018 (GVBl S. 145) geschaffene Möglichkeit der Fehlerkorrektur nach Ablauf der regulären Einreichungsfrist (Art. 31 Satz 1 und 2 GLKrWG) gehört aber ohne Zweifel nicht zum verfassungsrechtlich geschützten Kern des Wahlvorschlagsrechts. Der Gesetzgeber war daher nicht verpflichtet, Verstöße gegen die Prüfungspflicht nach Art. 32 Abs. 1 GLKrWG nur deshalb, weil sie das endgültige Scheitern eines mit unbehebbaren Mängeln behafteten Wahlvorschlags zur Folge haben können, als einen bei der Wahlprüfung bzw. Wahlanfechtung beachtlichen Verfahrensfehler zu qualifizieren. Er konnte insoweit vielmehr auf die beim Wahlvorschlagsträger liegende Verantwortung für die Ordnungsgemäßheit des Wahlvorschlags verweisen (LT-Drs. 16/9081 S. 15; vgl. auch Nr. 87.1 GLKrWBek; Büchner, a.a.O., Art. 50 GLKrWG Anm. 13).
b) An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen auch keine ernsthaften Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen einzelnen tragenden Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (zu diesem Maßstab vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173 Rn. 32 m.w.N.).
aa) Der Kläger verweist insoweit auf seine Ausführungen zur Frage der Vereinbarkeit des Art. 50 Abs. 4 Satz 2 GLKrWG mit dem Demokratie- und Rechtsstaatsgebot und macht überdies geltend, der Wahlleiter habe die Wahlvorschläge der SPD und der CSU im Gegensatz zu dem der Wählervereinigung des Klägers sofort geprüft und auf formale Mängel hingewiesen, die dann auch sofort behoben worden seien.
bb) Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung darzutun. Die Verfassungsmäßigkeit des Art. 50 Abs. 4 Satz 2 GLKrWG steht, wie oben dargelegt, außer Frage. Die vom Kläger im Hinblick auf den konkreten Vollzug erhobene Rüge, die Wahlvorschläge der SPD und der CSU seien anders als der von ihm eingereichte Wahlvorschlag zügig geprüft worden, zielt zwar auf einen Verstoß des Wahlleiters gegen die Neutralitätspflicht des Art. 7 Abs. 2 Satz 1 GLKrWG und ist damit nicht schon nach Art. 51 Satz 2 i. V. m. Art. 50 Abs. 4 Satz 2 GLKrWG unbeachtlich. Mit seinem diesbezüglichen Vorbringen ist der Kläger aber wegen verspäteter Geltendmachung im Wahlanfechtungsverfahren und demzufolge auch im daran anschließenden Klageverfahren präkludiert.
Aus der Vorschrift des Art. 51 Satz 1 GLKrWG, wonach jede im Wahlkreis wahlberechtigte Person innerhalb von 14 Tagen nach Verkündung des abschließenden Wahlergebnisses die Wahl durch schriftliche Erklärung wegen der Verletzung wahlrechtlicher Vorschriften bei der Rechtsaufsichtsbehörde anfechten kann, folgt nach allgemeinem Verständnis, dass die Wahlanfechtung innerhalb der genannten Frist substantiiert zu begründen ist (BayVGH, B.v. 14.9.2015 – 4 ZB 15.639 – juris Rn. 5 m.w.N.; Büchner, a.a.O., Art. 51 GLKrWG Anm. 6; Bauer/Sebald, Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz mit Wahlordnung und Wahlbekanntmachung Bayern, 19. Aufl. 2013, Art. 51 GLKrWG Rn. 4). Das in der kurzen Anfechtungsfrist zum Ausdruck kommende öffentliche Interesse, möglichst rasch Gewissheit über die Zusammensetzung der gewählten Volksvertretung zu erhalten, schließt ein Nachschieben neuer Anfechtungsgründe und neuen Sachvortrags nach Fristablauf aus. Die erst nach diesem Zeitpunkt vorgebrachten Tatsachen müssen nicht nur im Verfahren nach Art. 51 GLKrWG unberücksichtigt bleiben, sondern ebenso in einem nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren (BayVGH, U.v. 21.10.2003 – 4 BV 03.671 – BayVBl 2004, 562; Büchner, a.a.O.; vgl. auch BVerfG, B.v. 24.8.1993 – 2 BvR 1858/92 – BayVBl 1994, 47/48). Denn Streitgegenstand der durch Art. 51a GLKrWG eröffneten Klage ist der im Wege des Verpflichtungsbegehrens zu verfolgende Anspruch gegen den Träger der Rechtsaufsichtsbehörde, die Wahl aus den innerhalb der Anfechtungsfrist des Art. 51 Satz 1 GLKrWG substantiiert dargelegten Wahlrechtsverstößen für ungültig zu erklären (BayVGH, a.a.O., Rn. 6 f. m.w.N).
Der Kläger hat seine am 31. März 2020 bei der Rechtsaufsichtsbehörde eingegangene Wahlanfechtung lediglich mit der verzögerten Bearbeitung des von ihm eingereichten Wahlvorschlags durch den Wahlleiter begründet und zur Ergänzung auf das beigelegte rechtsgutachtliche Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 12. März 2020 verwiesen. Auch in dieser Stellungnahme war von einer Ungleichbehandlung gegenüber anderen eingereichten Wahlvorschlägen keine Rede. Die diesbezügliche Rüge, die erstmals im Klageverfahren erhoben wurde, bleibt daher bei der gerichtlichen Entscheidung über die Wahlanfechtung außer Betracht.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 22.1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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