Verwaltungsrecht

Prüfungsmaßstäbe von internationalem und nationalem Schutz bei Staatenlosen

Aktenzeichen  Au 6 K 17.32752, Au 6 K 17.32947, Au 6 K 18.30660

Datum:
5.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 27623
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 16a
AsylG § 3 Abs. 1 Nr. 2 a, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

1 Hat ein Staatenloser im Lauf seines Lebens in mehr als einem Staat nicht nur vorübergehend gelebt, so ist für die Beurteilung der Verfolgungsgefahr im Rahmen der Prüfung der Asylanerkennung und des internationalen Schutzes grundsätzlich auf das Land seines letzten gewöhnlichen Aufenthalts abzustellen. (Rn. 31 – 32) (redaktioneller Leitsatz)
2 Über den asylrechtlichen Abschiebungsschutz kann – anders als im Hinblick auf den ausländerrechtlichen Abschiebungsschutz – nur einheitlich entschieden werden. Wenn auch nur einer der ggf. zu prüfenden Staaten Schutz gewährt, kommt nach dem Prinzip der Subsidiarität des internationalen Schutzes eine Flüchtlingsanerkennung nicht in Betracht. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
3 Während über den asylrechtlichen Abschiebungsschutz nur einheitlich entschieden werden kann, ist beim ausländerrechtlichen Abschiebungsschutz (jetzt: § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG) in Bezug auf die einzelnen in Betracht kommenden Abschiebezielstaaten jeweils gesondert und ggf. mit unterschiedlichem Ergebnis zu entscheiden; eine Übertragung des asylrechtlichen Subsidiaritätsprinzips kommt nicht in Betracht. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
4 UNRWA kann den Lebensunterhalt palästinensischer Flüchtlinge in Jordanien auf einfachem, aber zumutbarem Niveau sicherstellen (Rn. 60 – 68), ebenso wie die medizinische Behandlung. (Rn. 78 – 86) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klagen werden abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässigen Klagen sind nicht begründet. Die Kläger haben zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. auf Zuerkennung subsidiären Schutzes oder auf Feststellung, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG vorliegt. Die angefochtenen Bescheide des Bundesamtes sind daher rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz VwGO).
I.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG. Ihnen droht in Saudi-Arabien als Land des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts der Kläger zu 1 bis 4 keine begründete Furcht vor Verfolgung; für die Klägerinnen zu 5 und 6 existiert im Übrigen kein Herkunftsland.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist im Rahmen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auf das Herkunftsland abzustellen. Herkunftsland ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AsylG das Land, dessen Staatsangehörigkeit der Asylbewerber besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AsylG das Land, in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Abzustellen ist daher bei der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft grundsätzlich auf das Land, dessen Staatsangehörigkeit der Asylbewerber besitzt. Ist der Asylbewerber staatenlos, so ist das Herkunftsland das Land seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts.
Für die nicht näher begründete Auffassung des Bundesamts, dass im Rahmen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auf dasjenige Land abzustellen sei, in dem ein Asylbewerber zum dauerhaften Aufenthalt berechtigt sei (hier Jordanien), findet sich hingegen kein gesetzlicher Anhaltspunkt. Vielmehr definiert auch Art. 2 Buchst. n Richtlinie 2011/95/EU (EU-Qualifikations-RL) das Herkunftsland als das Land oder die Länder der Staatsangehörigkeit oder – bei Staatenlosen – des früheren gewöhnlichen Aufenthalts; eine parallele Formulierung findet sich in Art. 1 Buchst. A. 2. GK („…sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt (…); oder die sich als staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte (…)“).
1. Die Kläger sind staatenlose Palästinenser, weswegen auf das Land des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AsylG abzustellen ist.
Die Kläger zu 1 und zu 2 tragen selbst vor, zwar in Jordanien geboren zu sein, allerdings würden ihre Eltern aus Gaza stammen; der Vater des Klägers zu 1 sei erst 1967 nach Jordanien eingereist. Als Abkömmlinge von Familien aus Gaza seien sie und ihre Kinder staatenlos. Diesen Vortrag haben sie durch die Vorlage ihrer Reisepässe und angesichts der allgemeinen Auskunftslage glaubhaft gemacht.
Nach dem Länderbericht über die Menschenrechtssituation 2017 in Jordanien von USDOS sind palästinensische Flüchtlinge, die sich langfristig in Jordanien aufhalten und über jordanische Identitätspapiere verfügen, gut im jordanischen Arbeitsmarkt integriert. Für die über 154.000 palästinensischen Flüchtlinge aus Gaza sei der Erwerb der jordanischen Staatsbürgerschaft indes nicht möglich gewesen (USDOS, Länderbericht über die Menschenrechtssituation 2017, S. 17). Auch UNRWA bestätigt, dass die 158.000 Flüchtlinge aus Gaza nicht die jordanische Staatsangehörigkeit besitzen (www.unrwa.org/activity/protection-jordan, Stand: 11.9.2018). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führt im Länderinformationsblatt vom 3. Mai 2016 aus (S. 21), die meisten palästinensischen Flüchtlinge, aber nicht alle, seien im Besitz der vollen jordanischen Staatsbürgerschaft. Ein Teil der in Jordanien lebenden Palästinenser fühle sich zunehmend von erneuter Staatenlosigkeit bedroht. Flüchtlinge, die nach 1967 aus Gaza flohen, hätten keinen Anspruch auf die Staatsbürgerschaft und erhielten temporäre Reisedokumente ohne nationale Nummer. Nach einer Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Bundesamt vom 17. Mai 2017 (Fragen 2, 5 und 6) erhalten eine Nationalnummer nur jordanische Staatsangehörige. Die jordanische Staatsangehörigkeit erhalte unabhängig vom Geburtsort jedes Kind eines jordanischen Vaters; eine jordanische Mutter könne ihre Staatsangehörigkeit nicht weitergeben, es sei denn der Vater des Kindes sei unbekannt. Ehefrauen jordanischer Staatsangehöriger könnten nach drei bis fünf Jahren die jordanische Staatsangehörigkeit erwerben. In einer Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Bundesamt vom 11. Juni 2018 führt das Auswärtige Amt unter Verweis auf eine Auskunft der kanadischen Botschaft Amman aus dem Jahr 2009 sowie unter Verweis auf eine aktuelle Stellungnahme eines Anwalts aus, Palästinenser aus Gaza bekämen keinen fünf Jahre gültigen Reisepass mit nationaler Nummer und kein Stammbuch, sondern (lediglich) einen auf zwei Jahre befristeten Reisepass. Die jordanische Staatsangehörigkeit erhielten nicht-jüdische Palästinenser, die zwischen dem 20. Dezember 1949 und dem 16. Februar 1954 in Jordanien gelebt hätten. Die Kinder von Vätern mit hierdurch erlangter jordanischer Staatsangehörigkeit erhielten ebenfalls die jordanische Staatsangehörigkeit, da jeder Vater seine jordanische Staatsangehörigkeit an seine Kinder weitergeben könne. Ab dem Jahr 1950 hätten alle Palästinenser aus dem Westjordanland die jordanische Staatsangehörigkeit erhalten können. Am 31. Juli 1988 habe die jordanische Regierung entschieden, dass jeder, der sich vor dem 31. Juli 1988 im Westjordanland aufgehalten habe, palästinensischer und nicht jordanischer Staatsangehöriger sei. Wer bis dahin auf Grund des Gesetzes von 1954 jordanischer Staatsangehöriger geworden sei oder wer sich zu diesem Zeitpunkt in Jordanien aufgehalten habe, habe jedoch seine jordanische Staatsangehörigkeit behalten können.
Die jordanischen Reisepässe der Kläger zu 1 und zu 2 enthalten keine Nationalnummer (vgl. BAMF-Akte Bl. 135, 138), was ein erhebliches Indiz dafür ist, dass es sich nicht um jordanische Staatsangehörige handelt. Ferner sind die jordanischen Reisepässe auf zwei Jahre befristet, während jordanische Staatsangehörige für fünf Jahre gültige Reisepässe erhalten. Der Hinweis „temporary for 2 years Gaza “ belegt ebenfalls, dass die Kläger Abkömmlinge von Personen aus Gaza sind und daher nach der Auskunftslage – anders als Palästinenser aus dem Westjordanland – zumindest bei einer Einreise nach 1954 keine Möglichkeit hatten, die jordanische Staatsangehörigkeit zu erwerben. Lediglich die Ehefrauen jordanischer Männer können nach drei bis fünf Jahren die jordanische Staatsangehörigkeit erwerben (vgl. oben). Da jedoch auch der Kläger zu 1 als Abkömmling aus Gaza stammender und erst 1967 nach Jordanien eingereister Palästinenser unabhängig von seinem Geburtsort kein jordanischer Staatsangehöriger ist, kommt diese Möglichkeit für die klägerische Familie ebenfalls nicht in Betracht. Da der Kläger zu 1 kein jordanischer Staatsangehöriger ist, sind auch die Klägerinnen zu 3 bis 6 unabhängig von ihrem Geburtsort keine jordanischen Staatsangehörigen. Da die Kläger daher bisher nie die jordanische Staatsangehörigkeit besaßen, liegt auch kein Verlust einer bisher bestehenden Staatsangehörigkeit vor (sog. de facto Staatenlose), bei der als Herkunftsland das die Staatsangehörigkeit entziehende Land zu prüfen wäre (vgl. Kluth in BeckOK Ausländerrecht, 18. Ed. Stand 1.5.2018, § 3 AsylG Rn. 17). Auch eine saudi-arabische Staatsangehörigkeit der Kläger ist nicht ersichtlich.
Daher sind die Kläger sämtlich staatenlos und ist hinsichtlich des internationalen Schutzes und der Asylanerkennung auf das Land ihres vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts abzustellen.
2. Das Land des „vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts“ ist für die Kläger zu 1 bis 4 Saudi-Arabien. Die staatenlosen Klägerinnen zu 5 und 6 sind hingegen in der Bundesrepublik geboren, weshalb insoweit kein Land des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts existiert.
Das Land des gewöhnlichen Aufenthalts ist das Land, in dem der Staatenlose tatsächlich seinen Lebensmittelpunkt gefunden hat, dort also nicht nur vorübergehend verweilt, ohne dass die zuständigen Behörden aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen ihn einleiten. Der tatsächliche Aufenthalt genügt, wenn er von einer gewissen Dauerhaftigkeit geprägt ist. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Aufenthalt des Staatenlosen rechtmäßig ist. Durch die Formulierung „hatte“ ist klargestellt, dass es insoweit nicht auf den gegenwärtigen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik ankommt (BVerwG, U.v. 26.2.2009 – 10 C 50/07 – juris Rn. 30 f.; vgl. auch BayVGH, U.v. 14.4.2011 – 2 B 06.30538 – juris Rn. 39).
In Bezug auf die Klägerinnen zu 3 und zu 4 kommt – entgegen dem streitgegenständlichen Bescheid – lediglich Saudi-Arabien als Land des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts in Betracht. Denn die Klägerinnen zu 3 und zu 4 sind dort in den Jahren 2004 und 2008 geboren und haben bis zu ihrer Ausreise in die Bundesrepublik per Flugzeug im Jahr 2014 dort gelebt. Die Klägerinnen zu 5 und 6 haben demgegenüber kein Land des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts, da sie in der Bundesrepublik geboren sind. Die Kläger zu 1 und zu 2 hatten zunächst ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Jordanien, wo sie geboren und aufgewachsen sind sowie studiert haben, haben dann jedoch ihren gewöhnlichen Aufenthalt für 15 bzw. zehn Jahre nach Saudi-Arabien verlegt. Ein 15- bzw. zehnjähriger Aufenthalt in Saudi-Arabien ist von Dauerhaftigkeit geprägt, insbesondere nachdem eine dauerhafte Rückkehr nach Jordanien – abgesehen von einem einjährigen dortigen Studienaufenthalt der Klägerin zu 2 – nicht beabsichtigt war. Konkrete aufenthaltsbeendende Maßnahmen wurden gegen die Kläger in Saudi-Arabien nicht eingeleitet, der Kläger zu 1 wurde lediglich aufgefordert, sich in ein bis zwei Jahren eine neue Arbeitsstelle zu beschaffen.
Bei der Prüfung der Asylanerkennung und des internationalen Schutzes kommt es indes allein auf den letzten gewöhnlichen Aufenthalt an (und damit auf Saudi-Arabien). Nicht prüfungsrelevant sind demgegenüber weitere (vorletzte oder noch weiter zurückliegende) gewöhnliche Aufenthalte in anderen Ländern (hier Jordanien). Daher ist entgegen den Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid im Rahmen des internationalen Schutzes und der Asylanerkennung auch hinsichtlich der Kläger zu 1 und 2 auf Saudi-Arabien abzustellen.
Hat ein Staatenloser im Lauf seines Lebens in mehr als einem Staat nicht nur vorübergehend gelebt, so ist für die Beurteilung der Verfolgungsgefahr grundsätzlich auf das Land seines letzten gewöhnlichen Aufenthalts abzustellen. Zwar vertritt der UNHCR in seinem Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) vom September 1979 unter Nr. 104/105 die Auffassung, dass es bei Staatenlosen mehr als ein Land geben könne, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, und dass ihre Furcht vor Verfolgung in Bezug auf jedes dieser Länder begründet sein könne. Ein Wechsel des Aufenthaltsortes beeinträchtige ihre Rechtsstellung nicht. Auch in der ausländischen Rechtsprechung gibt es Entscheidungen, die dieser Auffassung – wenn auch mit gewissen Einschränkungen – folgen (vgl. Urteil des Federal Court of Canada vom 11. Mai 1998 in der Sache Thabet v. Canada 4 F.C. 21). Diese Auffassung überzeugt indes nicht (vgl. BVerwG, U.v. 26.2.2009 – 10 C 50/07 – juris Rn. 36 f.) Ziel der in der Genfer Flüchtlingskonvention wie im nationalen Recht getroffenen Regelungen ist die möglichst weitgehende Gleichstellung von Staatenlosen und Staatsangehörigen bei der Erlangung von Flüchtlingsschutz. Der Staatsangehörige genießt Verfolgungsschutz im Hinblick auf das Land seiner gegenwärtigen Staatsangehörigkeit, nicht auch im Hinblick auf Länder einer früheren Staatsangehörigkeit. Für den Staatenlosen tritt an die Stelle des Staats der Staatsangehörigkeit das Land seines letzten gewöhnlichen Aufenthalts. Er würde gegenüber Staatsangehörigen besser gestellt, wenn er sich auf Verfolgungsgefahren nicht nur in Bezug auf das Land seines letzten gewöhnlichen Aufenthalts, sondern auch in Bezug auf Länder seines früheren gewöhnlichen Aufenthalts berufen könnte. Daran ändert die Tatsache nichts, dass ein Staatsangehöriger in bestimmten Fällen mehr als eine Staatsangehörigkeit besitzen kann. Denn in diesem Fall kann er nicht bereits wegen einer Verfolgungsgefahr in einem dieser Staaten als Flüchtling anerkannt werden, wie das der UNHCR für Staatenlose gewähren will. Vielmehr erhält er keinen Flüchtlingsschutz, wenn er den Schutz des oder der weiteren Staaten seiner Staatsangehörigkeit in Anspruch nehmen kann. Der Staatenlose genießt auch keinen geringeren Schutz im Hinblick auf eine ihm drohende Abschiebung in einen Staat seines früheren Aufenthalts als der Staatsangehörige in Bezug auf einen Staat seiner früheren Staatsangehörigkeit. Denn beide können insoweit Abschiebungsschutz nach § 60 AufenthG in Anspruch nehmen (BVerwG, U.v. 26.2.2009 – 10 C 50/07 – juris Rn. 36). Jedenfalls bei einem zehnjährigen Aufenthalt in einem Land, wo auch die Kinder des Asylbewerbers geboren sind, besteht kein Grund, zusätzlich auf ein Land des vorausgegangenen Aufenthalts abzustellen (BVerwG, U.v. 26.2.2009 – 10 C 50/07 – juris Rn. 37).
So liegt der Fall hier. Die Kläger zu 1 und zu 2 hielten sich 13 bzw. zehn Jahre in Saudi-Arabien auf, wo sie ihre eheliche Lebensgemeinschaft führten und wo ihre beiden älteren Töchter geboren wurden. Im vorliegenden Verfahren ist daher kein Grund ersichtlich, im Rahmen des internationalen Schutzes auf Jordanien abzustellen. Land des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts der Kläger zu 1 bis 4 ist allein Saudi-Arabien.
3. Den Klägern zu 1 bis 4 droht in Saudi-Arabien keine Verfolgung i.S.d. §§ 3 ff. AsylG.
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine Verfolgung i. S. des § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten.
Im Einzelnen sind definiert die Verfolgungshandlungen in § 3a AsylG, die Verfolgungsgründe in § 3b AsylG und die Akteure, von denen eine Verfolgung ausgehen kann bzw. die Schutz bieten können, in §§ 3c, 3d AsylG. Einem Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG, der nicht den Ausschlusstatbeständen nach § 3 Abs. 2 AsylG oder nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG unterfällt oder der den in § 3 Abs. 3 AsylG bezeichneten anderweitigen Schutzumfang genießt, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt (§ 3 Abs. 4 AsylG). Als Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG gelten Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Zwischen den Verfolgungsgründen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG i.V.m. § 3b AsylG) und den Verfolgungshandlungen – den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen, § 3a AsylG – muss für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG).
Eine Verfolgung i.S.d. § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten.
Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist, gilt einheitlich der Prognosemaßstab der tatsächlichen Gefahr („real risk“), der demjenigen der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 – 10 C 25/10 – juris) entspricht.
Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassen-den Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 32).
Die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU in Form einer widerlegbaren Vermutung ist im Asylerstverfahren zu beachten, wenn der Antragsteller frühere Verfolgungshandlungen oder Bedrohungen mit Verfolgung als Anhaltspunkt für die Begründetheit seiner Furcht geltend macht, dass sich die Verfolgung im Falle der Rückkehr in das Heimatland wiederholen werde. Die solchen früheren Handlungen oder Bedrohungen nach Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU zukommende Beweiskraft ist von den zuständigen Behörden unter der sich aus Art. 9 Abs. 3 RL 2011/95/EU ergebenden Voraussetzung zu berücksichtigen, dass diese Handlungen oder Bedrohungen eine Verknüpfung mit dem Verfolgungsgrund aufweisen, den der Betreffende für seinen Antrag auf Schutz geltend macht (vgl. zum Ganzen BVerwG, B.v. 6.7.2012 – 10 B 18/12 – juris Rn. 5 unter Bezugnahme auf EuGH, U.v. 2.3.2010 – Rs. C-175/08 u.a. – juris Rn. 93; BVerwG, U.v. 5.5.2009 – 10 C 21/08 – juris Rn. 25). Die vorgenannte Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Hat der Asylbewerber seine Heimat jedoch unverfolgt verlassen, kann sein Asylantrag nur Erfolg haben, wenn ihm auf Grund von Nachfluchttatbeständen Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 5.09 – BVerwGE 136, 377/382 Rn. 18) droht.
Es ist Sache des Schutzsuchenden, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Wegen des sachtypischen Beweisnotstands, in dem sich Flüchtlinge insbesondere im Hinblick auf asylbegründende Vorgänge im Verfolgerland vielfach befinden, genügt für diese Vorgänge in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.
Die Kläger haben nicht glaubhaft gemacht, dass ihnen in Saudi-Arabien Verfolgung i.S.d. §§ 3 ff. AsylG droht.
Dass sich auch ihre ältere Tochter den in Saudi-Arabien allgemein üblichen Landessitten anpassen und sich verschleiern muss (regelmäßig Kopftuch und nichttaillierter Körperumhang), begründet ebenso wenig wie die verweigerte Teilnahme an Wettbewerben oder die versehentlich falsche Ausstellung von Geburtsurkunden eine hinreichend schwere Verfolgungshandlung (vgl. § 3a AsylG). Versehentliche Falschbeurkundungen kommen auch in gut funktionierenden Verwaltungen vor und richten sich nicht gezielt gegen die Kläger – zumal die Staatsangehörigkeit sich in Jordanien aufhaltender Palästinenser durchaus eine komplexe und damit fehleranfällige Fragestellung ist (vgl. oben). Die Kläger hätten sich insoweit bei der saudi-arabischen Verwaltung um eine Berichtigung bemühen können; dass dies nicht möglich oder zumutbar gewesen sein sollte, haben sie weder vorgetragen noch ist dies ersichtlich. Auch die Anpassung an landestypische Kleidungsvorschriften richtet sich nicht gezielt gegen die Kläger. Das Tragen von Kopftuch und nicht-tailliertem Körperumhang aus sozialen Zwängen begründet zwar eine gewisse Unannehmlichkeit, ist aber nicht unzumutbar. Soweit der Kläger zu 1 darüber hinaus erstmals in der mündlichen Verhandlung vortrug, in Saudi-Arabien sei er wegen des nun geltenden Vorrangs Einheimischer bei der Arbeitsplatzvergabe aufgefordert wurden, sich binnen ein bis zwei Jahren eine andere Arbeitsstelle zu suchen, ansonsten müsse er Saudi-Arabien verlassen, liegt auch insoweit keine schwere Verfolgungshandlung i.S.d. § 3a AsylG vor. Die Klägerin zu 2 trug bei ihrer Anhörung selbst vor, eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis in Saudi-Arabien sei durchaus möglich gewesen, man habe jedoch lieber zu ihren Brüdern in die Bundesrepublik ziehen wollen. Die Kläger haben auch nicht glaubhaft gemacht, dass der hoch qualifizierte, zuletzt für … als Buchhalter arbeitende Kläger zu 1 nicht im Stande gewesen wäre, sich ggf. einen anderen adäquaten Arbeitsplatz in Saudi-Arabien zu suchen. Dass saudi-arabische Arbeitnehmer nach Vortrag des Klägers zu 1 teilweise auf dem Arbeitsmarkt bevorzugt würden, begründet für sich allein keine Verfolgung, derartige Vorrangprüfungen zu Gunsten der eigenen Staatsangehörigen bzw. zu Gunsten anderer EU-Bürger kennt auch das deutsche Ausländerrecht. Jedenfalls solange – wie hier – nicht glaubhaft gemacht wurde, dass eine Sicherung des Lebensunterhalt nicht mehr möglich wäre, begründet das Erfordernis der erneuten Arbeitsplatzsuche keine Verfolgung, zumal dem Kläger zu 1 hierzu eine lange Frist von ein bis zwei Jahren gewährt wurde und der Kläger zu 1 auch schon zuvor seinen Arbeitgeber gewechselt hat. Soweit einige Menschenrechtsorganisationen darauf hinweisen, dass in Saudi-Arabien Frauen diskriminiert würden, da diese die Erlaubnis ihres Vaters bzw. Ehemanns benötigen, wenn sie ein Studium oder eine bezahlte Arbeit aufnehmen, reisen oder heiraten wollten (https://www.amnesty.de/ jahresbericht/2018/saudi-arabien), sind diese Einschränkungen im vorliegenden Fall nicht erheblich, da davon auszugehen ist, dass die Kläger als Familieneinheit zurückkehren, mithin zusammen mit dem Kläger zu 1, der die erforderlichen Erlaubnisse erteilen kann. Dass er dazu auch willens ist, zeigt insbesondere der Umstand, dass er seiner Ehefrau ein einjähriges Studium in Jordanien ermöglichte.
4. Auch den Klägerinnen zu 5 und 6 ist die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen.
Da die staatenlosen und in der Bundesrepublik geborenen Klägerinnen zu 5 und 6 kein Land des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts haben, kommt eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für sie nicht in Betracht. Sollte man hingegen für die Klägerinnen zu 5 und 6 auf das Land des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts ihrer Eltern und Geschwister abstellen, mithin auf Saudi-Arabien, so droht auch den Klägerinnen zu 5 und 6 dort keine Verfolgung. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
5. Selbst wenn – wie nicht – nicht nur das Land des letzten gewöhnlichen Aufenthalts, sondern auf alle Länder des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts, mithin auch auf Jordanien abzustellen wäre, kommt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gleichwohl nicht in Betracht.
Über den asylrechtlichen Abschiebungsschutz kann – anders als im Hinblick auf den ausländerrechtlichen Abschiebungsschutz – nur einheitlich entschieden werden. Wenn auch nur einer der ggf. zu prüfenden Staaten Schutz gewährt, kommt nach dem Prinzip der Subsidiarität des internationalen Schutzes eine Flüchtlingsanerkennung in Betracht (BVerwG, U.v. 2.8.2007 – 10 C 13/07 – juris Rn. 9).
Da vorliegend den Klägern in Saudi-Arabien keine Verfolgung droht, ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen des Subsidiaritätsprinzips selbst dann ausgeschlossen, wenn – wie nicht – auch Jordanien ein Land wäre, in dem die Kläger ihren vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt vor der Einreise in die Bundesrepublik gehabt hätten.
II.
Da den Klägern in Saudi-Arabien keine Verfolgung droht bzw. es keine Länder des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts gibt, haben sie auch keinen Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16a GG.
Insoweit wird auf die Ausführungen unter I. Bezug genommen. Insbesondere enthält Art. 16a GG keine Definition des Herkunftsstaates; insoweit sind daher die entsprechenden Definitionen in § 3 Abs. 2 AslyG und in Art. 1 Buchst. A. 2. GK entsprechend heranzuziehen (vgl. oben).
III.
Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Gewährung subsidiären Schutzes i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG. Auch insoweit fehlt es an einer Gefahrenlage (§ 4 i.V.m. § 3e AsylG, vgl. oben) und wird auf die Ausführungen unter I. Bezug genommen.
IV.
Abschiebungsverbote liegen weder hinsichtlich Saudi-Arabiens noch hinsichtlich Jordaniens vor.
1. Dabei sind Abschiebungsverbote sowohl in Bezug auf Saudi-Arabien als auch in Bezug auf Jordanien zu prüfen.
Denn Abschiebungsschutz kann auch in Bezug auf Staaten des früheren, nicht letzten Aufenthalts in Anspruch genommen werden. Dies gilt insbesondere, wenn ein Land in der Abschiebungsandrohung bezeichnet wird (BVerwG, U.v. 26.2.2009 – 10 C 50/07 – juris Rn. 36, 45). Während über den asylrechtlichen Abschiebungsschutz nur einheitlich entschieden werden kann, ist beim ausländerrechtlichen Abschiebungsschutz (jetzt: § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG) in Bezug auf die einzelnen in Betracht kommenden Abschiebezielstaaten jeweils gesondert und ggf. mit unterschiedlichem Ergebnis zu entscheiden; eine Übertragung des asylrechtlichen Subsidiaritätsprinzips (vgl. oben) kommt nicht in Betracht. Ein Anspruch auf gerichtliche Feststellung von Abschiebungsverboten ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Bundesamt die Abschiebung in dieses Land nicht angedroht hat. Denn grundsätzlich darf sich nach § 31 Abs. 3, Abs. 5 AsylG i.V.m. § 24 Abs. 2 AsylG weder das Bundesamt noch das Gericht der Prüfung entziehen, ob ein Abschiebungsverbot vorliegt. Dies gilt auch in Fällen, in denen wenig oder keine Aussicht besteht, den Ausländer in absehbarer Zeit abschieben zu können. Denn insoweit kommt der Feststellung von Abschiebungsverboten nicht nur asylrechtliche, sondern nach § 25 Abs. 3 AufenthG auch ausländerrechtliche Bedeutung zu und kann die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vorbereiten. Der Gesetzgeber hat allerdings nicht ausdrücklich geregelt, hinsichtlich welcher Staaten über das Vorliegen von Abschiebungsverboten zu entscheiden ist. Der Asylsuchende hat Anspruch auf Feststellung eines derartigen Abschiebungsverbotes jedenfalls hinsichtlich der Staaten, für die das Bundesamt verpflichtet ist, eine solche Feststellung zu treffen, für die es eine ihm nachteilige Feststellung bereits getroffen hat oder in die abgeschoben zu werden er aus berechtigtem Anlass sonst befürchten muss. Hinsichtlich des Herkunftsstaats ist das Bundesamt regelmäßig zur Prüfung eines Abschiebungsverbots verpflichtet (BVerwG, U.v. 2.8.2007 – 10 C 13/07 – juris Rn. 10 ff.). Unionsrechtlicher Schutz ist mithin herkunftslandbezogen, nationaler Schutz nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG zielstaatsbezogen zu prüfen (OVG Lüneburg, U.v. 26.1.2012 – 11 LB 97/11 – juris Leitsatz 1).
Grundsätzlich sind das Bundesamt und das Gericht verpflichtet, eine Feststellung hinsichtlich des Herkunftsstaats zu prüfen. Dies ist vorliegend zumindest hinsichtlich der Kläger 1 bis 4 Saudi-Arabien (vgl. oben). Anhaltspunkte dafür, dass eine Prüfung ausnahmsweise unterbleiben dürfte, sind nicht ersichtlich. Ein Anspruch auf gerichtliche Prüfung besteht auch hinsichtlich solcher Staaten, für die das Bundesamt bereits eine nachteilige Feststellung getroffen hat. Dies ist hier Jordanien.
2. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots hinsichtlich Jordaniens nach § 60 Abs. 5 und § 60 Abs. 7 AufenthG.
a) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG kommt nicht in Betracht.
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.
Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Kläger ihren Lebensunterhalt in Jordanien sicherstellen können, auch wenn hierfür mehr zu fordern ist als ein kümmerliches Einkommen zur Finanzierung eines Lebens am Rande des Existenzminimums (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 20).
(1) Insoweit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Kläger ihren Lebensunterhalt in zumutbarer Weise durch Inanspruchnahme der Hilfen von UNRWA werden sichern können, selbst wenn dem Kläger zu 1 eine Arbeitsaufnahme in Jordanien erheblich erschwert sein sollte und sie über kein Wohneigentum verfügen bzw. verfügen können.
Insoweit ist maßgeblich die Wertung des § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG zu beachten. Zu den dort genannten Schutz und Beistand leistenden Organisationen und Einrichtungen zählt die durch Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen Nr. 302/IV vom 8. Dezember 1949 errichtete UNRWA, deren Aufgabe in der Hilfeleistung für palästinensische Flüchtlinge in Jordanien, im Libanon, in Syrien, der West Bank und dem Gazastreifen besteht. Als Nachweis einer im Rahmen des § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG erforderlichen tatsächlichen Inanspruchnahme des Schutzes oder Beistandes genügt es grundsätzlich, wenn die Betroffenen von UNRWA förmlich registriert worden sind (BayVGH, B.v. 7.11.2017- 15 ZB 17.31475 – juris Rn. 28 m.w.N.; s.a. EuGH, U.v. 17.6.2010 – C-31/09 – Bolbol/Ungarn – juris Rn. 51 f.). Umgekehrt ist – automatisch – ein Ausländer als Flüchtling gem. § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG anzuerkennen, der den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen gem. Art. 1 Abschnitt D GK genossen hat, dem aber ein solcher Schutz oder Beistand nicht länger gewährt wird, ohne dass die Lage des Betroffenen endgültig geklärt worden ist. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die bloße Abwesenheit des Betreffenden vom Gebiet der Schutzgewährung oder die freiwillige Entscheidung, dieses zu verlassen, regelmäßig unzureichend, um die Annahme zu rechtfertigen, der Schutz sei im vorgenannten Sinn weggefallen. Vielmehr kommt es auf die fehlende Freiwilligkeit des Ausreiseentschlusses aufgrund von seinem Willen unabhängiger Zwänge an, weil der Betroffene sich in einer sehr unsicheren persönlichen Lage befindet und es UNRWA unmöglich ist, ihm im Mandatsgebiet Lebensverhältnisse zu gewährleisten, die mit der übertragenen Aufgabe in Einklang stehen (BayVGH, B.v. 7.11.2017- 15 ZB 17.31475 – juris Rn. 28 m.w.N.; EuGH, U.v. 19.12.2012 – C-364/11 – Kott u.a./Ungarn – NVwZ-RR 2013, 160, 161/162). Dem Schutz durch die UNRWA muss dabei eine gewisse Qualität bzw. einen Mindeststandard in Bezug auf die Befriedigung der Grundbedürfnisse der schutzberechtigten Personen (Ausbildung, medizinische Versorgung, Fürsorge und Sozialdienste, Kleinkredite, Lagerinfrastruktur und -verbesserung, humanitäre Hilfe) innewohnen (OVG Saarl, U.v. 16.5.2018 – 1 A 679/17 – juris Leitsatz).
Im vorliegenden Fall ist § 3 Abs. 3 AsylG unabhängig einer etwaigen Registrierung der Kläger schon deswegen nicht anwendbar, weil vorliegend im Bezug auf Jordanien nicht die auf Unionsrecht beruhende Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zu prüfen ist, sondern (lediglich) nationale Abschiebungsverbote (vgl. oben). Gleichwohl ist auch bei der Prüfung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AsylG die Wertung des § 3 Abs. 3 AsylG zu berücksichtigen, nachdem internationaler Schutz nicht zu gewähren ist, wenn der Schutz von UNRWA in Anspruch genommen wird, solange UNRWA in der Lage ist, im Mandatsgebiet angemessene Lebensverhältnisse zu gewährleisten. In einem solchen Fall besteht für Asylbewerber keine Notwendigkeit, das Mandatsgebiet von UNRWA zu verlassen.
Das Gericht ist davon überzeugt, dass UNRWA jedenfalls in Jordanien in der Lage ist, angemessene Lebensverhältnisse von einem gewissen Mindeststandard in Bezug auf die Befriedigung der Grundbedürfnisse der schutzberechtigten Personen (Ausbildung, medizinische Versorgung, Fürsorge und Sozialdienste, Kleinkredite, Lagerinfrastruktur und -verbesserung, humanitäre Hilfe) zu gewährleisten und dass die Kläger diesen Schutz bei einer Rückkehr auch tatsächlich in Anspruch nehmen können.
In Jordanien leben 2.175.491 bei UNRWA registrierte palästinensische Flüchtlinge. UNRWA unterhält in Jordanien zehn offizielle Flüchtlingslager, 171 Schulen mit 121.368 Schülern, eine Hochschule für Wissenschaft und Bildung, zwei Einrichtungen für Berufs- und technische Ausbildungen, 25 Zentren für die medizinische Grundversorgung, zehn Einrichtungen zum gemeindeorientierten Wiederaufbau und 14 Zentren zur Frauenförderung (https://www.unrwa.org/where-we-work/jordan, Stand 11.9.2018). UNRWA setzt sich dabei insbesondere für die Flüchtlinge aus Gaza, deren unsichere Lebensbedingungen auch auf gesetzlichen Einschränkungen beruhen, ein. Einzelpersonen und Gruppen mit besonderer Schutzbedürftigkeit werden von UNRWA durch eine Bandbreite an Schutzmaßnahmen unterstützt. Dies umfasst u.a. einen verbesserten Zugang zu den Dienstleistungen und Hilfen durch UNRWA, eine verstärkte Verweisung auch auf externe Anbieter von Dienstleistungen sowie der Einsatz von UNRWA für die Rechte der Gaza-Flüchtlinge bei den zuständigen Stellen (https://www.unrwa.org/ activity/protection-jordan, Stand 11.9.2018). Das Hilfs- und Sozialprogramm gewährleistet ein soziales Sicherheitsnetz insbesondere für die ärmsten Palästinenser und umfasst u.a. eine Grundversorgung mit Nahrungsmitteln sowie Bargeldauszahlungen von 30 USD im Vierteljahr. Zur Sicherstellung von Grundbedürfnissen eines Haushalts oder in Notfällen kommen auch Einmalzahlungen in Betracht. UNRWA arbeitet auch an der Instandsetzung der Unterkünfte (https://www.unrwa.org/activity/rss-jordan, Stand 11.9.2018). Die Schulen von UNRWA bieten in den Kernfächern Arabisch, Englisch, Naturwissenschaft und Mathematik im vierten, achten und zehnten Schuljahr Prüfungen zur Lernkontrolle an, wobei die Schüler der UNRWA-Schulen konstant bessere Ergebnisse erzielen als die Schüler privater oder staatlicher Schulen (https://www.unrwa.org/activity/ education-jordan, Stand 11.9.2018). Auch ein Hochschulstudium wird in den Fächern Pädagogik, Englisch und Arabisch angeboten. In den 24 Gesundheitszentren von UNRWA werden jährlich 1,1 Millionen Personen (56 Prozent aller registrierten Palästinenser) behandelt, hinzu kommen 1,9 Millionen allgemein-medizinische Untersuchungen und 67.000 zahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen. UNRWA unterstützt auch 70.000 Patienten mit nicht übertragbaren Krankheiten wie Diabetes Typ I und Typ II und Bluthochdruck. Auch Labortests und Röntgenuntersuchungen sind möglich (https://www.unrwa.org/activity/health-jordan, Stand 11.9.2018). Nach Kenntnis der Bundesregierung umfassen die Leistungen von UNRWA Ausbildung, medizinische Versorgung, soziale Dienste, Infrastruktur für Flüchtlingslager und deren Verbesserung sowie Unterstützung des Gemeinwesens, Mikrofinanzierungsmaßnahmen und Nothilfe, auch während bewaffneter Konflikte (Antwort der Bundesregierung v. 20.4.2016, Drucksache 18/8201, 18. Wahlperiode, Frage 9, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/082/ 1808201.pdf, Stand 11.9.2018).
Flüchtlinge aus Gaza sind berechtigt, Leistungen von UNRWA in Anspruch zu nehmen (USDOS, Länderbericht über die Menschenrechtssituation 2017, S. 18). Eine Registrierung erfordert einen schriftlichen Antrag unter Vorlage von Dokumenten, die die Anspruchsberechtigung belegen. Auch Nachkommen von Vätern, die die Kriterien eines palästinensischen Flüchtlings erfüllten, können sich registrieren lassen. Nachweisdokumente sind zum einen die Registrierungsdokumente naher Verwandter väterlicherseits. Es genügt indes auch, dass die Antragsteller als „Palästinensische Flüchtlinge“ bei den relevanten Regierungsbehörden des jeweiligen Landes, in dem UNRWA aktiv ist, entsprechend den Kriterien der Behörde, registriert sind (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Anfragebeantwortung v. 14.8.2017, S. 1 f.).
Ausgehend von diesen Feststellungen ist das Gericht davon überzeugt, dass UNRWA den Lebensunterhalt palästinensischer Flüchtlinge in Jordanien auf einfachem, aber zumutbarem Niveau sicherstellen kann. Eine Unterkunft wird durch die zehn Flüchtlingslager der UNRWA in Jordanien sichergestellt, ebenso eine Grundversorgung mit Lebensmitteln und – wenn auch geringe – Barauszahlungen zur Deckung der sonstigen Bedürfnisse. Die Schulbildung der Klägerinnen zu 3 bis 6 ist bis zur zehnten Klasse gewährleistet. Auch die Kläger zu 1 und 2 haben neun Jahre lang Schulen von UNRWA besucht. Der Kläger zu 1 kann sich als hoch qualifizierte Person mit internationaler Erfahrung in der Buchhaltung darüber hinaus um eine Anstellung bei UNRWA bemühen und wie schon sein Vater dadurch ein Erwerbseinkommen sichern. Sollte ihm dies nicht gelingen, so sorgt UNRWA für die Sicherung der Grundbedürfnisse seiner Familie. Den Klägern ist eine Integration in die jordanischen Lebensverhältnisse, insbesondere ein Schulbesuch der Klägerinnen zu 3 bis 6 auch sprachlich möglich. Die Klägerin zu 2 gab insoweit in der mündlichen Verhandlung an, man versuche, Arabisch zu reden, auch wenn die Kinder nach der Schule oft Deutsch sprechen würden. Mit ihrem Ehemann spreche sie ausschließlich Arabisch. Die Klägerinnen zu 3 und 4 sind zudem ebenfalls in einem Arabisch sprechendem Land aufgewachsen und dort auch zur Schule gegangen. Da innerhalb der Familie noch immer vornehmlich Arabisch gesprochen wird, ist es auch den Klägerinnen zu 3 bis 6 zumutbar, dem Schulunterricht auf Arabisch zu folgen und die Schrift (wieder) zu lernen. Ihre hoch qualifizierten Eltern können ihnen insoweit Hilfestellung geben.
Soweit die Kläger vortragen, UNRWA sei – insbesondere wegen der drohenden Zahlungseinstellung der USA – nicht mehr leistungsfähig, so haben sie dies nicht hinreichend glaubhaft gemacht. An die Feststellung, dass eine von den Vereinten Nationen unterhaltene Einrichtung, deren Schutz regelmäßig auch internationalen Schutz ausschließt (vgl. § 3 Abs. 3 AsylG), nicht mehr leistungsfähig ist, sind hohe Anforderungen zu stellen, die durch die Vorlage einiger journalistischer Texte nicht erfüllt wird. Dass die USamerikanische Regierung derzeit Leistungskürzungen prüft, führt nicht zum Ausfall des Schutzes durch UNRWA, zumal andere Staaten (u.a. die Bundesrepublik) schon angekündigt haben, etwaige Zahlungsausfälle der USA auszugleichen.
Die Kläger können sich auch bei UNRWA registrieren lassen, da sie Nachkommen von Flüchtlingen aus Gaza sind und dies auch nachweisen können. Die Kläger zu 1 und 2 waren bereits als Kinder auf den Registrierungskarten ihrer Eltern anspruchsberechtigt und haben durch ihren jeweils neunjährigen Schulbesuch UNRWA-Leistungen bereits in Anspruch genommen. Durch ihre jordanischen Reisepässe mit dem Vermerk „two years Gaza“ können sie darüber hinaus auch unabhängig von den Registrierungskarten der Eltern bzw. Großeltern der Kläger ihre Anspruchsberechtigung nachweisen, da dadurch ersichtlich ist, dass die relevanten Regierungsbehörden des jeweiligen Landes – hier Jordanien – die Kläger als Flüchtlinge aus Gaza anerkennen. Eine tatsächliche Inanspruchnahme der Leistungen von UNRWA ist den Klägern daher möglich.
(2) Im Übrigen können die Kläger auch auf familiäre Unterstützung sowohl in Jordanien als auch in der Bundesrepublik zurückgreifen.
Insoweit gab der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung an, in Jordanien lebten noch seine Mutter, sein Onkel, drei verheiratete Schwestern mit jordanischer Staatsbürgerschaft sowie zwei Brüder. Mit seiner Mutter, die zusammen mit ihrem Bruder in einer Mietwohnung lebe, habe er einmal monatlich Kontakt. Des Weiteren leben die Eltern der Klägerin zu 2 sowie eine verheiratete Schwester mit jordanischer Staatsangehörigkeit in Jordanien, zu ihren Eltern hält die Klägerin zu 1 ebenfalls jeden Monat Kontakt. In Jordanien besteht daher ein großes familiäres Netzwerk, dass die Kläger erforderlichenfalls insbesondere bei der Netzwerkbildung und der Wiedereingliederung unterstützen kann.
Zudem leben vier hoch qualifizierte Brüder der Klägerin zu 2 erlaubt in der Bundesrepublik, teilweise sind die Verwandten der Klägerin zu 2 sogar deutsche Staatsangehörige. Sämtliche ihrer Brüder haben studiert und arbeiten als Computerprogrammierer, als Chirurg, als Elektrotechniker und im Labor. Alle ihre Geschwister sind wie auch die Klägerin zu 2 selbst zur Schule gegangen, wobei ihre Eltern für fünf Kinder für jeweils drei Jahre auch das Schulgeld für eine staatliche Schule finanzieren konnten und dem ältesten Bruder ein Studium im Irak ermöglicht wurde. Die Studienabschlüsse der drei weiteren Brüder im Irak bzw. in der Bundesrepublik finanzierte jeweils der älteste Bruder. Die Eltern der Klägerin zu 2 werden ebenfalls durch ihre Brüder finanziell unterstützt, insbesondere ermöglichen die Brüder medizinische Behandlungen der Eltern in der Bundesrepublik. Zu ihren Brüdern hält die Klägerin zu 2 engen persönlichen Kontakt und trifft sie fast jede Woche. Es ist daher davon auszugehen, dass die vier in der Bundesrepublik besonders gut qualifizierten und erwerbstätigen Brüder erforderlichenfalls ebenfalls sowohl finanziell in der Lage als auch willig sind, ihre Schwester und deren Familie wie auch ihre Eltern schon in Jordanien finanziell zu unterstützen, zumal die finanzielle Unterstützung in Euro oder USD erfolgen kann, was die Kaufkraft der klägerischen Familie in Jordanien erheblich steigert.
b) Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich der Kläger zu 1 und 3 liegen nicht vor.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gefahr, dass sich eine Erkrankung und die mit einer Erkrankung verbundenen Gesundheitsbeeinträchtigungen als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Abschiebezielstaat verschlimmern, ist in der Regel als am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfende individuelle Gefahr einzustufen (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.2006 – 1 C 18.05 – juris Rn. 15). Die Gesundheitsgefahr muss erheblich sein; die Verhältnisse im Abschiebezielstaat müssen also eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität, etwa eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes, erwarten lassen. Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in der durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl I S. 390) mit Wirkung vom 17. März 2016 geänderten Fassung nachgezeichnet (vgl. NdsOVG, B.v. 19.8.2016 – 8 ME 87.16 – juris Rn. 4). Nach dieser Bestimmung liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung alsbald nach der Rückkehr wesentlich verschlechtern würden.
Erforderlich für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, dass also eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (vgl. BVerwG, a.a.O.).
Dabei sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können, in die Beurteilung der Gefahrenlage mit einzubeziehen. Solche Umstände können darin liegen, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit in dem Zielstaat wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar ist. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich trotz grundsätzlich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, U. v. 29.10.2002 – 1 C 1.02 – juris Rn. 9).
Diese Anforderungen sind auch mit Art. 3 EMRK vereinbar: Krankheitsbedingte Gefahren können ausnahmsweise die Voraussetzungen des Art. 3 EMRK erfüllen. Solche Ausnahmefälle können vorliegen, wenn eine schwerkranke Person durch die Aufenthaltsbeendigung auch ohne eine unmittelbare Gefahr für ihr Leben schon wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Aufnahmeland oder weil sie dazu keinen Zugang hat, tatsächlich der Gefahr ausgesetzt wird, dass sich ihr Gesundheitszustand schwerwiegend, schnell und irreversibel verschlechtert mit der Folge intensiven Leids oder einer erheblichen Herabsetzung der Lebenserwartung (vgl. EGMR, U.v. 13.12.2016 – 41738/10 – NVwZ 2017, 1187 ff. Rn. 183). Solche Gesundheitsgefahren muss der Ausländer allerdings mit ernst zu nehmenden Gründen geltend machen und daraufhin der Konventionsstaat sie in einem angemessenen Verfahren sorgfältig prüfen, wobei die Behörden und Gerichte des Konventionsstaats die vorhersehbaren Folgen für den Betroffenen im Zielstaat, die dortige allgemeine Situation und seine besondere Lage berücksichtigen müssen, ggf. unter Heranziehung allgemeiner Quellen wie von Berichten der Weltgesundheitsorganisation oder angesehener Nichtregierungsorganisationen sowie ärztlicher Bescheinigungen über den Ausländer (vgl. EGMR, U.v. 13.12.2016 – 41738/10 – NVwZ 2017, 1187 ff. Rn. 186 f. m.w.N.). Dies mündet in eine Vergleichsbetrachtung der Folgen einer Abschiebung für den Betroffenen durch einen Vergleich seines Gesundheitszustands vor der Abschiebung mit dem, den er nach Abschiebung in das Bestimmungsland haben würde. Maßgeblich ist eine nur ausreichende Behandlung, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu verhindern, nicht, ob die medizinische Versorgung im Zielstaat der medizinischen Versorgung im Konventionsstaat mindestens gleichwertig ist, denn Art. 3 EMRK garantiert kein Recht, im Zielstaat eine besondere Behandlung zu erhalten, welche der Bevölkerung nicht zur Verfügung steht (vgl. EGMR, U.v. 13.12.2016 – 41738/10 – NVwZ 2017, 1187 ff. Rn. 188 f. m.w.N.). Die erforderliche Prüfung umfasst auch, inwieweit der Ausländer tatsächlich Zugang zu der Behandlung und den Gesundheitseinrichtungen im Zielstaat hat, wobei die Kosten für Medikamente und Behandlung berücksichtigt werden müssen, ob ein soziales und familiäres Netz besteht und wie weit der Weg zur erforderlichen Behandlung ist (ebenda Rn. 190 m.w.N.). Auf den Abbruch einer Therapie können sich fremde Staatsangehörige regelmäßig nicht als zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis berufen, denn sie können ein Recht auf Verbleib in dem Hoheitsgebiet des abschiebenden Staats grundsätzlich nicht beanspruchen, um weiterhin in den Genuss einer medizinischen, sozialen oder anderen Versorgung zu gelangen, die der abschiebende Staat während ihres Aufenthalts gewährt hat (vgl. EGMR, E.v. 7.10.2004 – 33743/03 – NVwZ 2005, S. 1043 ff. juris Rn. 86). Wenn nach dieser Prüfung ernsthafte Zweifel bleiben, ist Voraussetzung für die Abschiebung, dass der abschiebende Staat individuelle und ausreichende Zusicherungen des Aufnahmestaats erhält, dass eine angemessene Behandlung verfügbar und für den Betroffenen zugänglich sein wird, so dass er nicht in eine Art. 3 EMRK widersprechende Lage gerät (ebenda Rn. 191).
Der sich auf eine seiner Abschiebung entgegenstehende Erkrankung berufende Ausländer muss diese durch aussagekräftige, nachvollziehbare Atteste, die klare Diagnosen stellen und Aufschluss über die konkrete Therapie und mögliche Folgen einer unzureichenden Behandlung geben, glaubhaft machen (BayVGH, B.v. 27.11.2017 – 9 ZB 17.31302 – juris Rn. 4). Aus dem vorgelegten Attest muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage die Diagnose gestellt wurde und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen ärztlichen Befunde bestätigt werden. Zudem sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Es entspricht inzwischen gefestigter Rechtsprechung, dass die Anforderungen an ein ärztliches Attest nach § 60a Abs. 2c AufenthG auf die Substantiierung der Voraussetzungen eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu übertragen sind (vgl. BayVGH, B.v. 10.1.2018 – 10 ZB 16.30735 – juris Rn. 8: „Frage nicht klärungsbedürftig, weil sie sich anhand des Wortlauts des Gesetzes, der Entstehungsgeschichte und der gesetzgeberischen Erwägungen ohne weiteres bejahen lässt“; BayVGH, B.v. 24.1.2018 – 10 ZB 18.30105 – juris Rn. 7; B.v. 20.4.2018 – 11 ZB 18.30838 – juris Rn. 4; B.v. 26.4.2018 – 9 ZB 18.30178 – juris Rn. 6 ff.; OVG NRW, B.v. 9.10.2017 – 13 A 1807/17A – juris Rn. 19 ff.; OVG LSA, B.v. 28.9.2017 – 2 L 85/17 – juris Rn. 2 ff.).
(1) Dem Kläger zu 1 droht bei einer Rückkehr nach Jordanien keine alsbaldige Verschlechterung einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung.
Der Kläger hat durch Vorlage des Attestes vom 14. August 2018 schon nicht glaubhaft gemacht, an einer schwerwiegenden Erkrankung zu leiden, die sich bei einer Rückkehr nach Jordanien alsbald wesentlich verschlechtern würde.
Soweit der Kläger unter einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung leidet, attestiert auch das Attest vom 14. August 2018 lediglich den Verdacht auf Crohn-Krankheit des Dickdarmes nach ICD-10 K50.1. Es handelt sich auch lediglich um das Attest eines Facharztes für Allgemeinmedizin, nicht hingegen um einen Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie. Des Weiteren fehlen im Attest auch Angaben dazu, in welchem zeitlichen Abstand bei einem Behandlungsabbruch eine wesentliche Verschlechterung eintreten würde. Das Attest genügt daher nicht zur Glaubhaftmachung einer schwerwiegenden Erkrankung.
Soweit der Kläger unter Bluthochdruck leidet, hat er nicht geltend gemacht, dass sich diese Erkrankung bei einem Behandlungsabbruch alsbald wesentlich verschlechtern würde. Nur auf Dauer besteht nach dem vorgelegten Attest eine erhöhte Gefahr für Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Es handelt sich dabei indes um Langzeitfolgen, nicht um alsbald eintretende Folgeerkrankungen. Des Weiteren fehlen auch Angaben dazu, ob und wie die Erkrankung überhaupt behandlungsbedürftig ist.
Im Übrigen ist das Gericht nach der Auskunftslage auch davon überzeugt, dass UNRWA auf einem zumutbaren Niveau die Behandlung des Klägers wird sicherstellen können. In den 24 Gesundheitszentren von UNRWA werden jährlich 1,1 Millionen Personen (56 Prozent aller registrierten Palästinenser) behandelt, hinzu kommen 1,9 Millionen allgemein-medizinische Untersuchungen und 67.000 zahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen. UNRWA unterstützt auch 70.000 Patienten mit nicht übertragbaren Krankheiten wie beispielsweise Diabetes Typ I und Typ II und Bluthochdruck. Auch Labortests und Röntgenuntersuchungen sind möglich (https://www.unrwa.org/activity/health-jordan, Stand 11.9.2018). Die Behandlung von – wie hier – nicht übertragbaren Krankheiten ist daher auch durch Inanspruchnahme der Gesundheitsleistungen von UNRWA möglich. Soweit die Kläger vortragen, lediglich Grundimpfungen und die allernötigsten eine Lebensgefahr abwendenden Behandlungen seien durch UNRWA abgedeckt (Bl. 36 der Gerichtsakte), steht dies der Zumutbarkeit der Inanspruchnahme des Gesundheitsdienstes von UNRWA nicht entgegen. Insbesondere haben die Kläger keinen Anspruch auf die bestmöglichste oder auf eine auf deutschem Niveau liegende Behandlung. Dass Bekannten oder Verwandten des Klägers nach nicht substantiierten Vortrag der Kläger nicht durch UNRWA geholfen wurde, steht dem nicht entgegen. Die näheren Umstände der angeblich verweigerten Hilfeleistung wurden nicht dargelegt (beispielsweise die Anspruchsberechtigung); im Übrigen leiden die Kläger auch nicht an den beschriebenen Erkrankungen ihrer Verwandten und Bekannten, so dass eine etwaige Nichthilfe in derartigen Fällen durch UNRWA die Kläger nicht beeinträchtigt. Des Weiteren erschüttern einzelne, nicht näher substantiierte Fälle der nicht erfolgten Behandlung durch UNRWA nicht deren grundsätzliche Fähigkeit und Willigkeit zur medizinischen Behandlung. Auch die Tatsache, dass es sowohl der Schwägerin als auch der Mutter des Klägers zu 1 letztlich gelungen ist, durch private finanzielle Mittel die erforderlichen Behandlungen zu bezahlen, spricht dafür, dass eine medizinische Behandlung in Jordanien in der Regel finanziert werden kann.
Darüber hinaus besteht für die Kläger auch die Möglichkeit, auf finanzielle Unterstützung durch ihre Verwandten zurückzugreifen (vgl. oben). Ein in der Bundesrepublik aufenthaltsberechtigter Bruder der Klägerin zu 2 ist Chirurg; ihre Eltern reisen für medizinische Behandlungen regelmäßig in die Bundesrepublik ein und werden hierbei von den vier Brüdern der Klägerin zu 2 finanziell unterstützt. Aufgrund der engen Verbundenheit auch der Kläger mit den Brüdern der Klägerin zu 2 ist daher davon auszugehen, dass die Verwandten der Klägerin zu 2 die medizinische Grundversorgung der Kläger werden sicherstellen können.
(2) Auch die Klägerin zu 3 hat nicht glaubhaft gemacht, an einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung zu leiden, die sich bei einer Rückkehr alsbald wesentlich verschlechtern würde.
Soweit die Klägerin vorträgt, an einem femoralen Antetorsionssyndrom zu leiden, hat sie schon nicht glaubhaft gemacht, an einer schwerwiegenden Erkrankung zu leiden, die sich bei einem Verhandlungsabbruch alsbald verschlechtern würde. Das fachärztliche Attest vom 10. August 2018 hält eine erneute Abklärung in einem Jahr für erforderlich, auch das nicht fachärztliche Attest vom 14. August 2018 spricht sich dafür aus, in einem Jahr eine Operation zu planen. Die Klägerin selbst gibt an, wegen ihrer Beschwerden ein- bis zweimal im Jahr beim Arzt zu sein und wegen der Knie- und Rückenschmerzen Gymnastik zu machen. Damit wurde nicht glaubhaft gemacht, dass die Erkrankung der Klägerin derzeit schwerwiegend oder lebensbedrohlich ist bzw. dass die derzeitige Therapie (Gymnastik) nicht auch in Jordanien erfolgen kann. Ein geplanter Operationstermin (erst) in einem Jahr lässt ebenfalls darauf schließen, dass alsbald keine Verschlechterung zu erwarten ist. In Bezug auf ihre Asthmaerkrankung – die die Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht erwähnten – gibt das Attest keine Auskünfte zu den Folgen eines Behandlungsabbruches.
Im Übrigen kann auch die Klägerin zu 3 auf die Gesundheitsangebote von UNRWA sowie auf die Unterstützung ihrer Onkel zurückgreifen, insoweit befindet sie sich in derselben Lage wie der Kläger zu 1 (vgl. oben).
c) Soweit die Kläger auf ihre Integrationserfolge in der Bundesrepublik und etwaige Ansprüche auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis verweisen, sind diese Umstände inlandsbezogen und bleiben daher bei der Prüfung von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten außer Betracht.
3. Ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Saudi-Arabiens nach § 60 Abs. 5 und § 60 Abs. 7 AufenthG liegt nicht vor.
Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Familie des Klägers ihren Lebensunterhalt in Saudi-Arabien wird sicherstellen können. Der Kläger zu 1 war für 15 Jahre bei renommierten internationalen Konzernen tätig und hat dabei zuletzt über 1.900 USD verdient. Die Töchter der Kläger besuchten Privatschulen, ihre wirtschaftliche Situation beschrieben sowohl der Kläger zu 1 als auch die Klägerin zu 2 als gut. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind daher nicht ersichtlich. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der gut qualifizierte Kläger zu 1 bei einer Rückkehr nach Saudi-Arabien erneut eine adäquate Stelle, die ihm und seiner Familie den Lebensunterhalt sichert, wird finden können. Im Übrigen kann er auch in Saudi-Arabien auf finanzielle Unterstützung seiner Familie zurückgreifen (vgl. oben). Hinsichtlich der vorgetragenen Erkrankungen der Kläger zu 1 und zu 4 wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die Kläger bei einer Arbeitstätigkeit des Klägers zu 1 nicht in der Lage wären, etwaige medizinische Behandlungskosten selbst zu tragen.
V.
Auch die Abschiebungsandrohungen nach Jordanien erweisen sich als rechtmäßig.
Die Abschiebungsandrohungen beruhen auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG.
Nach § 59 Abs. 2 AufenthG soll in der Androhung der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist.
Der in der Abschiebungsandrohung nach § 59 Abs. 2 AufenthG bezeichnete Zielstaat muss nicht mit dem Staat identisch sein, dessen Staatsangehörigkeit der Kläger besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der genannten Vorschrift. In der Abschiebungsandrohung ist nämlich nicht etwa der Herkunfts- oder Heimatstaat bzw. der Staat anzugeben, deren Angehöriger der Ausländer ist, sondern der Staat, in den der Ausländer abgeschoben werden soll. Damit ist klargestellt, dass es sich bei der in der Androhung zu nennenden Staat nicht um den Herkunftsstaat handeln muss. Eine Abschiebungsandrohung darf auch einen Zielstaat benennen, für den aus tatsächlichen Gründen wenig oder keine Aussicht besteht, dass der Ausländer in absehbarer Zeit dorthin abgeschoben werden kann, es sei denn, es bestehen Abschiebungsverbote (Pietzsch in BeckOK Ausländerrecht, Stand: 1.8.2017, § 34 AsylG Rn. 31).
Die Abschiebungsandrohung nach Jordanien als Geburtsnicht aber Herkunftsland der Kläger zu 1 und 2 ist daher rechtmäßig. Auf die tatsächliche Möglichkeit der Abschiebung, insbesondere die vom Bevollmächtigten bestrittene Möglichkeit der Pass(ersatz) papierbeschaffung kommt es demnach nicht an.
VI.
Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AufenthG für die Kläger erweist sich ebenfalls als rechtmäßig. Insbesondere die in der Bundesrepublik aufenthaltsberechtigten Geschwister der Kläger zu 1 und zu 2 gehören weder zur Kernfamilie der Kläger noch sind die Kläger und die Geschwister der Kläger zu 1 und zu 2 zwingend auf gegenseitige Unterstützung in der Bundesrepublik angewiesen.
VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 i.V.m. § 159 S. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.


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