Verwaltungsrecht

Räumung einer Obdachlosenunterkunft in einem Clearinghaus

Aktenzeichen  M 22 S 18.3631

Datum:
6.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 18897
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 36 Abs. 2 Nr. 1
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 3

 

Leitsatz

Die Verwaltungspraxis, Obdachlose auch in ein Clearinghaus grundsätzlich nur befristet einzuweisen, ergibt sich aus dem Zweck dieser Einrichtung und ist nicht zu beanstanden (Fortführung von VG München BeckRS 2016, 112502), zumal sozialpädagogische Betreuung zum Thema Wohnen auch von einem Notquartier oder einem Beherbergungsbetrieb aus in Anspruch genommen werden kann. (Rn. 21 und 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.
IV. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die mit Bescheid vom 6. Juli 2018 angeordnete Räumung seiner Unterkunft in einem Clearinghaus der Antragsgegnerin.
Der Antragsteller wurde mit Aufnahmeverfügung der Antragsgegnerin vom 22. September 2017 in die Wohnung 1306 in das städtische Clearinghaus …straße 17 in München aufgenommen. Die Aufnahme im Clearinghaus wurde entsprechend der Zielsetzung der Aufnahme (Erarbeitung und schnelle Realisierung einer (privatrechtlichen) Wohnperspektive) nach § 5 Abs. 3 der Clearinghäuser-Benutzungssatzung befristet bis zum 31. Dezember 2017. Zugleich wurde ein Gebührenbescheid über die zu entrichtenden Nutzungsgebühren für die überlassenen Räumlichkeiten (296,96 Euro monatlich) erlassen.
Mit weiteren Bescheiden vom 14. Dezember 2017 und 5. März 2018 wurde das Benutzungsverhältnis zunächst bis zum 31. März 2018 und dann bis 31. Mai 2018 verlängert.
Am 27. März 2018 teilte die Sozialpädagogische Beratung der JVA M. der Antragsgegnerin mit, dass sich der Antragsteller zur Verbüßung zweier Ersatzfreiheitstrafen seit 6. März 2018 bis voraussichtlich 4. August 2018 in der JVA befinde.
Die Antragsgegnerin entschied sich am 19. April 2018 zunächst intern dazu, den Aufenthalt des Antragstellers im Clearinghaus nicht nochmals zu verlängern, da wegen der Inhaftierung keine Erarbeitung einer Wohnperspektive mit ihm mehr möglich sei. Hiervon unterrichtete sie den Antragsteller mit Schreiben vom 30. April 2018.
Mit Schreiben vom 4. Juni 2018 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass das Benutzungsverhältnis (wie mit Bescheid vom 5. April festgelegt) zum 31. Mai 2018 beendet sei, ein weiterer Verbleib im Clearinghaus über den 31. Mai 2018 hinaus angesichts der fehlenden Möglichkeit, eine Wohnperspektive zu erarbeiten, nicht mehr möglich sei, die in § 9 Abs. 5 Clearinghäuser-Benutzungssatzung festgesetzte reguläre Aufenthaltsdauer von sechs Monaten ohnehin um mehr als zwei Monate überschritten worden sei und zudem Benutzungsgebührenrückstände in Höhe von 593,94 Euro aufgelaufen seien. Der Antragsteller sei bereits mit Schreiben vom 30. April 2018 aufgefordert worden, die ihm überlassenen Räumlichkeiten und den Schlüssel bis zum 31. Mai 2018 zurückzugeben. Dem sei der Antragsteller nicht nachgekommen. Es sei daher der Erlass eines Räumungsbescheides beabsichtigt. Der Antragsteller erhalte Gelegenheit sich hierzu zu äußern. Weiter werde der Antragsteller gebeten, in der Abteilung zentrale Wohnungslosenhilfe, Fachbereich Wohnen, der Antragsgegnerin vorzusprechen, sofern er eine anderweitige Schlafmöglichkeit benötige.
Mit Schreiben vom 18. Juni 2018 teilte der Antragsteller unter Bezugnahme auf am 14. Juni 2018 mit der Antragsgegnerin geführte Telefonate mit, dass er versuchen werde bis zum 15. Juli 2018 aus der Haft entlassen zu werden, indem er eine der beiden gegen ihn verhängten Geldstrafen begleiche. Er brauche nach seiner Entlassung aber in jeden Fall noch ein paar Tage Zeit, um die Wohnung zu räumen und zudem eine neue Wohnmöglichkeit.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 6. Juli 2018, dem Antragsteller zugestellt am 11. Juli 2018, verfügte die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller:
1. Sie haben die Wohnung 3.6/1306 im Clearinghaus …straße 17 unverzüglich zu räumen und die gereinigte Wohnung mit den Ihnen überlassenen Gegenständen und Schlüsseln zurückzugeben.
2. Sofern Sie der Verpflichtung der Ziffer 1 dieses Bescheides nicht bis zum 24. Juli 2018 nachkommen, wird Ihnen hiermit angedroht, dass
a) Ihre Möbel und sonstigen Gegenstände am 7. August 2018 zwischen 08.00 Uhr und 16.00 Uhr im Wege der Ersatzvornahme auf Ihre Kosten aus der vorgenannten Unterkunft geräumt werden.
b) gegen Ihre Person erforderlichenfalls mit unmittelbarem Zwang vorgegangen wird.
3. Der Kostenbetrag für die Ersatzvornahme wird vorläufig auf EUR 500,00 veranschlagt.
4. Der sofortige Vollzug der Ziffern 1 und 2 dieses Bescheides wird angeordnet.
5. Dieser Bescheid ist kostenfrei.
In den Bescheidsgründen wird ausgeführt, dass die Unterbringungszeit aufgrund der besonderen Zweckbestimmung des Clearinghauses zeitlich befristet und das Benutzungsverhältnis durch Ablauf der Befristung ausgelaufen sei. Eine weitere Verlängerung sei nicht beabsichtigt. Es sei nicht zu erwarten, dass der Antragsteller vor August entlassen werde. Aufgrund der Abwesenheit des Antragstellers sei die Fortführung der Erarbeitung einer Wohnperspektive nicht möglich. Ohnehin sei die reguläre Aufenthaltsdauer von sechs Monaten bereits um mehr als zwei Monate überschritten und seien Gebührenrückstände in Höhe von 928,41 Euro aufgelaufen. Dem Anliegen des Antragstellers, nach seiner Haftentlassung ohne Ersatzvornahme selbst aus der Wohnung ausziehen zu können, sei durch den gewählten Termin für die Ersatzvornahme am 7. August 2018 Rechnung getragen worden. Die Räumung innerhalb der gesetzten Frist sei zumutbar. Der Antragsteller sei bereits mit Schreiben vom 30. April 2018 darüber informiert worden, dass eine weitere Verlängerung nicht erfolgen werde. Dem Antragsteller sei eine Ersatzunterbringung angeboten worden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liege im öffentlichen Interesse. Es bestehe laufender Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten in den Clearinghäusern. Es könne daher nicht hingenommen werden, dass sich Personen, deren Benutzungsverhältnis beendet sei, dauerhaft im Clearinghaus aufhalten und die Räumlichkeiten erst nach einem langwierigen gerichtlichen Verfahren frei gemacht werden könnten.
Am 25. Juli 2018 erhob der Antragsteller in der Rechtsantragstelle des Verwaltungsgerichts München Klage (M 22 K 18.3630) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. Juli 2018. Zugleich beantragt er,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO wieder herzustellen beziehungsweise anzuordnen.
Darüber hinaus beantragt er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Antrags- und Klageverfahren.
Zur Begründung verwies der Antragsteller darauf, dass der Bescheid unzutreffender-weise von der Tatsache ausgehe, dass er sich noch längere Zeit in Haft befinde. Er benötige nach seiner Haftentlassung noch etwas Zeit, um sein Leben „wieder in den Griff zu bekommen“. Die angedrohte Zwangsräumung sei daher unverhältnismäßig und nehme keinerlei Rücksicht auf seine Belange.
Die Antragsgegnerin beantragt mit Schreiben vom 31. Juli 2018,
den Antrag abzulehnen.
Sie führt aus, das Benutzungsverhältnis sei wegen Ablaufs der Befristung beendet. Die Aufnahme in ein Clearinghaus erfolge grundsätzlich nur befristet, worüber der Antragsteller bei seiner Aufnahme auch informiert worden sei. Das Benutzungsverhältnis sei im Fall des Antragstellers bereits zweimal verlängert worden. Eine weitere Verlängerung sei nicht vertretbar gewesen. Die Androhung der Räumung am 7. August 2018 sei im Hinblick auf den spätesten Haftentlassungstermin verhältnismäßig und zumutbar und erst recht im Hinblick auf die tatsächlich erfolgte Entlassung des Antragstellers am 14. Juli 2018. Der Antragsteller habe dadurch auf jeden Fall die Möglichkeit, den Auszug aus der Wohnung selbst durchzuführen. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Zuweisung oder Verbleib in einer bestimmten Unterkunft. Ihm drohe auch nach seiner Räumung aus dem Clearinghaus keine Obdachlosigkeit, da die Antragsgegnerin ihm eine Ersatzunterbringung angeboten habe und er dadurch in jedem Fall eine Unterkunft habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte dieses sowie des Klageverfahrens (M 22 K 18.3630) sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Räumungsanordnung in Ziffer 1 des Bescheides wiederherzustellen (vgl. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2; § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung –VwGO) und die kraft Gesetzes entfallene aufschiebende Wirkung bezüglich der Zwangsmittelandrohung in Ziffer 2 des Bescheides anzuordnen (vgl. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz – VwZVG), hat keinen Erfolg.
1. Die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderliche und gebotene Interessenabwägung aufgrund einer summarischen Überprüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache ergibt, dass die Anfechtungsklage gegen die Räumungsanordnung und die Zwangsmittelandrohung erfolglos sein dürfte und insoweit das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Die Maßnahme erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig, eine Rechtsverletzung des Antragstellers ist nicht gegeben, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
a. Die gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids vorgenommene Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheides wurde den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend ausreichend begründet. Der Verweis der Behörde darauf, dass das aufgrund der besonderen Konzeption der Clearinghäuser und der hohen Nachfrage nach Clearingmöglichkeiten hohe Interesse der Antragsgegnerin an schnell wieder freien Räumlichkeiten das Interesse des Antragstellers, trotz angebotener Ersatzunterbringung und beendetem Benutzungsverhältnis in den Räumlichkeiten zu verbleiben, überwiege, trägt die Anordnung des Sofortvollzugs.
b. Die Räumungsanordnung in Ziffer 1 des Bescheides ist bei summarischer Prüfung auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Die Zuweisung der Unterkunft in der …straße 17 erfolgte – wie im Obdachlosenrecht allgemein üblich und zulässig (vgl. VG Augsburg, U.v. 19.7.2010 – Au 7 K 10.750 – juris) – gemäß Art. 36 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG befristet, zuletzt mit Bescheid vom 5. März 2018 bis zum 31. Mai 2018 (vgl. insoweit Ziffer 2 des Bescheids vom 11.01.2018). Die Verpflichtung zur Gebrauchsüberlassung der Wohneinheit 1306 in der …straße 17 endete mithin mit Ablauf des 31. Mai 2018. Ein Anspruch des Antragstellers auf Verlängerung der Zuweisung und Verbleib in dieser Unterkunft ergibt sich weder aus Sicherheitsrecht noch aus der seiner Unterbringung im Clearinghaus zugrundeliegenden Clearinghäuser-Benutzungssatzung.
Durch die Zuweisung wird kein öffentlich-rechtlicher Besitzstand begründet, der einer anderweitigen Umsetzung entgegenstehen könnte (VG München, B.v. 3.5.2005 – M 22 S 05.1618 –; VG München, B.v. 29.12.2004 – M S 04.6231 – beide in juris sowie PdK Bayern, Obdachlosenrecht in Bayern – beck-online, Ziff. 9.2). Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Zuweisung einer Unterkunft zur Vermeidung von Obdachlosigkeit ist Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG). Die Antragsgegnerin hat als Sicherheitsbehörde (Art. 6 LStVG) grundsätzlich die Aufgabe der Gefahrenabwehr. Hierzu zählt auch die Beseitigung einer – unfreiwilligen – Obdachlosigkeit (vgl. BayVGH, B.v. 26.4.1995 – 4 CE 95.1023 – BayVBl 1995, 729), um Gefahren für Leben und Gesundheit des Betroffen zu verhüten. Aus dieser gesetzlichen Verpflichtung ergibt sich ein Anspruch des Betroffenen (zumindest) auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Unterbringung durch die Behörde. Die von der Sicherheitsbehörde zu leistende Obdachlosenfürsorge dient dabei nicht der „wohnungsmäßigen Versorgung“, sondern der Verschaffung einer vorübergehenden Unterkunft einfacher Art (vgl. BayVGH, B.v. 3.8.2012 – 4 CE 12.1509 – juris, Rn. 5). Auch unter Berücksichtigung der humanitären Zielsetzung des Grundgesetzes ist es ausreichend, wenn obdachlosen Personen eine Unterkunft zugewiesen wird, die vorübergehend Schutz vor den Unbilden des Wetters bietet und Raum für die notwendigen Lebensbedürfnisse lässt. Obdachlose Personen müssen, weil ihre Unterbringung nur eine Notlösung sein kann, eine weitgehende Einschränkung ihrer Wohnansprüche hinnehmen, wobei freilich die Grenze zumutbarer Einschränkungen dort liegt, wo die Anforderungen an eine menschenwürdige, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit achtende Unterbringung nicht mehr eingehalten sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BayVGH, B.v. 3.8.2012 – 4 CE 12.1509 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 14.7.2005 – 4 C 05.1551). Dabei steht der Behörde bei der Auswahl der Unterkunft ein weiter Ermessensspielraum zur Verfügung. Ein Obdachloser hat dementsprechend grundsätzlich keinen Anspruch auf Zuweisung einer bestimmten Unterkunft oder auf den Verbleib in einer bestimmten Unterkunft. (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Sept. 2015, Art. 7 Rn. 190). Ist der Betroffene auch nach Auslaufen einer Zuweisung unverändert nicht in der Lage, seine Obdachlosigkeit aus eigener Kraft zu beseitigen, hat er lediglich Anspruch auf ein neuerliches Einschreiten der zuständigen Obdachlosenbehörde, also erneute Zuweisung einer Unterkunft. Bei der Auswahl der konkreten Unterkunft steht der Sicherheitsbehörde hingegen erneut ein weites Ermessen zu. Nur wenn sich die Gemeinde dabei von Willkür leiten lässt, ist die Maßnahme rechtswidrig (VG München, B.v. 26.11.2014 – M 22 S 14.5231 –; VGH BW, B.v. 4.5.1998 – 1 S 1009/98 – beide in juris). Hierfür ist vorliegend jedoch nichts ersichtlich.
Vorliegend wird der Antragsteller nach Räumung seiner Unterkunft im Clearinghaus nicht obdachlos, sondern – wie die Antragsgegnerin zugesagt hat – bei Bedarf und Vorsprache anderweitig sicherheitsrechtlich in einem Notquartier oder Beherbergungsbetrieb untergebracht. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller sein Leben – wie viele andere Obdachlose – nicht auch von einem solchen Quartier aus „wieder in den Griff bekommen“ könnte, sondern zwingend auf die besondere Konzeption der Clearinghäuser angewiesen und das Ermessen der Antragsgegnerin mithin auf eine obdachlosenrechtliche Zuweisung des Antragstellers in das Clearinghaus …straße 17 reduziert wäre. Die Möglichkeit, sozialpädagogische Betreuung zum Thema Wohnen in Anspruch zu nehmen, besteht auch von einem Notquartier oder einem Beherbergungsbetrieb aus. Dem Antragsteller ist es auch weiterhin unbenommen, sich mit Unterstützung der Sozialleistungsträger um eine öffentlich geförderte Wohnung zu bemühen. Seine Registrierung für eine öffentlich geförderte Wohnung ist der Auskunft der Antragsgegnerin zufolge unverändert gültig und der Zugang zur Wohnungsplattform SOWON aktiv.
Ein Anspruch auf Unterbringung im Clearinghaus ist auch in satzungsrechtlicher Hinsicht nicht ersichtlich. Die Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin, Obdachlose auch in ein Clearinghaus grundsätzlich nur befristet einzuweisen, ergibt sich aus dem Zweck dieser Einrichtungen und ist nicht zu beanstanden (vgl. VG München, B.v. 7.9.2016 – M 22 E 16.1415 – juris, Rn. 31). Ziel der Unterbringung in einem Clearinghaus ist es, mit den Haushalten an einer Wohnperspektive zur schnellen Vermittlung in eine geeignete Wohnform, nach Möglichkeit mit einem privatrechtlichen Mietvertrag zu arbeiten. Bewohnerinnen und Bewohner sollen mit sozialpädagogischer Beratung und Unterstützung Verhaltensweisen einüben, die eine regelmäßige Mietzahlung, den sachgemäßen Gebrauch der Mietsache und die Einordnung in die Hausgemeinschaft sicherstellen. Während des Aufenthalts, der gemäß § 9 Clearinghäuser-Benutzungssatzung auf sechs Monate veranschlagt ist, werden u.a. Lösungen zur Existenzsicherung und Stärkung der praktischen Alltagskompetenz erarbeitet.
Dieser Praxis entsprechend erfolgte auch die Unterbringung des Antragstellers im Clearinghaus nur befristet (vgl. §§ 5 Abs. 3 und 9 Clearinghäuser-Benutzungssatzung). Die nahtlose und schnelle Erarbeitung einer Wohnperspektive als wesentliche Zielsetzung der vorübergehenden Unterbringung des Antragstellers im Clearinghaus erscheint der Antragsgegnerin angesichts der Unterbrechung des Clearings wegen der Verbüßung einer mehrmonatigen Ersatzfreiheitstrafe in nachvollziehbarer Weise nicht (mehr) möglich. Zudem hat der Antragsteller, dessen Aufenthalt bereits zweimal verlängert wurde, die reguläre Aufenthaltsdauer bereits mit der zweiten Zuweisungsverlängerung bis zum 31. Mai 2018 überschritten. Eine weitere Verlängerung der Aufenthaltsdauer ist gemäß § 9 Satz 4 der Clearinghäuser-Benutzungssatzung daher nur in besonderen Ausnahmefällen möglich. Ein solcher ist vorliegend nach nicht zu beanstandender Einschätzung der Antragsgegnerin nicht gegeben. Dies zumal der Antragsteller zuletzt auch mit der Entrichtung der Benutzungsgebühren deutlich in Rückstand gekommen ist; ein Umstand der die Antragsgegnerin bei laufendem Benutzungsverhältnis gemäß § 10 Abs. 3 Ziffer 8 der Clearinghäuser-Benutzungssatzung zur Beendigung des Clearings berechtigen würde. Es ist daher nichts dafür erkennbar, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine weitere Verlängerung ermessensfehlerhaft oder willkürlich verweigert hätte.
c. Auch hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Zwangsmittelandrohung (Ziffer 2) bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen der Art. 18 ff. VwZVG sind bei summarischer Prüfung gegeben. Die wirksame Auszugs- und Räumungsanordnung nach Ziff. 1 des Bescheids vom 6. Juli 2018 ist aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziff. 4 des Bescheids vollstreckbar, Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Die Androhung der Ersatzvornahme bzw. des unmittelbaren Zwangs wurde dem Antragsteller gemäß Art. 36 Abs. 7 Satz 1 VwZVG mittels Zustellung mit Zustellungsurkunde (Art. 3 VwZVG) zugestellt und auch die übrigen Voraussetzungen der Androhung der Ersatzvornahme sind erfüllt, insbesondere ist die Androhung eines Zwangsgeldes als milderes Zwangsmittel angesichts der Gebührenrückstände des mittellosen Antragstellers untunlich und wurde der Kostenbetrag einer etwaigen Ersatzvornahme gemäß Art. 36 Abs. 4 Satz 1 VwZVG in Ziffer 3 des Bescheides vorläufig veranschlagt. Auch die gesetzte Vollstreckungsfrist, Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG, ist nicht zu beanstanden. Die Räumung wurde für den 7. August 2018 angesetzt. Der Antragsteller hatte somit ab der knapp einen Monat vor dem Räumungstermin erfolgten Zustellung des Bescheides (11.7.2018) ausreichend Zeit, um um effektiven Rechtsschutz nachzusuchen und seine Wohnung in der …straße selbst zu räumen oder durch Bekannte räumen zu lassen; dies zumal es sich bei der zu räumenden Wohneinheit um eine (teil) möblierte Wohnung handelt und der Antragsteller – wie von ihm mit Schreiben vom 18. Juni 2018 in Aussicht gestellt – bereits zum 15. Juli 2018 aus der Haft entlassen wurde.
Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung war daher abzulehnen.
2. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG – in Verbindung mit Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs.
3. Mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Eilantrags war auch der Antrag auf Prozesskostenhilfe abzulehnen, § 166 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO.


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