Verwaltungsrecht

Rechtmäßige Ablehnung des Asylantrags

Aktenzeichen  M 17 S 17.30578

Datum:
22.6.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 5, § 71, § 71a Abs. 5
VwVfG VwVfG § 49, § 51
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs.  7

 

Leitsatz

Negative Auswirkungen der Abschiebung des Antragstellers auf einen nahen Angehörigen stellen kein sich auf den Zielstaat beziehendes Abschiebungshindernis dar. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der 1998 geborene Antragsteller stammt aus dem Kosovo und ist Volkszugehöriger der Ashkali. Er stellte bereits einen Asylerstantrag, der mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 16. Juni 2016 abgelehnt und nach Klageabweisung als offensichtlich unbegründet (U.v. 26.09.2016 – M 15 K 16.31722) unanfechtbar wurde. Dem Antragsteller wurde die Abschiebung nach Kosovo angedroht.
Am 28. Dezember 2016 stellte der Antragsteller persönlich einen Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Folgeantrag). Mit diesem Antrag ist das Wiederaufgreifen des Verfahrens zur Feststellung von Abschiebungsverboten verbunden.
Im Rahmen seiner Anhörung bezog sich der Antragsteller auf ein Schreiben seines Bevollmächtigten vom … Dezember 2016 (Bl. … der Behördenakte). Darin wurde die Anerkennung als Asylberechtigter, hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG beantragt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Mutter des Antragstellers an einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung leide, die in Kosovo nicht behandelt werden könne. Für sie sei im Verfahren M 17 S. 16.33053 mit Beschluss vom 25. November 2016 die aufschiebende Wirkung ihrer Klage angeordnet worden. Es wäre fatal, wenn der Antragsteller ohne jede Familienangehörige nach Kosovo müsste. Es könne nicht sein, dass er nun für immer seine Familie verlassen müsse. Diese drohende Situation mache dem Antragsteller so schwer zu schaffen, dass schon fraglich sei, ob er überhaupt reisefähig sei.
Mit Bescheid vom 30. Dezember 2016, versandt per Einschreiben am 2. Januar 2017, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig (Nr. 1) sowie den Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 16. Juni 2016 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (Nr. 2) ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorlägen. Der Antragsteller hätte keinen neuen Sachvortrag vorgebracht. Der Sachvortrag zum Folgeantrag werde den Anforderungen des § 51 VwVfG nicht gerecht. Auch die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG seien im vorliegenden Fall ebenfalls nicht gegeben. Gründe, die unabhängig von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG eine Abänderung der bisherigen Entscheidung zu § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG gemäß § 49 VwVfG rechtfertigen würden, lägen nicht vor.
Am 12. Januar 2017 erhob der Antragsteller Klage (M 17 K 17.30575) und beantragte gleichzeitig,
die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
Im Weiteren ging bei Gericht eine psychiatrische Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie … vom … Januar 2017 bezüglich einer möglichen Trennung des Antragstellers von seiner Familie ein sowie eine weitere Stellungnahme von dem Verein … … datierend auf den … Januar 2017.
Die Antragsgegnerin stellte keinen Antrag.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Asylakten verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
1. Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft, da sich für das gerichtliche Hauptsacheverfahren eine Anfechtungsklage als richtige Klageart darstellt (§ 123 Abs. 5 VwGO). Die Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens bei Folgeanträgen, die nach aktueller Rechtslage als Unzulässigkeitsentscheidung ergeht, ist mit der Anfechtungsklage anzugreifen, da sie einen der Bestandskraft fähigen, anfechtbaren Verwaltungsakt darstellt (BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – juris). Die Ablehnung verschlechtert die Rechtsstellung des Antragsellers, weil damit ohne inhaltliche Prüfung festgestellt wird, dass sein Asylvorbringen nicht zur Schutzgewährung führt und darüber hinaus auch im Falle eines weiteren Asylantrags abgeschnitten wird, weil ein Folgeantrag, um den es sich gemäß § 71a Abs. 5 i.V.m. § 71 AsylG handeln würde, nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zu einem weiteren Asylverfahren führen kann. Ferner erlischt mit der nach § 71a Abs. 4 i.V.m. §§ 34, 36 Abs. 1 und 3 AsylG regelmäßig zu erlassenden, sofort vollziehbaren Abschiebungsandrohung auch die Aufenthaltsgestattung (§ 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG). Der Asylsuchende muss daher die Aufhebung des Bescheids, mit dem die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt wird, erreichen, wenn er eine Entscheidung über seinen Asylantrag erhalten will.
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat aber in der Sache keinen Erfolg, denn die Ablehnung des Asylfolgeantrags im Bescheid der Antragsgegnerin vom 30. Dezember 2016 begegnet keinen ernsthaften Bedenken.
Bei dem Asylantrag des Antragstellers vom 28. Dezember 2016 handelt es sich um einen Asylfolgeantrag. Stellt ein Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag, so ist eine weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen (§ 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Der vorliegende Eilantrag könnte deshalb nur dann Erfolg haben, wenn der Antragsteller glaubhaft gemacht hätte, dass die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Verfahrens, das zur Anerkennung als Asylberechtigter bzw. zur Feststellung des Vorliegens der Flüchtlingseigenschaft oder eines Abschiebungsverbots führen wird, überwiegend wahrscheinlich gegeben sind. Dabei legt das Gericht den eingeschränkten Prüfungsmaßstab zugrunde, der im Fall einer nach § 71 Abs. 4 AsylG grundsätzlich zur erlassenden, hier aber wegen § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG nicht erforderlichen neuen Abschiebungsandrohung anzuwenden wäre. Gemäß § 71 Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Abschiebung nur bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtsmäßigkeit der Maßnahme ausgesetzt werden.
Derartige ernstliche Zweifel bestehen hier nicht. Die Antragsgegnerin hat zu Recht den Asylantrag gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig abgelehnt, da ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist. Der Antragsteller konnte die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens i.S. von § 71 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG bzw. auf Wiederaufgreifen des Verfahrens bezüglich der Feststellung von Abschiebungshindernissen nicht glaubhaft machen.
Dabei wird zunächst auf die im Bescheid der Antragsgegnerin getätigten Ausführungen verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Es wurden gegenüber dem früheren Verfahren keine neuen Tatsachen oder Beweismittel vorgetragen, die zu einem Wiederaufgreifen führen würden. Dies gilt insbesondere für die geltend gemachte nicht hinnehmbare Herauslösung des Antragstellers aus dem Familienverbund. Soweit es dabei um den Aspekt geht, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr nach Kosovo auf sich alleine gestellt sei, wurde dieser bereits im Rahmen der Verfahren M 15 K 16.31722 und M 15 S. 16.31723 (vgl. hierzu unter letztgenanntem Az. den B.v. 18.08.2016, dort S. 6) gesehen und gewürdigt. Soweit die möglichen Auswirkungen einer Abschiebung des Antragstellers – losgelöst vom Familienverbund – auf die Mutter des Antragstellers unter Vorlage der o.g. Stellungnahmen vorgebracht werden, stellt dies zunächst keinen neuen Umstand die Person des Antragstellers betreffend dar. Hinzu kommt, dass die befürchteten negativen Auswirkungen einer Abschiebung des Antragstellers auf dessen Mutter kein sich auf den Zielstaat Kosovo beziehendes Abschiebungshindernis darstellt.
Dabei wird der Inhalt der vorgelegten Stellungnahmen zu den befürchteten Auswirkungen einer isolierten Abschiebung des Antragstellers, der schlüssig und nachvollziehbar eine hierdurch ausgelöste erhebliche Gefährdung für die gesundheitliche Situation der Mutter des Antragstellers darlegt, nicht verkannt. Aus den ausgeführten Gründen ist es allerdings Sache der Ausländerbehörde, diese Umstände in die Entscheidung über die Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen einzubeziehen.
3. Der (gerichtskostenfreie, § 83b AsylG) Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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