Verwaltungsrecht

Rechtmäßige Abschiebungsandrohung wegen offensichtlicher Unbegründetheit des Asylantrags

Aktenzeichen  M 21 S 17.42888

Datum:
2.10.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 29a, § 30, § 36 Abs. 4 S. 1, § 77 Abs. 2
AufenthG AufenthG § 11 Abs. 1, § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
VwGO VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

1 Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Einschätzung des Bundesamtes, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG nicht vorliegen (§ 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AsylG), zum Gegenstand der Prüfung zu machen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2 Hinsichtlich eines vom Asylsuchenden geltend gemachten individuellen Verfolgungsschicksals muss das Gericht die volle Überzeugung erlangen. Angesichts des Beweisnotstandes, in dem sich Asylsuchende hinsichtlich der Vorgänge im Herkunftsstaat befinden, kommt dabei dem persönlichen Vorbringen des Asylsuchenden eine gesteigerte Bedeutung zu. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
3 Bei einer Offensichtlichkeitsentscheidung wegen Unglaubwürdigkeit des Asylbewerbers nach Maßgabe von § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG spielt die fehlende Identität von Anhörendem und Entscheider in der Regel keine Rolle. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Die nicht ausgewiesenen Antragsteller sind nach Angaben der Antragstellerin zu 1) nigerianische Staatsangehörige. Sie reisten am 2. Juni 2014 von Italien kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 25. Juni 2014 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag.
Bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt am 29. November 2016 brachte die Antragstellerin zu 1) zur Begründung ihres Asylbegehrens vor, als sie 16 Jahre alt gewesen sei, seien ihre Eltern gestorben. Sie habe zunächst einige Zeit bei ihrem Bruder gelebt, dann bei der Mutter ihrer Freundin. Als diese das Schulgeld nicht mehr habe bezahlen können, habe die Klägerin als Friseurin gearbeitet. Nach dem Tod des Vaters ihrer Freundin habe sie nicht mehr dort leben können. Ihr anderer Bruder habe es abgelehnt, ihr zu helfen. Daher sei sie zu dem Bruder ihrer Freundin nach Libyen gegangen. Dort seien die Bedingungen jedenfalls ab 2011 sehr schlecht gewesen. Man habe ihnen gesagt, sie sollten nach Italien gehen. Sie sei in einem Camp schwanger geworden, weil Männer und Frauen dort zusammengepfercht leben mussten.
Mit Bescheid vom 17. Mai 2017, zugestellt am 22. Mai 2017, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf Asylanerkennung sowie auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet ab (Nrn. 1 bis 3). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Die Antragsteller wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, andernfalls wurde die Abschiebung nach Nigeria angedroht (Nr. 5). Schließlich wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 40 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
Zur Begründung heißt es dort, die Antragsteller hätten keine asyl- und flüchtlingsrechtlich relevanten Gründe gemäß § 3a AsylG, denen sie in Nigeria ausgesetzt gewesen seien, geltend gemacht. Sie hätten ihren Asylantrag vielmehr mit wirtschaftlichen Gründen begründet. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Antragsteller im Falle der Rückkehr in ihr Heimatland Nigeria, auch unter der Berücksichtigung der Situation der Antragstellerin zu 1) als alleinerziehende Mutter, in eine lebensbedrohliche Situation geraten könnten. Die Antragstellerin zu 1) habe noch Familie in Nigeria, sie habe zehn Jahre lang die Schule besucht und als Friseurin Berufserfahrungen gesammelt.
Die Antragsteller haben am 29. Mai 2017 durch ihre Bevollmächtigte Klage erhoben (M 21 K 17.42884), mit der sie beantragen, den Bescheid vom 17. Mai 2017 in seinen Ziffern 1 bis 3 sowie insoweit aufzuheben, als in Ziffer 1) die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihnen subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen sowie festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
Gleichzeitig beantragen sie,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung führt die Antragstellerin zu 1) aus, sie sei von einem Menschenhändler nach Libyen verbracht worden. Dieser habe sie mehrere Jahre gezwungen, ihm sexuell zur Verfügung zu stehen. Als der Bürgerkrieg ausgebrochen sei, habe man sie in ein Lager gebracht. Dort sei sie von einem nigerianischen Mann mehrfach vergewaltigt und schwanger geworden. Sie sei dann nach Italien verschifft worden. Dort habe der Menschenhändler sie wieder kontaktiert und von ihr Geld verlangt. Dies habe sie bereits bei ihrer ersten Anhörung angedeutet. In der zweiten Anhörung sei man darauf nicht mehr eingegangen. Der angefochtene Bescheid sei überdies auch deshalb rechtswidrig, weil Anhörung und Entscheider nicht personengleich gewesen seien. Zudem leide ihr Asylverfahren an Ermittlungs- und Begründungsdefiziten.
Das Bundesamt hat mit Schreiben vom 6. Juni 2017 die Verwaltungsakte vorgelegt, sich aber weder zum Klagenoch zum Eilverfahren geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowohl in diesem als auch im Eilverfahren sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag, die kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 AsylG) ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der erhobenen Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen, ist zulässig, aber nicht begründet.
Nach § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen, wobei Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, unberücksichtigt bleiben, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (§ 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach– und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, § 77 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. AsylG. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Abschiebungsandrohung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.). Die gerichtliche Überprüfung der vom Bundesamt getroffenen Offensichtlichkeitsfeststellung hat im Hinblick auf den nach Art .19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz aufgrund der als asylerheblich vorgetragenen oder zu erkennenden Tatsachen und in Anwendung des materiellen Asylrechts erschöpfend, wenngleich mit Verbindlichkeit allein für das Eilverfahren zu erfolgen (BVerfG, B.v. 19.6.1990 – 2 BvR 369/90 – juris Rn. 20). Die Anforderungen entsprechen insofern denjenigen der Ablehnung einer asylrechtlichen Klage als offensichtlich unbegründet (BVerfG, B.v. 19.6.1990 a.a.O. – juris Rn. 21).
Anknüpfungspunkt zur Frage der Bestätigung oder Verwerfung des Sofortvollzugs durch das Gericht muss daher die Prüfung sein, ob das Bundesamt den Antrag zu Recht als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat und ob diese Ablehnung auch weiterhin Bestand haben kann.
Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Einschätzung des Bundesamtes, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG), zum Gegenstand der Prüfung zu machen. Dies ist zwar der gesetzlichen Regelung des § 36 AsylG nicht ausdrücklich zu entnehmen, jedoch gebieten die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen der Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 103 Abs. 1 GG die diesbezügliche Berücksichtigung auch im Verfahren nach § 36 AsylG (vgl. zur vergleichbaren Rechtslage nach § 51 Ausländergesetz 1990 BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166/221).
Ein Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylG offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Flüchtlingseigenschaft (einschließlich der Voraussetzungen für subsidiären Schutz) offensichtlich nicht vorliegen. Dies ist dann anzunehmen, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Antrags geradezu aufdrängt (BVerfG, B.v. 21.7.2000 – 2 BvR 1429/98 – juris Rn. 3).
Entsprechend diesem Maßstab begegnet die Entscheidung des Bundesamts keinen ernstlichen Zweifeln. Das Gericht folgt den Gründen des angefochtenen Bescheids und nimmt auf diesen Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
Aus dem Vorbringen der Antragstellerin zu 1) vor dem Bundesamt ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine irgendwie geartete ausreisebegründende asylerhebliche Verfolgung oder Bedrohung. Das Bundesamt hat zutreffend darauf hingewiesen, dass dies auch im Hinblick auf eine mögliche Gefährdung im Zusammenhang mit der geltend gemachten Zwangsprostitution in Libyen gilt.
Im Hinblick darauf, dass die Antragstellerin zu 1) Nigeria ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen hat, liegen auch die Voraussetzungen für eine qualifizierte Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet vor.
Soweit die Antragstellerin zu 1) nunmehr im gerichtlichen Verfahren betont, sie werde auch in Europa von einem Schleuser verfolgt und bedroht, dem sie 5.000 libysche Dinar zahlen müsse, hegt das Gericht erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt des Vorbringens.
Hinsichtlich eines vom Asylsuchenden geltend gemachten individuellen Verfolgungsschicksals muss das Gericht die volle Überzeugung von der Wahrheit erlangen. Angesichts des sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich Asylsuchende insbesondere hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Herkunftsstaat befinden, kommt dabei dem persönlichen Vorbringen des Asylsuchenden und dessen Würdigung für die Überzeugungsbildung eine gesteigerte Bedeutung zu. Demgemäß setzt ein Asylanspruch bzw. die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft voraus, dass der Asylsuchende den Sachverhalt, der seine Verfolgungsfurcht begründen soll, schlüssig darlegt. Dabei obliegt es ihm, gegenüber dem Tatgericht einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, der geeignet ist, das Asylbegehren lückenlos zu tragen. Der Asylbewerber muss die persönlichen Umstände seiner Verfolgung und Furcht vor einer Rückkehr hinreichend substantiiert, detailliert und widerspruchsfrei vortragen, er muss kohärente und plausible wirklichkeitsnahe Angaben machen (vgl. BVerwG, U.v. 8.5.1984 – 9 C 141/83 – juris Rn. 11). Werden im Laufe des Verfahrens ohne plausible Erklärung unterschiedliche Angaben gemacht, enthält das Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche, erscheinen die Darstellungen nach den Erkenntnismaterialien, der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar oder wird das Vorbringen im Laufe des Verfahrens ohne ausreichende Begründung erweitert oder gesteigert und insbesondere ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren eingeführt, so kann den Aussagen in der Regel kein Glauben geschenkt werden.
So liegt der Fall hier. Die Antragstellerin zu 1) hat bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt zur ihrer Ausreise nach Libyen vorgetragen, der Bruder ihrer Freundin, in deren Familie sie schon einige Jahre gelebt habe, habe sie mit nach Libyen genommen. Dort habe sie als Frisörin gearbeitet und selten das Haus verlassen, weil man sich als Nigerianerin nicht ungehindert n der Stadt habe bewegen können. Man sei sofort als Prostituierte abgestempelt worden und sei der Gefahr ausgesetzt gewesen, mit Steinen beworfen zu werden. Sie habe ihre Wohnung nur zum Einkaufen verlassen und habe dann stets ein Taxi benutzt. Davon dass der Bruder ihrer Freundin ein Menschenhändler gewesen sei, der die Antragstellerin zu 1) wie eine Gefangene und Leibeigene gehalten habe, damit sie ihm sexuell zur Verfügung stehe, ist bei der Anhörung keine Rede. Im Gegenteil schildert die Antragstellerin zu 1) doch eindrücklich, dass sie – wenn auch schlecht – alleine zurechtgekommen sei. Sie habe gearbeitet, ihre Einkäufe erledigt und sich dabei immerhin Taxifahrten leisten können. Dass dieser Menschenhändler sich dann in Italien erneut bei der Antragstellerin zu 1) gemeldet habe, erwähnt diese ebenfalls mit keinem Wort, obgleich sie bei der Anhörung ihren Aufenthalt in Italien ausführlich schilderte. Damals erklärte sie ihre Weiterreise nach Deutschland mit den ständigen Männerbesuchen ihrer Freundin, mit der sie eine Wohnung geteilt habe.
Nach alldem ist das Vorbringen der Antragstellerin zu 1) sehr widersprüchlich, in sich wenig schlüssig und insgesamt unglaubhaft.
Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen unter Berücksichtigung der allgemeinen Situation in Nigeria und der individuellen Umstände der Antragsteller offensichtlich nicht vor.
Im Hinblick auf § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK reicht der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen – hier nicht vorliegenden – Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen (BVerwG, B.v. 25.10.2012 – 10 B 16/12 – juris Rn. 8, 9; U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 23 ff.). Unabhängig davon, in welchen Fällen existenzbedrohende Armut im Sinne von Art. 3 EMRK relevant sein kann, liegen Anhaltspunkte hierfür nicht vor. Die Antragstellerin zu 1) ist jung, arbeitsfähig und verfügt über ein familiäres Netzwerk. Anhaltspunkte, dass sie nach ihrer Rückkehr nicht in der Lage ist, das Existenzminimum für sich und den Antragsteller zu 2) zu sichern, z.B. durch eine Wiederaufnahme ihrer früheren Tätigkeit als Friseurin, bestehen nicht. Zudem verfügt die Antragstellerin nach eigenen Angaben in Nigeria über ein familiäres Netzwerk.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von einer Abschiebung abgesehen werden, wenn im Zielstaat für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Bei den in Nigeria vorherrschenden harten Lebensbedingungen handelt es sich um eine Situation, der die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist, weshalb Abschiebeschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG ausschließlich durch eine generelle Regelung nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt wird. Eine extreme Gefährdungslage, bei der aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG ausnahmsweise nicht greift (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 – 9 C 9/95 – juris LS 3 und Rn. 14; BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 38), liegt nicht vor.
Das Offensichtlichkeitsurteil sowie die Feststellungen zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG werden auch nicht durch den Vortrag in der Antragsbegründung zu den Umständen der Anhörung vor dem Bundesamt erschüttert. An der Tragfähigkeit der Aussagen der Antragstellerin bei ihrer Anhörung bestehen keine Zweifel. Das Bundesamt hat der Antragstellerin zu 1) im Rahmen der Anhörung ausreichend Möglichkeit eingeräumt, ihre Gründe für ihr Schutzbegehren darzustellen.
Die Personenverschiedenheit von Entscheider und Anhörendem im Bundesamt ist – auch im Zusammenhang mit der Offensichtlichkeitsentscheidung – ohne Bedeutung. Unabhängig davon, dass selbst bei einer Offensichtlichkeitsentscheidung wegen Unglaubwürdigkeit des Asylbewerbers nach Maßgabe von § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG die fehlende Identität von Anhörendem und Entscheider in der Regel keine Rolle spielt (vgl. VG Ansbach, B.v. 24.5.2016 – AN 3 S. 16.30527 – juris Rn. 15; allgemein zur Zulässigkeit der Personenverschiedenheit von Anhörer und Entscheider BayVGH, U.v. 23.7.1997 – 24 B 96.32748 – BeckRS 1997, 25163), beruht die Offensichtlichkeitsentscheidung im vorliegenden Verfahren gar nicht auf fehlender Glaubwürdigkeit der Antragstellerin zu 1).
Die auf der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet beruhende Abschiebungsandrohung mit der einwöchigen Ausreisefrist nach §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG ist nach alledem nicht zu beanstanden.
Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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