Verwaltungsrecht

Rechtmäßigkeit der Änderung eines Geburtsnamens

Aktenzeichen  M 30 K 17.1780

Datum:
19.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 20431
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 1618
NamÄndG § 3
PStG § 47, § 54

 

Leitsatz

1 Bei der Änderung des Geburtsnamens gem. § 3 Abs. 1 NamÄndG wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes sind die Interessen des Klägers an der Änderung seines Namens mit den Belangen der Allgemeinheit, die in der sozialen Ordnungsfunktion des Namens und in dem sicherheitspolizeilichen Interesse an der Führung des übernommenen Namens ihre Grundlage haben, abzuwägen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Verwaltungsrechtsweg ist nicht der geeignete Weg, um sich gegen die Vorschriften des bürgerlich-rechtlichen Namensrechts zu wehren und das Namensänderungsrecht des § 3 Abs. 1 NamÄndG nicht dazu gedacht, vom Kläger als solche empfundene Defizite oder Mängel des bürgerlich-rechtlichen Namensrechts auszugleichen oder die Regelung des § 1618 BGB zu korrigieren. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet

Gründe

Die Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage auf öffentlich-rechtliche Änderung des Geburtsnamens des Klägers ist zulässig und der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Sie ist hingegen unbegründet.
Zwar ist dem klägerischen Vortrag zu entnehmen, dass der Kläger sich (auch) gegen die Änderung seines Geburtsnamens … in … durch Einbenennung im Jahr 1975 wendet. Wenn er insoweit (mittelbar) die Feststellung der Unrichtigkeit der diesbezüglichen personenstandsrechtlichen Beurkundungen in der Abstammungsurkunde vom 3. Mai 1976 oder Mitteilung über die Namensänderung vom 21. Mai 1975 begehrt, sehen die §§ 47 ff. Personenstandsgesetz (PStG) hierfür ein gesetzlich geregeltes Berichtigungsverfahren vor, das gemäß § 50 Abs. 1 S. 1 PStG den Amtsgerichten und damit dem Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zugewiesen ist. Der Kläger hat hingegen in der mündlichen Verhandlung und mit seiner Antragstellung deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er den Weg öffentlich-rechtlicher Namensänderung beschreiten will und das Verwaltungsgericht befugt sieht, im Wege öffentlich-rechtlicher Namensänderung auch über die Einbenennung und deren Rechtmäßigkeit bzw. Nichtigkeit zu befinden. Für eine öffentlich-rechtliche Namensänderung gemäß dem Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (NamÄndG) und eine Versagungsgegenklage gegen einen hierauf fußenden ablehnenden Bescheid ist aber der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Somit bedurfte es keiner Verweisung des Rechtsstreits gemäß § 17a Gerichtsverfassungsgesetz (GVG).
Die Klage ist unbegründet.
Zielt das öffentlich-rechtliche Namensänderungsrecht auch an sich auf die Änderung des Familiennamens oder Vornamens ab (vgl. Gliederung in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (NamÄndVwV)), lässt sich Nr. 57 NamÄndVwV jedoch entnehmen, dass eine Änderung des Geburtsnamens nicht ausgeschlossen ist.
Der Beklagte hat das klägerische Begehren aber rechtmäßig abgelehnt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Änderung seines Geburtsnamens gemäß § 3 Abs. 1 NamÄndG. Ein solcher kommt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes in Betracht. Hierbei sind die Interessen des Klägers an der Änderung seines Namens mit den Belangen der Allgemeinheit, die in der sozialen Ordnungsfunktion des Namens und in dem sicherheitspolizeilichen Interesse an der Führung des übernommenen Namens ihre Grundlage haben ist, abzuwägen (BVerwG, B.v. 11.1.2011 – 6 B 65/10 – juris Rn. 5; BVerwG, B.v. 17.5.2001 – 6 B 23.01 – BeckRS 2001, 31351798). Insbesondere ist zu beachten, dass das bürgerliche Recht die Namensführung dem Grundsatz nach abschließend regelt, § 3 NamÄndG Ausnahmecharakter hat und es sich verbietet, die vom Gesetzgeber bewusst gezogenen Grenzen durch öffentlich-rechtliche Namensänderung zu umgehen (vgl. Nr. 27 NamÄndVwV; BayVGH, U.v. 27.11.2000 – 5 B 99.2679 – beck-online). Bei der Annahme eines wichtigen Grundes ist somit ein strenger Maßstab anzulegen. Bürgerlichrechtliche Möglichkeiten sind bei der Namenswahl vorrangig (vgl. Nr. 27 Abs. 1 Satz 4 NamÄndVwV).
Solche bürgerlich-rechtlichen Möglichkeiten im Namensrecht zur Änderung des Geburtsnamens stehen dem Kläger zwar nicht zu. Durch eine Einbenennung gemäß § 1618 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geht der ursprüngliche Geburtsnamen verloren (vgl. Palandt, BGB, 77. Auflage 2018, § 1618 / Rn. 22). Der Begriff Geburtsname ist in solchen Fällen letztlich unzutreffend und die kritischen Ausführungen des Klägers nachvollziehbar.
Eine Prüfung, ob die Einbenennung vorliegend zu Unrecht erfolgte, ist dem Verwaltungsgericht und vorab dem Beklagten im Verfahren nach § 3 NamÄndG aufgrund entgegenstehender Beweiskraft der personenstandsrechtlichen Urkunden gemäß § 54 Abs. 1 PStG aber verwehrt und entsprechendes Vorbringen nicht zur Begründung eines wichtigen Grundes geeignet (vgl. a. VG Berlin, U.v. 8.1.2014 – VG 3 K 382.13 – BeckRS 2014, 47837, wenn auch im Ergebnis offenlassend). Dafür spricht auch der Ausnahmecharakter der öffentlich-rechtlichen Namensänderung, deren Zweck in der Beseitigung von Unzuträglichkeiten liegt, die auf bürgerlich-rechtlichem Wege nicht beseitigt werden können (Nr. 27 Abs. 1 Satz 2 NamÄndVwV; BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 17.9.2008 – 1 BvR 1173/08 – juris). Zudem ergibt sich die Unmöglichkeit einer Namensänderung in diesem Fall schon begrifflich daraus, dass eine Namensänderung nicht durchgeführt werden kann, sofern der Kläger den ursprünglichen Geburtsnamen aufgrund einer etwaigen Unwirksamkeit der Einbenennung nie verloren hätte. Wäre für solche Fälle der Weg einer öffentlich-rechtlichen Namensänderung eröffnet, könnten auf diesem Wege die Voraussetzungen der §§ 47, 48 ff. PStG umgangen werden. Der Verwaltungsrechtsweg ist nicht der geeignete Weg, um sich gegen die Vorschriften des bürgerlich-rechtlichen Namensrechts zu wehren (Hilbig-Lugani in Staudinger, Komment. zum Bürgerl. Gesetzbuch, Stand 2015, Vorb. zu §§ 1616-1625 BGB Rn. 18) und das Namensänderungsrecht des § 3 Abs. 1 NamÄndG nicht dazu gedacht, vom Kläger als solche empfundene Defizite oder Mängel des bürgerlich-rechtlichen Namensrechts auszugleichen oder die Regelung des § 1618 BGB zu korrigieren (BayVGH, B.v. 1.8.2014 – 5 ZB 14.811 – BeckRS 2014, 55303; v. Sachsen Gessaphe in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 1618 Rn. 34; BayVGH, B.v. 16.6.2010 – 5 ZB 09.1633 – juris Rn. 4 m.w.N.). Aus diesem Grund kann auch die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschriften in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht überprüft werden (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17.9.2008 – 1 BvR 1173/08 – juris Rn. 5, 10).
Dem Kläger steht vielmehr der Weg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit gemäß § 50 PStG offen, die von ihm angenommene Unrichtigkeit seines Geburtsnamens in den Personenstandsregistern feststellen zu lassen, falls das klägerische Vorbringen zutreffend sein sollte. Allerdings ist bereits darauf hinzuweisen, dass § 1618 BGB in der Fassung vom 1. Juli 1970 keinen wichtigen Grund oder ein Kindeswohlerfordernis für eine Einbenennung verlangte.
Aus einer fehlenden Anhörung oder fehlenden Ergänzungspflegerbestellung o.ä. im Zusammenhang mit der im Jahre 1975 erfolgten Einbenennung kann der Kläger somit jedenfalls keinen wichtigen Grund i.S.v. § 3 NamÄndG ableiten.
Auch im Übrigen liegt kein wichtiger Grund für die begehrte Namensänderung vor.
Das Gericht hat dabei vorliegend aufgrund der Beweiskraft der personenstandsrechtlichen Beurkundungen gemäß § 54 PStG zugrundezulegen, dass der Kläger derzeit den Geburtsnamen … führt, dessen Änderung er begehrt.
Aus der im Antrag vom 7. Februar 2017 angeführten gesundheitlichen Beeinträchtigung und der hierzu vorlegten fachärztlichen Stellungnahme kann der Kläger keinen wichtigen Grund für eine Namensänderung für sich in Anspruch nehmen. Zwar kann eine seelische Belastung durch einen bestehenden Namen einen wichtigen Grund für eine Namensänderung darstellen, wenn diese Belastung unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände nach allgemeiner Verkehrsauffassung verständlich und begründet ist. Dabei ist eine seelische Belastung nicht nur in den Fällen gegeben, in denen ihr ein Krankheitswert zukommt. Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Bereits in seinem Schreiben vom 15. März 2017 hat der Kläger aber klargestellt, dass es ihm nicht um die Frage einer Belastung durch den Namen … oder um sein Verhältnis zu seinem Stiefvater geht. In der Klageschrift hat er zudem ausdrücklich ausgeführt, er habe nicht darunter gelitten, den Familiennamen … zu tragen. Die fachärztliche Einschätzung, dass eine Ablehnung der Namensänderung die Entwicklung einer depressiven Störung begünstigen werde, verliert weiterhin dadurch an Aussagekraft, dass der Kläger nach eigener Aussage in der mündlichen Verhandlung insgesamt nur zwei Mal bei der Fachärztin gewesen ist und sich nicht bei ihr in Behandlung befindet. Es ist daher nicht vom Vorliegen einer seelischen Belastung durch den Namen … auszugehen.
Schließlich ist auch kein anderer wichtiger Grund ersichtlich, der eine Namensänderung nach § 3 NamÄndG rechtfertigen könnte. Keine der in den Nummern 33-50 NamÄndVwV benannten Konstellationen und Gründe, die insofern den Begriff des wichtigen Grundes beispielhaft konkretisieren, ist einschlägig. Insbesondere handelt es sich nicht um einen Fall der Nr. 41 NamÄndVwV, wonach ein wichtiger Grund vorliegt, wenn ein nichteheliches Kind, das infolge einer Namenserteilung nach § 1618 Abs. 1 BGB den Ehenamen seiner Mutter und seines Stiefvaters führt, nach Eheauflösung zur Förderung des Kindeswohls den neuen Familiennamen der Mutter erhalten soll. Wenn auch im Fall eines minderjährigen Kindes die Namensänderung aus Gründen des Kindeswohls geboten sein mag, so ist deren Situation mit dem Fall des längst volljährigen Klägers nicht ansatzweise vergleichbar (VGH München, B.v. 1.8.2014 – 5 ZB 14.811 – BeckRS 2014, 55303, Rn. 15 m.w.N.). Zudem geht es nicht um die Führung des Familiennamens, sondern des Geburtsnamens.
Die Klage ist daher unbegründet und mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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