Verwaltungsrecht

Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen

Aktenzeichen  7 CE 17.10111

Datum:
16.8.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 S. 1
VwGO VwGO § 44a S. 1
BayVwVfG

 

Leitsatz

Die Verweigerung der Akteneinsicht und der Vorlage des Protokolls über die Verlosung eines Studienplatzes ist eine nicht selbstständig anfechtbare Verfahrenshandlung iSd § 44a S. 1 VwGO. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 3 E 17.122 2017-05-17 Bes VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt vom Antragsgegner die Vorlage des Protokolls über die Verlosung von vier Studienplätzen des Studiengangs Psychologie (Bachelor) an der O-F-Universität B. (…). Zu der Verlosung wurde der Antragsgegner vom Verwaltungsgericht u.a. auf Antrag der Antragstellerin hin verpflichtet. Das Verwaltungsgericht hatte bei der Überprüfung der Ausnutzung der Kapazität der … im Studiengang Psychologie (Bachelor) im Wintersemester 2016/2017 vier Studienplätze mehr errechnet als die …
Von den auf den Plätzen 1 bis 6 gezogenen Studienbewerberinnen und -bewerbern haben zwei den ihnen zugelosten Studienplatz nicht angenommen. Die Antragstellerin wurde auf Platz 7 gezogen.
Den Antrag des Bevollmächtigten der Antragstellerin auf Übersendung des Protokolls der Auslosung und der Losliste hat der Antragsgegner abgelehnt. Den daraufhin gestellten Antrag, dem Antragsgegner aufzugeben, ein Protokoll über die Form und Art der Auslosung sowie der sich daraus ergebenden Losliste vorzulegen, hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Der Antrag sei bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, denn der Bevollmächtigte der Antragstellerin habe inzwischen das Protokoll erhalten. Eventuelle Rügen gegen den Inhalt und die Richtigkeit des Protokolls seien vom Antrag nicht gedeckt. Ein Rechtsbehelf gegen die Verweigerung der Vorlage sei wegen § 44a VwGO ausgeschlossen, solange nicht auf die Berücksichtigung der Antragstellerin im Losverfahren geklagt werde.
Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel weiter. Dabei handle es sich um keinen neuen Eilantrag, sondern um einen Antrag, dem Antragsgegner im Ursprungsverfahren aufzugeben, das Protokoll und die Losliste vorzulegen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe die Antragstellerin ein Rechtsschutzbedürfnis, denn den Beteiligten müsse die ordnungsgemäße Vergabe der Studienplätze durch uneingeschränkte Kenntnis des Vergabeprotokolls ermöglicht werden.
Der Antragsgegner tritt dem entgegen.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen verwiesen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass mit dem Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 15. Februar 2017 ein neues Eilverfahren gemäß § 123 Abs. 1 VwGO anhängig geworden ist. Das Verfahren auf vorläufige Zulassung zum Studiengang Psychologie (Bachelor) an der … im Wintersemester 2016/2017 war mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2016 abgeschlossen. Über den Antrag konnte deshalb nur in einem neuen Verfahren entschieden werden.
Der Antrag ist unzulässig, weil es sich bei der begehrten Akteneinsicht und Vorlage oder deren Verweigerung um nicht selbständig anfechtbare Verfahrenshandlungen im Sinn des § 44a VwGO handelt. Bei der Verweigerung der Akteneinsicht und der Vorlage des Protokolls über die Verlosung einschließlich der sich aus dem Ergebnis der Verlosung ergebenden Liste handelt es sich um Verfahrenshandlungen im Sinn des § 44a Satz 1 VwGO. Die Antragstellerin beruft sich auf Ansprüche auf Akteneinsicht gemäß Art. 29 BayVwVfG oder solche, die sich unmittelbar aus den Gewährleistungen der Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG für das Vergabeverfahren hinsichtlich der Studienplätze in zulassungsbeschränkten Studiengängen ergeben. Diese Ansprüche stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem behördlichen Verfahren zur Auswahl der Studienplatzbewerber und -bewerberinnen. Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die behördliche Sachentscheidung gerichteten geltend gemacht werden. Voraussetzung wäre also, dass die Antragstellerin etwa im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes ihre vorläufige Zulassung aufgrund der nach Durchführung der Verlosung bestehenden Sach- und Rechtslage begehrt. Ein isolierter Antrag auf Akteneinsicht und Vorlage des Verlosungsprotokolls ist grundsätzlich unzulässig.
Eine Ausnahme von der Grundregel des § 44a Satz 1 VwGO ist nicht geboten, weil ein Rechtsverlust der Antragstellerin, der im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes nicht verhindert werden könnte, nicht zu befürchten steht (BVerwG, U.v. 22.9.2016 – 2 C 16/15 – NVwZ 2017, 489 = juris Rn. 15 ff.).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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