Verwaltungsrecht

Rechtsschutz gegen Anlassbeurteilung

Aktenzeichen  AN 16 K 20.914, AN 16 K 20.998

Datum:
27.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 19475
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2
VwGO § 43 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Dienstliche Beurteilungen sind auf zuverlässige Erkenntnisquellen zu stützen. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Beurteilung durch einen voreingenommenen Vorgesetzten stellt einen Verfahrensfehler dar. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das abschließende Gesamturteil einer dienstlichen Beurteilung ist durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen bestenauswahlbezogenen Gesichtspunkte zu bilden. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen. 
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Verfahren. 

Gründe

Die Klagen bleiben ohne Erfolg. Die unter dem Az. AN 16 K 20.00914 geführte Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Denn die Anlassbeurteilung der Beklagten vom 30. August 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 28. April 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (I.). Die Klägerin hat demgemäß keinen Anspruch auf eine Verpflichtung der Beklagten, ihr für den Beurteilungszeitraum vom 16. Dezember 2017 bis 31. Dezember 2018 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue Anlassbeurteilung zu erstellen (§ 113 Abs. 5 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO analog). Die allgemeine Feststellungsklage unter dem Az. AN 16 K 20.00998 erweist sich bereits als unzulässig (II.).
I.
Die Anlassbeurteilung der Beklagten vom 30. August 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 28. April 2020 ist rechtmäßig.
1. Eine dienstliche Beurteilung ist als ein von der Rechtsordnung dem Dienstherrn vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis nur einer eingeschränkten gerichtlichen Prüfung zugänglich. Denn nur der Dienstherr oder der für ihn handelnde jeweilige Beurteiler sollen ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil über die Fähigkeiten und erbrachten Leistungen des zu Beurteilenden abgeben. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich bewegen kann, verkannt, ob er einen unrichtigen Sachverhalt zu Grunde gelegt, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Hat der Dienstherr – wie hier – Richtlinien über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, sind die Beurteiler auf Grund des Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzulegenden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden. Das Gericht hat deshalb auch zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten sind, ob sie im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung verbleiben und ob sie auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (stRspr, BVerwG, U.v. 11.12.2008 – 2 A 7.08 – ZBR 2009, 196/197; U.v. 17.9.2015 – 2 C 27.14 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 5.3.2012 – 6 ZB 11.2419 – juris Rn. 4; B.v. 3.6.2015 – 6 ZB 14.312 – juris Rn. 5; B.v. 21.7.2020 – 6 CE 20.1191 – juris Rn. 14).
2. Nach diesen Maßgaben erweist sich die Anlassbeurteilung der Beklagten vom 30. August 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2020 als fehlerfrei.
a) Sie begegnet keinen formellen Mängeln, insbesondere liegt ihr kein unvollständiger oder unrichtiger Sachverhalt zugrunde.
aa) Zunächst ist festzustellen, dass die Beklagte die angefochtene Beurteilung auf hinreichender Grundlage der von der Klägerin während des Beurteilungszeitraums wahrgenommenen dienstlichen Aufgaben erstellt hat. Nach der dortigen Tätigkeitsbeschreibung war die Klägerin mit Personalbetreuung, Personaldatenverwaltung sowie der Einarbeitung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betraut. Ausweislich Nr. 4.1 Abs. 2 der Beurteilungsrichtlinie bildet Grundlage der Leistungsbeurteilung eine Beschreibung der den Arbeitsplatz prägenden Tätigkeiten, wobei in der Regel nicht mehr als fünf Tätigkeiten benannt werden sollen. Soweit die Klägerin einwendet, zusätzlich unterstützend bei der Erledigung der Post im Geschäftszimmer tätig geworden zu sein, handelt es sich schon nach ihrem eigenen Vorbringen lediglich um gelegentliche Unterstützungsleistungen, die ihren Arbeitsplatz nicht prägen. Dasselbe gilt für ihre Bereitschaft zur Mitwirkung bei der Wahl zur Gleichstellungsbeauftragten. Eine Mitarbeit der Klägerin im Rahmen von Entfristungen, wie sie der für den Zeitraum vom 16. Dezember 2017 bis 13. Mai 2018 erstellte Beurteilungsbeitrag des damaligen unmittelbaren Vorgesetzten … in der Tätigkeitsbeschreibung aufführt, fand nach dem Vorbringen der Beklagten nicht während des hier maßgeblichen Beurteilungszeitraums statt. Da die Klägerin dem nicht substantiiert entgegengetreten ist, ist auch insoweit nicht von einer unvollständigen Erfassung der den Arbeitsplatz prägenden Tätigkeiten auszugehen.
bb) Der Anlassbeurteilung lastet auch kein Erkenntnisdefizit des Erstbeurteilers … an.
(1) Dienstliche Beurteilungen sind auf zuverlässige Erkenntnisquellen zu stützen. Als Erkenntnisquellen dienen Beurteilern primär eigene Tatsachenfeststellungen. Kann der Beurteiler die Leistungsbewertung nicht für den gesamten Beurteilungszeitraum auf seine eigene Anschauung stützen, so hat er, um eine aussagekräftige Tatsachengrundlage für seine Bewertung zu erhalten, Beurteilungsbeiträge sachkundiger Personen einzuholen (BVerwG, U.v. 27.11.2014 – 2 A 10/13 – juris Rn. 21 ff.). Als solche sachkundigen Personen kommen vorrangig, aber nicht ausschließlich, die früher für die Beurteilung Zuständigen sowie Personen in Betracht, die die Dienstausübung des Beamten aus eigener Anschauung kennen. Beurteilungsbeiträge müssen bei der Ausübung des Beurteilungsspielraumes berücksichtigt, d.h. zur Kenntnis genommen und bedacht werden. Sie sind ebenso wie eigene Beobachtungen des Beurteilers unverzichtbare Grundlage der Beurteilung. Der Beurteiler ist zwar an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht in der Weise gebunden, dass er sie in seine Beurteilung „fortschreibend“ übernehmen müsste, sondern er kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht und Abweichungen nachvollziehbar begründet (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16.09 – juris Rn. 47 m.w.N.; BayVGH, B.v. 2.12.2015 – 3 CE 15.2122 – juris Rn. 35).
(2) Nach diesen Maßgaben stützt sich die angefochtene Beurteilung auf hinreichende Erkenntnisquellen. Sie umfasst den Beurteilungszeitraum vom 16. Dezember 2017 bis 31. Dezember 2018, welcher mit der Vorgabe aus der Beurteilungskonferenz vom 4. April 2019 im Einklang steht. Da Herr … die Leitung des Referats …erst zum 14. Mai 2018 übernommen hat und mithin die Leistungen der Klägerin nicht während des gesamten Beurteilungszeitraums aus eigener Anschauung zu bewerten vermag, bezog die Beklagte nach Aktenlage (vgl. Vermerk auf Seite 1 der Beurteilung) für den Zeitraum vom 16. Dezember 2017 bis 13. Mai 2018 einen Beurteilungsbeitrag des vormaligen Referatsleiters … in die Beurteilung ein. In diesem wurde die Klägerin nach Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsmerkmalen beurteilt; eine Gesamtnote wurde nicht vergeben (vgl. Nr. 2.3 der Beurteilungsrichtlinie). Die Klägerin erzielte dort in den einzelnen Leistungsmerkmalen überwiegend die Noten 7 und 6. In den Eignungs- und Befähigungsmerkmalen wurde sie mit C („Normal ausgeprägt“) bzw. B („Stärker ausgeprägt“) bewertet. Aus dem Umstand, dass die Klägerin in der angefochtenen Anlassbeurteilung vom 30. August 2019 insbesondere in einzelnen Leistungsmerkmalen mehrfach um bis zu zwei Notenstufen schlechter bewertet wurde, ergibt sich jedoch nicht, dass Herr … die Werturteile des Herrn … in seiner Beurteilung unzureichend berücksichtigt hat. Der angefochtenen Anlassbeurteilung liegen als Erkenntnisquellen fehlerfrei nicht nur der Beurteilungsbeitrag des Herrn …, sondern für den Beurteilungszeitraum ab Mai 2018 auch eigene Beobachtungen und Eindrücke des Herrn … als unmittelbaren Vorgesetzten der Klägerin zugrunde. Dass der Beurteiler in Anwendung der in der Beurteilungskonferenz festgelegten strengen Maßstäbe hierauf gestützt von Wertungen des Herrn … abgewichen ist, begründet keine Überschreitung seines Beurteilungsspielraums. Inhaltlich durfte er seinen Wertungen dabei auch Tatsachen zugrunde legen, die Mitarbeiterinnen während krankheitsbedingter Vertretungen der Klägerin festgestellt haben. Dass wesentliche Erkenntnisquellen nicht ausgeschöpft worden sind, ist weder ersichtlich noch von der Klägerin substantiiert vorgebracht worden. Insbesondere ihr pauschaler, von Seiten der Beklagten bestrittene Vorwurf, dass Herr …bei der Eröffnung der Anlassbeurteilung am 4. November 2019 geäußert haben soll, sicherlich keine Sachbearbeiter zu fragen, die direkt mit der Klägerin zusammenarbeiten würden und mit denen sich die Klägerin gut verstehe, genügt insoweit nicht. Die aufgeführten Erkenntnisquellen erweisen sich demgemäß als vollständig.
cc) Auch der Einwand der Klägerin, ihr seien in der angefochtenen Beurteilung zu Unrecht Mängel in der Aufgabenerledigung angelastet worden, greift nicht durch. Der Streit zwischen den Beteiligten, ob vertretende Kollegen Rückstände der Klägerin abzuarbeiten hatten, es zu von der Klägerin zu vertretenden Fristversäumnissen kam und mangelhafte Aktenführungen bestanden, oder ob derartige Defizite vielmehr dem Verantwortungsbereich der Vertretungspersonen der Klägerin zuzuordnen sind, erweist sich bereits deshalb nicht als entscheidungserheblich, weil die Leistungen der Klägerin in der angefochtenen Beurteilung mit der Gesamtnote 5 bewertet wurden, die Klägerin in sämtlichen Leistungsmerkmalen mit den Noten 5 („Entspricht den Anforderungen in jeder Hinsicht“) und 6 („Entspricht den Anforderungen in jeder Hinsicht, wobei gelegentlich herausragende Leistungen erbracht werden“) beurteilt wurde und sich auch in der zusammenfassenden Begründung der Erstbeurteilung keinerlei Hinweise auf mangelhafte Leistungen der Klägerin finden lassen.
dd) Schließlich begründet auch der Umstand, dass die vorliegende Anlassbeurteilung vom 30. August 2019 zwei Notenstufen schlechter ausgefallen ist als eine für das Jahr 2017 erstellte Anlassbeurteilung der Klägerin vom 16. April 2018, weder eine Hinweispflicht des Dienstvorgesetzten auf eine Verschlechterung in der Aufgabenerledigung gegenüber der Klägerin noch eine Notwendigkeit zur Erläuterung in der aktuellen Beurteilung. Dies ergibt sich bereits daraus, dass es sich jeweils um Anlassbeurteilungen handelt, welche die Beklagte für die tarifbeschäftigte Klägerin lediglich erstellt hat, weil dies bei Auswahlentscheidungen für höherwertige Dienstposten, sofern sie in Konkurrenz zu Beamten stehen, oder bei Verbeamtungen geboten war (vgl. Nr. 2.2 Abs. 1 der Beurteilungsrichtlinie). Derartige Anlassbeurteilungen für Tarifbeschäftigte werden als Grundlage für Auswahlentscheidungen gemäß Art. 33 Abs. 2 GG nach den im jeweiligen Auswahlverfahren festgelegten Maßstäben erstellt, betreffen jeweils spezifische Konkurrenzsituationen und unterliegen keinem Vergleich. Eine Regelbeurteilung von Tarifbeschäftigten findet hingegen nicht statt. Dass dem Erstbeurteiler … die Anlassbeurteilung der Klägerin vom 16. April 2018 nicht vorlag, begründet mangels Relevanz derselben in formaler Hinsicht demnach auch kein Erkenntnisdefizit des Beurteilers.
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann auch nicht vom Vorliegen einer Voreingenommenheit des Erstbeurteilers Herrn …ausgegangen werden.
aa) Die Beurteilung durch einen voreingenommenen Vorgesetzten stellt einen Verfahrensfehler dar. Eine dienstliche Beurteilung ist aufzuheben, wenn der Dienstherr gegen seine selbstverständliche Pflicht verstoßen hat, den Beamten gerecht, unvoreingenommen und möglichst objektiv zu beurteilen (stRspr., vgl. etwa BVerwG, U.v. 12.3.1987 – 2 C 36.8 – NVwZ 1988, 66; U.v. 23.4.1998 – 2 C 16.97 – NVwZ 1998, 1302; BVerfG, B.v. 68.2002 – 2 BvR 2357/00 – NVwZ-RR 2002, 802; BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 3 ZB 16.1813 – juris Rn, 13; HessVGH, B.v. 15.2.2013 – 1 B 1191/12 – juris Rn. 41; Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, 2015, S. 238 f.). Die Besorgnis der Befangenheit aus der subjektiven Sicht des zu beurteilenden Beamten genügt insoweit allerdings nicht, vielmehr ist die tatsächliche Voreingenommenheit eines Beurteilers aus der Sicht eines objektiven Dritten festzustellen. Die Feststellung einer tatsächlichen Voreingenommenheit des Beurteilers kann sich aus der Beurteilung selbst, aber auch aus seinem Verhalten in Angelegenheiten des zu beurteilenden Beamten oder diesem gegenüber während des Beurteilungszeitraums und des Beurteilungsverfahrens ergeben. Ein Vorgesetzter ist dann als voreingenommen anzusehen, wenn er nicht willens oder in der Lage ist, den Beamten sachlich und gerecht zu beurteilen. Er ist aber nicht schon deshalb voreingenommen, weil er die Arbeitsweise und/oder das sonstige dienstliche Verhalten des durch ihn Beurteilten kritisch einschätzt oder diesen zuvor auf Mängel bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben hingewiesen hat. Ein Vorgesetzter ist auch nicht allein deshalb wegen Voreingenommenheit an der Beurteilung gehindert, weil es zwischen ihm und dem Beurteilten schon einmal Streitigkeiten gegeben hat, es sei denn, dass es hierdurch zu einer nachhaltigen, fortwirkenden Störung des zwischenmenschlichen Verhältnisses gekommen ist. Demgemäß muss zum einen dargelegt werden, dass es überhaupt zu unsachlichem Verhalten des Vorgesetzten gekommen ist, und zum anderen, dass sich dieses auf die Erstellung der dienstlichen Beurteilung ausgewirkt hat (VG Bayreuth, U.v. 27.10.2020 – B 5 K 18.277 – juris Rn. 35; VG Ansbach, U.v. 30.9.2020 – AN 1 K 19.01571 – juris Rn. 42).
bb) Im Fall der Klägerin sind bereits keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein unsachliches Verhalten ihres unmittelbaren Vorgesetzten, Referatsleiter …, gegeben. Weder der Inhalt ihrer Anlassbeurteilung vom 30. August 2019 enthält Hinweise auf eine Voreingenommenheit des Erstbeurteilers, noch liegen hierfür sprechende objektive Gesichtspunkte aus dessen sonstigem Verhalten während des Beurteilungszeitraums und Beurteilungsverfahrens vor. Soweit die Klägerin vorbringt, aufgrund ihrer Schwangerschaft und damit verbundener krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit „abgestraft und schlecht beurteilt“ worden zu sein, handelt es sich um subjektives Empfinden der Klägerin. Objektiv findet sich hierfür in ihrer Beurteilung kein Anhalt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass ihre Leistungen dort mit der Gesamtnote 5 („Entspricht den Anforderungen in jeder Hinsicht“) bewertet wurden (vgl. I. 2. a) cc)). Weiter konnte die Klägerin nicht darlegen, dass in einem Gespräch mit Herrn … am 21. September 2018 unsachliche Äußerungen durch den beurteilenden Referatsleiter gefallen sind. Als Vorgesetzter ist Herr … aus Fürsorgegesichtspunkten heraus nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, wiederholt auftretende Fehlzeiten der Klägerin anzusprechen und auf die Möglichkeit einer gesundheitsfördernden Umgestaltung ihres Tätigkeitsbereichs hinzuweisen. Die übrigen klägerseits angeführten Aspekte stützen in objektiver Hinsicht ebenso nicht den Vorwurf der Voreingenommenheit des Erstbeurteilers, weil ihnen kein unsachliches Verhalten zugrunde liegt. Insoweit wird auf die Ausführungen unter I. 2. a) verwiesen. Die Frage, ab welchem Zeitpunkt der beurteilende unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin Kenntnis von ihrer im Beurteilungszeitraum eingetretenen Schwangerschaft hatte, erweist sich deshalb insgesamt nicht als entscheidungserheblich.
c) Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Beklagte schließlich auch das Gesamturteil der streitgegenständlichen Anlassbeurteilung hinreichend begründet.
aa) Die Beklagte entschied sich vorliegend in ihren Beurteilungsrichtlinien für ein Ankreuzverfahren für die Einzelbewertungen ohne zusätzliche individuelle textliche Begründungen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa U.v. 17.9.2015 – 2 C 27.14 – juris Rn. 30 ff.) bedarf im Unterschied zu den Einzelbewertungen das Gesamturteil einer solchen dienstlichen Beurteilung in der Regel einer gesonderten Begründung, um erkennbar zu machen, wie es aus den Einzelbegründungen hergeleitet wird. Das abschließende Gesamturteil ist durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen bestenauswahlbezogenen Gesichtspunkte zu bilden. Gesamturteil und Einzelbewertungen einer dienstlichen Beurteilung müssen in dem Sinne miteinander übereinstimmen, dass sich das Gesamturteil nachvollziehbar und plausibel aus den Einzelbewertungen herleiten lässt. Je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbewertungen ist, umso geringer sind die Anforderungen an die Begründung für das Gesamturteil. Gänzlich entbehrlich ist eine Begründung für das Gesamturteil nur dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note – vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null – geradezu aufdrängt.
bb) Diesen Anforderungen genügt die zusammenfassende Begründung der Erstbeurteilung auf Seite 5 der gegenständlichen Anlassbeurteilung. Denn die dortigen Ausführungen der Beklagten tragen die Gesamtnote 5 („Entspricht den Anforderungen in jeder Hinsicht“). Das Leistungsbild der Klägerin stellt sich vorliegend als relativ einheitlich dar, weshalb lediglich geringe Anforderungen an die Begründung des Gesamturteils zu stellen sind. Sie hat im Rahmen der getroffenen Leistungsbeurteilung in acht Leistungsmerkmalen die Note 5 („Entspricht den Anforderungen in jeder Hinsicht“) und in sechs Leistungsmerkmalen die Note 6 („Entspricht den Anforderungen in jeder Hinsicht, wobei gelegentlich herausragende Leistungen erbracht werden“) erhalten, wobei die Beklagte bei den besonders zu gewichtenden Leistungsmerkmalen „Qualität und Verwertbarkeit“ der Arbeitsergebnisse, „Arbeitsmenge und Termingerechtigkeit“, „Fachkenntnisse“, „Dienstleistungsorientierung“ und „Zusammenarbeit und teamorientiertes Handeln“ dreimal die Note 5 und zweimal die Note 6 vergeben hat. Im Rahmen der Eignungs- und Befähigungsbeurteilung ist sie ebenfalls hinsichtlich der elf Einzelmerkmale überwiegend mit C („Normal ausgeprägt“) beurteilt worden. Vor diesem Hintergrund ergibt sich aus der zusammenfassenden Begründung der Erstbeurteilung, in der insbesondere auch die besondere Gewichtung bestimmter Einzel-Leistungsmerkmale herausgestellt worden ist, nachvollziehbar die Vergabe der Gesamtnote 5. Dass die Beklagte dabei zunächst auf eine besondere Gewichtung des Leistungsmerkmals der „Vertretung des Verantwortungsbereichs“ (Note 5) statt der „Dienstleistungsorientierung“ (Note 6) abstellte, begründet bereits deshalb keine Rechtsfehlerhaftigkeit ihres Gesamturteils, weil sie diesen Fehler im Rahmen des Widerspruchsverfahrens korrigiert hat. Dort stellt die Beklagte zutreffend darauf ab, dass die Klägerin bei den besonders zu gewichtenden Leistungsmerkmalen dreimal die Note 5 und zweimal die Note 6 erhalten hat.
II.
Die allgemeine Feststellungsklage ist aufgrund Subsidiarität unzulässig.
Die Klägerin beantragt im Verfahren AN 16 K 20.00998 die Feststellung der Pflicht der Beklagten, sie im weiteren Auswahlverfahren zur Verbeamtung von Tarifbeschäftigten zu berücksichtigen. Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Durch die hiernach festgelegte Subsidiarität der Feststellungsklage sollen unnötige Feststellungsklagen verhindert werden, wenn für die Rechtsverfolgung unmittelbarere, sachnähere und wirksamere Verfahren zur Verfügung stehen (BVerwG, U.v. 29.8.1986 – 7 C 5.85 – NVwZ 1987, 216).
Gerichtlicher Rechtsschutz ist in Konkurrenzsituationen um beamtenrechtliche Ernennungen vorverlagert auf den Zeitraum zwischen der Auswahlentscheidung und der Ernennung (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16.09 – juris Rn. 31 ff.). Ein unterlegener Bewerber ist zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs darauf verwiesen, eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu beantragen, durch die dem Dienstherrn die Ernennung ausgewählter Bewerber untersagt wird. Erwächst eine einstweilige Anordnung dieses Inhalts in Rechtskraft, so muss der Dienstherr das Auswahlverfahren, wenn er es nicht zulässigerweise abbricht, je nach Inhalt und Reichweite des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG vollständig oder teilweise wiederholen und auf der Grundlage des wiederholten Verfahrens eine neue Auswahlentscheidung treffen. Der Dienstherr darf den ausgewählten Bewerber erst ernennen, wenn feststeht, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg hat. Weil das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes insoweit die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt, darf es nach Prüfungsmaßstab, – umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben. Ein Hauptsacheverfahren findet dann wegen der Rechtsbeständigkeit der Ernennung nicht mehr statt. Ein unterlegener Bewerber kann seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nur dann durch eine Anfechtungsklage gegen die Ernennung weiterverfolgen, wenn er infolge Rechtsschutzverhinderungen unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG daran gehindert worden ist, seine Rechtsschutzmöglichkeiten vor der Ernennung auszuschöpfen. Die Wirksamkeit des Rechtsschutzes vor der Ernennung hängt davon ab, dass der Dienstherr die gerichtliche Nachprüfung seiner Auswahlentscheidung ermöglicht. Er muss deshalb mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers zuwarten, bis die unterlegenen Bewerber ihre Rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft haben. Daher ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und Art. 33 Abs. 2 GG Mitteilungs- und Wartepflichten des Dienstherrn. Zunächst muss der Dienstherr die Auswahlentscheidung den unterlegenen Bewerbern vor der Ernennung mitteilen. Danach muss er eine angemessene Zeit zuwarten, damit die unterlegenen Bewerber das Verwaltungsgericht anrufen können. In der Praxis der Verwaltungsgerichte hat sich eine Wartezeit von zwei Wochen ab Zugang der Mitteilung über die Ablehnung der Bewerbung als angemessen herausgebildet. Beantragt ein Bewerber rechtzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung, darf der Dienstherr die Ernennung erst nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens vornehmen (BayVGH, B.v. 5.4.2013 – 7 CE 13.348 – juris Rn. 22 ff.).
Nach diesen Maßgaben hätte die Klägerin in der vorliegenden Konkurrenzsituation um die Verbeamtung von Tarifbeschäftigten in der Laufbahn des mittleren Dienstes eine Verletzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG, gestützt auf den Einwand der Rechtswidrigkeit der Anlassbeurteilung vom 30. August 2019, binnen zwei Wochen nach Mitteilung der Beklagten über die Ablehnung ihrer Bewerbung mit Schreiben vom 28. November 2019 im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Sicherungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO geltend machen müssen. Ein derartiges Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hätte zu einer vollumfänglichen Prüfung der klägerischen Einwendungen gegen die Anlassbeurteilung der Beklagten vom 30. August 2019 geführt, die nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleibt, und demgemäß dem Anspruch der Klägerin auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) genüge getan. Für eine Weiterverfolgung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs durch eine Anfechtungsklage gegen Ernennungen von Konkurrenten hätte sodann mangels Rechtsschutzverhinderung durch die Beklagte kein Raum mehr bestanden. Vor dem Hintergrund des in beamtenrechtlichen Konkurrenzsituationen veranlassten prozessualen Vorgehens erweist sich die allgemeine Feststellungsklage der Klägerin in diesem Zusammenhang aufgrund Subsidiarität gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO als unzulässig. Ob die Sachurteilsvoraussetzung der Durchführung eines Vorverfahrens gemäß § 126 Abs. 2 Satz 1 BBG vorliegt, bedarf mangels Entscheidungserheblichkeit daher keiner Entscheidung.
Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Klägerin auch in der Sache kein Anspruch auf erneute Entscheidung über ihre Bewerbung vom 28. November 2018 zur Seite gestanden hätte. Eine Verletzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG scheidet bereits deshalb aus, weil sich die zur Auswahlentscheidung durch die Beklagte erstellte Anlassbeurteilung vom 30. August 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 28. April 2020 als rechtmäßig erweist (vgl. I.).
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben