Verwaltungsrecht

Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten im Zusammenhang mit einem tatsächlich-offentlichem Weg

Aktenzeichen  RO 5 K 16.869

Datum:
30.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 19488
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 40
GVG § 17 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Für die Durchsetzung der Rechte des Eigentümers einer Grundstücksfläche, auf der ohne entsprechende Widmung eine Verkehrsfläche entstanden war (tatsächlich-öffentlicher Weg), ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet, wenn sich der geltend gemachte Anspruch nur auf zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen stützt, insb. nach Verjährung des öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs. (Rn. 5 und 8)

Tenor

I. Der Verwaltungsrechtsweg ist nicht eröffnet.
II. Der Rechtsstreit wird an das Amtsgericht Amberg verwiesen.

Gründe

I.
Mit der am 03.06.2016 beim Bayer. Verwaltungsgericht Regensburg eingereichten Klage beantragen die Kläger die Feststellung, dass sie berechtigt sind, ein in ihrem Eigentum stehendes aber mit einer Straße überbautes Wiesengrundstück unter Inanspruchnahme des überteerten Bereichs einzufrieden.
Die Aufstellung eines Bauzauns durch die jetzigen Kläger entlang der Grundstücksgrenze auf dem Straßenkörper war bereits Gegenstand des Verfahrens RO 4 K 15.1439 vor dem VG Regensburg, in welchem die Klage am 15.09.2015 eingegangen war und das Verfahren mit Beschluss vom 14.04.2016 eingestellt wurde. Die Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die straßenverkehrsrechtliche Beseitigungsanordnung war zurückgenommen worden. Die gegenständliche Teerfläche war wohl als tatsächlich öffentliche Verkehrsfläche einzuordnen, auch für eine solche nicht gewidmete Straßenfläche auf fremdem Grundstückseigentum greift jedoch Straßenverkehrsrecht, sodass unterbunden werden durfte, dass Gegenstände auf der Straße gelassen werden, unabhängig von den rechtlichen Beziehungen bzgl. der betroffenen Fläche.
In dem vorliegenden Verfahren reichten die Kläger am 03.06.2016 dann Klage ein, festzustellen, dass sie die Fläche einfrieden dürfen. Mit Verfügung vom 26.07.2016 fand ein Kammerwechsel statt, da auf die in Rede stehende Fläche nicht öffentliches Straßen- und Wegerecht anwendbar sei, sodass am 27.07.2016 die für Straßenverkehrsrecht zuständige Kammer das Verfahren übernahm. In einem richterlichen Hinweis vom 21.06.2018 zum Inhalt des Klagebegehrens ging das Gericht zunächst davon aus, dass mit der Klage das Verhalten, das im Verfahren RO 4 K 15.1439 inzident als (straßenverkehrs) rechtswidrig erkannt worden war nun als rechtmäßig festgestellt werden sollte, sodass zunächst das Feststellungsinteresse zu fehlen schien und die Klage als unzulässig eingeschätzt wurde. Unter Verweis auf BayVGH, Beschluss vom 11.01.2005, 8 CS 04.3275 stellte das Gericht klar, dass entweder eine Enteignung (oder ein sonstiger Eigentumsübergang) durchzuführen wäre oder die Straßenfläche zu beseitigen wäre. Da der öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch für diese Beseitigung übereinstimmend als verjährt betrachtet wird, schien sich ein Anspruch nur aus privatem Recht ergeben zu können, was nach damaliger Ansicht des Gerichts aber nicht Verfahrensgegenstand geworden war.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf den Gerichtsakt Bezug genommen.
II.
Der von dem Kläger beschrittene Verwaltungsrechtsweg ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht eröffnet, vgl. § 40 VwGO. Der in Rede stehende Anspruch findet seine wahre Rechtsnatur (vgl. Eyermann/Rennert VwGO § 40 Rn. 34) im Privatrecht, nämlich in den aus Eigentum oder Besitz folgenden zivilrechtlichen Ansprüchen.
Entgegen dem ursprünglichen richterlichen Hinweis sollte mit der Klage das Nötige getan werden zur Durchsetzung der zivilrechtlichen Ansprüche des Klägers. Dies ergibt sich daraus, dass sich der Klägervertreter in seiner Klageschrift vom 02.06.2016 auf § 903 BGB und die Entscheidung BayVGH vom 26.02.2013, 8 B 11.1708 beruft. Dort stellte der VGH tatsächlich eine Berechtigung fest, eine bestimmte Fläche abzusperren. Allerdings waren dort auch öffentlich-rechtliche Fragen zu entscheiden, wie die Anfechtbarkeit einer Eintragung ins Bestandsverzeichnis. Die Feststellung, die Klägerseite sei zur Sperrung berechtigt, wurde dort gleichsam als Annex (wohl aufgrund von § 17 Abs. 2 S. 1 GVG) mitentschieden. Wenn, wie vorliegend, aber klar ersichtlich ist, dass es allein um die Durchsetzung bestehender privater Rechte geht, so ist dem Gericht nicht erkennbar, weshalb zunächst der Verwaltungsrechtsweg für eine Feststellung eröffnet wäre, anstatt die privaten Rechte im Zivilrechtsweg unmittelbar durchzusetzen.
Diese Überlegung findet sich auch in weiterer bisher ergangener Rechtsprechung wieder:
Auch in BayVGH, Beschluss vom 10. Januar 2013 – 8 B 12.305 –, Rn. 20 wird eine Duldungspflicht aufgestellt, die sich aufgrund der Verjährung des Folgenbeseitigungsanspruchs auf private Rechte stützt. Auch dort war jedoch der öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch der zu prüfende Hauptanspruch, das VG München in der Vorinstanz hatte daher auch ausdrücklich festgehalten, dass es für die darüber hinaus gestellten Hilfsanträge, mit denen ausschließlich zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden, nur aufgrund von § 17 Abs. 2 S. 1 GVG zuständig ist (VG München, Urteil vom 26. Oktober 2010 – M 2 K 10.2006 –, Rn. 32).
Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof in einer Sache geurteilt, in der eine Marktgemeinde zur Abstützung einer Straße ein privates Grundstück überbaut hatte und sich der Beseitigungsanspruch nur aus Zivilrecht ergeben hat (BGH, Urteil vom 28. Januar 2011 – V ZR 141/10 –, Rn. 9, juris).
So liegt der Fall auch hier. Das verfolgte Ziel, ob es sich nun als Feststellungs- oder Duldungsbegehren darstellen mag, stützt sich nach übereinstimmender Meinung der Parteien nicht auf einen Folgenbeseitigungsanspruch, da dieser verjährt sei. Vielmehr ging die Klägerseite davon aus, zur Durchsetzung privater Rechte sei aufgrund der Entscheidung BayVGH, Urteil vom 26. Februar 2013 – 8 B 11.1708 –, Rn. 34 eine Feststellungsklage vor dem Verwaltungsgericht zu erheben. Wie erwähnt, geht die entscheidende Kammer aber davon aus, dass diese Feststellung nicht nötig ist, sondern in den jeweiligen Gerichtsentscheidungen nur als Annex zur sonstigen rechtlichen Prüfung getroffen wurde. Da es anders als in diesen Fällen, im vorliegenden Fall jedoch nur um die Durchsetzung privater Rechte geht, war der Rechtsstreit an die ordentlichen Gerichte zu verweisen.


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