Verwaltungsrecht

Rückkehr nach Mali für alleinstehenden jungen Mann zumutbar

Aktenzeichen  Au 5 K 16.32198

Datum:
7.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
EMRK EMRK Art. 3

 

Leitsatz

Es ist davon auszugehen, dass ein junger, arbeitsfähiger und alleinstehender Mann nach einer Rückkehr nach Mali dort jedenfalls sein Existenzminimum sichern kann.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 6. Oktober 2016 ist auch hinsichtlich der Ausreiseaufforderung, der Abschiebungsandrohung und der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es wird insoweit in vollem Umfang Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt: 12
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote. Wegen des unteilbaren Streitgegenstandes bezieht sich die Klage auf die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK setzt voraus, dass der Betroffene im Falle einer Rückkehr einer besonderen Ausnahmesituation ausgesetzt wäre. Dies ist insbesondere auch dann der Fall, wenn es dem Betroffenen nicht (mehr) gelingen würde, seine elementaren Bedürfnisse, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft, zu befriedigen (vgl. BayVGH, U.v. 21.11.2014 – 13a B 14.30285 – Asylmagazin 2015, 197).
Gemessen hieran liegen diese besonders strengen Voraussetzungen nach Auffassung des Gerichts nicht vor. Aus der Auskunftslage im Zusammenhang mit dem eigenen Vorbringen des Klägers ergibt sich nicht, dass der Kläger im Falle eine Rückkehr bzw. Abschiebung nach Mali einer besonderen Ausnahmesituation ausgesetzt sein wird, die mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen würde, dass seine elementarsten Bedürfnisse im Sinne eines absoluten Existenzminimums nicht mehr gesichert wären. Die zu erwartenden schlechten Lebensbedingungen und die daraus resultierenden Gefährdungen weisen vorliegend nicht die Intensität auf, dass auch ohne konkret drohende Maßnahmen von einer unmenschlichen Behandlung i.S. des Art. 3 EMRK auszugehen ist.
Obwohl die wirtschaftliche Lage in Mali nach wie vor schlecht ist, geht das Gericht davon aus, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt dort sicherstellen kann. Die wirtschaftliche Lage ist stabil, allerdings macht die Verringerung der Armut nur langsam Fortschritte (Auswärtiges Amt, Mali: Wirtschaftliche Rahmenbedingungen, Stand: April 2016). Mali ist zunehmend marktwirtschaftlich orientiert. Der Kläger hat zwar in Mali noch nicht gearbeitet, ist jedoch mit den Lebensgewohnheiten dort vertraut. Der Kläger war – nach seinen Angaben schon als Minderjähriger im Alter von 15 Jahren – darauf angewiesen, sich selbst durchzuschlagen. Auf die Hilfe seiner im Senegal lebenden Großmutter hat er nach eigenen Angaben nicht zurückgegriffen. Es war ihm im Senegal sogar gelungen, etwas Geld für die Weiterreise anzusparen. Die weitere Reise über Marokko, das Mittelmeer und Spanien bis nach Deutschland organisierte der Kläger weitgehend selbst ohne Unterstützung seiner Angehörigen. Es handelt sich bei ihm deshalb offensichtlich um einen durchsetzungsfähigen jungen Mann, der es gewohnt ist, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Wieso es ihm in seinem Heimatland Mali nicht gelingen sollte, seinen Lebensunterhalt selbst sicherzustellen, ist nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als er in Mali noch familiäre Anknüpfungspunkte hat. Jedenfalls bis zum Jahr 2015 hatte der Kläger noch Kontakt zu seinem Vater. Es spricht vieles dafür, dass der Vater, aber auch die Großeltern väterlicherseits noch in Mali im Heimatort des Klägers leben. Der Vater des Klägers war zudem in der Lage, seinem Sohn von dort aus Geld zu schicken, um die Schiffsreise nach Europa zu finanzieren. Dies zeigt, dass es durchaus möglich ist, in Mali eine Beschäftigung zu finden, die sogar mehr als das Existenzminimum garantiert. Es spricht nach Auffassung des Gerichts auch einiges dafür, dass dem Kläger beim Kampf um einen Arbeitsplatz in Mali die in den zurückliegenden Jahren in Deutschland im Rahmen seiner Ausbildung erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse zugute kommen können. Selbst wenn er möglicherweise die erworbenen handwerklichen Fähigkeiten nicht unmittelbar umsetzen kann, hat er durch seine in Deutschland durchlaufene Berufsausbildung allgemeine Fertigkeiten und Kenntnisse erworben, die ihn auf jeden Fall aus der Vielzahl der Arbeitssuchenden herausheben. Dies gilt umso mehr, als er sich mittlerweile auch noch gute Sprachkenntnisse in Deutsch erworben hat. Dass der Kläger deshalb bei einer Rückkehr nach Mali seine elementarsten Bedürfnisse nicht befriedigen kann, ist nicht zu erwarten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es ihm gelingt, jedenfalls sein Existenzminimum sicherzustellen.
Damit liegen weder die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG noch für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.
2. Auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AufenthG erweist sich als rechtmäßig, das Bundesamt hat in der Befristungsentscheidung die maßgeblichen Belange in ordnungsgemäßer Weise abgewogen.
3. Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).


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