Verwaltungsrecht

Ruhensberechnung und Rückforderung überzahlterBezüge

Aktenzeichen  RO 1 S 15.2115

Datum:
15.1.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 123
BeamtVG BeamtVG § 14 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 55
BayBeamtVG BayBeamtVG Art. 7 Abs. 2 S. 1, Art. 8, Art. 26 Abs. 1 S. 2, Art. 85 Abs. 1
BGB BGB § 820 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 3.848,36 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller möchte erreichen, dass ihm seine Pension weiterhin ohne Abzüge ausgezahlt wird, ohne dass der Antragsgegner die Zahlung im Wege der Aufrechnung wegen einer erhaltenen Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mindert.
Der Antragsteller stand bis 28.2.1987 im aktiven Dienstverhältnis beim Beklagten, zuletzt als Regierungsdirektor (BesGr A 15), Leiter des Finanzamtes … Bei der Festsetzung der Ruhestandsbezüge wurde neben seinem Studium auch die Zeit als Rechtsreferendar berücksichtigt, in der er nicht im Beamtenverhältnis war. Auf einem Formblatt erklärte er am 1.12.1986, dass er keine Rente aus den gesetzlichen Rentenversicherungen beziehe und auch keinen Rentenantrag gestellt habe. Es sei ihm bekannt, dass er verpflichtet sei, jeden bei ihm neu eintretenden Bezug und jede Änderung von Renten unverzüglich der zuständigen Bezirksfinanzdirektion anzuzeigen.
Mit Bescheid vom 14.1.1987 wurde dem Antragsteller Ruhestandsversorgung gewährt. Unter „Anzeigepflichten“ wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, „dass Ihre Anzeigepflichten für die Mitteilung rechtserheblicher Änderungen, z.B. Bezug einer Rente, Aufnahme einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst, auch ohne erneuten Hinweis durch die Pensionsbehörde in der Zeit nach Erhalt des Pensionsbescheids bestehen“. Weiterhin wird darauf hingewiesen (S. 2), dass jeder Versorgungsberechtigte verpflichtet ist, „Änderungen in seinen persönlichen und sonstigen Verhältnissen, die für die Festsetzung und Zahlung der Bezüge maßgebend sind, unaufgefordert der Pensionsbehörde anzuzeigen. … Es empfiehlt sich, der Pensionsbehörde bereits die Rentenantragstellung anzuzeigen.“
Der Antragsteller erhielt jeweils den Höchstsatz des Ruhegehalts (§ 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG; Art. 26 Abs. 1 Satz 2 BayBeamtVG).
Mit Formblättern vom 9.4.2002 und 5.11.2009 gab der Antragsteller gegenüber der Bezirksfinanzdirektion bzw. dem Landesamt für Finanzen, Regensburg, an, dass seine Ehegattin keine Versorgungsbezüge nach beamtenrechtlichen Grundsätzen beziehe. Ihm sei bekannt, dass er jede Änderung in den dargestellten Verhältnissen unverzüglich mitteilen müsse, sowie Bezüge zurückzahlen müsse, die er infolge unterlassener, verspäteter oder fehlerhafter Änderungsmitteilungen erhalte.
Mit Schreiben vom 2.2.2015 wies das Landesamt für Finanzen, Dienststelle Regensburg, den Antragsteller darauf hin, bei einer Überprüfung des Versorgungsfalles sei festgestellt worden, dass er eine Rente von der Deutschen Rentenversicherung beziehe und Anspruch auf eine Betriebsrente der VBL Karlsruhe bestehe. Er wurde zur Vorlage der Rentenbescheide und der letzten Anpassungsmitteilungen aufgefordert. Mit Schreiben vom 3.2.2015 erklärte der Antragsteller, er habe keine Betriebsrente von der VBL Karlsruhe. Er habe keinen Bescheid der Rentenversicherung von 1991 mehr.
Auf Anforderung übersandte die Deutsche Rentenversicherung Bund den Rentenbescheid vom 24.6.1991, wonach dem Antragsteller ab 1.8.1991 Altersruhegeld in Höhe von 346,20 DM gewährt wurde. Vom 18.2.1957 bis 2.5.1962 habe er 64 Pflichtbeiträge (Angestellter beim Bayer. Landesentschädigungsamt) geleistet. Hälftig angerechnet wurden Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung, sowie des Militärdienstes, nicht die Zeit als Rechtsreferendar. Die Rente betrage seit 1.7.2014 monatlich 239,01 EUR.
Mit Bescheid vom 10.3.2015 wurden die dem Antragsteller zustehenden Ruhebezüge auf 4.175,49 EUR festgesetzt. Die bisherigen Ruhebezüge vermindern sich damit um 143,41 EUR monatlich, was auf einem Ruhensbetrag nach Art. 85 BayBeamtVG in Höhe von 239,01 EUR, abzüglich eines Härteregelungsbetrags von 40% hieraus und damit von 95,60 EUR beruht.
Der Bescheid wurde ohne Rechtsbehelfsbelehrung:am 11.3.2015 zur Post gegeben.
Mit Schreiben vom 1.10.2015 wies das Landesamt für Finanzen, Dienststelle Regensburg, darauf hin, dass sich nach den detaillierten Angaben der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 26.8.2015 mit monatlichen Renten in Höhe von 218,30 EUR im Jahr 2005 bis 235,09 EUR in der Zeit vom 1.7.2013 bis 30.6.2014 eine Überzahlung in Höhe von 16.703,25 EUR ergebe. Der überzahlte Betrag sei grundsätzlich sofort und in voller Höhe zur Zahlung fällig. Beabsichtigt sei, den Anspruch auf laufende Versorgungsbezüge aufzurechnen. Falls sich der Antragsteller auf den Wegfall der Bereicherung berufe, werde er um entsprechende Angaben gebeten.
Mit Schreiben vom 17.10.2015 gab der Antragsteller an, er habe bereits 1986 der damaligen Bezirksfinanzdirektion mitgeteilt, dass er aus einem früheren Angestelltenverhältnis eine kleine Minirente erhalten werde. Ihm sei mitgeteilt worden, dass diese kleinen Beträge die erworbenen Pensionsansprüche nicht ändern würden und nicht ins Gewicht fielen. Da er damals seine Mitwirkungspflichten erfüllt habe, könnten nicht aufgrund einer neuen Gesetzeslage Rückforderungen erfolgen. Die Rentenbescheide seien bestandskräftig. Er sei bereits fast 90 Jahre alt, zu 100% schwerbehindert, leide an Alzheimer und sei gehbehindert. Eine Rückforderung in dieser Höhe verstoße gegen das Alimentationsprinzip und sei verfassungswidrig. Verfassungswidrig sei auch die 10jährige Verjährungsfrist, da sie in abgeschlossene Sachverhalte eingreife und somit eine echte Rückwirkung darstelle.
Widerspruch erhebe er gegen die Anrechnung seiner Minirente, die er aus einem Angestelltenverhältnis vor über 60 Jahren erhalte. Sie stammten aus seiner Referendarzeit, die ins Beamtenverhältnis überführt worden sei. Art. 85 BayBeamtVG sei auch vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof (Entscheidung vom 10.2.2015, 1-VII-13) teilweise für verfassungswidrig erklärt worden. Eine Bereicherung nach §§ 812 ff. BGB gelte im öffentlichen Recht und im Abgabenrecht nicht. Es werde auch gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verstoßen. Art. 85 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG sei auch insoweit verfassungswidrig und nichtig, als Kleinbeträge unter 500,- EUR (hier 200,- EUR) angerechnet würden. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 3.9.2009 (1 BvR 2539/07) darauf hingewiesen, dass das Entfallen von Kleinbeträgen kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip darstelle.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2015 wurde der Widerspruch gegen den Bescheid des Landesamts für Finanzen, Dienststelle Regensburg, vom 10.3.2015 (Festsetzung der monatlichen Versorgungsbezüge ab 1.4.2015) zurückgewiesen.
Klage gegen den am 27.10.2015 mit Rechtsbehelfsbelehrung:zur Post gegebenen Bescheid wurde nicht erhoben.
Mit Bescheid des Landesamts für Finanzen, Dienststelle Regensburg, vom 26.10.2015 wurden die Versorgungsbezüge des Antragstellers ab 1.11.2005 wegen des Bezugs einer Altersrente rückwirkend nach Art. 85 BayBeamtVG, § 55 BeamtVG gekürzt. Die für die Zeit vom 1.11.2005 bis 31.3.2015 zu viel bezahlten Versorgungsbezüge in Höhe von 15.393,45 EUR wurden zurückgefordert. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller beziehe seit 1.6.2001 (richtig: 1.8.1991) eine Altersrente von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund). Diese sei nach Art. 85 BayBeamtVG (§ 55 BeamtVG) auf die Versorgungsbezüge anzurechnen. Nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG (§ 52 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG) richte sich die Rückforderung von zu viel gezahlten Versorgungsbezügen nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, §§ 812 ff. BGB. Aus den von der Deutschen Rentenversicherung Bund genannten Rentenzahlungen ergebe sich eine Überzahlung. Von dieser sei nach der Härteausgleichsregelung, Art. 2 § 2 Abs. 3 des 2. Haushaltsstrukturgesetzes (HStruktG) ein Härteausgleich abzuziehen. Insgesamt ergebe sich ein Rückzahlungsbetrag in Höhe von 15.393,45 EUR. Die Zahlung der Versorgungsbezüge stehe unter dem gesetzesimmanenten Vorbehalt der Kürzung wegen rückwirkender Gewährung und nachträglichen Bekanntwerdens anzurechnender anderweitiger Bezüge gem. Art. 85 BayBeamtVG, § 52 BeamtVG (BVerwG v. 24.9.1992, 2 C 18.91). Nicht maßgeblich sei, ob dem Versorgungsempfänger der gesetzliche Vorbehalt im Zeitpunkt der Überzahlung bewusst war, noch, ob er darüber hinaus den Mangel des rechtlichen Grundes der Überzahlung kannte oder dieser Mangel so offensichtlich war, dass er ihn hätte erkennen müssen. Der Antragsteller könne sich wegen der verschärften Haftung aus § 820 Abs. 1 Satz 2 BGB (analog) nicht auf einen Wegfall der Bereicherung berufen. Die Rückforderungsansprüche verjährten nach Art. 8 BayBeamtVG innerhalb von drei Jahren. Die Verjährungsfrist betrage 10 Jahre, wenn der Versorgungsberechtigte seinen Anzeige- und Mitwirkungspflichten vorsätzlich oder leichtfertig nicht nachgekommen sei oder es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen habe, vollständige Angaben zu machen. Der Antragsteller sei seinen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten, die ihm auch aus den Hinweisen zu den Bezügemitteilungen bekannt gewesen sein mussten, nicht zeitnah und in gebotenem Umfang nachgekommen. Die Rückforderungsansprüche würden deshalb erst nach 10 Jahren verjähren.
Der im Vergleich zur Bezügemitteilung für den Monat Oktober 2015 geringere Rückforderungsbetrag ergebe sich daraus, dass als Rückrechnungszeitraum nicht die Zeit ab 1.1.2015, sondern ab 1.11.2015 zugrunde gelegt worden sei.
Im pflichtgemäßen Ermessen des Antragstellers stehe es, von der Rückforderung überzahlter Bezüge abzusehen, sowie Ratenzahlungen oder sonstige Erleichterungen zu gewähren. Da die Überzahlung allein aufgrund eines schuldhaften, pflichtwidrigen Verhaltens des Empfängers entstanden sei, könne grundsätzlich nicht von der Rückforderung abgesehen werden. Die Abwägung der im Schreiben vom 17.10.2015 vorgebrachten Argumente und der Überzahlung führten dazu, dass von einer Rückforderung nicht abgesehen werde. Der Antragsteller wurde aufgefordert, den angegebenen Betrag innerhalb von vier Wochen zu erstatten.
Der Bescheid wurde am 27.10.2015 mit Einschreiben und Rückschein (empfangen am 29.10.2015) zur Post gegeben.
Der Antragsteller erhob mit seinem Schreiben vom „7.10.2015“, eingegangen am 2.11.2015, Widerspruch. Die Rente erhalte er erst ab dem 65. Lebensjahr. Es habe damals keine Mitteilungspflicht bestanden. Im Hinblick auf das hohe Alter und die Schwerbehinderung mit grauem Star seien die Voraussetzungen der Härte und Billigkeit gegeben. Er leide auch an Alzheimer und könne nicht mehr gehen. Ein schuldhaft pflichtwidriges Verhalten sei nicht gegeben. Im Hinblick auf sein hohes Alter und die praktische Blindheit werde der Alimentationsbedarf nicht mehr gedeckt. Die Anlegung eines strengen Maßstabes verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Den Schriftsatz habe ihm eine juristische Hilfskraft geschrieben. Die Behinderung bestehe bei ihm seit dem Jahr 2006.
Mit Widerspruchsbescheid des Landesamts für Finanzen, Dienststelle Regensburg, vom 4.11.2015 wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 26.10.2015 zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, der Antragsteller sei im Bescheid vom 14.1.1987 auf seine Anzeigepflichten hingewiesen worden. Er sei verpflichtet gewesen, Änderungen seiner persönlichen und sonstigen Verhältnisse unaufgefordert der Pensionsbehörde anzuzeigen. Aus der Anrechnung der innerhalb der vorangegangenen 10 Jahre erzielten Rente ergebe sich unter Berücksichtigung der Härteausgleichsregelung der festgesetzte Rückzahlungsbetrag. Hinsichtlich eines Wegfalls der Bereicherung sei nichts vorgetragen worden. Aufgrund der verschärften Haftung wegen der Überzahlung von Versorgungsbezügen unter Vorbehalt sei die Bereicherung auch nicht weggefallen. Dem Antragsteller hätte sich im Hinblick auf seine Ausbildung und Kenntnisse als Jurist auch aufdrängen müssen, dass der Bezug von Leistungen aus einer Altersrente eine relevante Änderung der Versorgungsbezüge nach sich ziehen müsse oder zumindest könne. Es gebe keine Hinweise auf die Richtigkeit der Behauptung des Antragstellers, er habe bereits 1986 der damaligen Bezirksfinanzdirektion den Bezug einer „kleinen Minirente“ mitgeteilt. Es sei auch unklar, wie er die mit Bescheid der Bundesanstalt für Angestellte vom 24.6.1991 ab dem 1.7.1991 gewährte Altersrente bereits im Jahr 1986 angezeigt haben könnte. In seiner Erklärung vom 1.12.1986 habe er den Bezug einer Rente aus der Angestelltenversicherung sowie die Stellung eines entsprechenden Rentenantrags verneint.
Wegen der zumindest leichtfertigen Weise der Nichtmitteilung des Rentenbezuges verjährten die Rückforderungsansprüche nach 10 Jahren.
Billigkeitsgründe für ein Absehen von der Rückforderung seien nicht gegeben. Hinweise zu seinen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen habe der Antragsteller nicht gemacht. Die Pensionsbehörde habe keine Verpflichtung, das Bestehen etwaiger Rentenansprüche von Amts wegen zu prüfen. Es bestehe auch deshalb kein Grund für einen teilweisen Verzicht auf die Rückforderung. Mangels Vorliegens eines entsprechenden Tilgungsvorschlages sei eine Ratenzahlung nicht veranlasst.
Mit seinem am 12.11.2015 eingegangenen Schreiben erhob der Antragsteller Klage beim Bayer. Verwaltungsgericht Regensburg und stellt sinngemäß den Antrag, den Bescheid des Landesamts für Finanzen, Dienststelle Regensburg, vom 26.10.2015 und den Widerspruchsbescheid vom 7.10.2015 aufzuheben.
Zur Begründung wird ausgeführt, es sei bedenklich, dass Kleinbeträge von höchstens 150,- EUR im Monat auf einen Zeitraum von 10 Jahren hochaddiert würden, damit der Betrag von 1.000,- EUR überschritten werde.
Er beantrage den Erlass der Rückforderungsbeträge aus Billigkeits- und Härtegründen. Zu Beginn seines Ruhestandes sei er schon zu 90% schwerbehindert gewesen. Seit 27.2.2008 betrage seine Minderung der Erwerbsfähigkeit 100%.
Von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte sei ihm damals mitgeteilt worden, dass er die Rente erst mit 65 Jahren erhalten könne. Es habe damit am 1.12.1986 keine Verpflichtung zur Mitteilung der Rente gegeben.
Er sei jetzt fast 90 Jahre alt, leidend und wegen grauem Star fast blind. Er könne fast überhaupt nicht mehr lesen. Seine Schriftsätze würde ihm ein bekannter Jurist schreiben. Neben der Blindheit komme auch altersbedingt ein großer Gedächtnisverlust in Betracht. Er habe die ihm vorgelegten Urkunden über die Mitteilungspflicht nicht lesen können. Wenn die Widerspruchsbehörde davon ausgehe, dass er trotz seines Alters durchaus in der Lage sei, juristische Sachverhalte „professionell“ einzuordnen, liege ein schwerer Ermessensfehler vor. Die Rückforderung verstoße auch gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Der Vorwurf eines Dienstvergehens und disziplinarische Verfolgung seien schwere Rechtswillkür. Es verletze auch die Menschenwürde, wenn bei einem alten Mann ein strenger Maßstab angesetzt werde.
Die rückzuerstattenden Beträge zwischen 130,98 EUR und 143,41 EUR seien nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verhältnismäßig gering. Bis zum 1.11.2005 habe nach damaliger Gesetzeslage eine Anrechnungspflicht bei Beträgen in dieser Höhe nicht bestanden. Er habe damals mit der zuständigen Behörde auch einen Schriftwechsel geführt.
Es sei bekannt, dass die Altersrenten jedes Jahr nur um etwa 2,- bis 3,- EUR erhöht würden. Durch diese geringe Erhöhung hätte es sich dem Antragsteller nicht aufdrängen müssen, den Antragsgegner zu informieren.
Im Rahmen der Beihilfeleistungen würden die Einkommensteuerbescheide vorgelegt. Aus diesen ergebe sich auch der Bezug der Rente.
Mit Schreiben vom 3.12.2015 erklärte das Landesamt für Finanzen, Dienststelle Regensburg, die Aufrechnung des Rückzahlungsbetrages mit den Ansprüchen auf laufende Versorgungsbezüge ab 1.1.2016. Der Antragsteller erklärte hierzu mit Schreiben vom 7.12.2015, dass er die Aufrechnung in seine Klage einbeziehe. Über die Klage ist noch nicht entschieden.
Der Antragsteller stellte mit Schreiben vom 5.12.2015 den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Es liege ein schwerer Ermessensmissbrauch vor, wenn beim Antragsteller strenge Maßstäbe angelegt würden.
Auf die Bitte des Gerichts zur Stellungnahme hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrags hat sich der Antragsteller nicht geäußert. Sinngemäß stellt er den Antrag,
den Antragsgegner zu verpflichten, das Ruhegehalt des Antragstellers ohne Aufrechnung mit dem Rückforderungsbetrag in Höhe von 15.393,45 EUR auszuzahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei unzulässig. Gegenstand des Hauptsacheverfahrens sei die Rückforderung zu viel bezahlter Versorgungsbezüge. Die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 26.10.2015 sei nicht angeordnet worden. Der Rückforderungsanspruch werde vom Antragsgegner durch Aufrechnung realisiert. Eines Rückforderungsbescheids bedürfe es dabei nicht.
Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei unbegründet. Es fehle bereits an einem Anordnungsgrund. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass ihm durch die geminderte Auszahlung seiner Versorgungsbezüge unzumutbare Nachteile drohten. Unter Abzug des Ruhensbetrages in Höhe von 146,42 EUR erhalte der Antragsteller monatliche Versorgungsbezüge in Höhe von 4.262,20 EUR. Nach Abzug der Lohnsteuer, des Solidaritätszuschlags sowie der Kirchensteuer ergebe sich eine Versorgung in Höhe von 3.711,73 EUR netto. Nach Abzug der dem Antragsgegner bekannten Krankenversicherung in Höhe von monatlich 377,14 EUR und Berücksichtigung der Ehefrau als unterhaltsberechtigte Person ergebe sich ein pfändbarer Betrag in Höhe von 948,05 EUR. Aus der Bezügemitteilung vom 11.12.2015 ergebe sich, dass mit einem monatlichen Betrag in Höhe von 800,- EUR aufgerechnet werde.
Die gesetzlichen Ruhensregelungen seien verfassungsgemäß. Mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, des Gleichheitssatzes, der Eigentumsgarantie, des Rückwirkungsverbotes und des Vertrauensschutzes sei es vereinbar, der „Doppelversorgung“ durch eine Kumulation von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der beamtenrechtlichen Versorgung entgegenzuwirken. Mit der Einräumung von Ratenzahlungen werde bereits teilweise von der Rückforderung abgesehen, da zu viel bezahlte Bezüge sofort und in einer Summe zurückzuzahlen seien.
Sofern dennoch das Gericht nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 921 ZPO eine einstweilige Anordnung erlasse, sei zur Sicherung des Anspruchs des Antragsgegners die Anordnung einer Sicherheitsleistung durch den Antragsteller erforderlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die eingereichten Schriftstücke und die Behördenakten Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage kann sich nur gegen die Aufrechnung des Rückforderungsbetrages richten.
Die Klage gegen die Ermittlung der Höhe der Rückforderung und die Rückforderung selbst im Bescheid des Antragsgegners vom 26.10.2015 haben aufschiebende Wirkung, sodass ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig wäre.
Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Aufrechnung wäre damit nur gegeben, wenn der Rückforderungsbescheid vom 26.10.2015 konstitutive Wirkung hinsichtlich des festgestellten Anspruchs hätte und es sich bei der Aufrechnung um eine Vollzugsmaßnahme handeln würde.
Bei rechtsgrundlosen Zahlungen einer Behörde, deren Rücknahme einen Verwaltungsakt zwingend voraussetzt, würde die Erhebung von Widerspruch und Klage nach § 80 Abs. 1 VwGO zur aufschiebenden Wirkung, sowie dazu führen, dass der Anspruch nicht vollziehbar ist. Eine Aufrechnung wäre damit nicht möglich (BayVGH, B.v. 13.10.2010, 14 CS 10.2198, juris). Die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge setzt aber keinen Verwaltungsakt voraus, der den Anspruch begründet (BayVGH v. 13.10.2010, a.a.O.; BVerwG, B.v. 11.8.2005, 2 B 2/05, juris). Ein Überzahlungsbetrag ergibt sich unmittelbar aus den maßgeblichen Bestimmungen der Versorgungsgesetze und wird, wenn er nicht durch Aufrechnung erlischt, durch Leistungsklage geltend gemacht. Liegt somit kein konstitutiver Verwaltungsakt vor, steht der für die Aufrechnung notwendigen Durchsetzbarkeit der Forderung, § 387 BGB, auch nicht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 26.10.2015 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 4.11.2015 entgegen.
Die aufschiebende Wirkung kann zwar gegen Vollzugsmaßnahmen angeordnet werden, hierzu gehört aber nicht die Aufrechnung, die keine selbständige und grundsätzlich hoheitliche Maßnahme zur Durchsetzung einer getroffenen Anordnung im Wege des Zugriffs auf Rechtsgüter des Adressaten (z.B. Beschlagnahme von Rechtsgütern) darstellt (OVG Magdeburg, B.v. 27.6.2007, 3 M 146/06, juris). Die Aufrechnung ist hingegen ein im Ausgangspunkt von der Privatrechtsordnung gewährleistetes Mittel der Rechtsverteidigung (BayVGH v. 13.10.2010, a.a.O.). Vollziehung und Aufrechnung sind zwei Rechtsinstitute mit verschiedenen Zielrichtungen und Wirkungen (OVG Magdeburg v. 27.6.2007, a.a.O.). Grundlage der Einbehaltung des Rückforderungsbetrages stellt die im Schreiben vom 3.12.2015 ausdrücklich genannte Aufrechnung dar. Es ist auch nicht aus sonstigen Umständen ersichtlich, dass die Einbehaltung von 800,– € monatlich nach der Bezügemitteilung vom 11.12.2015 ab Januar 2016 eine Vollziehungsmaßnahme darstellen sollte.
Die Rückforderung von zu viel gezahlten Versorgungsbezügen richtet sich nach der bis Ende 2010 auf das Ruhestandsverhältnis des Antragstellers anwendbaren Bestimmung des § 52 Abs. 2 BeamtVG, wie auch nach der danach geltenden im Wesentlichen gleich lautenden Bestimmung des Art. 7 Abs. 2 BayBeamtVG, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat der Gesetzgeber damit ausdrücklich diese Vorschriften für anwendbar erklärt.
Damit stehen sich mit dem Versorgungsanspruch des Antragstellers und dem Anspruch über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zwei Leistungsansprüche gegenüber, die nach der Privatrechtsordnung, §§ 387 bis 390 BGB, aufgerechnet werden können. Mangels der Aufrechnung zugrunde liegendem Verwaltungsakt kann die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet werden, sodass ein darauf gerichteter Antrag unzulässig ist.
Der unzulässige Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage kann aber zu seinen Gunsten als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung umgedeutet werden (BayVGH, B.v. 17.12.2003, 3 CS 03.2384, juris).
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibt aber ohne Erfolg. Nach § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtordnung (VwGO) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsfeldes zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sind jedoch sowohl der Anordnungsgrund als auch der Anordnungsanspruch durch den Antragsteller glaubhaft zu machen.
3. Zutreffend hat der Antragsgegner im bestandskräftigen Bescheid vom 10.3.2015 die Versorgungsbezüge ab 1.4.2015 nach der Ruhensregelung des Art. 85 BayBeamtVG, der im Wesentlichen der für den Antragsteller vor dem 1.1.2011 geltenden Regelung des § 55 BeamtVG entspricht, errechnet. Danach ist beim Antragsteller, der die Höchstgrenze der berücksichtigungsfähigen Dienstjahre erreicht, im Ergebnis die jeweilige Rente von den Versorgungsbezügen abzuziehen. Nachdem der Antragsteller aber vor 1966 verbeamtet wurde, ist die Anrechnung um einen Härteregelungsbetrag von 40% zu verringern, Art. 2 § 2 Abs. 3 des 2. Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (2. HStruktG). Dies erfolgte in der Festsetzung der Versorgungsbezüge als Bestandteil des Bescheides vom 10.3.2015, indem der Abzugsbetrag in Höhe der Rente von 239,01 € um 40% (95,60 €) auf 143,41 € gemindert wurde.
Nach den von der Deutschen Rentenversicherung Bund angegebenen Renten seit 2005 wurde in entsprechender Weise unter Berücksichtigung des Härteregelungsbetrages die Höhe der Überzahlung von 15.393,45 € ordnungsgemäß ermittelt.
a) Die dieser Berechnung zugrunde liegenden gesetzlichen Bestimmungen sind verfassungsgemäß. Ein Verstoß der Vorschriften, nach denen Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet werden bzw. eine Zahlung des Ruhegehaltes nur insoweit erfolgt, als zusammen mit der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung die sich aus der jeweiligen Besoldungsstufe und den maximal berücksichtigungsfähigen Dienstjahren ergebenden Höchstgrenzen nicht überschritten werden, Art. 85 BayBeamtVG (bzw. § 55 BeamtVG in der jeweiligen für den Antragsteller bis einschließlich 2010 geltenden Fassung) ist nicht ersichtlich. Insbesondere verstoßen diese Vorschriften nicht gegen das Rückwirkungsverbot, da Art. 85 Abs. 1, 2 BayBeamtVG die bereits im Zeitraum des aktiven Dienstverhältnisses des Antragstellers geltende Vorschrift des § 55 Abs. 1, 2 BeamtVG ersetzt, Art. 117 BayBeamtVG.
b) Die für den Antragsteller erstellte Ruhensberechnung verstößt hinsichtlich der Anrechnung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch nicht gegen Verfassungsrecht. Zutreffend weist der Antragsteller zwar darauf hin, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 10.2.2015 über eine Popularklage festgestellt hat, dass Art. 85 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 BayBeamtVG gegen das Alimentationsprinzip verstößt. Dies beruht aber darauf, dass private Kassen anders als Rentenkassen nicht von den Prinzipien der Solidarität und sozialen Ausgleichs, sondern auf dem Versicherungsprinzip beruhen. Da öffentliche Kassen nicht betroffen sind, liegen keine systemimmanenten Gründe vor, die eine Ausnahme vom Grundsatz der Nichtanrechenbarkeit privatwirtschaftlicher Einkünfte, die der Versorgung dienen, erforderlich erscheinen lassen (BayVerfGH, E.v. 10.2.2015, 1-VII-13, juris). Demgegenüber weist der Bayerische Verfassungsgerichtshof unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (B.v. 21.4.1964, 2 BvR 203/62, BVerfGE 17, 337, 350f; BVerfG, B.v. 19.5.1982, 2 BvR 320/82 und BVerfG, B.v. 30.9.1987, 2 BvR 933/82, jeweils juris) darauf hin, dass die Anrechnung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sachlich gerechtfertigt ist. Ohne diese Anrechnung käme es bei einem sog. Mischlaufbahn-Beamten zu einer Überversorgung. Der Beamtenversorgung liege zugrunde, dass der Beamte sein gesamtes Arbeitsleben in einem Dienst- und Treueverhältnis stehe. Er werde deshalb in seinem Ruhestand alimentiert. Eine Überversorgung durch zusätzliche Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung für Zeiten, in denen der Beamte nicht im Beamtenverhältnis war, sei ein zulässiges Ziel der Anrechnungsregelungen. Dabei verlange die Alimentationspflicht auch nicht, dass bei der Rentenanrechnung zumindest der Teil der Rente außer Ansatz bleibt, der auf Arbeitnehmerbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung beruht.
Auch sonstige verfassungsrechtliche Verstöße sind nicht ersichtlich. Insbesondere liegt keine unzulässige Rückwirkung der Anrechnungsregelungen vor. Art. 85 Abs. 1 S. 2 BayBeamtVG ersetzt nach Art. 117 BayBeamtVG das bisher geltende Recht, § 55 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BeamtVG. Da die Höchstgrenze der Beamtenversorgung erhalten und im Falle des Antragstellers durch den Härteregelungsbetrag sogar zusätzlich 60% der Rente erhalten bleiben ist ein Verstoß gegen das Übermaßverbot nicht gegeben.
c) Die Rückforderung regelt sich nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung, Art. 7 Abs. 2 BayBeamtVG, § 52 Abs. 2 BeamtVG. Ein Wegfall der Bereicherung kann nicht geltend gemacht werden, da der Antragsteller nach § 820 Abs. 1 S. 2 BGB (BVerwG, Urt.v. 24.9.1992, 2 C 18/91; BVerwG, Urt.v. 28.2.1985, 2 C 16/84, juris) und § 819 Abs. 1 BGB verschärft haftet.
Die Ansprüche auf Versorgungsbezüge stehen unter dem gesetzesimmanenten Vorbehalt, dass sie u.a. beim Zusammentreffen mit Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, Art. 85 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BayBeamtVG, § 55 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BeamtVG, und des daraus folgenden Überschreitens der Höchstgrenze der Beamtenversorgung in der jeweiligen Besoldungsstufe entfallen. Nicht erforderlich ist, dass dem Antragsteller dieser Gesetzesvorbehalt bekannt ist (BayVGH, B.v. 31.3.2011, 3 CS 11.165, juris). Der Antragsteller haftet deshalb verschärft nach § 820 Abs. 1 S. 2 BGB und kann sich deshalb nicht auf einen Wegfall der Bereicherung berufen.
Verschärft haftet der Antragsteller auch nach § 819 Abs. 1 BGB. Nach § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 i.V.m. § 55 BeamtVG (in der zu Beginn der Rentenzahlung geltenden Fassung), sowie nach Art. 10 Abs. 2 BayBeamtVG hatte der Antragsteller die Verpflichtung, den Bezug der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung unverzüglich anzuzeigen. Dies war ihm auch durch die Belehrung über und die Hinweise zur Anzeigepflicht im Bescheid vom 14.1.1987 bekannt.
d) Der Antragsteller kann auch gegen die Rückforderung nicht geltend machen, es handele sich um Kleinbeträge, die ihm belassen werden müssten. Gesetzlich ist die Nichtgeltendmachung von Kleinbeträgen (5 EUR) nur in § 52 Abs. 3 BeamtVG geregelt. Eine entsprechende Regelung im Bayerischen Recht liegt nicht vor. In Nr. 7.0 der Bayerischen Verwaltungsvorschrift zum Versorgungsrecht (BayVV-Versorgung) wird für Rückforderungen von Versorgungsbezügen Nr. 15 der Bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Besoldungsrecht und Nebengebieten (BayVwVBes i.d.F. v. 14.1.2014, 2032-F, FMBl 2014, 14) für anwendbar erklärt. Nach Nr. 15.2.7.1 Satz 3 BayVwVBes darf der Gesamtbetrag der zu viel gezahlten Bezüge 1.000 EUR nicht übersteigen. Die Beschränkung der Nichtgeltendmachung von Rückforderungen auf Beträge unter 1.000 EUR trat zwar erst zum 1.3.2014 in Kraft, aus den bis dahin bereits geltenden Verwaltungsvorschriften (Nr. 15.2.7.1 Sätze 1 und 2 BayVwVBes) ergibt sich aber kein Anspruch des Antragstellers, dass der Antragsgegner auf die Rückforderung verzichtet. Nr. 15.2.7.1 S. 2 BayVwVBes konkretisiert zwar die Höhe der Überzahlung, bei der von einem Wegfall der Bereicherung ausgegangen werden kann, dies setzt aber voraus (Nr. 15.2.7.1 S. 1 BayVwVBes), dass ein Wegfall der Bereicherung, § 818 Abs. 3 BGB, dem Grunde nach in Betracht kommt.
Dies ist vorliegend aber schon wegen des gesetzesimmanenten Vorbehaltes des Wegfalls des Ruhegehaltes wegen des Bezuges einer Rente, § 820 Abs. 1 S. 2 BGB, sowie der verschärften Haftung nach § 819 Abs. 1 BGB nicht der Fall (s. o. 3 c).
Wenn der Antragsteller fast blind ist und an Alzheimer leidet (sein Schreiben vom 7.10.2015), könnte er zwar zum jetzigen Zeitpunkt mit einer Anzeigepflicht bezüglich eines Rentenbezuges überfordert sein. Abgesehen davon, dass sich dann die Frage stellt, ob er prozessfähig ist, was im Hinblick auf die in den vergangenen Jahren geführten Verfahren nicht wahrscheinlich ist, kommt es auf den derzeitigen Gesundheitszustand des Antragstellers nicht an. Die Anzeigepflicht für die erhaltene Rente bestand seit Rentenbeginn am 1.8.1991 durchgehend. Der Antragsteller wurde darüber hinaus nicht nur durch die laufenden Rentenzahlungen, sondern auch z.B. im Zusammenhang mit seinen Erklärungen zu fehlenden Versorgungsbezügen seines Ehegatten vom 9.4.2002 und 5.11.2009 an seine Anzeigepflichten erinnert, auch wenn sich die Erklärungen nicht auf seine eigenen Rentenzahlungen bezogen. Nach seinen Angaben besteht die geltend gemachte Verstärkung seiner Behinderung seit 2006. Er war damit auch nach eigenem Vorbringen nicht daran gehindert, vor Beginn des Rückforderungszeitraums im November 2005 seiner Anzeigepflicht nachzukommen. Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass sich der Antragsteller als Jurist, der in zahlreichen gerichtlichen Verfahren gezeigt hat, dass er in vielen Bereichen hohe Detailkenntnisse besitzt, sowie als ehemaliger Behördenchef seiner Anzeigepflichten nicht bewusst gewesen wäre.
Aufgrund der verschärften Haftung nach § 819 Abs. 1 BGB und § 820 Abs. 1 S. 2 BGB kommt ein Wegfall der Bereicherung und damit für den Zeitraum vor dem 1.3.2014 die Anwendung der Verwaltungsvorschrift nach Nr. 15.2.7.1 Sätze 1 und 2 BayVwVBes nicht in Betracht.
Selbst wenn man mit dem Antragsteller hinsichtlich der Rückforderung auch in der Gesamtsumme von einem Kleinbetrag ausgehen würde, ergäbe sich aus der vom Antragsteller zitierten Rechtsprechung (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 3.9.2009, 1 BvR 2539/07, juris) nur, dass ein Verzicht auf die Rückforderung kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip wäre. Ein Anspruch Antragstellers auf einen Verzicht ist aber nicht gegeben.
e) Der Aufrechnung steht nicht entgegen, dass die Rückforderung wegen Verjährung keine durchsetzbare Forderung wäre, § 387 BGB.
Hinsichtlich der Rückforderungsansprüche, die vor 2011 entstanden sind, galt mangels ausdrücklicher Regelung die reguläre Verjährungsfrist von 30 Jahren nach dem BGB (BVerwG, Urt.v. 25.11.1982, 2 C 14.81; Urt.v. 13.9.2001, 2 A 9.00, juris). Aufgrund der Neuordnung der Verjährungsfristen durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 1. Januar 2001 (BGBl. I S. 3138) trat an diese Stelle die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB (VGH Kassel, B.v. 20.12.2007, 1 UZ 1485/2007, juris). Diese Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB aber erst, wenn der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (VG Ansbach, Urt.v. 3.5.2011, AN 1 K 10.1317, juris). Vorliegend hat der Antragsgegner erst im Jahr 2015 von dem Rentenbezug des Antragstellers Kenntnis erhalten. Er hatte keine Verpflichtung, zu einem früheren Zeitpunkt Erkundigungen bei der Deutschen Rentenversicherung einzuziehen. Soweit der Antragsteller erklärt, ihm sei 1987 erklärt worden, dass sich die von ihm genannte Minirente nicht auf seine Versorgungsbezüge auswirke, bzw. er habe mit der Behörde diesbezüglich einen Briefwechsel geführt, ergibt sich hierzu aus den Behördenakten nichts. Zur Geltendmachung der Einrede der Verjährung wäre aber der Nachweis durch den Antragsteller zu führen.
Keine Kenntnis der zuständigen Behörde ist auch dann eingetreten, wenn der Antragsteller nach seinen Angaben seine Einkommensteuerbescheide bei der Beantragung von Beihilfe vorgelegt haben sollte, was vorliegend als wahr unterstellt werden kann. Die Beihilfestelle ist ohne begründete Anfrage schon aus Datenschutzgründen nicht befugt, Daten aus den vorgelegten Unterlagen anderen Behörden mitzuteilen.
Durch die Übergangsvorschrift des Art. 114 BayBeamtVG verjähren die vor dem 1.1.2011 entstandenen Rückforderungsansprüche wie die danach entstandenen Ansprüche nunmehr nach Art. 8 BayBeamtVG.
Nach Art. 8 S. 1 BayBeamtVG verjähren Ansprüche auf Rückzahlung der Versorgungsbezüge nicht in drei Jahren, sondern in zehn Jahren, wenn u.a. durch das vorsätzliche oder leichtfertige Unterlassen von Angaben die Belassung von Versorgungsbezügen bewirkt wurde. Gegen die Länge der Verjährungsfrist von zehn Jahren sind keine Bedenken gegeben. Zutreffend hat der Antragsgegner den der Verjährung unterliegenden Zeitraum nach § 200 BGB ab Entstehen des Anspruchs berechnet, sodass Rückforderungen im Bescheid vom 26.10.2015, zugestellt am 30.10.2015, nur ab November 2015 geltend gemacht werden. Wegen des gesetzesimmanenten Vorbehaltes (s.o. 3 c) tritt durch die Verjährungsvorschrift auch keine Erweiterung der Ansprüche bzw. ein unzulässiger Rückgriff in abgeschlossene Sachverhalte ein, sondern erfolgt eine Beschränkung der Rückforderung.
4. Die Geltendmachung des gesamten Rückforderungsbetrages gegenüber dem Antragsteller ist auch nicht unbillig. Gründe für eine Reduzierung des Gesamtbetrages, der wegen Verjährung des größten Teils der Überzahlungen, sowie wegen des Härteregelungsbetrages ohnehin nur einen kleinen Teil der Überzahlungen umfasst, sind nicht gegeben.
Der angewendete strenge Maßstab bezog sich ersichtlich nicht auf den derzeitigen Gesundheitszustand des Antragstellers, sondern auf seinen Verstoß gegen seine Anzeigepflichten zu einem Zeitpunkt als er nach eigenen Angaben noch nicht so stark behindert war.
Mangels nachvollziehbarer Angaben des Antragstellers sind auch keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Aufrechnung mit monatlich 800,– € und damit eines Betrages, der unterhalb der Pfändungsfreigrenze liegt, den Antragsteller unzumutbar belastet.
Der Antragsteller hat damit nicht nur keinen Anordnungsanspruch, er hat auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
5. Der Antrag war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Danach hat der Antragsteller als unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Nach Nr. 1.5 S. 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit beträgt er für Anträge bei auf bezifferte Geldleistungen gerichteten Verwaltungsakten ein Viertel des für die Hauptsache anzunehmenden Streitwertes. Obwohl die Aufrechnung selbst kein Verwaltungsakt ist, erschien es angemessen, ein Viertel des Gesamtbetrages der Rückforderung in Höhe von 15.393,45 EUR und damit 3.848,36 EUR als Streitwert festzusetzen.


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