Verwaltungsrecht

Schuldhaftes Nichterscheinen zum Anhörungstermin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Aktenzeichen  M 10 S 16.30341

Datum:
30.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 24 Abs. 1 S. 3, § 25 Abs. 5
VwVfG VwVfG § 14 Abs. 3 S. 1

 

Leitsatz

Ein Asylbewerber, der einer Beschäftigung nachgeht und in einer Personalwohnung lebt, muss sicherstellen, dass er seine Post an seiner ihm zugewiesenen Wohnung abholt, um von dem Anhörungstermin beim Bundesamt rechtzeitig Kenntnis zu erlangen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Wegen des Sachverhalts nimmt das Gericht Bezug auf den angefochtenen Bescheid des Bundesamts vom 22. Januar 2016, den es in den Feststellungen folgt, § 77 Abs. 2 AsylG. Der Bescheid wurde am 22. Februar 2016 als Einschreiben zur Post gegeben.
Am 26. Februar 2016 haben die Bevollmächtigten des Antragstellers beim Verwaltungsgericht München Klage erhoben (Az. 10 K 16.30340) mit dem Antrag,
1. Der Bescheid der Beklagten wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Klagepartei als Asylberechtigten anzuerkennen,
hilfsweise:
2. Die Beklagte wird verpflichtet, festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen.
3. Die Beklagte wird verpflichtet, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 – 7 AufenthG vorliegen.
Gleichzeitig wurde gemäß § 80 Abs. 5 VwGO
Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht, der Antragsteller sei bisher nicht angehört worden. Der angefochtene Bescheid führe hierzu auf, dass der Antragsteller ein augenscheinliches Desinteresse habe. Dies sei nicht richtig. Auf das Schreiben der Antragsgegnerin vom 20. November 2015, dass der Antragsteller den Termin vom 19. Mai 2015 nicht wahrgenommen habe, sei der Antragsgegnerin per Fax vom 04. Dezember 2015 mitgeteilt worden, dass der Antragsteller keine Vorladung für den 19. November 2015 erhalten habe. Es sei vorgetragen worden, dass er in … arbeite und dort in einer Personalwohnung wohne. Das Asylantenheim sei in … Dort müsse man seine Post immer persönlich abholen. Entsprechende Schreiben des Antragstellers seien beigelegt, ebenso ein Schreiben der Kanzlei mit Anlagen sowie Faxbestätigung vom 04. Dezember 2015.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg. Nach der im Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden summarischen Überprüfung des angefochtenen Bescheids des Bundesamts ergibt sich, dass (1.) weder ein erheblicher Verfahrensfehler – mangelnde Anhörung des Antragstellers – vorliegt, der zu einer Aufhebung des Bescheids führen könnte, noch dass (2.) an der inhaltlichen Richtigkeit der ablehnenden Entscheidung des Bundesamts Zweifel bestehen.
1. Nach § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylG hat das Bundesamt den Ausländer persönlich anzuhören. Nach § 25 Abs. 5 AsylG kann jedoch von der persönlichen Anhörung eines Ausländers, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, dann abgesehen werden, wenn er einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. Ihm ist sodann Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme binnen eines Monats zu geben. Äußert sich der Ausländer innerhalb dieser Frist nicht, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage, wobei auch das Nichtmitwirken zu berücksichtigen ist.
So liegt der Fall hier. Das Bundesamt hat über den Asylantrag des Antragstellers ohne Rechtsverstoß nach Aktenlage entschieden.
Die Ladung des Antragstellers zur persönlichen Anhörung über sein Asylbegehren für den 19. November 2015 erfolgte mit Schreiben des Bundesamts vom 03. November 2015, welches gemäß § 14 Abs. 3 VwVfG an die Bevollmächtigten des Antragstellers versandt wurde, die sich mit Schreiben vom 20. März 2015 an das Bundesamt als Verfahrensbevollmächtigte bestellt hatten und gebeten hatten, den Schriftverkehr in dieser Angelegenheit über die Kanzlei zu führen, insbesondere Zustellungen an die Bevollmächtigten zu richten.
Nachdem der Antragsteller zum anberaumten Anhörungstermin am 19. November 2015 nicht erschienen war, gab die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 20. November 2015 an die Bevollmächtigten des Antragsstellers gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 AsylG Gelegenheit, innerhalb eines Monats nach Zugang dieses Schreibens sowohl zu den Asylgründen als auch zu den Gründen, die der Rückkehr der Mandantschaft in den Heimatstaat entgegenstünden, Stellung zu nehmen. Außerdem wurden die Bevollmächtigten aufgefordert, die Tatsachen vorzutragen, die bei einer Entscheidung zur Anordnung und/oder Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG bzw. § 11 Abs. 2 AufenthG als schutzwürdige Belange der Mandantschaft zu berücksichtigen wären. Den vorgelegten Behördenakten lässt sich eine Stellungnahme des Antragstellers oder seiner Bevollmächtigten zu diesem Schreiben nicht entnehmen. Daraufhin erließ das Bundesamt unter dem 22. Januar 2016 den angefochtenen ablehnenden Bescheid, welcher mit Anschreiben vom 18. Februar 2016 an die Bevollmächtigten mit einer Kopie der Verfahrensakte versandt wurde.
Der Verzicht des Bundesamts auf eine Anhörung des Antragstellers ist nicht zu beanstanden. Der Antragsteller hat sein Nichterscheinen zum Anhörungstermin am 19. November 2015 nicht nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AsylG genügend entschuldigt. Zunächst kann offenbleiben, ob die Terminsmitteilung auch unmittelbar dem Antragsteller zugesandt wurde, wovon der angefochtene Bescheid ausgeht. Jedenfalls wurde die Ladung an die Bevollmächtigten des Antragstellers gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 VwVfG an die Bevollmächtigten des Antragstellers versandt. Ihnen oblag es, die Ladung baldmöglich an ihren Mandanten weiterzugeben. Dies ist wohl auch erfolgt. Dem Vortrag der Bevollmächtigten im Klageverfahren lässt sich nicht entnehmen, dass sie selbst die Ladung vom 03. November 2015 nicht erhalten haben oder dass sie die Ladung nicht weiterleiteten.
Soweit die Bevollmächtigten des Antragstellers nunmehr geltend machen, jedenfalls auf die Mitteilung des Bundesamts vom 20. November 2015 fristgerecht mit einem Schreiben vom 04. Dezember 2015 reagiert zu haben, lässt sich dies den vorgelegten Verfahrensakten nicht entnehmen. Hierzu machen die Verfahrensbevollmächtigten allerdings mit der Vorlage einer Kopie eines Schreibens vom 04. Dezember 2015 mit beigefügtem Fax-Sendebericht an das Bundesamt glaubhaft, dass dieses Schreiben wohl tatsächlich an das Bundesamt versandt wurde. Angesichts der Vielzahl von Verfahren beim Bundesamt, die auch auf verschiedene Dienststellen des Bundesamts verteilt sind, erscheint es nachvollziehbar, dass das per Fax übersandte Schreiben nicht dem entsprechenden Verfahren zugeordnet wurde.
Allerdings enthält auch dieses Schreiben keine hinreichende Entschuldigung dafür, dass der Antragsteller zum anberaumten Anhörungstermin nicht erschienen war. Insoweit trägt der Antragsteller selbst mit Schreiben vom 30. November 2015 an seine Bevollmächtigten vor, er habe die Einladung für den 19. November 2015 nicht erhalten. Er arbeite in … und wohne dort in einer Personalwohnung. Seine Post müsse er im Asylantenheim in … immer persönlich abholen. Wenn der Antragsteller, wie sich seinem Schreiben entnehmen lässt, seine Post nicht bzw. nicht rechtzeitig an seiner ihm als Asylbewerber zugewiesenen Wohnung (…-Straße 4-6, …, laut Mitteilung des Landratsamts … an das Bundesamt vom 18. Juli 2014) abholt, ist dies ihm selbst zuzurechnen. Dem Antragsteller waren bei Asylantragstellung am 27. Mai 2013 entsprechende Informationsblätter ausgehändigt worden, in denen er darauf hingewiesen wurde, dass er einen Anhörungstermin unbedingt wahrnehmen solle. Er wurde auch darauf aufmerksam gemacht, dass er an ihn gerichtete behördliche Post dringlich einsehen müsse. Die Vernachlässigung ihm obliegender Mitwirkungspflichten könne zu empfindlichen Nachteilen führen. Der Antragsteller hatte mit seiner Unterschrift bestätigt, dass er die Belehrung verstanden habe und die Informationsblätter erhalten habe. Damit muss der Antragsteller die Ladung zum Anhörungstermin am 19. November 2015 gegen sich gelten lassen.
Der Antragsteller bzw. seine Bevollmächtigten haben im Übrigen die Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eine Monats nach dem Anschreiben vom 20. November 2015 nicht wahrgenommen. Eine schriftliche Äußerung anstelle einer Anhörung ist nicht erfolgt.
Auch im vorliegenden Eilverfahren wurde vom Antragsteller nichts Sachliches zur Untermauerung seines Asylbegehrens vorgetragen.
2. Im Übrigen sieht das Gericht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da es insoweit der Begründung des angefochtenen Verwaltungsakts folgt, § 77 Abs. 2 AsylG.
Damit ist der Antrag abzulehnen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.


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