Verwaltungsrecht

Senegal ist ein sicherer Herkunftsstaat

Aktenzeichen  M 10 K 16.30349

Datum:
5.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 4, § 36
AufenthG AufenthG § 60
GG GG Art. 16a

 

Leitsatz

Der Senegal ist ein sicherer Herkunftsstaat. Gegen diese Einstufung bestehen keine verfassungs- oder europarechtlichen Bedenken. (redaktioneller Leitsatz)
Bei einer Gefahr für Leib und Leben durch nichtstaatliche Dritte, kann auf die Hilfe durch die zuständigen Behörden im Senegal verwiesen werden. Insbesondere besteht auch eine innerstaatlichen Fluchtalternative. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

1. Über die Klage konnte nach vorheriger Anhörung der Klägerseite durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da sie keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 VwGO). Die Beklagte hat auf die Anhörung zu Entscheidungen durch Gerichtsbescheid generell verzichtet
2. Die Klage bleibt ohne Erfolg.
a) Die Klage ist zum Teil bereits unzulässig.
aa) Die Verpflichtung der Beklagten, den (auf dem Landweg) eingereisten Kläger als Asylberechtigten nach Art. 16a GG anzuerkennen, wird im Klageweg nicht weiter verfolgt. Der isolierten Anfechtung der Versagung der Asylanerkennung in Ziffer 2 des Bescheids vom 13. Januar 2016 fehlt daher das Rechtschutzbedürfnis (BayVGH, U.v. 4.8.1989 – 22 B 88.2557- BayVBl 1990, 312).
bb) Soweit ferner die Aufhebung der Anordnung in Ziffer 7 des streitgegenständlichen Bescheids begehrt wird, in der das sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG lediglich gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zeitlich befristet wird, ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses ebenfalls bereits unzulässig.
Denn die schlichte Aufhebung der Ziffer 7 des Bescheids aufgrund einer Anfechtungsklage beträfe lediglich die getroffene Befristungsentscheidung als solche, so dass ein erfolgreiches Rechtsmittel zur Folge hätte, dass das – unmittelbar kraft Gesetz geltende – Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten würde. Die Rechtsstellung des Klägers wäre somit nicht verbessert. Das Ziel einer kürzeren Befristung der gesetzlichen Sperrwirkung nach § 11 Abs. 2 AufenthG müsste, ebenso wie die Erteilung einer Betretenserlaubnis gemäß § 11 Abs. 8 AufenthG, im Wege der Verpflichtungsklage erstritten werden (vgl. NdsOVG, B.v. 14.12.2015 – 8 PA 199/15 – juris Rn. 5; VG München, B.v. 12.1.2016 – M 21 S 15.31689 – UA S. 8; VG Ansbach, B.v. 20.11.2015 – AN 5 S 15.01667 – juris Rn. 2; B.v. 18.11.2015 – AN 5 S 15.01616 – UA S. 2; VG Aachen, B.v. 30.10.2015 – 6 L 807/15.A – juris Rn. 8; Funke/Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, Stand Dezember 2015, § 11 Rn. 183, 190, 193, 196).
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass von Klägerseite keine (substantiierten) Bedenken gegen die Länge der Befristung vorgebracht wurden.
b) Im Übrigen ist die Klage zulässig (vgl. insbesondere im Hinblick auf Ziffer 6 des streitgegenständlichen Bescheids Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, Stand: Dezember 2015, § 11 Rn. 189), aber offensichtlich unbegründet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 20.9.2001 – 2 BvR 1392/00 – InfAuslR 2002, 146-149) setzt eine Abweisung der Asylklage als offensichtlich unbegründet – mit der Folge des Ausschlusses weiterer gerichtlicher Nachprüfung (§ 78 Abs. 1 AsylVfG) – voraus, dass im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylVfG) an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage sich dem Verwaltungsgericht geradezu aufdrängt. Da dem Asylverfahrensgesetz ein einheitlicher Begriff der offensichtlichen Unbegründetheit zugrunde liegt, ist die Bestimmung des § 30 AsylVfG grundsätzlich auch für das gerichtliche Verfahren maßgeblich (vgl. BVerfG, Bv. 20.9.2001 a. a. O.).
Nach diesen Maßgaben ist der Bescheid des Bundesamts vom 13. Januar 2016 entscheidungserheblichen Zeitpunkt rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO.
aa) Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag des Klägers nicht erkennbar.
Senegal ist ein sicherer Herkunftsstaat (vgl. § 29a Abs. 2 AsylG und Anlage II zu § 29a AsylG). Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich diese als verfassungswidrig erweist (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1507/93 – juris Rn. 65). Verfassungs- oder europarechtliche Bedenken gegen die Einstufung Senegals als sicherer Herkunftsstaat bestehen jedoch nicht.
Der Kläger hat die durch § 29a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung bzgl. Senegal auch nicht durch den schlüssigen Vortrag von individuellen Verfolgungstatsachen erschüttern können.
Soweit er sich auf einen Rebellenüberfall auf seinen Vater im Jahre 2002 hinweist und vorträgt, er fürchte die Rache der Rebellen, weil er damals gegen sie Anzeige bei der Polizei erstattet habe, genügt dieses Vorbringen – als wahr unterstellt – schon nicht den Anforderungen an eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure (§ 3c Nr. 3 AsylG). Es ist nach der Auskunftslage davon auszugehen, dass der senegalesische Staat willens und in der Lage ist, von Rebellen verfolgte Staatsangehörige zu schützen. Jedenfalls steht ihnen bei einer Rückkehr in den Senegal in Anwendung von § 3d, § 3e AsylG ausreichender interner Schutz zur Verfügung, insbesondere innerhalb der Großstädte des Landes bestehen ausreichende Ausweichmöglichkeiten (vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylG vom 21.11.2015 – Stand August 2015 – Gz. 508-516.80/3 SEN, nachfolgend: Lagebericht 2015 – S. 12 f.).
Eine Ablehnung des Schutzantrages als offensichtlich unbegründet ist damit nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG gerechtfertigt.
Das Gericht folgt insoweit der zutreffenden Begründung der Beklagten im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG), und nimmt ergänzend Bezug auf seine Ausführungen im Beschluss vom 5. April 2016, mit dem es im Verfahren Az. M 10 S 16.30350 den Antrag des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt hat. Im Klageverfahren wurden keine weiteren Umstände vorgetragen, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnten.
bb) Das Bundesamt hat auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) abgelehnt sowie das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG verneint.
Auch insoweit nimmt das Gericht vollumfänglich auf die Begründung des Bundesamts im streitgegenständlichen Bescheid Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG) und verweist ergänzend auf seine Ausführungen im Beschluss vom 5. April 2016 (Az. M 10 S 16.30350).
Soweit der Bevollmächtigte des Klägers in der Klagebegründung vom 26. Februar 2016 auf die nach wie vor instabile Sicherheitslage in Teilen der Casamance unter Bezugnahme auf die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes abstellt, geht dies an der Sache vorbei. Denn diese Hinweise dienen dazu, deutsche Staatsbürger über eventuelle Gefahren bei einer Reise in den Senegal zu informieren. Die Hinweise sind jedoch weder dazu bestimmt noch dazu geeignet, die Frage der Gefahr einer Verfolgung für Staatsangehörige des Senegal zu beantworten. Insoweit ist auf den bereits zitierten Bericht des Auswärtigen Amtes über die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylG vom 21. November 2015 als aktuelle amtliche Auskunftsquelle abzustellen. Hiernach ist zum einen festzuhalten, dass die noch im Winter 2011/2012 zu beklagenden gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der Armee und den Rebellen des MFDC seit 2012 deutlich nachgelassen haben (Lagebericht 2015 S. 6). Seitdem ist es zu keinen größeren Zwischenfällen gekommen. Im Frühjahr 2014 verkündete der Führer der MFDC, Salif Sadiò, einen einseitigen Waffenstillstand. Die amtierende Regierung Sall hat zudem internationale Vermittlungen zur Befriedung angestoßen (Lagebericht 2015 S. 12, 13).
Unabhängig davon gilt zum anderen auch hier, dass der Kläger wie oben ausgeführt ausreichenden internen Schutz im Senegal vorfindet (§ 4 Abs. 3 i. V. m. § 3d, § 3e AsylG).
cc) Nach alledem ist auch die vom Bundesamt nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.
dd) Schließlich ist auch das auf § 11 Abs. 7 AufenthG gestützte befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot rechtmäßig.
Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind im Rahmen der auf den Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden, zumal der Kläger gegen das Einreise- und Aufenthaltsverbot keine substantiierten Einwendungen vorgebracht und insbesondere kein fehlerhaftes Ermessen gerügt hat.
3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).


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