Verwaltungsrecht

Sicherstellung und Vernichtung eines Radarwarngerätes

Aktenzeichen  10 ZB 19.478

Datum:
17.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 13686
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124a Abs. 4 S. 4
PAG Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a

 

Leitsatz

1 Nur durch die Vernichtung des Radarwarngeräts kann eine bestimmungsgemäße Verwendung und damit eine erneute Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unterbunden werden; maßgeblich für die Gefahrenprognose sind grundsätzlich die konkreten Verhältnisse im Zeitpunkt der angefochtenen Maßnahme. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 600 € festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin wendet sich gegen die Sicherstellung und Vernichtung ihres Radarwarngerätes. Bei einer Verkehrskontrolle am 23. Juni 2017 wurde festgestellt, dass der Vater der Klägerin in dessen PKW ein Radarwarngerät mit sich geführt hatte. Dieses Warngerät wurde von der Polizei sichergestellt, dessen Herausgabe sie mit Schreiben vom 25. August 2017 ablehnte und dessen Vernichtung sie mit Bescheid vom 4. Oktober 2017 anordnete.
Das Bayerische Verwaltungsgericht München wies mit Urteil vom 19. Dezember 2018 die Klage auf Aufhebung der Vernichtungsanordnung sowie auf Herausgabe des Radarwarngeräts ab. Durch das Mitführen des Radarwarngeräts sei gegen die Rechtsordnung verstoßen und damit eine gegenwärtige Gefahr im Sinne des Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PAG verwirklicht worden. Diese Gefahr wäre bei Herausgabe des Geräts wieder gegenwärtig, trotz der von der Klägerin vorgetragenen Zusicherung, das Gerät in Deutschland nicht mehr zu verwenden. Denn es komme nicht auf die subjektive Motivationslage sondern vielmehr darauf an, ob objektiv aus der Sicht eines verständigen Dritten die Besorgnis einer weiteren Tatverwirklichung in nächster Zeit bestehe. Dies sei schon wegen des technisch bedingten und alleinigen Verwendungszwecks des Geräts anzunehmen. Dem könne wirksam nur durch eine Vernichtung Rechnung getragen werden. Es spiele demnach keine Rolle, ob das Radarwarngerät in Österreich zulässigerweise verwendet werden könnte.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Es fehle in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation an einer obergerichtlichen Rechtsprechung. Das Radarwarngerät sei von einem Dritten verwendet worden. Die Klägerin und Eigentümerin habe versichert, dieses Gerät niemals in Deutschland verwendet zu haben und beabsichtige, es ihren im Ausland lebenden Angehörigen zu übersenden. Eine erneute Verwendung in Deutschland sei folglich ausgeschlossen.
Das Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2019 – 10 ZB 18.1768 – Rn. 11; B.v. 14.2.2019 – 10 ZB 18.1967 – juris Rn. 10; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 124a Rn. 72).
Diesen Darlegungserfordernissen wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Soweit die Klägerin geltend macht, dass es zu „jener Sachverhaltskonstellation“ an einer „klaren verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung fehle“ bzw. dass „eine klarstellende Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur gegenständlichen Verfahrenskonstellation für die Rechtsentwicklung von grundsätzlicher Bedeutung“ sei, wird schon keine konkrete, fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert. Es wird auch nicht der Sache nach aufgezeigt, dass hierzu unterschiedliche Auffassungen in der Rechtsprechung vertreten werden würden, die einen entsprechenden Klärungsbedarf auslösen könnten. Im Übrigen ist die „Frage“ schon aufgrund ihrer Formulierung allein auf die individuellen Verhältnisse der Klägerin im konkreten Einzelfall bezogen, so dass ihr eine fallübergreifende Bedeutung nicht zukommt. Soweit im Folgenden noch ausgeführt wird, inwiefern der Berufsstand des Vaters der Klägerin zu berücksichtigen gewesen wäre, wird ebenfalls nicht dargelegt, welche Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung klärungsbedürft und entscheidungserheblich gewesen sein soll. Abschließend und ergänzend weist der Senat darauf hin, dass in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt ist, dass nur durch die Vernichtung des Radarwarngeräts eine bestimmungsgemäße Verwendung und damit eine erneute Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unterbunden werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.1998 – 24 ZS 98.1588 – juris Rn. 9); maßgeblich für die Gefahrenprognose sind grundsätzlich die konkreten Verhältnisse im Zeitpunkt der angefochtenen Maßnahme.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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