Verwaltungsrecht

Soldatenrecht, Faktisches Dienstverhältnis, „Entlassung“, Anspruch auf Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit (verneint), Körperliche Eignung, Bekannter Bandscheibenvorfall, Rückenbeschwerden während der Grundausbildung

Aktenzeichen  6 CS 22.563

Datum:
23.6.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 15427
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 123 Abs. 1
SG § 37 Abs. 1 Nr. 3
SG § 55 Abs. 2

 

Leitsatz

Verfahrensgang

RO 1 S 21.2066 2022-02-16 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 16. Februar 2022 – RO 1 S 21.2066 – wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 16.344,36 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller bewarb sich im Februar 2020 um die Wiedereinstellung als Soldat auf Zeit in der Laufbahn der Unteroffiziere. Nachdem er wehrmedizinisch mit dem Ergebnis „dienstfähig und verwendungsfähig mit Einschränkungen“ begutachtet worden war, eröffnete ihm das Karrierecenter der Bundeswehr IV mit Schreiben vom 11. November 2020 die Entscheidung über die beabsichtigte Einplanung (im Organisationsbereich Streitkräftebasis in der Verwendung als Kfz-Mechatroniker). Die Einplanung werde erst durch die Aushändigung bzw. nach Zusendung der Aufforderung zum Dienstantritt rechtswirksam. Mit weiterem Schreiben vom 11. November 2020 teilte ihm das Karrierecenter unter dem Betreff „Aufforderung zum Dienstantritt“ mit, dass beabsichtigt sei, ihn als Soldat auf Zeit mit dem Dienstgrad Stabsunteroffizier in der Bundeswehr einzustellen. Nach seinem Dienstantritt erhalte er die Ernennungsurkunde, durch die er in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen werde. Zugleich wurden ihm Ort und Zeit des Dienstantritts genannt.
Der Antragsteller trat den Dienst im Januar 2021 an, erhielt aber keine Ernennungsurkunde, weil er bei wiederholten truppenärztlichen Begutachtungen (vom 29.1., 31.3. und 27.4.2021) als „nicht dienstfähig“ eingestuft wurde. Der Kompaniechef teilte ihm mit Schreiben vom 8. April 2021 mit: „hiermit entlasse ich Sie aufgrund Ihrer festgestellten Dienstuntauglichkeit … mit Ablauf des 30.04.2021 aus dem militärischen Dienst.“ Unter dem 19. April 2021 erhob der Antragsteller hiergegen Beschwerde, über die – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden ist.
Am 7. Mai 2021 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Beschwerde vom 19. April 2021 gegen die Entlassung aus dem militärischen Dienst vom 8. April 2021 anzuordnen. Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 SG für eine Entlassung lägen nicht vor. Er sei dienstfähig. Der bei der Einstellungsuntersuchung bekannte Bandscheibenvorfall, auf den sich die nachträgliche Einstufung stütze, sei seit Jahren ausgeheilt. Er sei in demselben gesundheitlichen Zustand wie zum Zeitpunkt der Einstellungsuntersuchung. Eine (erneute) Absolvierung der Grundausbildung sei, wie dem Antragsteller bei der Einstellung mitgeteilt worden sei, nicht mehr notwendig. Am 24. Juni 2021 hat der Antragsteller seinen Antrag ergänzt und hilfsweise beantragt, gemäß § 123 Abs. 1 VwGO die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller die Ernennungsurkunde zum Soldaten auf Zeit unter Mitteilung der Dauer des Dienstverhältnisses, hier 15 Jahre, auszuhändigen und ihn zum Soldaten auf Zeit zu berufen. Es handle sich nach dem klaren Wortlaut des Schreibens um eine Entlassung, so dass ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft sei. In jedem Fall aber bestehe ein Anspruch des Antragstellers auf Übergabe der Ernennungsurkunde und somit zur Berufung zum Soldaten auf Zeit.
Mit Beschluss vom 28. Juli 2021 hat das Verwaltungsgericht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Truppendienstgericht verwiesen. Auf die Beschwerde des Antragstellers hat der Senat diesen Beschluss aufgehoben und den Verwaltungsrechtsweg für zulässig erklärt (B.v. 12.10.2021 – 6 CS 21.2140). Für den Rechtstreit um „Entlassung“ und Ernennung des Antragstellers sei der Rechtsweg zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten nach § 82 Abs. 1 SG zulässig.
Hierauf hat das Verwaltungsgericht das Verfahren fortgeführt. Der Antragsteller hat klargestellt, dass es bei den bereits gestellten Anträgen verbleibe. Er wende sich mit seinem Hauptantrag gegen die Beendigung des faktischen Dienstverhältnisses aufgrund der behaupteten Dienstunfähigkeit und verfolge mit dem Hilfsantrag die Herausgabe der Ernennungsurkunde.
Mit Bescheid vom 4. November 2021 stellte das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr fest, dass der Antragsteller nicht zum Soldaten auf Zeit berufen werden könne. Seine körperliche Eignung für den Soldatenberuf im Status eines Soldaten auf Zeit in der Verwendung als Kraftfahrzeugmechatroniker habe nicht nachgewiesen werden können. Die körperliche Eignung sei gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 3 SG zwingende Einstellungsvoraussetzung zur Berufung zum Soldaten auf Zeit. Der Antragsteller sei selbst wegen Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule am 18. Januar 2021 beim Truppenarzt vorstellig geworden. Bei der umgehend veranlassten militärfachärztlichen Abklärung am 19. Januar 2021 sei durch eine erneute Untersuchung eine Verschlechterung festgestellt worden. Es hätten belastungsabhängige starke Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule vorgelegen, die eine Belastung wie in der Grundausbildung nicht möglich gemacht hätten.
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller entsprechend der dem Bescheid beigefügten RechtsbehelfsbelehrungWiderspruch, über den – soweit ersichtlich – ebenfalls noch nicht entschieden ist.
Mit Beschluss vom 26. Februar 2022 hat das Verwaltungsgericht den (Haupt- und Hilfs-)Antrag auf einstweiligen Rechtschutz abgelehnt. Dahinstehen möge letztlich, ob der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig sei. Es sei nicht erkennbar, dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gemessen am erkennbaren Ziel des Antragstellers erfolgreich sei. Gemessen an den Ausführungen des Antragstellers gehe es diesem nicht darum, Soldat in einem faktischen Soldatenverhältnis zu bleiben, sondern um die Feststellung, dass er dienstfähig sei, so dass er einen Anspruch auf Ernennung, mithin die Aushändigung der Ernennungsurkunde habe. Ihm gehe es letztlich darum, dass er eine Ernennungsurkunde erhalte und zum Soldaten auf Zeit berufen werde. Dies könne der Antragsteller aber nicht über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erreichen. Da sonach der Hauptantrag nicht zielführend sei, werde über den Hilfsantrag entschieden. Dem Antrag nach § 123 VwGO fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis, wenn eine Ernennung des Antragstellers mit Bescheid vom 4. November 2021 bestandskräftig abgelehnt worden sei. Letztlich möge die Zulässigkeit dahinstehen, denn jedenfalls sei der Antrag unbegründet. Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht worden. Nach den ärztlichen Unterlagen erscheine zumindest offen, ob der Antragsteller dienst- und verwendungsfähig sei. Von einer gesundheitlichen Eignung könne nicht (zweifelsfrei) ausgegangen werden. Auch ein Anspruch auf Ernennung aufgrund einer rechtwirksamen Zusicherung durch die Antragsgegnerin liege nicht vor.
Der Antragsteller hat hiergegen Beschwerde eingelegt, mit der er seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg.
Die Gründe, die mit der Beschwerde fristgerecht dargelegt worden sind und auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 i.V.m. Satz 1 und 3 VwGO), rechtfertigen es nicht, den mit dem Rechtsmittel weiterverfolgten Anträgen gemäß § 80 Abs. 5 und § 123 Abs. 1 VwGO zu entsprechen. Das Verwaltungsgericht hat sowohl den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde des Antragstellers gegen die „Entlassung“ aus dem militärischen Dienst vom 8. April 2021 anzuordnen, als auch den (hilfsweise gestellten) Antrag, gemäß § 123 Abs. 1 VwGO die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller die Ernennungsurkunde zum Soldaten auf Zeit auszuhändigen und ihn somit zum Soldaten auf Zeit zu berufen, zu Recht abgelehnt.
Die Rüge des Antragstellers, das Gericht hätte die Zulässigkeit des (Haupt-)Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht dahinstehen lassen dürfen, sondern wegen des Gebots der Gewährung effektiven Rechtsschutzes hierüber entscheiden müssen, geht von vornherein fehl. Denn das Gesetz sieht für das Rechtsmittel der Beschwerde anders als die Vorschriften über Berufung und Revision kein vorgeschaltetes, etwa von der erfolgreichen Rüge eines Verfahrensfehlers abhängiges Zulassungsverfahren vor. Der Verwaltungsgerichtshof prüft vielmehr als Beschwerdegericht – innerhalb des durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO gezogenen Rahmens – den Rechtsfall eigenständig sowohl tatsächlich als auch rechtlich im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht (vgl. BayVGH, B.v. 26.1.2016 – 6 CE 15.2800 – juris Rn. 15 m.w.N.).
Die ausdrücklich als Haupt- und Hilfsantrag gestellten Anträge nach § 80 Abs. 5 und § 123 Abs. 1 VwGO sind einer Auslegung oder Umdeutung (in einen Antrag (allein) nach § 123 Abs. 1 VwGO) nicht zugänglich, mag der Antragsteller der Sache nach auch begehren, durch Aushändigung der Ernennungsurkunde in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen zu werden (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1, § 37, § 41 Abs. 1 Satz 1 SG; B.v. 12.10.2021 – 6 CS 21.2140 – Rn. 11). § 88 (i.V.m. § 122 Abs. 1, § 150) VwGO erlaubt nicht, den Wesensgehalt der Auslegung zu überschreiten und an die Stelle dessen, was eine Partei erklärtermaßen will, das zu setzen, was sie – nach Meinung des Gerichts – zur Verwirklichung ihres Bestrebens wollen sollte. Vollends darf sich das Gericht nicht über ein bewusstes Antragsverhalten des Klägers oder Beschwerdeführers – etwa eine Staffelung von Haupt- und Hilfsanträgen – hinwegsetzen (Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 88 Rn. 8 m.w.N.). Der Antragsteller hat ausdrücklich erklärt, er wende sich mit seinem Hauptantrag gegen die Beendigung des faktischen Dienstverhältnisses (mit dem Ziel, seine bisherige Position in der Truppe bis zur Hauptsacheentscheidung beizubehalten) und begehre mit dem Hilfsantrag die Aushändigung der Ernennungsurkunde (vgl. S. 9, 17 der Beschwerdebegründung vom 17.3.2022). An dieses Begehren in Form der Stellung eines Haupt- und Hilfsantrags ist der Senat gebunden.
Beide Anträge hat das Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt.
1. Der (Haupt-)Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde des Antragstellers gegen die „Entlassung“ aus dem militärischen Dienst bleibt ohne Erfolg. Der Antrag ist bereits unzulässig.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO dürfte schon nicht statthaft sein. Voraussetzung für die Statthaftigkeit eines Eilantrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist, dass objektiv ein Verwaltungsakt vorliegt, der von der anzuordnenden, wiederherzustellenden oder festzustellenden aufschiebenden Wirkung erfasst werden kann (Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 41. EL Juli 2021, VwGO, § 80 Rn. 455; Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, VwGO, § 80 Rn. 126). Bei dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 8. April 2021 dürfte es sich schon nicht um einen – im Verwaltungsrechtsweg (vgl. § 82 Abs. 1 SG, § 17 WBO) anfechtbaren – Verwaltungsakt im Sinn des § 35 VwVfG handeln. Zwar heißt es darin, der Antragsteller werde aufgrund seiner festgestellten Dienstuntauglichkeit mit Ablauf vom 30. April 2021 aus dem militärischen Dienst „entlassen“. Gleichwohl sprechen das Fehlen einer ausführlichen Begründung, die einfache Bekanntgabe anstelle der Zustellung und das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrunggegen die Annahme, dass hiermit eine Entlassung im Sinn des § 54 Abs. 2 Nr. 1, § 55 Abs. 2 Satz 1 SG und damit eine Regelung mit Außenwirkung getroffen werden sollte. Vielmehr dürfte sich das Schreiben inhaltlich darauf beschränken, den Antragsteller nach Hause in Marsch zu setzen, mithin eine – nicht der Entscheidung durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit unterliegende – truppendienstliche Maßnahme zu treffen.
Für den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO fehlt es aber jedenfalls an der nach § 42 Abs. 2 VwGO (in entsprechender Anwendung, vgl. Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 73 m.w.N.) erforderlichen Antragsbefugnis.
Eine Verletzung in eigenen Rechten kann der Antragsteller nicht geltend machen. Der Antragsteller hatte zwar im Januar 2021 den Dienst bei der Bundeswehr angetreten, ist aber mangels Aushändigung der Ernennungsurkunde kein Soldat im Sinn von § 1 SG geworden. Er befand sich während seiner Eingliederung in der Bundeswehr lediglich als sog. de-facto-Soldat in einem faktischen Dienstverhältnis (vgl. Hucul in Eichen/Metzger/Sohm, Soldatengesetz, 4. Aufl. 2021, § 1 Rn. 39 ff.; BayVGH, B.v. 12.10.2021 – 6 CS 21.2140 – juris Rn. 11). Es ist nicht ersichtlich, in welchen Rechten der Antragsteller durch die Beendigung des faktischen Dienstverhältnisses verletzt sein sollte. Der Antragsteller hat – wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat – keinen Anspruch auf Fortführung des faktischen Soldatenverhältnisses. Ein solcher Anspruch lässt sich auch aus Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. § 3 Abs. 1 SG) nicht herleiten. Diese Bestimmungen können dem faktischen Soldaten allenfalls – umgekehrt – einen Anspruch auf Beendigung des faktischen Dienstverhältnisses und Berufung in ein Dienstverhältnis zum Soldaten im Rechtssinn vermitteln, sofern ihm die Einstellung verbindlich zugesagt worden ist (vgl. Hucul in Eichen/Metzger/Sohm, Soldatengesetz, 4. Aufl. 2021, § 1 Rn. 43; Scherer/Alff/Poretschkin/Lucks, Soldatengesetz, 10. Aufl. 2018, § 1 SG Rn. 24, Vogelgesang in Fürst, GKÖD, Band I, Teil 5a, Yk § 1 SG Rn. 21; vgl. auch Nr. 101 der ZdV A-1420/9 „Nachholen der unterbliebenen Aushändigung einer Ernennungsurkunde über die Berufung in das Dienstverhältnis einer Soldatin auf Zeit oder eines Soldaten auf Zeit und einer fehlenden Dienstzeitfestsetzung“). Eine Verletzung des Antragstellers in eigenen Rechten durch die hier in Streit stehende Beendigung des faktischen Wehrdienstverhältnisses mit Schreiben vom 8. April 2021 erscheint daher von vornherein als ausgeschlossen.
Im Übrigen fehlt es für den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO – ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankäme – auch am Rechtsschutzbedürfnis.
Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt für solche Klagen oder Anträge, deren Erfolg die Rechtsstellung des Antragstellers nicht verbessern würde (sog. „nutzlose“ Klagen oder Anträge, vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Vor §§ 40 – 53 Rn. 11, 16 m.w.N, § 80 Rn. 82 f.; Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 41. EL Juli 2021, § 80 Rn. 493, Ehlers in Schoch/Schneider, a.a.O., § 40 Rn. 94). Mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde des Antragstellers gegen seine „Entlassung“ vom 8. April 2021 kann der Antragsteller – unterstellt, es handelte sich dabei um einen Verwaltungsakt – allenfalls erreichen, dass die Antragsgegnerin alle Maßnahmen zu unterlassen hat, die als Vollziehung zu qualifizieren wären. Er kann also auch bei Erfolg seines Antrags lediglich die (vorläufige) Wiederherstellung des Status quo – also den Status eines de-facto-Soldaten – erreichen. Damit kann der Antragsteller seine Rechtsstellung nicht verbessern. Denn in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit darf – auch nach bereits erfolgter tatsächlicher Eingliederung in die Bundeswehr – nur berufen werden, wer die charakterliche, geistige und körperliche Eignung besitzt, die zur Erfüllung seiner Aufgaben als Soldat erforderlich ist (§ 37 Abs. 1 Nr. 3 SG). Das Bestehen eines faktischen Wehrdienstverhältnisses allein vermag dem Antragsteller mithin keinen rechtlichen Vorteil im Hinblick auf die erstrebte Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit zu vermitteln. Solange die Ernennungsurkunde noch nicht ausgehändigt wurde, entfaltet sie keinerlei Rechtswirkungen; die mit ihr beabsichtigte Ernennung kann jederzeit zurückgestellt oder aufgegeben werden, ohne dass hierfür die Voraussetzungen für die Beendigung eines Dienstverhältnisses (§§ 43 ff., hier § 54 Abs. 2 Nr. 1, § 55 Abs. 2 Satz 1 SG) vorliegen müssten (vgl. BVerwG, U.v. 1.2.1978 – VI C 9.77 – juris Rn. 17 ff.; Sohm in Eichen/Metzger/Sohm, Soldatengesetz, 4. Aufl. 2021, § 41 Rn. 9; a.A. offenbar VG Ansbach, U.v. 29.4.2020 – AN 16 K 19.00989 – juris Rn. 2). Entgegen der Auffassung des Antragstellers setzt seine Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit auch nicht voraus, dass er weiterhin in die Bundeswehr eingegliedert ist. Dass der Bewerber seinen Dienst tatsächlich antritt und in die Streitkräfte eingegliedert wird, ist lediglich Voraussetzung dafür, dass ein faktisches Wehrdienstverhältnis mit den sich daraus ergebenden Rechtsbeziehungen verschiedener Art – etwa einem Anspruch auf geldliche Abfindung – entsteht (vgl. Scherer/Alff/Poretschkin/Lucks, Soldatengesetz, 10. Aufl. 2018, § 1 SG Rn. 20, 26; Vogelgesang in Fürst, GKÖD, Band I, Teil 5a, Yk § 1 SG Rn. 21, 23; Hucul in Eichen/Metzger/Sohm, Soldatengesetz, 4. Aufl. 2021, § 1 Rn. 40, 47). Das faktische Dienstverhältnis dient damit u.a. dem Schutz des Bewerbers, der – aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen – nicht ernannt wurde, aber im Vertrauen auf die Ernennung Dienst geleistet hat. Es ist aber kein notwendiges „Durchgangsstadium“ im Sinn einer zwingenden Voraussetzung für die Ernennung zum Soldaten im Sinn von § 1 SG. Aus welchen Gründen der Antragsteller – wie er in seiner Beschwerdebegründung (S. 9) vorbringt – die Möglichkeit haben muss, vom faktischen Soldaten zum Soldaten auf Zeit „aufzusteigen“, erschließt sich dem Senat vor diesem Hintergrund nicht. Insbesondere vermag ihm der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO – wie bereits ausgeführt – nicht zur Anwendbarkeit des § 55 Abs. 2 SG – mit einer für den Antragsteller günstigeren materiellen Beweislast – verhelfen. Für den allein auf das Ziel der Fortführung des faktischen Dienstverhältnisses gerichteten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO fehlt es mithin (auch) am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.
2. Auch der – aufgrund der Erfolglosigkeit des Hauptantrags zu prüfende – Hilfsantrag nach § 123 Abs. 1 VwGO bleibt ohne Erfolg. Der Antrag dürfte zwar zulässig, insbesondere der Bescheid vom 4. November 2021 nicht bestandskräftig geworden sein; er ist aber unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Derartige Anordnungen, die – wie hier – durch vorläufige Befriedigung des erhobenen Anspruchs die Entscheidung im Hauptsacheverfahren zumindest in zeitlicher Hinsicht vorwegnehmen, setzen voraus, dass die Vorwegnahme der Hauptsache zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, um andernfalls zu erwartende schwere und unzumutbare Nachteile oder Schäden vom Antragsteller abzuwenden (Anordnungsgrund), und dass ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für den Erfolg in der Hauptsache spricht (Anordnungsanspruch). Beides ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V. mit § 920 Abs. 2 ZPO). Daran fehlt es hier.
Zweifelhaft erscheint bereits, ob der vom Antragsteller geltend gemachte „berufliche Schwebezustand“ seit April 2021 einen schweren und unzumutbaren Nachteil in diesem Sinn darstellt. Dass der Antragsteller außerstande wäre, aus einer anderen als der angestrebten Erwerbstätigkeit bei der Bundeswehr Einkommen zu erzielen, ist weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Letztlich kann dies aber dahinstehen. Denn es fehlt jedenfalls an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit und Aushändigung einer entsprechenden Ernennungsurkunde. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass es an den Voraussetzungen für die Berufung des Antragstellers in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit fehlt, weil der Antragsteller die erforderliche körperliche Eignung nicht (zweifelsfrei) aufweist (a) und ihm die Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit auch nicht rechtwirksam zugesichert worden ist (b).
a) Ein Anspruch des Antragstellers auf Berufung in das Dienstverhältnis zum Soldaten auf Zeit und Aushändigung der Ernennungsurkunde scheitert an der nicht zweifelsfrei bestehenden körperlichen Eignung.
aa) Zur Begründung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit (Berufung) bedarf es einer Ernennung (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 SG). Die Begründung des Dienstverhältnisses erfolgt durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde (§ 41 Abs. 1 Satz 1 SG). In das Dienstverhältnis zum Soldaten auf Zeit darf – wie oben bereits ausgeführt – nur berufen werden, wer (u.a.) die charakterliche, geistige und körperliche Eignung besitzt, die zur Erfüllung seiner Aufgaben als Soldat erforderlich ist (§ 37 Abs. 1 Nr. 3 SG). Bei der von Art 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen der jeweiligen Laufbahn in körperlicher Hinsicht entspricht. Ist die körperliche Eignung nicht gegeben, darf der Bewerber unabhängig von seiner charakterlichen oder geistigen Eignung nicht eingestellt werden.
Das Vorliegen der erforderlichen Eignung ist damit eine zwingende Einstellungsvoraussetzung. Auch das aus Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. § 3 Abs. 1 SG) folgende Recht auf Zugang zu einem öffentlichen Amt setzt voraus, dass der Bewerber die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt. Selbst ein ausgewählter Bewerber kann nicht ernannt werden, wenn sich nachträglich Zweifel an seiner gesundheitlichen Eignung ergeben (BVerwG, U.v. 11.4.2017 – 2 VR 2.17 – juris Rn. 11 f.; BayVGH, B.v. 9.6.2017 – 6 ZB 16.1993 – juris Rn. 11 f.).
Der Einstellungsbewerber trägt daher die materielle Beweislast für die erforderliche Eignung. Er ist – anders als im Fall der Feststellung einer Dienstunfähigkeit von bereits ernannten Soldaten – mit dem Risiko der Nichterweislichkeit seiner gesundheitlichen Eignung belastet (vgl. BVerwG, U.v. 11.4.2017 – 2 VR 2.17 – juris Rn. 13 zur Ernennung eines Beamten).
Die Anforderungen, denen ein Bewerber in körperlicher Hinsicht genügen muss, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Bewerber erfüllen muss, um seine Aufgaben als Soldat wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest. Subjektive Rechte der Bewerber werden hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Dem Dienstherrn steht hierbei ein weiter Einschätzungsspielraum zu (BVerwG, U.v. 30.10.2013 – 2 C 16.12 – juris Rn 18; U.v. 25.7.2013 – 2 C 12.11 – juris Rn 12; B.v. 12.11.2021 – 1 W-VR 9/21 – juris Rn. 20). Maßstab für die dienstlichen Anforderungen in den Streitkräften ist der Verteidigungsauftrag der Streitkräfte nach Art. 87a Abs. 1 GG. Diese Norm bringt zusammen mit Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG die verfassungsrechtliche Grundentscheidung des Grundgesetzes für eine wirksame militärische Verteidigung der Bundesrepublik und damit die Sicherung der staatlichen Existenz zum Ausdruck. Aus dem Verteidigungsauftrag folgt die Verpflichtung, die Streitkräfte organisatorisch so zu gestalten und personell auszustatten, dass sie ihren militärischen Aufgaben gewachsen sind. Die verfassungsrechtlich gebotene ständige Einsatzbereitschaft der Bundeswehr setzt in den Grenzen des Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG ein hohes Maß an personeller Flexibilität voraus, weil diese unerlässliche Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Einsatzfähigkeit und Schlagkraft der Bundeswehr ist. Daher können einem Soldaten ungeachtet seines Dienstgrades grundsätzlich alle Aufgaben übertragen werden, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls bei objektiver Betrachtung noch zumutbar sind. Es ist Sache des Dienstherrn, die sich daraus ergebenden militärischen Anforderungen zu bestimmen, die für jeden Soldaten unverzichtbar sind. Ein Soldat, der diesen Anforderungen nicht genügt, ist auch dann nicht geeignet, wenn er in Friedenszeiten zumutbar verwendet werden kann (BVerwG, U.v. 27.6.2013 – 2C 67/11 – juris Rn. 10 ff.; BayVGH, B.v. 9.6.2017 – 6 ZB 16.1993 – juris Rn. 13). Die körperlichen Anforderungen dürfen sich danach nicht allein auf den aktuellen Dienstposten des Bewerbers, sondern müssen sich auf die gesamte Verwendungsbreite der Ausbildung beziehen. Die unverzichtbaren Anforderungen an den Einsatz im Verteidigungsfall können sich aber nach Waffengattung und Verwendung unterscheiden (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2013 – 2 C 67/11 – juris Rn. 13 ff., 18).
Demgegenüber ist dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob der Bewerber den vom Dienstherrn festgelegten – laufbahnbezogenen – Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Der Spielraum des Dienstherrn bei der Bestimmung der körperlichen Anforderungen für eine Verwendung im Wehrdienstverhältnis rechtfertigt keine Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte bei der Beurteilung der daran anknüpfenden körperlichen Eignung. Es ist zu prüfen, ob der Bewerber den Anforderungen genügt und ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich daran – bei Soldaten – bis zum Erreichen des Endes der Dienstzeit oder der Altersgrenze mit überwältigender Wahrscheinlichkeit etwas ändert. Über die gesundheitliche Eignung von Bewerbern im Sinn von Art. 33 Abs. 2 GG haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein (BVerwG, U.v. 30.10.2013 – 2 C 16.12 – juris Rn 19; BVerwG, U.v. 25.7.2013 – 2 C 12.11 – juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 9.6.2017 – 6 ZB 16.1993 – juris Rn. 14).
bb) Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass Zweifel an der körperlichen Eignung des Antragstellers bestehen, die seiner Berufung in das Dienstverhältnis zum Soldaten auf Zeit entgegenstehen.
Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller ausweislich der hierüber gefertigten Mitteilung für die Personalakte unter dem 29. Januar, 31. März und 27. April 2021 jeweils als „nicht dienstfähig“ begutachtet. Der Stellungnahme der Beratenden Ärztin beim Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr vom 25. August 2021 ist zu entnehmen, dass dieser Einschätzung insbesondere der Umstand zugrunde lag, dass der Antragsteller am 18. Januar 2021 – zirka eine Woche nach Dienstantritt – wegen Rückenbeschwerden eigenmotiviert beim Truppenarzt vorstellig geworden sei und bei der daraufhin veranlassten wehrorthopädischen Untersuchung am 19. Januar 2021 selbst angegeben habe, den Belastungen der Grundausbildung „mit Rucksack tragen, Geländeausbildung und langen stehenden Belastungen“ nicht nachkommen zu können. Die klinische Untersuchung sei zum Ergebnis gekommen, dass bereits eine Verschlechterung seines Untersuchungsbefundes im Vergleich zur Voruntersuchung im November 2020 festzustellen sei („bei endgradiger Inklination Schmerzangabe mit FBA von 10 cm“ anstelle der vorherigen 0 cm). Es liege eine belastungsabhängige Lumbago vor, insgesamt sei eine Belastung des Patienten „wie beispielsweise in der Grundausbildung“ nicht möglich. Aus orthopädischer Sicht bestehe damit keine militärische Belastbarkeit. Daraufhin sei seitens des Truppenarztes die Änderung der Gesundheitsziffer (GZ) von „III/42“ auf „VI/42“ vorgeschlagen und der Änderung des Tauglichkeitsgrads (von 2 auf 5) seitens des Bundesamts für Personalmanagement der Bundeswehr zugestimmt worden. Diese Ausführungen begründen – wie vom Verwaltungsgericht zu Recht angenommen – erhebliche Zweifel an der körperlichen Eignung des Antragstellers.
Soweit der Antragsteller einwendet, er sei weiterhin dienstfähig, weil seine Eignung bei der Einstellungsuntersuchung bereits positiv festgestellt worden sei und sein Gesundheitszustand sich seither nicht geändert habe, kann er damit nicht durchdringen. Die körperliche Eignung muss zum Zeitpunkt der Ernennung, hier also zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, vorliegen. Dass der Antragsteller zunächst als „dienstfähig und verwendungsfähig mit Einschränkungen“ begutachtet worden ist, ist daher nicht ausreichend. Soweit der Antragsteller sinngemäß vorbringt, dass sich sein Gesundheitszustand gegenüber der Einstellungsuntersuchung letztlich nicht verschlechtert habe, vielmehr von Anfang an klar gewesen sei, dass er wegen seines (wenn auch ausgeheilten) Bandscheibenvorfalls nicht verwendungsfähig für die Grundausbildung sei, vermag er damit seine Eignung nicht zu belegen. Der Dienstherr legt in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest, welchen körperlichen Anforderungen ein Soldat genügen muss, um den Anforderungen an die Ämter einer bestimmten Laufbahn – hier offenbar der Laufbahn der Fachunteroffiziere (vgl. § 4 SLV i.V.m. Anlage 1 Nr. 2a und Anlage 2 zu § 4) – genügen zu können. Welche Anforderungen dies vorliegend im Einzelnen sind, hat die Antragsgegnerin zwar – soweit ersichtlich – nicht im Einzelnen dargelegt. Aus dem Verteidigungsauftrag der Bundeswehr ergibt sich für den Senat jedoch ohne weiteres, dass ein Soldat zumindest den körperlichen Anforderungen genügen muss, wie sie im Rahmen der Grundausbildung an jeden Soldaten – unabhängig von seiner späteren konkreten Verwendung – gestellt werden. Am Ende der Grundausbildung soll jeder Auszubildende über eine allgemeinmilitärische Grundbefähigung verfügen. Jeder Auszubildende muss somit körperlich in der Lage sein, die Grundausbildung zu durchlaufen. Den körperlichen Belastungen der Grundausbildung ist der Antragsteller aber nicht nur laut ärztlicher Stellungnahme vom 25. August 2021, sondern auch nach eigenen Angaben nicht gewachsen. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller – der bereits im Zeitraum von 1989 bis 1993 Soldat auf Zeit war – zugesagt hätte, dass er die Grundausbildung nicht (erneut) durchlaufen und dementsprechend auch die körperlichen Anforderungen an diesen Teil der Ausbildung nicht erfüllen müsse, lassen sich den vorgelegten Akten nicht entnehmen. Der Antragsteller bringt insoweit vor, es sei von vornherein nicht beabsichtigt gewesen, dass er die Grundausbildung (erneut) durchführen solle. Er sei „anders eingeplant“ gewesen. Der Antragsteller nimmt damit offenbar Bezug auf das Schreiben der Antragsgegnerin vom 11. November 2020, mit dem ihm die Entscheidung über die beabsichtigte Einplanung als Kraftfahrzeugmechatroniker eröffnet wurde. Dem Schreiben lässt sich jedoch nichts dafür entnehmen, dass der Antragsteller von der Grundausbildung und der Erfüllung der hierfür erforderlichen körperlichen Voraussetzungen befreit sein soll.
Auch soweit der Antragsteller – ebenso wie das Verwaltungsgericht – rügt, dass sich der ärztlichen Stellungnahme vom 25. August 2021 nicht entnehmen lasse, welche der unter Nr. 7.3.42 – Ziffer VI der AR A1-831/0-4000 („Wehrmedizinische Begutachtung“) genannten Fallgruppen vorliege, vermag er damit die Zweifel an seiner Eignung nicht auszuräumen. Die Gradation VI wird danach vergeben bei „Wirbelsäulenveränderung(en), die jeden militärischen Dienst unmöglich macht/machen“, „z.B. […] Zustand nach schweren Verletzungen oder Operationen der Wirbelsäule mit Nervenlähmung oder starker Funktionsbeeinträchtigung“. Ob dieser oder ggf. ein anderer der in Nr. 7.3.42 unter VI aufgezählten Beispielsfälle vorliegt, ist der o.g. Stellungnahme zwar nicht zu entnehmen. Da es sich nur um Beispiele handelt, ist dies aber nicht zwingend erforderlich. Angesichts der ärztlichen Feststellung, dass bei belastungsabhängiger Lumbago eine Belastung des Antragstellers „wie beispielsweise in der Grundausbildung“ nicht möglich sei und somit keine militärische Belastbarkeit bestehe, erscheint die Vergabe der Gradation VI im Ergebnis als ausreichend begründet und nachvollziehbar.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist aus Sicht des Senats auch nicht zu beanstanden, dass der Antragsteller nach Auftreten der Rückenbeschwerden nach Dienstantritt nicht mehr mit der Gradation III eingestuft wurde. Diese betrifft „Wirbelsäulenveränderungen mit geringen Einschränkungen von Funktion und Belastbarkeit, soweit die Erfüllung der allgemein soldatischen Grundbefähigung nicht beeinträchtigt ist, z.B. […] außergewöhnlich günstiges Ergebnis mach Bandscheibenoperation frühestens 12 Monate nach OP“. Dass nach den nach Dienstantritt aufgetretenen erheblichen Beschwerden im Lendenwirbelsäulenbereich nicht (mehr) von einem außergewöhnlich günstigen Ergebnis in diesem Sinn ausgegangen werden kann, erscheint nachvollziehbar.
b) Ein Anspruch des Antragstellers auf Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit ergibt sich auch nicht aus einer wirksamen Zusicherung.
Das Verwaltungsgericht hat überzeugend ausgeführt, dass es sich bei den Schreiben vom 11. November 2020 schon nicht um Zusicherungen im Sinn des § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG, sondern um bloße Absichtserklärungen handelt, und im Übrigen – selbst wenn eine Zusicherung vorliegen würde – deren Bindungswirkung gemäß § 38 Abs. 3 VwVfG entfallen wäre.
Soweit der Antragsteller einwendet, die Schreiben vom 11. November 2020 seien als Zusicherung zu werten, da das Schreiben, mit dem die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Entscheidung über die beabsichtigte Einplanung eröffnet habe, den Hinweis enthalte, die beabsichtigte Einplanung werde (erst) durch die Aushändigung bzw. nach Zusendung der Aufforderung zum Dienstantritt rechtswirksam, vermag er damit einen Rechtsbindungswillen der Antragsgegnerin bezogen auf die Ernennung zum Soldaten auf Zeit nicht überzeugend darzutun. Zwar erhielt der Antragsteller mit (weiterem) Schreiben vom 11. November 2020 die Aufforderung zum Dienstantritt. Damit erfolgt aber keine Zusicherung der Ernennung zum Soldaten auf Zeit, vielmehr heißt es in diesem Schreiben ausdrücklich, die Einstellung zum Soldaten auf Zeit sei „beabsichtigt“. Die Einstellung als Soldat auf Zeit wird dem Antragsteller also lediglich in Aussicht gestellt (so auch VG Ansbach, U.v. 4.3.2020 – AN 16 K 18.00173 – juris Rn. 31). Aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller in dem als „Eröffnung der Entscheidung über die beabsichtigte Einplanung“ bezeichneten Schreiben darauf hingewiesen hat, dass die beabsichtigte Einplanung (erst) mit der – hier offenbar zeitgleich erfolgten – Aushändigung oder Zusendung der Aufforderung zum Dienstantritt „rechtswirksam“ werde, ergibt sich nichts anderes. Denn dieses Schreiben bezieht sich erkennbar nur auf den konkreten Dienstposten, trifft aber keine verbindliche Aussage über die hiervon zu trennende Ernennung zum Soldaten auf Zeit. Entgegen der Auffassung des Antragstellers liegt insoweit auch keine andere Konstellation vor als in dem vom Verwaltungsgericht Ansbach (U.v. 4.3.2020 – AN 16 K 18.00173 – juris) entschiedenen Fall. Ausweislich der Feststellungen des Gerichts im Tatbestand des Urteils (vgl. Rn. 4 f.) erhielt der Betroffene mit der Eröffnung der Entscheidung über die beabsichtigte Einplanung ebenfalls einen entsprechenden Hinweis über deren Rechtswirksamkeit.
Soweit der Antragsteller meint, es liege im Übrigen auch keine Änderung der Sachlage im Sinn des § 38 Abs. 3 VwVfG vor, kann dem nicht gefolgt werden. Der Senat bezweifelt nicht, dass der Bandscheibenvorfall der Antragsgegnerin bekannt gewesen ist. Mit den im Rahmen der Grundausbildung neu aufgetretenen Beschwerden liegen jedoch neue Tatsachen und damit ein neuer Sachverhalt vor und nicht nur eine Neubewertung bereits bekannter Tatsachen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 (i.V.m. § 40) und 3 GKG (vgl. auch BayVGH, B.v. 30.5.2016 – 6 C 16.994 – juris Rn. 3).
Da Haupt- und Hilfsantrag der Sache nach auf dasselbe Begehren gerichtet sind, ist nur der (höhere) Wert des Hilfsantrags maßgebend, § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG. Wegen der begehrten Vorwegnahme der Hauptsache (jedenfalls in zeitlicher Hinsicht) erscheint eine Ermäßigung auf die Hälfte des Streitwerts nicht als ermessensgerecht (Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatlogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Anhang).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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