Verwaltungsrecht

Stellenbesetzungsverfahren, fehlerhafter Auswahlvermerk

Aktenzeichen  AN 1 E 21.01049

Datum:
14.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 29366
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2
LlBG Art. 16

 

Leitsatz

Tenor

1. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO untersagt, die zum Schuljahr 2021/2022 beim Staatsinstitut für die Ausbildung von Fachlehrern, Abteilung III, in … zur Besetzung ausgeschriebene Stelle für einen „Fachlehrer E/G“ mit einem Mitbewerber/einer Mitbewerberin zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung der Antragstellerin bestandskräftig entschieden ist.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Der Streitwert wird auf 15.692,25 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Besetzung einer Stelle eines Fachlehrers/einer Fachlehrerin am Staatsinstitut für Ausbildung von Fachlehrern, Abteilung III, in … zum Schuljahr 2021/2022 mit der Beigeladenen.
Der … Schulanzeiger Nr. 2/2021 enthielt u.a. folgende Stellenausschreibung:
„Stellenbesetzung 2: Fachlehrer E/G
Am Staatsinstitut für die Ausbildung von Fachlehrern, Abteilung III, in … ist zum Schuljahr 2021/2022 die Stelle einer Fachlehrerin/eines Fachlehrers mit Verwendungsschwerpunkt im Fachbereich Ernährung und Gestaltung neu zu besetzen.
… Es können sich Lehrkräfte bewerben, die folgende Qualifikationen nachweisen:
– Lehrbefähigung als Fachlehrer in der Fachrichtung Ernährung und Gestaltung;
– überdurchschnittliche Ergebnisse in der letzten dienstlichen Beurteilung;
– mehrjährige Berufserfahrung im staatlichen Schuldienst in der Grundschule bzw. in den weiterführenden Schularten (Mittel-, Real- oder Förderschule);
– vielfältige schulpraktische Erfahrungen sowie Tätigkeiten in der Lehreraus- und Lehrerfortbildung (z.B. als Praktikumslehrkraft, aktuelle Dozententätigkeit, Fortbildungstätigkeit).
Erwünscht sind weiterhin:
– vertiefte Erfahrungen im Bereich Gestaltung, insbesondere auch in Fachdidaktik Gestaltung, und Schulpraxisbegleitung;
– fundierte Kenntnisse in den Praxisbereichen Papier, Ton, textile Techniken sowie in den Materialstudien;
– vertiefte Erfahrungen im Bereich der Unterrichtsentwicklung und Unterrichtsberatung sowie in den relevanten theoretischen Grundlagen der Gestaltung.
Die ausgeschriebene Stelle ist teilzeitfähig. Bei Vorliegen der laufbahn- und haushaltsrechtlichen Voraussetzungen ist eine Beförderung bis zur Besoldungsgruppe A 12 grundsätzlich möglich.
Es wird darauf hingewiesen, dass vor einer Versetzung an das Staatsinstitut eine Probezeit im Wege der Abordnung abzuleisten ist.
Die Bewerbungen sind bis spätestens 22. Februar 2021 auf dem Dienstweg bei der Regierung einzureichen.“
Für die ausgeschriebene Stelle bewarben sich insgesamt, einschließlich der Antragstellerin und der Beigeladenen, sieben Bewerber(innen).
Die am 27. Mai 1967 geborene Antragstellerin steht als Fachlehrerin mit den Schwerpunkten Ernährung und Gestalten seit 2000 im Dienst des Antragsgegners. Mit Wirkung zum 1. Juni 2014 wurde sie zur Fachoberlehrerin (Besoldungsgruppe A 11) ernannt. Als Stammschule wurde ihr mit Schreiben vom 11. September 2014 die Grundschule … II zugewiesen. In der Zeit vom 1. August 2012 bis 31. Juli 2017 war sie zudem als Praktikumslehrerin aktiv. Vom 1. August 2016 bis 31. Juli 2021 war die Antragstellerin in unterschiedlichem Umfang an das Staatsinstitut für die Ausbildung von Fachlehrern – Abteilung III* … abgeordnet. In der periodischen dienstlichen Beurteilung 2018 (Beurteilungszeitraum 1.1.2015 – 31.12.2018) vom 2. Januar 2019, der Antragstellerin eröffnet am 25. Januar 2019, wurde ihr das Gesamtergebnis „BG“ zugesprochen. Die einzelnen Beurteilungsmerkmale wurden mit 3 x „UB“ und 5 x „BG“ bewertet. Die Verwendungseignung wurde ihr für die Tätigkeiten als Fachberaterin und Seminarleiterin im Bereich EG (Ernährung und Gestaltung) sowie für den Bereich der Ausbildung von Fachlehrkräften am Staatsinstitut III in … zugesprochen. In einer Anlassbeurteilung vom 21. Juni 2018 hatte sie ebenfalls das Gesamtergebnis „BG“ erhalten. In der periodischen dienstlichen Beurteilung 2014 (Beurteilungszeitraum 1.1.2013 – 31.12.2014) lautete das Gesamtergebnis „UB“.
Die am 16. April 2014 geborene Beigeladene, notwendig beigeladen mit Beschluss vom 15. Juni 2021, ist als Fachoberlehrerin mit den Schwerpunkten Ernährung und Gestalten (Besoldungsgruppe A 11 seit 4.5.2007; übergeleitet in die Besoldungsgruppe A 11 + AZ mit Wirkung zum 1.1.2011) der Grundschule …, … zugeordnet. Seit 1. August 2006 war sie zudem als Praktikumslehrerin und seit 1. August 2008 als Fachberaterin für Ernährung und Gestaltung aktiv. In der periodischen dienstlichen Beurteilung 2018 (Beurteilungszeitraum 1.1.2015 – 31.12.2018) vom 2. Januar 2019, der Beigeladenen eröffnet am 25. Januar 2019, wurde ihr das Gesamtergebnis „BG“ zugesprochen. Alle Einzelmerkmale wurden mit „BG“ bewertet. Die Verwendungseignung wurde ihr als Fachberaterin HHw und Seminarleiterin für Ernährung und Gestaltung zugesprochen. In der vorausgegangenen periodischen dienstlichen Beurteilung 2014 (Beurteilungszeitraum 1.1.2011 – 31.12.2014) lautete das Gesamtergebnis „BG“.
Im Besetzungsvermerk vom 29. März 2021 wurde nach Ausschluss dreier Bewerber(innen) wegen Nichterfüllung des Anforderungsprofils (überdurchschnittliche Ergebnisse in der letzten dienstlichen Beurteilung) vorgeschlagen, nach Abwägung der Bewerberlage die Stelle einer Lehrkraft am Staatsinstitut in … mit Frau Fachoberlehrerin (A 12) … zu besetzen. Diesbezüglich wurde ausgeführt:
„Im Bewerbervergleich wird jedoch deutlich, dass die Bewerbung von FOLin (A 12) … mit dem erzielten Prädikat „BG“ in der periodischen Beurteilung 2018 am höchsten einzustufen ist. Alle sonstigen Bewerberinnen und Bewerber erzielten das Prädikat „BG“ bzw. „UB“ in einer niedrigeren Besoldungsgruppe (A 10 bis A 11 plus Amtszulage). Daher übertrifft das Gesamturteil „BG“ der Bewerberin … deutlich das Ergebnis der übrigen in den Besoldungsgruppen A 10 bis A 11 + AZ beurteilten Bewerberinnen und Bewerber. Zudem besitzt FOLin (A 12) … auf Grund ihrer langjährigen Erfahrung in der Seminarausbildung von Fachlehrkräften in der Fachrichtung Ernährung und Gestaltung vielfältige schulpraktische Erfahrungen sowie Tätigkeiten in der Lehreraus- und Lehrerfortbildung. Gleichzeitig können vertiefte fachspezifische Kenntnisse und Erfahrungen erwartet sowie Kompetenzen in der Unterrichtsentwicklung und Unterrichtsberatung vorausgesetzt werden.“
Der Besetzungsvermerk enthält die handschriftlichen Hinweise „Beteiligung Schwerbehindertenvertretung!“ und „ist erfolgt 8.4.“ in unterschiedlichen Handschriften.
Daraufhin teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit Schreiben vom 22. April 2021 mit, dass ihre Bewerbung um die Stelle einer Fachlehrkraft in der Fachrichtung Ernährung und Gestaltung in der Abteilung III des Staatsinstituts für die Ausbildung von Fachlehrern in … keinen Erfolg habe, da das Bewerbungsverfahren zugunsten von Frau Fachoberlehrerin …, Grundschule R* …, entschieden worden sei.
Nachdem die ausgewählte Bewerberin mit E-Mail vom 28. April 2021 und Schriftsatz vom 28. April 2021 ihre Bewerbung zurückgezogen hatte, wurde der Besetzungsvermerk unter dem Datum 29. April 2021 mit folgender handschriftlichen ergänzenden Bemerkung versehen:
„Frau FOLin … hat mit Schreiben vom 28. April 2021 den Verzicht auf die Stelle erklärt.
Dem Leistungsprinzip folgend wird die Stelle mit FOLin (A 11 + AZ) … besetzt. Sie verfügt neben dem Leistungsaspekt als langjährige Fachberaterin EG sowie auf Grund ihrer Teilabordnung am Staatsinstitut ebenfalls über die vorausgesetzten Erfahrungen und Tätigkeiten in der Lehreraus- und fortbildung.“
Der Antragstellerin wurde mit Schreiben vom 12. Mai 2021 mitgeteilt, dass ihre Bewerbung um die Stelle einer Fachlehrkraft in der Fachrichtung Ernährung und Gestaltung in der Abteilung III des Staatsinstituts für die Ausbildung von Fachlehrern in … leider keinen Erfolg gehabt habe, da nach dem Verzicht der ursprünglich vorgesehenen Bewerberin in Anwendung des am Wettbewerbsprinzip orientierten Auswahlverfahrens neu zugunsten von Frau Fachoberlehrerin …, … …, entschieden worden sei.
Mit Schreiben vom 22. April 2021 und vom 20. Mai 2021 erfragte die Antragstellerin jeweils die Gründe für ihre Nichtberücksichtigung und der Auswahl des erfolgreichen Bewerbers. Mit Schreiben vom 17. Mai 2021 gewährte der Antragsgegner Akteneinsicht und sicherte zu, die Stelle bis zwei Wochen nach Akteneinsicht nicht zu besetzen. Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2021 ließ die Antragstellerin gegen die beiden Schreiben vom 22. April 2021 und 12. Mai 2021 Widerspruch einlegen.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 4. Juni 2021, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen per Telefax am selben Tag, ließ die Antragstellerin einen Antrag nach § 123 VwGO einreichen und beantragen,
1.Der Antragsgegnerin wird untersagt, die im … Schulanzeiger Nr. 2 vom 1. Februar 2021, Seite 39, ausgeschriebene Stelle „einer Fachlehrerin/eines Fachlehrers mit Verwendungsschwerpunkt im Fachbereich Ernährung und Gestaltung am Staatsinstitut, Abteilung 3, in …, zum Schuljahr 2021/2022“ mit der Beigeladenen oder einem sonstigen Mitbewerber zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung der Antragstellerin auf diesen Dienstposten bestandskräftig entschieden worden ist.
2.Es wird beantragt, bis zur Entscheidung der Kammer über den Eilantrag eine Vorsitzendenentscheidung nach §§ 123 Abs. 2 Satz 3, 80 Abs. 8 VwGO zu treffen.
3.Die Antragsgegnerin und Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4.Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer 3. – notfalls gegen Sicherheitsleistung – vorläufig vollstreckbar.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Auswahlentscheidung materiell rechtswidrig sei, da das nach Art. 33 Abs. 2 GG gewährte grundrechtsgleiche Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung eines Beförderungsbewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung verletzt worden sei. Der Antragsgegner sehe in der Person der Beigeladenen die in der Stellenausschreibung geforderten Voraussetzungen als erfüllt an, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall sei. Die Antragstellerin erfülle im Unterschied zur Beigeladenen die in der Ausschreibung genannten Kriterien. Die Antragstellerin verfüge über Lehrbefähigung als Fachlehrer in der Fachrichtung Ernährung und Gestaltung. Die Antragstellerin sei seit ihrer Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mit Wirkung zum 27. Januar 2003 fortlaufend in Vollzeit an Grundschulen und Mittelschulen tätig. Die überdurchschnittlichen Ergebnisse in der letzten dienstlichen Beurteilung seien in der vergebenen Bewertungsstufe „BG“ zu sehen. Die Antragstellerin sei im Beurteilungszeitraum 2014 bis 2018 in fünf unterschiedlichen Schulen eingesetzt gewesen. Mit einem Stundenkontingent von 10 Wochenstunden bzw. 19 Wochenstunden sei sie am Staatsinstitut in … tätig gewesen. Vielfältige schulpraktische Erfahrungen sowie Tätigkeiten in der Lehreraus- und Lehrerfortbildung ergäben sich aus der Zusammenarbeit mit Studierenden in der wöchentlichen Schulpraxis in den Fächern „Werken und Gestalten“ sowie „Ernährung und Soziales“, der Tätigkeit als Praktikumslehrkraft in den Jahren 2007 bis 2009 und 2011 bis 2017 am Staatsinstitut …, der aktuellen Dozententätigkeit am Staatsinstitut, Abteilung III, sowie den Fortbildungstätigkeiten der Antragstellerin in den Jahren 2014 bis 2021. Vertiefte Erfahrungen im Bereich Gestalten, insbesondere auch in Fachdidaktik Gestaltung und Schulpraxisbegleitung, bestünden aufgrund der langjährigen Unterrichtstätigkeit in sämtlichen Ausbildungsrichtungen der Fachdidaktik Gestaltung.
Die Beigeladene erfülle im Unterschied zur Antragstellerin vorstehende Kriterien nicht. Sie verfüge über keinerlei Unterrichtserfahrung im Bereich Praxis Gestaltung Ton und Papier auf Staatsinstitutsniveau, keinerlei Unterrichtserfahrung im Bereich Materialstudien Ton und Papier, keinerlei fachdidaktische Erfahrungen am Staatsinstitut, keine Schulpraxisbegleitung, keine Fortbildungsveranstaltungen im Bereich des Staatsinstituts, keine Anlassbeurteilungen oder sonstige Beurteilung am Staatsinstitut. Die Erfahrungen der Beigeladenen resultierten lediglich aus einer Teilabordnung mit 11 Stunden pro Woche und nur im Unterrichtsfach „Praxis Gestalten Textil“ und „Materialstudien Textil“ im Studienjahr 2020/21. Alle von der Beigeladenen verwandten Unterlagen für den Unterricht beruhten auf dem bereits vorgefertigten und vorhandenen Fundus des Staatsinstituts und stammten aus den Vorjahren. Nur in den seltensten Fällen habe die Beigeladene eigene Entwürfe gefertigt.
Der Antragsgegner habe nicht in ausreichendem Maße Anhaltspunkte dafür gewonnen und im Auswahlvermerk dargestellt, dass die vorgenommene Binnendifferenzierung der Beurteilungen, nach der die Beigeladene als leistungsstärkere Bewerberin einzuschätzen sei, nicht beanstandet werden könne. Die der Auswahlentscheidung durch den Antragsgegner zu Grunde gelegten Erwägungen ergäben sich nicht ausreichend aus dem Auswahlvermerk vom 20. Februar 2019 (gemeint wohl 29.3.2021/29.4.2021). Zutreffend sei die nicht weitere Berücksichtigung dreier Bewerber im Auswahlverfahren sowie die Feststellung, dass alle weiteren Bewerber über die notwendigen Voraussetzungen für die Stellenbesetzung verfügten. Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich sei anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen, was jedoch im Hinblick auf die beiden Beurteilungen der Antragstellerin vom 8. März 2018 und 1. Februar 2021 (gemeint wohl 1. Februar 2018) nicht geschehen sei. Die Antragstellerin sei in den Leistungsvergleich mit der Beigeladenen einzubeziehen gewesen, weil die Leistungen der Bewerber miteinander vergleichbar seien. Beide befänden sich im gleichen Statusamt „A 11“ und die Beurteilungszeiträume entsprächen sich. Die Vergleichbarkeit ergebe sich zudem durch den gemeinsamen Stichtag 2. Januar 2019 und durch einen gleichen Beurteilungszeitraum.
Mit der Formulierung, die Beigeladene „verfüge über den Leistungsaspekt als langjährige Fachberaterin EG sowie aufgrund ihrer Teilabordnung ans Staatsinstitut ebenfalls über die vorausgesetzten Erfahrungen und Tätigkeiten in der Lehreraus- und fortbildung“ sei keine Aussage der besseren Erfüllung dieses Kriteriums im Vergleich zur Antragstellerin verbunden. Dem stehe auch nicht der Beurteilungsspielraum der Antragsgegnerin bzw. des für die Auswahl zuständigen Entscheiders entgegen. Eine Binnendifferenzierung, die einen Vorsprung der Beigeladenen in einem vom Anforderungsprofil umfassten Merkmal feststellen würde, sei dem Auswahlvermerk nicht zu entnehmen. Es sei nicht ersichtlich, woraus sich der Vorsprung der Beigeladenen substantiell überhaupt ergeben solle. Auch sei nicht ersichtlich, welche einzelnen Bewertungen zur Auswahlentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen geführt hätten. Es sei auch nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, selbst aus den Beurteilungen der Antragstellerin und der Beilzuladenden abzuleiten, welcher der Bewerber einen Eignungsvorsprung aufweise. Letzteres müsse dem Auswahlvermerk zu entnehmen sein und könne nicht erst im gerichtlichen Verfahren nachgereicht werden.
Der Antragsgegner habe weder mit der Antragstellerin noch mit der Beigeladenen ein Personalauswahlgespräch im Hinblick auf die von ihr beabsichtigte Stellenbesetzung geführt. Die Obliegenheit zur Führung von Personalauswahlgesprächen im Geschäftsbereich des Antragsgegners resultiere aus den „Richtlinien für die Beförderung von Lehrkräften und Förderlehrkräften an Volksschulen, Förderschulen und Schulen für Kranke“ (Bekanntmachung des Bay. Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 18.3.2011, Az.: IV.5-5 P 7010.1-4.23 489, KWMBl. S. 63 und AllMBl. S. 149, Ziffer 3.3 Auswahlentscheidung).
In Ziffer 3.6 Beteiligung der Personalvertretung äußere sich die Richtlinie zur Beteiligung des Personalrates. Aus den übersandten Auswahlunterlagen ergebe sich eine Beteiligung des Personalrates und der Gleichstellungsbeauftragten nicht.
Der Antragsgegner übergehe das Anforderungsprofil für Fachlehrer in der Fachrichtung Ernährung und Gestaltung. Eine Beschränkung auf Fachberater oder Seminarleiter erfolge hier gerade nicht. In der Auswahlentscheidung sei nicht in den Blick genommen worden, dass die Antragstellerin seit fünf Jahren an das Staatsinstitut III in … abgeordnet worden sei.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO könne das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung auch vor Klageerhebung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr bestehe, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könne.
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund seien glaubhaft gemacht worden. Denn der Antragsgegner habe sich im Auswahlverfahren entschlossen, über die Bewerbungen der Antragstellerin und der Beigeladene nach den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG zu entscheiden. In dieser Konstellation ergebe sich der Anordnungsgrund aus dem möglichen Bewährungsvorsprung, den die Beigeladene auf dem ausgeschriebenen Dienstposten erlangen könne. Der Antragsgegner habe nicht erklärt, er werde bei einer – vorläufigen – Besetzung des Dienstpostens mit dem ausgewählten Bewerber dessen Bewährungsvorsprung bei einer erneuten Auswahlentscheidung unberücksichtigt lassen.
Zur Glaubhaftmachung legten die Bevollmächtigten eine Eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin vom 4. Juni 2021 vor.
Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 14. Juni 2021:
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten sind dem Antragsteller aufzuerlegen.
Es wurde ausgeführt, dass bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sowohl von einer Abordnung als auch einer Versetzung der ausgewählten Bewerberin an das Staatsinstitut Abteilung III in … abgesehen werde.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass bereits ein Anordnungsanspruch fehle. Die Stelle sei zur Besetzung im kommenden Schuljahr ausgeschrieben und werde derzeit weder durch Abordnung noch im Wege einer Versetzung besetzt. Insofern erübrige sich zum jetzigen Zeitpunkt auch die Zusicherung einer Nichtbesetzung. Die Stelle werde frühestens zum 1. August 2021 im Rahmen einer Abordnung besetzt werden.
Es fehle auch an einem Anordnungsanspruch. Die Entscheidung für die Beigeladene sei ermessensfehlerfrei erfolgt. Die Antragstellerin werde dadurch nicht in ihren Rechten verletzt. Die Auswahlentscheidung sei nach den Grundsätzen von Eignung, Leistung und Befähigung gemäß Art. 33. Abs. 2 GG, Art. 94 Abs. 2 und Art. 116 BV, § 9 BeamtStG, Art. 16 Abs. 1 LlbG vorgenommen worden. Bei der Auswahl unter verschiedenen Bewerbern im Rahmen einer Stellenbesetzung habe ein Dienstherr grundsätzlich die Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen sei, dass die Besetzung des Dienstpostens allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu erfolgen habe. Dabei stehe dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden könne, darüber zu, welcher Beamte der am besten Geeignete für einen Beförderungsdienstposten sei. Art. 33 Abs. 2 GG und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gäben dem Beamten somit kein subjektives Recht auf Zuweisung eines höherwertigen Dienstpostens, sondern nur einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr die Auswahlentscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen ausschließlich sachbezogen vornehme.
Beide Bewerberinnen erfüllten das zwingende Anforderungsprofil der Stellenausschreibung. So hätten beide die Lehrbefähigung als Fachlehrkräfte für Ernährung und Gestaltung. Auf die darüberhinausgehenden Ausführungen der Gegenseite über Umfang und Vielfalt der Einsätze der Antragstellerin in dieser Tätigkeit komme es nicht an. Auch die Beigeladene verfüge mit „BG“ über ein überdurchschnittliches Beurteilungsprädikat. Beide Bewerberinnen hätten bereits eine mehrjährige Berufserfahrung im staatlichen Schuldienst. Gleiches gelte für die vielfältigen schulpraktischen Erfahrungen sowie Tätigkeiten in der Lehreraus- und Lehrerfortbildung. Die Beigeladene sei bereits Fachberaterin für den Bereich Ernährung und Gestaltung am staatlichen Schulamt in der Stadt …, sei seit diesem Schuljahr an das Staatsinstitut teilabgeordnet und sei zuvor bereits Praktikumslehrkraft für das Staatsinstitut für die Ausbildung von Fachlehrern gewesen. Es komme weder auf den Umfang noch die Qualität der entsprechenden Vorqualifikationen an, entscheidend sei, dass das Kriterium bei beiden vorliege.
Die Ausführungen des Bevollmächtigten der Antragstellerin gingen im Folgenden nahtlos zu den lediglich erwünschten Ausschreibungskriterien über und würden verkennen, dass an dieser Stelle erst eine leistungsbezogene Auswahl stattzufinden habe. Der Auswahlentscheidung liege der Vergleich der Beurteilungsprädikate zu Grunde. Zwar seien beide Bewerberinnen mit „BG“ beurteilt, jedoch sei die Beizuladende vorrangig zu bewerten, da sie das Prädikat in der höheren Besoldungsgruppe A 11 + Amtszulage erzielt habe. Die Feststellung des Bevollmächtigten der Antragstellerin, dass sich beide Bewerberinnen im selben Statusamt A 11 befänden, sei unrichtig. Richtig sei, dass beide Beurteilungen den selben Beurteilungszeitraum erfassten, auf das Beurteilungsdatum komme es insofern nicht an. Die Ausführungen des Bevollmächtigten scheinen die Bedeutung der Rechtsprechung zur Binnendifferenzierung zu verkennen. Die Gegenüberstellung von Einzelheiten der Tätigkeit entspreche nicht der Binnendifferenzierung von Beurteilungen. Bei einer Binnenbetrachtung der maßgeblichen dienstlichen Beurteilungen sei festzustellen, dass die Beigeladene durchgängig das Einzelprädikat „BG“ erhalten habe, während die Antragstellerin dreimal ein „UB“ aufweise. Auch daher wäre die Beigeladene vorrangig, worauf es allerdings wegen des im Gesamtprädikat festgestellten Vorrangs nicht mehr ankomme. Ebenso komme es auch nicht auf das Führen eines Personalauswahlgespräches im Sinne des Art. 16 Abs. 1 LlbG an.
Soweit bemängelt werde, dass die der Auswahlentscheidung zu Grunde gelegten Erwägungen nicht ausreichend im Auswahlvermerk Niederschlag gefunden hätten, so sei dies nicht richtig, da es auf einen Vergleich der lediglich wünschenswerten Kriterien wegen des leistungsmäßigen Vorsprungs vorliegend nicht mehr angekommen sei.
Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin auf eine notwendige Personalratsbeteiligung, welche unterblieben sei, eingehe, so sei eine solche nach Art. 78 Abs. 1b BayPVG nicht notwendig. Die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten sei nach Art. 18 Abs. 3 BayGlG lediglich auf Antrag der Betroffenen notwendig. Ein solcher Antrag sei jedoch nicht erfolgt. Die jeweiligen Rechtsgrundlagen der Beteiligung wären im Übrigen nicht die Richtlinien für die Beförderung von Lehrkräften und Förderlehrkräften an Volksschulen, Förderschulen und Schulen für Kranke, sondern die jeweilige gesetzliche Grundlage, aus der sich Beteiligungsrechte ergeben könnten. Zudem finde die Beförderungsrichtlinie bei Stellenbesetzungen der Staatsinstitute keine Anwendung.
Auf gerichtliche Nachfrage bestätigte der Antragsgegner mit Schreiben vom 2. August 2021 erneut, dass bis zum rechtskräftigen Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens von einer Stellenbesetzung mit der ausgewählten Bewerberin an das Staatsinstitut Abteilung III in … abgesehen werde. Die bereits bestehende Abordnung der Beigeladenen sowie der Antragstellerin zur Sicherung der Unterrichtsversorgung würden dahingehend verlängert.
Ein Bewährungsvorsprung für die Beigeladene sei durch die vergleichbare Konstellation damit nicht verbunden. Zudem werde zugesichert, dass ein solcher auch nach Aufhebung der Auswahlentscheidung bei einer nachfolgenden Auswahlentscheidung zur Vergabe des Statusamtes durch eine Ausblendung der spezifisch höherwertigen Aufgabenwahrnehmung unberücksichtigt bliebe.
Der Bevollmächtigte der Antragstellerin replizierte mit Schriftsatz vom 3. September 2021 und wies darauf hin, dass ein Anordnungsgrund sich bereits aus der außergerichtlichen Verfahrensgestaltung des Antragsgegners ergebe. Die Zusicherung, die Stelle nicht zu besetzen, habe nur bis 18. Juni 2021 vorgelegen. Zu weiteren Zuwartensfristen habe sich der Antragsgegner außergerichtlich bisher nicht erklärt.
Die Beigeladene sei wie im Schuljahr 2020/21 auch für das Schuljahr 2021/22 in Teilzeit an das Staatsinstitut abgeordnet worden.
Ein Anordnungsanspruch sei ebenfalls glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin rüge, im Auswahlverfahren in rechtswidriger Weise benachteiligt worden zu sein sowie eine auf sachfremden Erwägungen beruhende unzulässige Bevorzugung der ausgewählten Beigeladenen. Fehler lägen sowohl in der Qualifikationsbeurteilung der Antragstellerin als auch in der der Beigeladenen sowie im Leistungsvergleich zwischen beiden Bewerberinnen.
Defizitäre Auswahlerwägungen ergäben sich bereits aus der Behauptung des Antragsgegners, beide Bewerberinnen erfüllten das zwingende Anforderungsprofil der Stellenausschreibung. Bei den Feststellungen der Antragsgegnerin fänden die zeitlichen Volumina, die die Grundlage für die praktischen Erfahrungen der Antragstellerin bei der Ausübung dieser Lehrbefähigung bildeten, keinen Eingang. Die Beigeladenen sei im streitgegenständlichen Zeitraum lediglich in Teilzeit mit 20 Wochenstunden und einer Teilabordnung mit elf Wochenstunden sowie einer Fachberatung von drei Stunden beschäftigt gewesen.
Soweit der Antragsgegner bei den beiden Bewerberinnen von einem überdurchschnittlichen Beurteilungsprädikat von „BG“ ausgehe, würden der Beurteilungsbeitrag des Staatsinstituts III zur periodischen Beurteilung 2018 vom 8. März 2018 sowie ein Schreiben vom 1. Februar 2021 übersehen. Beide Schriftstücke seien von der Leiterin des Staatsinstituts Abteilung III an die beiden Rektoren der Stammschule der Antragstellerin adressiert worden mit der Bitte, diese der Bewerbung der Antragstellerin beizufügen. Die Antragstellerin habe beide Rektoren mehrfach um Unterrichtsbesuche sowie um eine reguläre periodische Beurteilung gebeten, was ohne Erfolg geblieben sei. Aus den beiden Schreiben ließen sich für den Antragsgegner Bewertungsgrade auf einer Stufe entnehmen, die dem Bereich „HQ“ zuzuordnen seien. Nicht berücksichtigt werde in der Auswahlentscheidung, dass die Beurteilung der Antragstellerin im Schreiben vom 1. Februar 2021 beim Staatsinstitut III auf einer Stelle erfolgt sei, die mit A 12 besoldungsrechtlich bewertet sei.
Zu den Ausführungen hinsichtlich einer mehrjährigen Berufserfahrung werde nicht berücksichtigt, dass die Antragstellerin erst deswegen mit einem höheren Lebensalter in den Dienst habe eintreten können, weil sie den sie treffenden Personensorgepflichten für ihre beiden Kinder habe nachkommen müssen.
Hinsichtlich der schulpraktischen Erfahrungen sowie Tätigkeiten in der Lehreraus- und Lehrerfortbildung sei auch die Antragstellerin in der Zeit 2017/2018 zusätzlich Praktikumslehrkraft für das Staatsinstitut gewesen. Die Verwendungseignung für die Ausbildung von Fachlehrkräften sei in der periodischen Beurteilung 2018 ausdrücklich erwähnt, was für die Beigeladene nicht gelte.
Hinsichtlich des Einsatzes der Beigeladenen am Staatsinstitut, den der Antragsgegner jedoch nicht einbeziehe, sei rechtlich eine Anlassbeurteilung erforderlich, die aber offenkundig unterblieben sei.
Fehlerhaft sei die Auffassung des Antragsgegners, es komme weder auf den Umfang entsprechender Qualifikationen und deren Qualität an, sondern es sei entscheidend, dass das Kriterium bei beiden vorliege. Sachliche Gründe, weshalb die Beurteilungen aus der Tätigkeit beim Staatsinstitut (Schreiben vom 8.3.2018 und 1.2.2021) aus der Auswahlentscheidung herausgenommen würden, seien nicht erkennbar. Allein dies mache die streitgegenständliche Entscheidung defizitär und rechtswidrig. Aufgrund der Bewertungen der Leiterin des Staatsinstituts hätte der Antragsgegner die Auswahlentscheidung zu Gunsten der Antragstellerin treffen müssen (Ermessensreduzierung auf Null).
Soweit der Antragsgegner annehme, dass Antragstellerin und Beigeladene in unterschiedlichen Statusämtern beurteilt worden seien, werde verkannt, dass das Wesen der Amtszulage sei, in der jeweiligen Besoldungsgruppe überobligatorische organisatorische Diensttätigkeiten zu vergüten. An der Eingruppierung in die Besoldungsgruppe ändere sich nichts, schon gar nicht sei die Beigeladene einer höheren Besoldungsgruppe zugeordnet.
Die Schreiben der Leiterin des Staatsinstituts III vom 8. März 2018 sowie 1. Februar 2021 wiesen den Charakter einer Anlassbeurteilung auf. Die Antragstellerin habe das Prädikat ebenfalls in einer höheren Besoldungsgruppe erzielt, da die ihr zugewiesene Tätigkeit beim Staatsinstitut III der Besoldungsgruppe A 12 zugeordnet sei. Die Antragstellerin habe eine gleichwertige Stelle seit fünf Jahren, seit drei Jahren in Vollabordnung, inne und darin beste Beurteilungen. Die Beigeladene habe eine vergleichbare Aufgabe mit reduziertem Anspruch erst seit einem halben Jahr in Teilabordnung bei Teilzeit inne, woraus sich eine reduzierte Erfahrungstiefe ergebe.
Der Beigeladenen sei es auch nur in sehr geringem Maße möglich gewesen, an Sonderaufgaben und organisatorischen Aufgaben am Staatsinstitut mitzuwirken.
Die inzident zu prüfende Unwirksamkeit der für die Auswahlentscheidung relevanten Beurteilungen führe ebenfalls zu deren Unwirksamkeit. Bei der Anlassbeurteilung 2018 habe der frühere Schulleiter trotz eines ausgezeichneten Beurteilungsbeitrags der Leiterin des Staatsinstituts eine weniger gute Beurteilung ausgesprochen. Aufgrund einer Fehlgewichtung hinsichtlich einer vermeintlich unzureichenden Teilnahme am Schulleben sei es zu der Beurteilung gekommen, die erst auf formellen Einspruch hin gemeinsam mit dem Schulrat zumindest teilweise berichtigt worden sei.
Die vorgenommene Binnendifferenzierung der Beurteilungen sei weder rechtmäßig noch ausreichend im Auswahlvermerk dargestellt. Der Antragsgegner habe die Beurteilungen gerade nicht umfassend inhaltlich ausgewertet und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis genommen.
Der Antragsgegner habe die Obliegenheit zur Führung von Personalauswahlgesprächen und Anlassbeurteilungen, welche sich aus den „Richtlinien für die Beförderung von Lehrkräften und Förderleistungen an Volksschulen, Förderschule und Schulen für Kranke“ ergebe, übersehen. Dort werde auch konstitutiv auf die Beteiligung der Personalvertretung nach Art. 69 Abs. 2 und 75 Abs. 1 Nr. 2 BayPVG verwiesen.
Das Absehen von der Durchführung strukturierter Personalauswahlgespräche weiche von der eigenen Verwaltungspraxis ab. So werde in anderen Stellenausschreibungen explizit auf die Durchführung eines strukturierten Personalauswahlgespräches hingewiesen.
Der Antragsgegner treffe defizitäre Bewertungen im Hinblick auf die auswahlrelevanten Kriterien, indem zum Beispiel der regelmäßige Arbeitszeitumfang (Antragstellerin in Vollzeit/Beigeladene in Teilzeit) oder die pädagogisch anspruchsvollere Tätigkeit der Antragstellerin (Zuweisung von sog. Übergangsklassen) nicht ausreichend berücksichtigt worden seien.
Bei gleichem Gesamturteil habe der Dienstherr die Beurteilungen zunächst umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen. Bei einer solchen Auswertung sei darauf zu achten, dass gleiche Maßstäbe angelegt würden. Innerhalb einer 16-Punkte-Skala wie beim staatlichen Beurteilungssystem könnten sich aus der Binnendifferenzierung im Wesentlichen gleiche Beurteilungen ergeben, sofern die Gesamtpunktzahl nicht mehr als einen Punkt abweiche. Hiergegen sei fraglich, ob dies auch bei einem Leistungsunterschied im Gesamturteil um eine ganze Notenstufe innerhalb eines hiervon abweichenden fünfstufigen Notensystems wie dem des Antragsgegners der Fall sein könne (BayVGH, B.v. 17.5.2013 – 3 CE 12.2470; B.v.18.6.2012 – 3 CE 12.675; B.v. 8.8.2007 – 3 CE 07.1050; B.v. 28.8.2006 – 3 CE 06.1347). Danach habe schon keine vergleichbare Verwendungseignung bestanden, zumindest aber, wolle man eine solche dennoch annehmen, kein Beurteilungsgleichstand. Die Antragsgegnerin verkenne, dass der von ihr angenommene Rückstand der Antragstellerin durch leistungsbezogene Kriterien kompensiert werde. Zu diesem Zweck hätte der Antragsgegner im Wege der Binnendifferenzierung zunächst die Beurteilung und Leistungsberichte der beiden Bewerberinnen inhaltlich auswerten müssen, was nach Aktenlage nicht geschehen sei.
Auf gerichtliche Anfrage hin teilte der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 7. September 2021 mit, dass die Amtszulage der Beigeladenen auf Anlage 1 zur Bayerischen Besoldungsordnung (Fachberaterin bei den Schulämtern) beruhe. Relevante Superkriterien für den Bereich der Lehrkräfte am Staatsinstitut seien bislang nicht festgelegt, da Staatsinstitute im gesamten Schulbereich nur einen geringen Teil ausmachten und entsprechende Stellenbesetzungen nur in geringem Umfange anfielen. Beurteiler im Schulbereich hätten die Staatsinstitute und deren Aufgaben im Regelfall nicht im Blick; aus diesem Grund werde auch auf das ansonsten zwingende Erfordernis einer Verwendungseignung verzichtet. Es werde daher bei im Wesentlichen gleichen dienstlichen Beurteilungen auf Auswahlgespräche rekrutiert; gegebenenfalls ergänzt durch eine Binnendifferenzierung (durch Gegenüberstellung aller Einzelkriterien).
Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin aus den Schreiben vom 8. März 2018 und 1. Februar 2021 Bewertungsgrade entnehme, die einem „HQ“ zuzuordnen wären, bzw. diese als „Anlassbeurteilung“ einstufe, so seien diese Schreiben formell keine dienstliche Beurteilung, seien nicht in dem dafür vorgesehenen Verfahren erstellt worden und könnten daher nicht ergänzend zu den unstreitig vorliegenden periodischen Beurteilungen 2018 zum Leistungsvergleich herangezogen werden. Die Tatsache, dass die Antragstellerin auf einer mit „A 12 bewerteten Stelle“ beurteilt worden sei, habe nicht zur Folge, dass sie der entsprechenden Vergleichsgruppe unterfalle. Die dienstliche Beurteilung beziehe sich immer auf das besoldungsrechtliche Amt, das der Beamte innehabe.
Ohne Relevanz seien die Ausführungen zum späten Eintritt der Antragstellerin in den Dienst aufgrund Personensorgepflichten. Beide Lehrkräfte erfüllten jedenfalls das Kriterium der mehrjährigen Berufserfahrung im staatlichen Schuldienst der dort genannten Schularten. Auf die Vordienstzeiten im Staatsinstitut komme es laut Ausschreibungstext nicht an. Dies hätte allenfalls bei einem Gleichstand als zusätzliches Auswahlkriterium eine Rolle spielen können.
Der Bevollmächtigte der Antragstellerin irre, soweit er vortrage, dass die Verleihung einer Amtszulage kein anderes Statusamt bedeute, Art. 2 Abs. 2 LlbG.
Die von Antragstellerseite angemahnt Binnendifferenzierung würde im Übrigen ergeben, dass für die Beigeladene durchgehend das Prädikat „BG“ verliehen worden sei, während die Antragstellerin fünfmal das Prädikat „BG“ und dreimal „UB“ aufzuweisen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag ist begründet.
1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung auch vor Klageerhebung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung).
Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind daher ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
2. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, da der ausgeschriebene Dienstposten mit der Beigeladenen besetzt werden soll. Mit der endgültigen anderweitigen Besetzung einer Stelle und der Beförderung des ausgewählten Bewerbers ist eine durch Ausschreibung eingeleitete Stellenbesetzung beendet, sodass dem Begehren der Antragstellerin, ihr die ausgeschriebene Stelle zu übertragen, nicht mehr entsprochen werden kann, da die Stellenbesetzung nach einer Beförderung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Der um eine Beförderungsauswahl geführte Rechtsstreit erledigt sich deshalb mit der endgültigen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle (BVerwG, B.v. 15.5.2017 – 2 B 74/16 – juris Rn 6; U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – juris Rn. 27).
Die ausgeschriebene Stelle des Fachlehrers/der Fachlehrerin E/G am Staatsinstitut für die Ausbildung von Fachlehrern stellt für die Antragstellerin und die Beigeladene ein höherwertiges Statusamt dar. Unabhängig davon, ob das entsprechende statusrechtliche Amt gleichzeitig mit der Übertragung der streitgegenständlichen Stelle übertragen wird oder ob die Übertragung des höherwertigen Dienstpostens die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine spätere Beförderung schafft (BVerwG, B.v. 21.12.2016 – 2 VR 1.16 – juris Rn. 12 f.), liegt ein Anordnungsgrund vor, sodass das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt (BayVGH, B.v. 4.2.2015 – 6 CE 14.2477 – NVwZ 2015, 604 Rn. 11 m.w.N.).
Maßgeblich ist insoweit, dass nach der Anlage der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus über die Zuordnung von im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus ausgeübten Funktionen zu Ämtern der Bayerischen Besoldungsordnungen vom 10. Mai 2011 (KWMBl. S. 106), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 14. Juli 2021 (BayMBl. Nr. 527), für Fachoberlehrer eine Beförderung in die Besoldungsgruppe A 12 nur unter den in Ziff. 4 erwähnten Voraussetzungen möglich ist. Eine Beförderung in die Besoldungsgruppe A 12 scheidet demnach für Fach(ober) lehrer/-innen aus, die an Grund- und Mittelschulen eingesetzt sind. Entsprechend ist z.B. die Zuweisung einer Stelle am Staatsinstitut für die Ausbildung von Fachlehrern (Ziff. 4c der Anlage: Zuordnung von im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus ausgeübten Funktionen zu Ämtern der Bayerischen Besoldungsordnungen) Voraussetzung für eine spätere Beförderung.
Im Übrigen hat sich der Antragsgegner durch die Stellenausschreibung und durch die Auswahlentscheidung in der Gestalt vom 29. März 2021 auch dem Grundsatz der Bestenauslese gemäß Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen. Auch geht der Antragsgegner ausweislich des Auswahlvermerkes unter Ziff. I.1 davon aus, dass es sich bei der zu besetzenden Stelle um eine Stelle in der Besoldungsgruppe A 12 handelt.
Dass sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene bisher (teilweise) an das Staatsinstitut abgeordnet waren und diese Abordnungen bis zu einer möglichen Stellenbesetzung entsprechend verlängert werden, steht einem Anordnungsanspruch nicht entgegen, da es sich gerade nicht um eine vorläufige Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens handelt, sondern nur um eine Verlängerung der ohnehin schon bestehenden Abordnungen, die unabhängig von dem zu besetzenden Dienstposten erfolgten.
3. Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, weil die Auswahlentscheidung vom 29. April 2021 ihren aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt. Es erscheint auch möglich‚ dass der Beförderungsdienstposten im Falle einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlverfahrens an die Antragstellerin vergeben würde (BayVGH, B.v. 29.10.2018 – 6 CE 18.1868 – juris Rn. 12).
a) Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Daraus folgt der Anspruch eines Beförderungsbewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – IÖD 2011, 14; U.v. 25.2.2010 – 2 C 22/09 – ZBR 2011, 37; BVerfG, B.v. 29.7.2003 – 2 BvR 311/03 – BayVBl 2004, 17).
Die Geltung dieses Grundsatzes wird nach Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Bestenauslesegrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Art. 33 Abs. 2 GG gibt somit die entscheidenden Beurteilungsgesichtspunkte für die Bewerberauswahl zur Besetzung von öffentlichen Ämtern abschließend vor. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Anderen Gesichtspunkten darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand von unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten kein Vorsprung von Bewerbern ergibt. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist (BVerfG, B.v. 11.5.2011 – 2 BvR 764/11; BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09, a.a.O.; U.v. 17.8.2005 – 2 C 37/04 – BVerwGE 124, 99; U.v. 28.10.2004 – 2 C 23/03 – BVerwGE 122, 147).
Über die Eignung des Bewerberfeldes kann in einem gestuften Auswahlverfahren befunden werden (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1/13 – juris). Bewerber, welche die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen und müssen somit nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden (BVerwG, B.v. 20.06.2013, a.a.O., Rn. 23; BVerwG, B.v. 6.4.2006 – 2 VR 2.05 – juris Rn. 7). Dies gilt grundsätzlich auch für Bewerber, die zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 23; ebenso: OVG Lüneburg, B.v.21.4.2015 – 5 ME 64/15; B.v.1.3.2016 – 5 ME 10/16).
Anschließend ist die Auswahl für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens unter mehreren Bewerbern in erster Linie auf aktuelle dienstliche Beurteilungen zu stützen (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 21; BayVGH, B.v. 22.1.2018 – 3 CE 17.2440 – juris Rn. 20; B.v. 8.4.2015 – 3 CE 14.1733 – juris Rn. 28). Maßgeblich hierfür ist primär das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, B.v. 22.11.2012 – 2 VR 5/12 – juris Rn. 25). Bei gleichem Gesamturteil hat der Dienstherr die Beurteilungen zunächst inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Beurteilung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zu bewerten (sog. Binnendifferenzierung). Bei gleicher Beurteilungslage kann der Dienstherr die Auswahl nach weiteren sachgerechten Merkmalen treffen (BayVGH, B.v. 16.4.2015 – 3 CE 15.815 – juris Rn. 52 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 30.6.2011 – 2 C 19/10 – juris Rn. 20).
Die wesentlichen Auswahlerwägungen sind schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen – deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber ggf. durch Akteneinsicht verschaffen kann – wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber zu befinden, ob er die Entscheidung hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Bewerbungsverfahrensanspruch bestehen. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen (BayVGH, B.v. 8.2.2018 – 3 CE 17.2304 – juris Rn. 4 unter Verweis auf Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, Anhang 5 Rn. 2; BVerfG, B.v. 9.7.2007 – 2 BvR 206/07 – juris Rn. 22; BVerwG, B.v. 16.12.2008 – 1 WB 19/08 – juris Rn. 35).
b) Dies berücksichtigend stellt sich der Auswahlvermerk vom 29. April 2021 als fehlerhaft dar.
Der Auswahlvermerk stellt sich insoweit bereits als formell fehlerhaft dar, da er keine Ausführungen zu den angestellten Leistungserwägungen enthält. Er erschöpft sich im Wesentlichen in Ausführungen zu den geforderten Anforderungskriterien „Erfahrungen und Tätigkeiten in der Lehreraus- und -fortbildung“. Lediglich aus den Hinweisen „Dem Leistungsprinzip folgend…“ und „…neben dem Leistungsaspekt …“ sowie dem Vergleich zum ursprünglichen Auswahlvermerk könnte zu entnehmen sein, dass der Antragsgegner überhaupt eine leistungsbezogene Auswahl vorgenommen hat.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Berücksichtigung des Auswahlvermerkes in der Fassung vom 29. März 2021. Zwar setzt sich dieser mit der Erfüllung des Anforderungsprofils durch die Bewerber auseinander und schließt drei Bewerber bereits auf der ersten Stufe wegen Nichterfüllung des Anforderungsprofils aus, enthält im Übrigen aber lediglich Anmerkungen zur ursprünglich ausgewählten Bewerberin. Ein Vergleich mit den weiteren Bewerbern bzw. eine Reihung, aus der sich z.B. ergeben würde, aus welchen Gründen die Beigeladene auf Platz 2 der Reihung gelandet ist, enthält er nicht.
Vielmehr wurden die möglicherweise angestellten Erwägungen erstmals im gerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz des Antragsgegners vom 14. Juni 2021 vorgetragen. Grundlage für die gerichtliche Entscheidung sind aber allein die schriftlich fixierten wesentlichen Auswahlerwägungen im Auswahlvermerk vom 29. März 2021 in der Gestalt, die dieser durch die handschriftliche Ergänzung am 29. April 2021 erhalten hat, denn maßgeblich ist der Zeitpunkt der letzten – tatsächlich getroffenen – Behördenentscheidung, also der Entscheidung über die Stellenbesetzung. Wegen des nach der ständigen Rechtsprechung bestehenden Gebots, aus Gründen der Transparenz des Besetzungsverfahrens die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, können später dokumentierte Erwägungen regelmäßig nicht mehr berücksichtigt werden. Ein „Nachschieben“ der für die Auswahl maßgeblichen Gründe in verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren ist verspätet. Unter Berücksichtigung des § 114 Satz 2 VwGO wäre ggf. eine Ergänzung bereits dokumentierter Auswahlerwägungen denkbar, nicht jedoch eine vollständige Nachholung der Begründung der Auswahlentscheidung (BVerwG, B.v. 20.8.2003 – 1 WB 23/03 – juris Rn. 6; VG Schleswig, B.v. 25.11.2019 – 12 B 59/19 – juris Rn. 16 f.; VG München, B.v. 11.10.2016 – M 5 E 16.3321 – juris Rn. 31 unter Verweis auf BayVGH, B.v. 21.1.2005 – 3 CE 04.2899 – juris; B.v. 5.11.2007 – 3 CE 07.2821 – juris; B.v. 6.11.2007 – 3 CE 07.2163 – juris Rn. 36).
Die Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung drängt sich aber gerade auch unter Berücksichtigung der nachgeschobenen Auswahlerwägungen im Schriftsatz vom 14. Juni 2021 auf, soweit sich der Antragsgegner pauschal darauf beruft, dass die Beigeladene das Prädikat „BG“ in der Besoldungsgruppe A 11 + AZ erhalten habe, die Antragstellerin hingegen in der Besoldungsgruppe A 11. Die Beigeladene sei damit vorrangig zu bewerten, da sie das Prädikat in der höheren Besoldungsgruppe erhalten habe.
Zutreffend ist insoweit, dass es sich bei Ämtern mit und ohne Amtszulage statusrechtlich um verschiedene Ämter handelt (Art. 2 Abs. 2 LlbG; BayVGH, B.v. 10.11.2015 – 3 CE 15.2044 – juris Rn. 35). Auch entspricht die Annahme, dass, wenn sich die Beurteilungen der konkurrierenden Bewerber auf unterschiedliche Statusämter beziehen, bei formal gleicher Bewertung die Beurteilung des Beamten im höheren Statusamt grundsätzlich besser ist als diejenige des in einem niedrigeren Statusamt befindlichen Konkurrenten, der obergerichtlichen Rechtsprechung (BayVGH, B.v. 12.7.2021 – 3 CE 21.0166 – juris Rn. 4; B.v. 22.1.2018 – 3 CE 17.2440 – juris Rn. 27; BVerfG, B.v. 20.3.2007 – 2 BvR 2470/06 – juris Rn. 15).
Nicht berücksichtigt wird jedoch, dass diese Erwägung nicht schematisch auf jeden Fall der Konkurrenz zwischen zwei Beamten unterschiedlicher Statusämter angewendet werden kann. Vielmehr hängt das zusätzlich zu berücksichtigende Gewicht der in einem höheren Statusamt erreichten Beurteilung von den Umständen des Einzelfalls ab. Die grundsätzliche Höhergewichtung der statushöheren Beurteilung schließt vielmehr nicht aus, dass ein Statusrückstand durch leistungsbezogene Kriterien kompensiert werden kann (BayVGH, B.v. 12.7.2021 – 3 CE 21.0166 – juris Rn. 4; BVerfG, B.v. 11.5.2011 – 2 BvR 764/11 – juris Rn. 11).
Entsprechende Erwägungen zu einem Gleichstand werden jedoch in dem Auswahlvermerk nicht angestellt. Die nachgeschobenen Erwägungen erschöpfen sich in der unzutreffenden Annahme, der Leistungsvorsprung der Beigeladenen ergebe sich bereits daraus, dass deren Beurteilung ein höheres Gewicht beizumessen sei. Diese rein schematische Betrachtung – wäre sie bereits im Auswahlvermerk vorhanden – genügt den vorbezeichneten Anforderungen erkennbar nicht und kann auch nicht mit Hinweis auf die dem Dienstherrn zustehende Beurteilungsermächtigung relativiert werden. Es ist gerade Gegenstand der Beurteilungsermächtigung, die Vergleichbarkeit der Beurteilungen mit der gebotenen zusätzlichen Gewichtung unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls herzustellen. Dies hat der verfahrensgegenständliche Auswahlvermerk schon gar nicht geleistet (BayVGH, B.v. 12.7.2021 – 3 CE 21.0166 – juris Rn. 6).
Aufgrund des fehlerhaften Auswahlvermerkes ist auch nicht ausgeschlossen, dass die ausgeschriebene Stelle im Falle einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlverfahrens an die Antragstellerin vergeben würde. Offen ist insoweit, welche Entscheidung der Antragsgegner treffen würde, wenn er bei Gegenüberstellung der Gesamtergebnisse unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls ggf. zu einem Gleichstand der Antragstellerin und der Beigeladenen kommen würde.
Zwar hat der Antragsgegner Ausführungen zu einer Binnendifferenzierung nachgeschoben, wonach die Beigeladene in allen Beurteilungsmerkmalen mit BG bewertet worden sei, während die Antragstellerin mit 3 x „UB“ und 5 x „BG“ beurteilt worden ist, möglicherweise könnten aber die allgemein für Fachlehrer gebildeten Superkriterien (in Ermangelung von Superkriterien für Fachlehrer am Staatsinstitut) bzw. das fakultative Anforderungsprofil einzelne Merkmale gewichtiger erscheinen lassen als andere. Im Hinblick auf den dem Dienstherrn eingeräumten und gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum kann das Gericht insoweit nicht eigene Erwägungen an die Stelle derer des Antragsgegners stellen.
Hinzu kommt, dass der Antragsgegner im Schriftsatz vom 7. September 2021 darauf verwiesen hat, dass bei im Wesentlichen gleichen dienstlichen Beurteilungen auf Auswahlgespräche, ggf. ergänzt durch eine Binnendifferenzierung, zurückgegriffen würde. Gemäß Art. 16 Abs. 1 Satz 4 LlbG können Grundlagen für die Entscheidung des Dienstherrn dienstliche Beurteilungen und wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren, wie insbesondere systematisierte Personalauswahlgespräche, strukturierte Interviews oder Assessment-Center sein, sofern diese von Auswahlkommissionen durchgeführt werden. Werden für eine Auswahlentscheidung dienstliche Beurteilungen sowie weitere verschiedene Auswahlmethoden nach Satz 4 verwandt, bestimmt der Dienstherr die Gewichtung. Art. 16 Abs. 1 Satz 4 LlbG stellt als Grundlagen für die Entscheidung des Dienstherrn dienstliche Beurteilungen und wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren, wie insbesondere systematisierte Personalauswahlgespräche, strukturierte Interviews oder Assessment-Center, sofern diese von Auswahlkommissionen durchgeführt werden, nebeneinander. Zur Auswahlentscheidung selbst trifft jedoch Art. 16 Abs. 1 Satz 5 LlbG dahingehend eine Abstufung, dass dienstliche Beurteilungen stets verwendet werden müssen und weitere Auswahlmethoden zusätzlich gestattet sind (VG Augsburg, B.v. 28.2.2018 – Au 2 E 17.1880 – juris Rn. 46 unter Verweis auf BayVGH, B.v. 5.8.2014 – 3 CE 14.771 – juris Rn. 45 f.; Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand Dezember 2016, Art. 16 LlbG Rn. 31).
Insoweit wird darauf hingewiesen, dass in der streitgegenständlichen Stellenausschreibung jedoch nicht darauf hingewiesen wird, dass ggf. Auswahlgespräche stattfinden können, und dass auch nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen wohl auch keine Gewichtung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Satz 5 vorliegt, insbesondere auch, weil die Richtlinien für die Beförderung von Lehrkräften und Förderlehrkräften an Volksschulen, Förderschulen und Schulen für Kranke (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 18. März 2011, Az. IV.5-5 P 7010.1-4.23 489), aus der sich nach Ziff. 3.3 eine Gewichtung ergeben könnte, nach Einlassung des Antragsgegners für die Besetzung einer Stelle am Staatsinstitut nicht anwendbar sind. Dies dürfte nach Ziff. 1.1 der Richtlinien für die Beförderung von Lehrkräften und Förderlehrkräften an Volksschulen, Förderschulen und Schulen für Kranke zumindest hinsichtlich einer unmittelbaren Anwendbarkeit zutreffend sein.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 161 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Sätze 1 bis 4 GKG. Der Streitwert beträgt danach 1/4 der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des vom Antragsteller angestrebten Amtes (vgl. BayVGH, B.v. 18.4.2018 – 3 CE 18.618 – juris Rn. 10), wobei auch die jährliche Sonderzahlung (Art. 82 ff. BayBesG) als Nebenbezug nach Art. 2 Abs. 3 Nr. 6 BayBesG zu berücksichtigen ist (BayVGH, B.v. 3.7.2019 – 3 CE 19.1118 – juris Rn. 26). Die Bezüge der Antragstellerin würden sich in der Besoldungsgruppe A12 Stufe 11 monatlich auf 4.942,44 EUR belaufen.


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