Verwaltungsrecht

Streit um Bewertung der Ersten Juristischen Pflichtfachprüfung

Aktenzeichen  M 4 K 16.451

Datum:
4.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
JAPO § 31 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Prüfungsentscheidungen sind nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Bewertungsspielraum ist überschritten, wenn die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Gericht hat die zu Grunde liegenden Prüfungsbewertungen nur insoweit zu überprüfen, als vom Prüfling dagegen substantiierte Einwendungen vorgebracht werden. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt haben.
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Prüfungsbescheid des Landesjustizprüfungsamts vom 4. Januar 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Bewertungen der von dem Kläger angefertigten Bearbeitungen (Klausuren) der Aufgaben 2, 3, 4, 5 und 6 sind nicht zu beanstanden. Der Kläger hat somit keinen Anspruch auf Neubewertung dieser Klausuren und Neuverbescheidung (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-).
I.
Prüfungsentscheidungen sind nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar.
Nach dem das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit müssen für vergleichbare Prüflinge so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten. Mit diesem Grundsatz wäre es unvereinbar, wenn einzelne Kandidaten, indem sie einen Verwaltungsgerichtsprozess anstrengen, die Chance einer vom Vergleichsrahmen unabhängigen Bewertung erhielten. Die gleichmäßige Beurteilung aller vergleichbaren Kandidaten ist nur erreichbar, wenn den Prüfungsbehörden bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entschei-dungsspielraum verbleibt und die gerichtliche Kontrolle insoweit eingeschränkt wird (BVerfG B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 – BVerfGE 84, 34 [52]).
Dieser prüfungsspezifische Bewertungsspielraum erstreckt sich auch auf die Notenvergabe bei Prüfungen wie der streitgegenständlichen: Die Prüfer müssen bei ihrem wertenden Urteil von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Examenspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und allgemein anwenden. Auch die Bestehensgrenze lässt sich nicht starr und ohne den Blick auf durchschnittliche Ergebnisse bestimmen. Daraus folgt, dass die Prüfungsnoten nicht isoliert gesehen werden dürfen, sondern in einem Bezugssystem zu finden sind, das durch die persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer beeinflusst wird. Da sich die komplexen Erwägungen, die einer Prüfungsentscheidung zugrunde liegen, nicht regelhaft erfassen lassen, würde eine gerichtliche Kontrolle zu einer Verzerrung der Maßstäbe führen (BVerfG B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 – BVerfGE 84, 34 [51 f.]).
Gegenstände des prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraumes sind etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels (BVerwG U.v. 12.11.1997 – 6 C 11.96 – juris Rn. 22; B.v. 13.5.2004 – 6 B 25/04 – juris; Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 635). Ebenso handelt es sich um eine den Prüfern vorbehaltene prüfungsspezifische Wertung, ob im Hinblick auf eine entsprechend determinierte Notenstufe bzw. zugeordnete Punktzahl eine Prüfungsleistung als „brauchbar“ zu bewerten ist (BVerwG v. 12.11.1997, a.a.O.). In diesen Bereich des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraumes dürfen die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen, sondern haben nur zu überprüfen, ob die Prüfer die objektiven, auch rechtlich beachtlichen Grenzen ihres Bewertungsspielraumes überschritten haben (vgl. BVerwG v. 13.5.2004 – 6 B 25/04 – juris; BVerfG B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 – BVerfGE 84, 34 ff.).
Der Bewertungsspielraum ist überschritten, wenn die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Ein in diesem Sinne allgemeingültiger Bewertungsgrundsatz ist es, dass zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen im Prinzip nicht als falsch bewertet werden und zum Nichtbestehen führen dürfen. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar ist, gebührt zwar dem Prüfer ein Bewertungsspielraum, dem aber ein Antwortspielraum des Prüflings gegenübersteht. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch gewertet werden. Überschritten wird der Beurteilungsspielraum ferner, wenn eine Bewertung auf einer wissenschaftlich-fachlichen Annahme des Prüfers beruht, die einem Fachkundigen als unhaltbar erscheinen muss (BVerfG B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 – BVerfGE 84, 34 [53 ff.]; BVerwG B. v. 13.5.2004 – 6 B 25/04 – juris). Die wissenschaftlich-fachlichen Wertungen können vom Gericht stärker, wenn auch nicht vollständig, überprüft werden. Eine fachliche Antwort lässt sich bei entsprechendem Fachwissen als „richtig“, „falsch“ oder bei bestehenden Unklarheiten zumindest als „vertretbar“ bezeichnen. Ob eine als „falsch“ bewertete Lösung diese Voraussetzungen erfüllt, muss das Gericht gegebenenfalls durch Sachverständige klären. Bei der Beurteilung juristischer Fachfragen, insbesondere bei juristischen Staatsprüfungen, ist allerdings in aller Regel von der erforderlichen Qualifikation und Fachkompetenz der Verwaltungsgerichte auszugehen (BVerwG U. v. 24.2. 1993 – 6 C 38/92 – juris; BVerwG B. v. 21.7.1998 – 6 B 44/98 – juris).
Das Gericht hat die zu Grunde liegenden Prüfungsbewertungen nur insoweit zu überprüfen, als vom Prüfling dagegen substantiierte Einwendungen vorgebracht werden. Der Prüfling muss also auf vermeintliche Irrtümer und Rechtsfehler wirkungsvoll hinweisen (BVerfG B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 – BVerfGE 84, 34, 48). Dazu genügt es nicht, dass er sich generell gegen eine bestimmte Bewertung seiner Prüfungsleistungen wendet und etwa pauschal eine zu strenge Korrektur bemängelt. Vielmehr muss er konkret darlegen, in welchen Punkten die Korrektur bestimmter Prüfungsleistungen nach seiner Auffassung Bewertungsfehler aufweist, indem er substantiierte Einwände gegen Prüferbemerkungen und -bewertungen erhebt. Macht er geltend, dass etwa eine als falsch bewertete Antwort in Wahrheit vertretbar sei und auch so vertreten werde, so hat er dies unter Hinweis auf entsprechende Fundstellen näher darzulegen (BVerwG U. v. 24.2.1993 – 6 C 35/92 – juris).
Ist die vom Prüfling gerügte Bewertung einer Prüfungsaufgabe fehlerhaft und hat dieser Fehler Einfluss auf das Prüfungsergebnis, so führt dies zur Aufhebung des Bescheides über die Prüfungsendnote und zur Verpflichtung der Prüfungsbehörde, das Prüfungsverfahren durch Neubewertung der betreffenden Aufgabe fortzusetzen (BVerwG U. v. 16.3.1994 – 6 C 5/93 – juris). Können allerdings Auswirkungen dieser materiellen Prüfungsfehler auf das Ergebnis der Prüfungsentscheidung ausgeschlossen werden, so folgt – wie bei unwesentlichen Verfahrensfehlern – aus dem Grundsatz der Chancengleichheit, dass ein Anspruch auf Neubewertung nicht besteht, weil sich die Prüfungsentscheidung im Ergebnis als zutreffend und damit als rechtmäßig darstellt (BVerwG B. v. 13.3.1998 – 6 B 28/98 – juris).
II.
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die gegen die Klausurbewertungen erhobenen Einwendungen nicht durchgreifen.
1. Die zivilrechtliche Klausur 2 wurde von beiden Korrektoren mit drei Punkten (mangelhaft) bewertet.
a) Mit seiner ersten Rüge wendet sich der Kläger gegen die Korrekturbemerkung des Erstkorrektors, dass nicht vertretbar aus § 512 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB- (jetzt § 513 BGB) gefolgert werden könne, dass A bei AGB wie ein Verbraucher zu schützen sei (Seite 3 des Begründungsblattes) sowie die Schlussbemerkung des Erstkorrektors, dass bei der Prüfung des Haftungsausschlusses der Anwendungsbereich von § 512 BGB unvertretbar ausgeweitet werde (Seite 4 des Begründungsblattes) sowie weitere Randbemerkungen des Erstkorrektors in diesem Zusammenhang. Die Klausurbearbeitung des Klägers enthält insofern auf den Seiten 9 und 10 folgende Passage:
„dd) Erweiterter Verbraucherschutz gem. § 310 III
Soweit es sich bei dem Vertrag um einen sog. Verbrauchervertrag handelte greifen zusätzliche Bestimmungen zum Verbraucherschutz.
(1) Unternehmereigenschaft, § 14 I A. GmbH& Co. KG ist B Unternehmerin gem. §§ 14 I, II BGB, 161 II, 124 I HGB.
(2) Verbrauchereigenschaft, § 13, 512
A ist selbständig tätig und nicht im Handelsregister eingetragen. Jedoch greift für ihn die Existenzgründerklausel des § 512, die jedoch nur die Vorschriften, der §§ 491-511 für anwendbar erklärt. [Randbemerkung: ja, aber § 512 hat einen vom Gesetzgeber klar definierten Anwendungsbereich] Aufgrund der besonderen Schutzbedürftigkeit von Existenzgründern ist aber darüber zu diskutieren, ob § 13 in seinen Rechtsfolgen auf diesen Personenkreis nicht entsprechend Anwendung finden sollte. Grund für die Privilegierung des Verbrauchers ist seine besondere Schutzbedürftigkeit im Rechtsverkehr ggü. erfahrenen Geschäftspartnern. Diese Schutzwürdigkeit weisen auch Personen auf, die gerade erst ihre selbständige Existenz errichten und deshalb ebenso (noch) geschäftsunerfahren sind. Dagegen spricht der Wortlaut des § 13, der ausschließlich die selbständige berufliche Tätigkeit ausschließt.
Vorliegend sprechen die besseren Argumente für eine Anwendbarkeit des § 512, so dass auch A als Existenzgründer unter den zusätzlichen Schutz des § 310 III fällt. [Randbemerkung: Nein, denn § 512 hat, was auch aus Sinn und Zweck folgt, engen Ausnahmecharakter]“
Die Rand- und Schlussbemerkungen des Erstkorrektors sind zutreffend; dagegen sind die Ausführungen des Klägers in seiner Klausurbearbeitung insoweit nicht zutreffend. Unabhängig von den umfangreichen Ausführungen der Parteien im Rahmen der Prüfungsanfechtung ergibt sich dies bereits aus folgendem:
Eine Person kann entweder Verbraucher (§ 13 BGB) oder Unternehmer (§ 14 BGB) sein. Beides gleichzeitig zu sein, wie es der Kläger zum Beispiel auf S. 9 seiner Klausurbearbeitung annimmt, ist nicht möglich und wird auch weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur vertreten. Da in einer Übergangsphase die Abgrenzung schwierig sein kann (vgl. z.B. BGH U. v. 15.11.2007 – III ZR 295/06 – juris; B. v. 24.2.2005 – III ZB 36/04 – juris), behandelt und schützt der Gesetzgeber in § 512 BGB den Existenzgründer für bestimmte „Finanzverträge“ wie einen Verbraucher. Wenn man andere Vorschriften des BGB (trotz der ausdrücklichen Regelung des § 512 BGB) auf Existenzgründer anwenden will, muss man für eine (analoge) Anwendung dieser Vorschriften die Voraussetzung der Analogie bei diesen Vorschriften prüfen und ausführlich begründen; d.h. im konkreten Fall hätte der Kläger eine analoge Anwendung des § 310 Abs. 3 BGB auf Existenzgründer (entgegen der Regelung des § 310 Abs. 1 BGB) prüfen und begründen müssen. Dabei hätte man (auch) mit den Wertungen, die den §§ 13/512 zugrunde liegen, argumentieren können. Mit der Frage „ob § 13 in seinen Rechtsfolgen (§ 13 BGB selbst hat keine unmittelbaren Rechtsfolgen) entsprechend (?) Anwendung findet“ und ob „§ 512 BGB“ Anwendung findet, hat dies nichts zu tun.
Dies und nichts anderes hat der Korrektor nach dem Wortlaut seiner Rand- und Schlussbemerkungen thematisiert, auf die – zutreffenden – weiteren Begründungen im Nachprüfungsverfahren kommt es daher gar nicht an, sie könnten – selbst wenn sie nicht richtig wären – auch nicht (zumindest abgesehen von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen) kausal für eine bessere Bewertung sein, da die ursprünglichen Korrekturbemerkungen des Erstkorrektors zutreffend waren.
Darüber hinaus sind die Anmerkungen des Erstkorrektors im Nachprüfungsverfahren nicht zu beanstanden. Der Kläger hat in seiner Prüfung aus § 512 BGB a.F. gefolgert, dass A bei AGB wie ein Verbraucher zu schützen sei und damit den Anwendungsbereich von § 512 BGB unvertretbar ausgeweitet. § 512 BGB ist eine abschließende Ausnahmevorschrift, die den Existenzgründer nur für die §§ 491 ff. BGB privilegiert (vgl. beispielsweise Bamberger/Roth, Beck’scher Online Kommentar BGB, § 512 Rn. 2, Säcker/Rixecker/Oetker/Limperk; Münchner Kommentar zum BGB, § 513 Rn. 3). Jedenfalls hat sich der Kläger in seiner Klausur nicht mit den Voraussetzungen für die analoge Anwendung weiterer Verbraucherschutzvorschriften auf den Existenzgründer auseinandergesetzt. So ist er beispielsweise schon nicht darauf eingegangen, ob überhaupt eine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Ebendies führt der Erstkorrektor auch in seiner Stellungnahme im Nachprüfungsverfahren zutreffend aus.
c) Der Kläger rügt die Randbemerkung des Erstkorrektors auf S. 8 seiner Klausurbearbeitung „Sie müssten zunächst das Fristerfordernis prüfen wegen des Vorrangs der Nachlieferung/Nachbesserung“. Es stelle keinen Fehler dar, den Haftungsausschluss noch vor der Rücktrittsfrist zu prüfen, da dieser thematisch zum Themengebiet „Rücktrittsrecht/Rücktrittsgrund“ gehöre, das üblicherweise zuerst geprüft werde.
Auch mit dieser Rüge dringt der Kläger nicht durch.
Zum einen hat der Erstkorrektor im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens konkretisiert, dass er den Aufbau des Klägers bei der Korrektur zwar kritisiert, ihn aber weder als falsch noch als nicht vertretbar gewertet habe, mit der Folge, dass die Kritik des Korrektors nicht kausal für das Klausurergebnis sein konnte – unabhängig davon, ob sie in der Sache zutreffend war oder nicht. Eine solche Konkretisierung im Nachprüfungsverfahren ist zulässig. Das Gericht sieht vorliegend keinen Anlass, an den Ausführungen des Erstkorrektors zu zweifeln.
Zum anderen durfte der Erstkorrektor den vom Kläger gewählten Aufbau beanstanden. Es ist denklogisch, zunächst zu prüfen, ob überhaupt ein Rücktrittsrecht entstanden ist, was wiederum anhand der Prüfungspunkte 1) Rücktrittserklärung 2) Rücktrittsgrund (hier insbesondere das Vorliegen eines Sachmangels) 3) Rücktrittsfrist zu ermitteln ist. Erst wenn das grundsätzliche Rücktrittsrecht bejaht wurde macht es Sinn, einen Ausschluss dieses Gestaltungsrechts zu prüfen – bspw. durch einen gesetzlichen Ausschlussgrund (wie § 323 Abs. 6 BGB) oder einen vereinbarten Haftungsausschluss.
d) Mit einer weiteren Rüge wendet der Kläger sich gegen die Korrekturbemerkungen des Erstkorrektors auf Seite 2 des Bewertungsblattes (neben II. 3.) „vor Anfechtung/Widerruf behandelt“ und in der Gesamtwürdigung (S. 4 des Begründungsblattes) „Beim Erlöschen des Anspruchs wird zunächst der Rücktritt geprüft, die im Aufbau davor relevanten Themen Anfechtung/Widerruf finden sich nur stichpunktartig am Ende von Teil I“.
Auch mit dieser Rüge dringt der Kläger nicht durch. Das Gericht schließt sich den Ausführungen des Erstbewerters im Nachprüfungsverfahren an, wonach es sachgerechter gewesen wäre, die Anfechtung aufgrund ihrer ex-tunc-Wirkung und den Widerruf aufgrund seiner geringeren Voraussetzungen noch vor dem Rücktritt zu prüfen (beide mit ex-nunc-Wirkung). Die Rüge der Erstkorrektur ist weder falsch noch willkürlich. Der genannte Aufbau durfte im Rahmen des Prüferspielraums erwartet werden. Auch hat der Erstkorrektor den Aufbau des Klägers weder als falsch noch als unvertretbar gewürdigt. Aus seinen Anmerkungen geht lediglich hervor, dass er einen anderen Aufbau als sachgerechter empfunden hätte.
Auch ist der Argumentation des Beklagten insofern zuzustimmen, also der Erstkorrektor zu Recht angemerkt hat, dass durchgestrichene Teile einer Bearbeitung (vorliegend die Ausführungen des Klägers auf S. 3 der Klausur zur Anfechtung) bei der Bewertung nicht zu berücksichtigen sind – weder zugunsten noch zulasten eines Prüflings. Aus ihnen durfte der Erstbewerter folglich auch keine Überlegungen des Prüflings zum Prüfungsaufbau folgern.
e) Auch die Rüge des Klägers gegen die Anmerkung des Erstbewerters auf S. 12 seiner Klausurbearbeitung „Wie passt das zu S. 11 unten? Widersprüche!“ bezüglich der ABG-Prüfung eines Haftungsausschlusses hat keinen Erfolg.
Der Kläger führte in seiner Klausurbearbeitung auf den Seiten 11/12 aus:
„(4) Letztlich könnte noch ein Verstoß gegen § 307 I gegeben sein; eine Benachteiligung des A durch den Haftungsausschluss wegen Verstoßes gg. Treu u. Glaubens [scheidet] jedoch aus, nachdem die Vereinbarung eines Haftungsausschlusses vom Gesetzgeber grundsätzlich gebilligt wird. [Randbemerkung: ja, aber hier wurde individuell (nicht AGB) etwas anderes vereinbart] Aufgrund der Tatsache, dass A Existenzgründer ist, erscheint es vor § 307 I unbillig, ihm den Haftungsausschluss entgegenzuhalten, obwohl der tragende Fehler in der Sphäre des B passierte. [Randbemerkung: was soll denn nun gelten? § 512 gilt hier nicht, s.o.] Es liegt somit ein Verstoß im Rahmen der Inhaltskontrolle vor. [Randbemerkung: wie passt das zu S. 11 unten? Widersprüche!]“
Hierin ist in der Tat ein Widerspruch zu erkennen, da der Kläger zunächst ausführt, dass eine Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 BGB ausscheide, da Haftungsausschlüsse vom Gesetzgeber grundsätzlich gebilligt würden, und dann jedoch die Unbilligkeit nach § 307 Abs. 1 BGB aufgrund der Existenzgründereigenschaft des B bejaht. Es ist evident, dass es nicht logisch ist, zunächst einen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB zu verneinen, da Haftungsausschlüsse vom Gesetzgeber gebilligt würden, und im nächsten Absatz ohne weiteren Bezug zu diesen Ausführungen davon auszugehen, dass es unbillig wäre, A den Haftungsausschluss entgegenzuhalten, da er Existenzgründer sei und der tragende Fehler in der Sphäre seines Vertragspartners passiert sei.
f) Hinsichtlich der Kritik des Klägers am Zweitbewerter, der sich der Bewertung des Erstkorrektors anschloss, wird auf die Ausführungen zur Erstkorrektur verwiesen.
2. Die zivilrechtliche Klausur 3 wurde von beiden Korrektoren mit 2 Punkten (mangelhaft) bewertet.
a) Mit seiner ersten Rüge wendet sich der Kläger gegen die Korrekturanmerkung des Erstkorrektors (der sich die Zweitkorrektur angeschlossen hat) auf S. 5 der Prüfungsarbeit neben dem Gliederungspunkt „VII. Rechtsschutzbedürfnis“ im Rahmen derer der Erstkorrektor bemängelt, dass der Prüfling das Feststellungsinteresse nicht geprüft habe. Nach seinen umfangreichen Stellungnahmen ist der Kläger der Auffassung, dass das Feststellungsinteresse in seiner Klausurbearbeitung nicht fehle, da er unter der Überschrift Rechtsschutzbedürfnis eine materielle Prüfung des Feststellungsinteresses vorgenommen habe. Er habe dort das Rechtsschutzinteresse in Gestalt des Feststellungsinteresses geprüft; das Rechtsschutzbedürfnis entspreche im Falle einer Feststellungsklage dem Feststellungsinteresse.
Mit dieser Rüge hat der Kläger keinen Erfolg. Zwar ist dem Kläger insofern zuzustimmen, dass es sich beim Feststellungsinteresse um die spezielle Ausgestaltung des bei jeder Rechtsverfolgung erforderlichen Rechtsschutzinteresses handelt (Thomas/Putzo, ZPO, § 256 Rn. 13). Jedoch durften sowohl der Erst- und der Zweitkorrektor im Rahmen ihres Prüferspielraums erwarten, dass der Kläger den Fachbegriff des Feststellungsinteresses zusammen mit der maßgeblichen Norm nennt und prüft.
Der Kläger hat jedoch weder den Begriff des Feststellungsinteresses noch die maßgebliche Norm des § 256 ZPO unter seinen Ausführungen zum Rechtsschutzbedürfnis genannt. Auch inhaltlich beziehen sich die Ausführungen des Klägers unter diesem Gliederungspunkt erkennbar nicht auf ein Rechtsschutzbedürfnis/-interesse. Vielmehr prüft der Kläger unter dem Begriff des Rechtsschutzbedürfnisses die (möglicherweise) unsubstantiierte Klageerhebung. Diese Ausführungen gehören jedoch thematisch zum Prüfungspunkt „ordnungsmäße Klageerhebung“. Der Kläger selbst nennt diesbezüglich die maßgebliche Norm des § 253 ZPO.
Es ist daher nicht zu beanstanden, dass beide Korrektoren ein Fehlen von Ausführungen zum Feststellungsinteresse bemängelten.
b) Mit seiner zweiten Einwendung wendet sich der Kläger dagegen, dass die Korrektoren den Umstand als negativ gewertet hätten, dass er in seinem Prüfungsaufbau unter dem Gliederungspunkt „III. Materielle Präklusion (Frist)“ die Einhaltung einer etwaigen Frist geprüft habe. Auch die von den Korrektoren verwendete Lösungsskizze enthalte unter dem Punkt „II.3. Frist und Verwirkung“ Ausführungen zu einem etwaigen Fristerfordernis. Auch habe er den Prüfungspunkt bewusst mit „materieller Präklusion“ betitelt, um den Unterschied zur „normalen“ Kündigungsschutzklage herauszustellen. Der Kläger habe mit der bewussten Bezeichnung des Prüfungspunktes klarstellen wollen, dass bei dem vorliegenden Klageverfahren gerade keine materielle Präklusion greife, weshalb die gewählte Überschrift auch den Zusatz „(Frist)“ enthalte.
Auch mit dieser Rüge bleibt der Kläger erfolglos. Schon im Nachprüfungsverfahren haben sowohl Erstals auch Zweitkorrektor klargestellt, dass die Randbemerkung „Frage der Zulässigkeit“ und der Bemerkung „gut argumentiert, aber Verortung ‚materielle Präklusion‘ in Zulässigkeit fraglich“ nur darauf hinweisen sollte, dass es üblich sei, die materielle Präklusion der Begründetheit zuzuordnen. Jedenfalls seien die Ausführungen des Klägers nicht als falsch gewertet worden und es habe sich in der Gesamtschau um einen absolut untergeordneten Punkt gehandelt, der sich nicht auf das Gesamtergebnis ausgewirkt habe. Insofern fehlt es schon an der Kausalität auf das Bewertungsergebnis. Davon abgesehen ist die Prüfung der materiellen Präklusion in der Zulässigkeit auch tatsächlich mindestens fraglich, worauf der Kläger in seiner Klageschrift auch selbst hinweist. Zu diesem Meinungsstreit findet sich in der Klausur des Klägers jedoch nichts. Auch gehen die in der Klageschrift des Klägers angestellten Überlegungen zur bewussten Benennung des Gliederungspunktes „Materielle Präklusion (Frist)“ nicht ansatzweise aus seiner Klausurbearbeitung hervor. Auch aus diesem Grund ist der Hinweis der Korrektoren darauf, dass der Prüfungsstandort einer materiellen Präklusion fraglich ist, nicht zu beanstanden.
c) Der Kläger wendet sich gegen das Auslassungszeichen auf S. 1 des Begründungsblattes hinter „6. Anspruch auch für Teilzeitberechtigte“.
Der Erstkorrektor setzte das Auslassungszeichen zu Recht und der Zweitkorrektor schloss sich dem zu Recht an. Im Aufgabentext war das Problem, ob bereits Teilzeitbeschäftigte einen Anspruch auf (weitere) Reduzierung ihrer Arbeitszeit haben, klar angelegt. Zwar kann den Ausführungen des Klägers auf den S. 8 und 9 seiner Arbeit durchaus entnommen werden, dass er bei seiner weiteren Prüfung von einer Anwendbarkeit ausging. Er hat jedoch weder die grundlegende Frage der Anwendbarkeit explizit aufgeworfen noch sich argumentativ mit ihr auseinandergesetzt. Daran ändert auch die Erwägung des § 8 Abs. 6 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge -TzBfG- nichts. Es ist insbesondere den Ausführungen des Erstkorrektors im Nachprüfungsverfahren zuzustimmen, wonach zwar erkennbar ist, dass der Kläger von einem Anspruch auch für bereits Teilzeitbeschäftigte ausgeht, der Kläger dies letztlich aber nur als Ergebnis für seine weitere Prüfung voraussetzt und keine Argumentation oder Begründung hierfür liefert. Vor diesem Hintergrund ist das streitgegenständliche Auslassungszeichen nicht zu beanstanden.
Insofern kam es auf die weitere Rüge des Klägers, dass der Erstkorrektor im Nachprüfungsverfahren den vorher gerügten Punkt als einen ganz untergeordneten Aspekt bezeichnete, nicht an. Die Frage, ob der Aspekt der Arbeit tatsächlich untergeordnet war (wofür im Übrigen nach Auffassung des Gerichts einiges spricht) bzw. inwiefern er sich deshalb überhaupt auf das Bewertungsergebnis ausgewirkt hat, wäre nur für die Frage von Bedeutung, ob sich eine falsche Korrektur der Bewerter auf das Ergebnis ausgewirkt hat. Wie bereits erläutert, hat der Erstkorrektor das Auslassungszeichen jedoch zu Recht gesetzt.
3. Die strafrechtliche Klausur 4 wurde von beiden Korrektoren mit 6 Punkten (ausreichend) bewertet.
a) Der Kläger rügt die Korrekturanmerkung des Erstkorrektors auf S. 5 seiner Bearbeitung, mit der die Prüfung eines Diebstahls nach § 242 Strafgesetzbuch -StGB- als fernliegend bewertet. Der Zweitkorrektor hat sich dieser Bewertung angeschlossen.
Die Rüge hat keinen Erfolg. Die Korrektoren haben die Prüfung des § 242 StGB zu Recht als fernliegend kritisiert. Entgegen den Ausführungen des Klägers ist es auch nicht widersprüchlich, in der Klausurbearbeitung eine Prüfung des § 248b StGB zu verlangen (siehe Begründungsblatt unter A. 1. Tatkomplex III.) und gleichzeitig eine Prüfung des § 242 StGB als fernliegend anzusehen. Im Rahmen von § 242 StGB muss die Wegnahme (einer fremden beweglichen Sache) geprüft werden. Diese war jedoch im Sachverhalt erkennbar nicht angelegt war, da der Dienstwagen dem A zum privaten Gebrauch zur Verfügung gestellt worden war. Im Rahmen des § 248b ist dagegen der unbefugte Gebrauch zu prüfen. Zwar sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm im Ergebnis nicht erfüllt, jedoch ist dem Sachverhalt eine Inbetriebnahme des Dienstwagens zu entnehmen, so dass für den unbefugten Gebrauch eines Fahrzeugs mehr Anhaltspunkte vorliegen als für einen Diebstahl.
Darüber hinaus hatte die vom Kläger vorgenommene Prüfung des § 242 StGB nach Aussage der Korrektoren keinen Einfluss auf die Bewertung der Klausur und war damit für das Ergebnis nicht kausal. Das Gericht sieht keinen Anlass, hieran zu zweifeln.
b) Des Weiteren rügt der Kläger, dass im Begründungsblatt § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB aufgeführt sei und der Erstkorrektor vermerkt habe, dass der Kläger diesen nicht geprüft habe. Der Klausursachverhalt habe keine Anhaltspunkte für eine Prüfung dieser Norm enthalten, weshalb der Kläger davon bewusst abgesehen habe.
Auch mit dieser Rüge dringt der Kläger nicht durch. Zum einen durfte der Korrektor eine kurze Erwähnung des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB im Rahmen seines prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraums erwarten, auch wenn die Anhaltspunkte im Sachverhalt bei einem vereinzelten Faustschlag in das Gesicht des Opfers durchaus recht dünn waren. Zum anderen verweist das Gericht auf die Aussage beider Korrektoren im Nachprüfungsverfahren, wonach die Nichtprüfung des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB keine Auswirkung auf die Bewertung hatte.
c) Mit einer weiteren Rüge wendet der Kläger sich gegen die Randbemerkung des Erstkorrektors auf Seite 15 „Pervertierungsabsicht bedingter Schädigungsvorsatz“ und die Anmerkung auf dem Begründungsblatt „Pervertierungsabsicht nicht dargestellt Bl. 15“. Die Korrektur übersehe dabei, dass der Kläger den verlangten Schädigungsvorsatz geprüft habe. Für die Annahme einer Pervertierungsabsicht genüge nach der Rechtsprechung des BGH wiederum ein einschlägiger (bedingter) Schädigungsvorsatz.
Diese Rüge des Klägers hat keinen Erfolg. Das Gericht folgt den Ausführungen des Erstkorrektors in seiner Stellungnahme im Nachprüfungsverfahren.
(1) Aus der Kombination der genannten Korrekturanmerkungen lässt sich zum einen schon nicht entnehmen, dass die Korrektoren die Prüfung der bedingten Schädigungsabsicht als fehlend bemängelten: Weder befinden sich bei der Randbemerkung Fehlzeichen noch wurde auf das Fehlen des bedingten Schädigungsvorsatzes auf dem Begründungsblatt hingewiesen. Dies wird auch durch die klarstellenden Ausführungen des Erstkorrektors in seiner Stellungnahme bestätigt. Eine „Schutzbehauptung“ des Erstkorrektors vermag das Gericht hierin nicht zu erkennen.
(2) Die fehlende Darstellung der Pervertierungsabsicht bemängelten die Korrektoren dagegen tatsächlich und zu Recht. Der Kläger führte auf den S. 14/15 seiner Arbeit aus:
„A handelte vorsätzlich bzgl. des obj. Tatbestandes; er war sich auch über die Gefahren bewusst u. handelte diesbzgl. ebenfalls vorsätzlich. A kam es gerade nicht darauf an, einen Unfall des V zu provozieren, um diesen zu schädigen; A handelte mit dolus directus 1. Grades gem. § 315b III, 315 III Nr. 1 lit. a.“
Weder nennt der Kläger das Schlagwort „Pervertierungsabsicht“ noch diskutiert der Kläger die Voraussetzung der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die subjektiven Voraussetzungen des § 315b Abs. 1 StGB vertieft, sondern handelt sie vielmehr in einem Satz im Urteilsstil ab. Der Kläger hat die Pervertierungsabsicht bzw. den subjektiven Tatbestand damit zwar inhaltlich angesprochen und im Ergebnis bejaht, die Voraussetzungen und die Anforderungen der Rechtsprechung (bzw. deren Entwicklung) jedoch nicht dargestellt. Unter diesem Gesichtspunkt durften die Korrektoren die Ausführungen des Klägers bemängeln.
d) Mit einer weiteren Einwendung wendet sich der Kläger gegen die Korrekturbemerkung auf S. 19 der Arbeit: „eben! hier dürfte die Tat aber auch beendet sein!!!“. Er habe hier eine Anstiftung zur Körperverletzung nach §§ 223 Abs. 1, 26 StGB zügig verneint, weil das Rufen der Aufforderung „Hinterher!“ keinen anstiftenden Effekt mehr entfaltete, nachdem A dem V zuvor bereits den Faustschlag versetzt habe. Hierauf habe der Erstkorrektor mit seiner Randbemerkung ausdrücklich hingewiesen, wodurch der Anscheint entstehe, dass die Ausführungen an dieser Stelle als unzutreffend gewertet würden.
Auch mit dieser Rüge hat der Kläger keinen Erfolg. Der Erstkorrektor hat bereits im Nachprüfungsverfahren klargestellt, dass er die Ausführungen des Klägers als richtig erkannt und in der Bewertung entsprechend berücksichtigt habe.
Das Gericht vermag in den Ausführungen des Erstkorrektors im Nachprüfungsverfahren und der Randbemerkung auch keinen Widerspruch erkennen. Den Randbemerkungen mag zu entnehmen sein, dass der Erstkorrektor die Ausführungen zu §§ 223 Abs. 1, 26 StGB möglicherweise als zu breit bzw. überflüssig wertete, da die Voraussetzungen der Normen leicht erkennbar nicht vorlagen. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass der Korrektor die Ausführungen deshalb als falsch gewertet hat.
e) Der Kläger rügt die Korrekturbewertung „schwer vertretbar“ auf S. 19 der Klausurbearbeitung. Diese sei wohl darauf zurückzuführen, dass der Kläger die Körperverletzung zwar als vollendet, nicht aber als beendet gewertet habe. Die Korrektur sähe die Taten dagegen als beendet an und komme somit nicht zu der vom Kläger aufgegriffenen sukzessiven Beihilfe zwischen Vollendungs- und Beendigungszeitpunkt. Ob die Tat tatsächlich beendet gewesen sei, sei jedoch nach Ansicht des Klägers fraglich gewesen und seine Auffassung daher vertretbar.
Mit dieser Rüge dringt der Kläger nicht durch. Das Gericht bezieht sich insofern auf die Ausführungen des Beklagten, wonach eine Körperverletzung mit Abschluss der Handlung nach Erfolgseintritt beendet ist, wobei es sich bei der Körperverletzung nicht um einer Dauer-, sondern ein Zustandsdelikt handelt (vgl. hierzu beispielsweise Fischer, StGB, § 223 Rn. 55a). Auch nach Ansicht des Gerichts war die Körperverletzung mit der Flucht des Täters beendet. Dem steht nicht entgegen, dass Mindermeinungen dies vielleicht anders sehen. Der Kläger geht auf deren Argumentation in seiner Klausur jedenfalls nicht ein und stellt die Tatsache, dass die Flucht noch nicht zur Beendigung führt ohne weitere Begründung in den Raum. Die Ausführungen des Klägers im Rahmen der Klagebegründung (Ausführung durch Flucht nur unterbrochen, lebensnahe Auslegung des Sachverhalts etc.) fehlen in der Klausur vollständig und können die fehlende Begründung in der Klausur nicht ersetzen. Daher ist die Randbemerkung des Erstkorrektors, wonach die Ausführungen des Klägers in der Klausurbearbeitung schwer vertretbar sind, nicht zu beanstanden.
f) Mit einer weiteren Rüge wendet sich der Kläger gegen die Anmerkung in der Gesamtwürdigung auf Seite 3 des Begründungsblattes, wonach „die Strafbarkeit des B außerdem ebenfalls unglücklich dargestellt“ sei. Der Kläger führt diese Aussage auf die von ihm nicht geprüfte Beteiligung des B an den Taten des A im 1. und 2. Tatkomplex zurück. Diese sei jedoch tatsächlich fernliegend gewesen, da auf den ersten Blick ersichtlich sei, dass seitens des B keine Strafbarkeit vorliege, weshalb die Kritik des Korrektors unzutreffend sei.
Das Gericht verweist insoweit auf die Ausführungen des Erstkorrektors im Nachprüfungsverfahren, wonach die Bezeichnung der Prüfung als „unglücklich“ darauf beruhe, dass der Kläger den Schwerpunkten der Klausur in diesem Abschnitt (omnimodo facturus, psychische Beihilfe als Hilfeleisten im Sinne von § 27 StGB, doppelter Gehilfenvorsatz, Möglichkeit der Beihilfe bei einer Dauerstraftat bis zu Beendigung des rechtswidrigen Zustands) keinen oder zumindest nicht den gebotenen Raum einräumte.
Entgegen der Ansicht des Klägers erachtet das Gericht diese Aussagen als nachvollziehbar.
(1) Zwar trifft es zu, dass das Begründungsblatt in der Mustergliederung des Erstkorrektors auf Seite 2 unter B I. die Prüfung der Beteiligung des A im 1./2. Tatkomplex vorsah. Allerdings hat der Erstkorrektor in seiner Stellungnahme klargestellt, dass das Fehlen dieses Prüfungspunktes nicht negativ gewertet wurde. Daran hegt das Gericht angesichts des augenfällig geringen Raumes, den die Mustergliederung für diesen Prüfungspunkt einräumte, keine Zweifel.
(2) Auch trifft es zu, dass der Kläger den Schwerpunkten der Klausur hinsichtlich der Tatbeteiligung des B nicht den gebotenen Raum eingeräumt hat. Soweit der Kläger vorträgt, er habe Ausführungen zur psychischen Beihilfe i.S.d. § 27 StGB sowie zum omnimodo facturus, der sukzessiven Beihilfe und des Gehilfenvorsatzes getätigt, erfolgten diese im Rahmen von §§ 223 Abs. 1, 26 StGB und §§ 223 Abs. 1, 27 StGB. Die Prüfung der Tatbeteiligung des B im Sinne von §§ 315b Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, 315 Abs. 3 Nr. 1 a) StGB in Verbindung mit den §§ 25 Abs. 2, 26, 30, 27 StGB sowie der §§ 316 Abs. 1 27 und §§ 303 Abs. 1 Alt. 1, 27 StGB fehlen dagegen nahezu vollständig. Insbesondere die Prüfung der Beteiligung an den Straßenverkehrsdelikten war im Klausursachverhalt mit dem Satz „Anton fühlt sich durch die Worte des Bernd in seinem Entschluss bestätigt und beschleunigt das Fahrzeug“ klar angelegt. Daher ist die Bewertung der Prüfung des Klägers als „unglücklich“ nicht zu beanstanden.
g) Der Kläger rügt, dass eine Prüfung der Mittäterschaft des B am Straßenverkehrsdelikt des § 315b StGB aufgrund fehlender Anhaltspunkte im Sachverhalt nicht geboten gewesen sei, von den Korrektoren aber erwartet wurde.
Dies ist nicht der Fall. Zwar enthält die Mustergliederung des Erstkorrektors unter B. II. diese Prüfung, jedoch hat sie im Nachprüfungsverfahren klargestellt, dass die Prüfung einer möglichen Mittäterschaft des B nicht unbedingt erforderlich gewesen sei. Das Gericht sieht keinen Anlass, hieran zu zweifeln. Es ist nicht abwegig, dass eine Musterlösungsskizze auch Prüfungspunkte enthält, die der Vollständigkeit halber aufgenommen wurden, deren Fehlen jedoch nicht negativ gewertet wird.
4. Die öffentlich-rechtliche Klausur 5 wurde von beiden Korrektoren mit 4 Punkten (ausreichend) bewertet.
a) Mit seiner ersten Einwendung rügt der Kläger die Aussage der Erstkorrektorin in ihrer zusammenfassenden Würdigung, dass die Parallelprüfung von Anfechtungsklage und Feststellungsklage nicht ganz geschickt sei.
Diese Rüge hat keinen Erfolg, da die Erstkorrektorin den gewählten Aufbau des Klägers zu Recht als nicht „ganz geschickt“ bezeichnete. Indem der Kläger den Hauptantrag (= die Anfechtungsklage) und den Hilfsantrag (= die Feststellungsklage) parallel prüft, macht er deutlich, dass ihm die Bedeutung der hilfsweisen Klageerhebung nicht hinreichend bewusst war. Denn wäre der Kläger zu dem Ergebnis gekommen, dass die Anfechtungsklage zulässig und begründet ist, wäre es zur Prüfung des Hilfsantrages erst gar nicht mehr gekommen, da dieser ja gerade nur bedingt für den Fall der Erfolglosigkeit der Anfechtungsklage erhoben war. Durch den von ihm gewählten Aufbau macht der Kläger deutlich, dass ihm insofern das nötige Problembewusstsein fehlte. Daran ändert es nichts, dass der Kläger auf S. 7 das Stichwort „innerprozessuale Rechtsbedingung“ fallen lässt. Es fehlen insofern Ausführungen dazu, dass der Hilfsantrag vorliegend gerade deswegen zum Tragen kommt, da die innerprozessuale Bedingung erfüllt ist. Auch insofern fehlt das Problembewusstsein des Klägers. Letztlich ist der gewählte Aufbau auch deshalb als unglücklich anzusehen, da der Kläger beispielsweise das Feststellungsinteresse doppelt prüft. Wäre der Kläger in seinem Aufbau konsequent gewesen, hätte er die Zulässigkeit der Klage nicht erneut geprüft.
b) Mit einer weiteren Einwendung rügt der Kläger, dass die Erstkorrektorin auf S. 2 des Begründungsblattes ein Fehlzeichen hinter die Prüfung von § 42 Abs. 2 VwGO analog gesetzt hätte. Die Korrektorin verkenne, dass nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht bei einer Feststellungsklage aufgrund des Prüfungspunktes des Feststellungsinteresses keine Notwendigkeit dafür bestehe, die Klagebefugnis extra zu prüfen. Dieser Meinung sei er erkennbar gefolgt, indem er den Punkt des Feststellungsinteresses ausführlich geprüft habe, während er den vermeintlich notwendigen Punkt der Klagebefugnis gar nicht angesprochen habe.
Mit dieser Rüge dringt der Kläger nicht durch. Zwar ist es umstritten, ob bei einer Feststellungsklage § 42 Abs. 2 VwGO analog anzuwenden ist. Diesen Streit hat der Kläger jedoch nicht ausgeführt. Aus dem Fehlen der Prüfung konnten nicht all die Überlegungen gezogen werden, die der Kläger nun erstmals im Nachprüfungs- bzw. Klageverfahren vorbringt. Diese Überlegungen hätte der Kläger im Rahmen der gutachterlichen Prüfung in der Klausur darlegen müssen.
c) Des Weiteren bemängelt der Kläger, dass die Erstkorrektorin bei ihrer Mustergliederung auf S. 2 unter IV. 1. die Prüfung der Passivlegitimation gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO verlangt und als fehlend gekennzeichnet habe. Die Klage müsse gegen den richtigen Beklagten gerichtet sein, was sich bei der Feststellungsklage aber aus dem allgemeinen Rechtsträgerprinzip und nicht aus § 78 VwGO ergebe. Er habe es zwar versäumt, auf S. 10 seiner Ausführungen ausdrücklich festzustellen, dass die Gemeinde G die richtige Beklagte sei, allerdings ließe sich dieser Umstand zumindest mittelbar aus dem Obersatz zur Begründetheit herleiten, da er ausdrücklich auf den Bescheid der Gemeinde G abgestellt habe.
Die Einwendung des Klägers ist erfolglos. Unabhängig von der Frage, ob hier § 78 VwGO (analog) heranzuziehen gewesen wäre oder das allgemeine Rechtsträgerprinzip,- enthält die Klausurbearbeitung des Trägers hierzu jeweils keine Ausführungen. Aus dem Obersatz „Die Klage ist begründet, wenn sie gegen den richtigen Beklagten gerichtet ist …“ lässt sich eine Prüfung des richtigen Beklagten nicht entnehmen. Auch wenn der Kläger in seiner weiteren Klausurbearbeitung auf die Gemeinde G abstellt, fehlt die Prüfung des richtigen Beklagten. Da die Arbeit weder zur einen noch zur anderen Ansicht Stellung nimmt, kann der Kläger nicht erfolgreich rügen, dass das Fehlen von Ausführungen zu Unrecht unter Bezugnahme auf § 78 Abs. 1 VwGO (analog) erfolgt sei. Denn selbst wenn die Erstkorrektorin die vom Kläger bevorzugte Rechtsgrundlage in ihrer Lösungsskizze genannt hätte, wären die Ausführungen zum richtigen Beklagten als fehlend zu bemängeln gewesen. Insoweit fehlt es an der Kausalität für die Bewertung.
d) Der Kläger rügt, dass die Erstkorrektorin auf S. 2 des Begründungsblattes ein Auslassungszeichen neben den Prüfungspunkt „IV. Begründetheit der Klage 2. Nichtigkeit des Verwaltungsaktes Art. 44 I BayVwVfG“ gesetzt habe. Er habe die Nichtigkeit auf Seite 14 seiner Arbeit geprüft, wobei er einen Aufbau gewählt habe, bei dem er zunächst auf die formelle und materielle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts eingehe, um anschließend bei einem festgestellten Verstoß zu prüfen, ob der Fehler zur Nichtigkeit führe.
Auch mit dieser Einwendung hat der Kläger keinen Erfolg. Im Zusammenspiel des Auslassungszeichens auf dem Begründungsblatt mit der Korrekturanmerkung „Art. 44 BayVwVfG“ ergibt sich, dass die Erstkorrektorin nicht das vollständige Fehlen von Ausführungen zu Art. 44 BayVwVfG bemängelte, sondern dass der Kläger diese Norm nicht in einem Obersatz nannte und somit sein Prüfprogramm nicht ordnungsgemäß festlegte. Das Gericht folgt den Ausführungen der Erstkorrektorin im Nachprüfungsverfahren, wonach in einem Gutachten die zu subsumierende Norm an den Anfang gestellt werden muss und die nachfolgende Prüfung ohne einen korrekten Obersatz zusammenhangslos und aus dem gutachterlichen Kontext gerissen sei. Der Kläger nennt Art. 44 BayVwVfG in seinem Obersatz zur Begründetheit der Klage jedoch nicht, was die Erstkorrektorin kenntlich gemacht hat. Die Nennung der zu prüfenden Norm im Obersatz durfte die Korrektorin auch im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums erwarten. Auch zeigt die Korrekturanmerkung neben den – sehr kurz geratenen – Ausführungen des Klägers zu Art. 44 BayVwVfG auf S. 14 der Arbeit („Das hätte man näher ausführen müssen!“) klar, dass die Erstkorrektorin diese Ausführungen nicht übersehen hat.
e) Weiterhin wendet der Kläger sich gegen die Formulierung, dass seiner Arbeit bei Art. 37 Gemeindeordnung -GO- „leider etwas die Substanz fehle“ (siehe die Gesamtwürdigung auf S. 3 des Begründungsblattes). Die Korrektorin mache nicht deutlich, was sie bei den Ausführungen zu Art. 37 GO vermisse, der Kläger habe alles Relevante in diesem Zusammenhang geprüft.
Auch mit dieser Einwendung dringt der Kläger nicht durch. Anders als der Kläger es darstellt, ist der beanstandeten Korrekturanmerkung nicht zu entnehmen, dass der Kläger sich mit der Frage der laufenden Angelegenheit überhaupt nicht auseinandergesetzt habe. Auch sieht das Gericht hierin keine unbrauchbare Korrekturanmerkung, die absolut und willkürlich zu Ungunsten des Prüflings ausgefallen wäre. Die Anmerkung der Korrektorin ist nicht zu beanstanden, da der Kläger zum einen nicht ausführt, wieso der Erlass eines Bescheides nach dem Straßen- und Wegegesetz eine risikolose und einfache Angelegenheit sein sollte. Er stellt dieses Argument nur pauschal und ohne weitere Begründung in den Raum. Zum anderen fehlen Ausführungen dazu, ob ein Verstoß gegen die Organzuständigkeit des Gemeinderates überhaupt zu einer Nichtigkeit des Verwaltungsaktes im Sinne von Art. 44 BayVwVfG hätte führen können.
f) Mit einer weiteren Einwendung bemängelt der Kläger, dass die Erstkorrektorin ein Auslassungszeichen neben den Prüfungspunkt „Erforderlichkeit – Anspruch auf Sondernutzungserlaubnis? Keine Ermessensreduzierung auf Null über Art. 12 I GG“ gesetzt habe. Die Korrektorin verkenne dadurch, dass durch den Prüfling auf S. 15 innerhalb der stichpunktartigen Prüfung des Ermessens explizit auch die Erforderlichkeit der Maßnahme geprüft werde. Er habe unter Zeitmangel gelitten, aber wenigstens noch die tragenden Punkte ansprechen wollen, die er als besonders behandlungsbedürftig angesehen habe.
Die Einwendung des Klägers bleibt erfolglos. Zum einen wird schon daraus, dass die Erstkorrektorin die Anmerkung „S. 15“ neben das Auslassungszeichen gesetzt hat, deutlich, dass sie die Ausführungen des Klägers zur Kenntnis genommen und richtig zugeordnet hat. Zum anderen wäre jedoch auch das Auslassungsanzeichen an sich nicht zu beanstanden, da der Kläger auf S. 15 lediglich ausführt:
„Ermessensüberschreitung? (-)  Maßnahme erforderlich und auch verhältnismäßig  Erlaubniserteilung kein milderes Mittel, da sie nicht erteilt werden kann nach Art. 18 I, Straße keine ‚Müllhalde‘“
Das Gericht folgt insofern vollumfänglich den Ausführungen der Erstkorrektorin im Nachprüfungsverfahren. Die Ausführungen des Klägers genügen einem Gutachten nicht und lassen weitere tragende Aspekte vermissen. So geht der Kläger nicht darauf ein, dass der Kläger keinen gebundenen Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis hätte, da eine Ermessensvorschrift vorliegt und eine Ermessensreduzierung auf Null sich nicht aus Art. 12 Abs. 1 GG ableiten lässt. Das Argument „Straße keine Müllhalde“ überzeugt – ohne weiteren Ausführungen – in diesem Kontext nicht. Die Zeitnot des Klägers kann hier nicht als mildernder Umstand herangezogen werden, da ein angemessenes Zeitmanagement zu den in der Prüfung nachzuweisenden Fähigkeiten gehört.
g) Sofern der Kläger Einwendungen gegenüber der Zweitkorrektur vorträgt, die sich der Erstkorrektur angeschlossen hat, wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
4. Die öffentlich-rechtliche Klausur 6 wurde vom Erstkorrektor mit 3 Punkten (mangelhaft) und vom Zweitkorrektor mit 5 Punkten (ausreichend) bewertet.
a) Mit seiner ersten Rüge richtet der Kläger sich gegen die Korrekturanmerkung des Erstbewerters auf S. 1 des Begründungsblattes, der Kläger habe den „Aspekt der Teilanfechtung verkannt“. Die Korrektur übersähe hier, dass der Kläger auf Seite 1f. seiner Ausführungen eindeutig erkannt habe, dass die Klausurklägerin nur den die 300 Euro übersteigenden Betrag von 60 Euro angreifen wolle. In seiner Bearbeitung habe er auf den Seiten 1 und 2 festgestellt:
„B wäre mit einer Feststellungsklage nicht geholfen, denn sie begehrt eine inhaltliche Umgestaltung des Gebührenbescheids, um nur 300 Euro bezahlen zu müssen […] nachdem B die Verurteilung der G durch das Verwaltungsgericht begehrt, nur 300 Euro anstelle 360 Euro zu berechnen.“
Mit dieser Rüge dringt der Kläger nicht durch. Die Korrekturanmerkung des Erstkorrektors ist nicht zu beanstanden, da der Kläger die Teilanfechtung in seiner Klausurbearbeitung tatsächlich verkannt hat. Mit den zitierten Sätzen arbeitet der Kläger zwar die entscheidenden Passagen des Sachverhalts in Bezug auf das Begehren der Klausurklägerin heraus. Er ordnet dieses dann jedoch rechtlich nicht als Teilanfechtung ein und setzt sich mit ihrer Möglichkeit und insbesondere § 113 Abs. 2 VwGO nicht auseinander. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Einschätzung des Erstkorrektors, dass der Kläger die Möglichkeit der Teilanfechtung verkannt habe, nicht zu beanstanden.
b) Mit einer weiteren Rüge wendet sich der Kläger gegen die Korrekturanmerkungen des Erstkorrektors auf Seite 1 des Begründungsblattes in Bezug auf die vom Kläger gewählte Verpflichtungsgegenklage in Form der Versagungsgegenklage, zu der der Erstkorrektor „i.E. nicht haltbar  Va ist in der Welt, sodass zumindest auch eine Kassation nötig ist“ vermerkte.
Der Kläger führte auf S. 1f. seiner Klausurbearbeitung aus:
„II. Statthafte Klageart Fraglich ist, um welche Klageart es sich im vorliegenden Fall handelt. Im formulierten Antrag an das Gericht schreibt B, dass das Gericht „feststellen“ möge, sie müsse nur 300 Euro zahlen, so dass zumindest an eine Feststellungsklage, § 43 I, zu denken ist. Der Klageantrag ist aber auszulegen, es kommt mithin auf das tatsächliche Begehren des Klägers an, §§ 86 III, 88 VwGO. B wäre mit einer Feststellungsklage nicht geholfen, denn sie begehrt eine inhaltliche Umgestaltung des Gebührenbescheids, um nur 300 Euro bezahlen zu müssen. Zu denken wäre auch an eine Anfechtungsklage, § 42 I Alt. 1 VwGO, gegen den Gebührenbescheid; die Anfechtungsklage hat aber lediglich eine kassatorische Wirkung, d. h. mit ihr kann nur die Aufhebung des Bescheids erreicht werden, nicht hingegen die Verpflichtung der G, nur 300 Euro zu erheben, eine Anfechtungsklage scheidet somit ebenfalls aus. Richtige Klageart für diese Konstellation ist die Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage, § 42 I Alt. 2 VwGO, nachdem B die Verurteilung der G durch das Verwaltungsgericht begehrt, nur 300 Euro anstellte 360 Euro zu berechnen. In Abgrenzung zur Allgemeinen Leistungsklage stellt der Gebührenbescheid einen Verwaltungsakt im Sinne der […] dar, so dass die Verpflichtungsklage die richtige Klageart darstellt.“
Auch mit dieser Einwendung hat der Kläger keinen Erfolg.
Die Annahme einer Versagungsgegenklage war vorliegend tatsächlich nicht haltbar.
Mit der Verpflichtungsklage wird nach § 42 Abs. 1 VwGO die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt (Schoch/Schneider/ Bier/Pietzcker, VwGO, § 42 Rn. 94). Keiner dieser beiden Fallgestaltungen lag jedoch der Klausur zugrunde: Weder hat die Klausurklägerin einen Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt, der abgelehnt wurde (Versagungsgegenklage), noch hat sie einen Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes gestellt und eine Behörde ist untätig geblieben (Untätigkeitsklage, vgl. hinsichtlich der zwei Fallgruppen auch Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 6). Voraussetzung für eine Versagungsgegenklage ist, dass ein Kläger im vorausgehenden Verwaltungsverfahren erfolglos ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes gestellt hat (Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 6 m.w.N.) Entgegen dieser typischen Situation bei einer Versagungsgegenklage liegt dem Klausursachverhalt kein Antrag der Klausurklägerin auf Erlass eines Verwaltungsaktes zugrunde, der abgelehnt wurde. Die Klage richtet sich in der Klausur vielmehr gegen einen von Anfang an für die Klägerin benachteiligenden Verwaltungsakt, den sie nicht vollumfänglich akzeptiert.
Auch hinsichtlich der fehlenden Kassationswirkung der Versagungsgegenklage war Korrekturanmerkung nicht zu beanstanden. Die Kassation ist bei der Verpflichtungsklage gerade nicht Streitgegenstand, sondern nur unselbständiger Annex der Verpflichtung (vgl. BVwerG, U. v. 17.12.1954 – V C 97.54 – juris Rn. 18; Posser/Wolff, Beck’scher Online-Kommentar VwGO, § 113 Rn. 69.1; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 64). Maßgeblich ist der Anspruch, den der Kläger mit der Versagungsgegenklage oder der Unterlassungs-/Untätigkeitsklage durchsetzen will. Wenn es wie im vorliegenden Fall an einen Anspruch fehlt (die Klausurklägerin hat keinen Anspruch auf Erlass eines ihr gegenüber belastenden Verwaltungsakts), fehlt der Verpflichtungsklage die Kassationswirkung.
c) Der Kläger wendet sich gegen der Korrekturanmerkung des Erstkorrektors auf Blatt 1 des Begründungsblattes bei der Klagebefugnis „konsequent, aber Verf. tut sich erkennbar schwer: Klagebefugnis aus EU-Recht auf Erlass eines Gebührenbescheides in Höhe von 300 Euro?“. Eine Begründung für diese Annahme bleibe die Erstkorrektor schuldig. Er habe in seiner Klausurbearbeitung ausgeführt:
„Ein Anspruch auf diesen reduzierten Betrag könnte sich hier aber dadurch ergeben, dass die einschlägige Gebührensatzung gegen EU-Recht verstößt u. B deshalb tatsächlich nur zur Zahlung von 300 Euro verpflichtet wäre; zumindest ist ein solcher Anspruch möglich, so dass von der Klagebefugnis der B auszugehen ist.“
Aus diesen Ausführungen lasse sich nicht entnehmen, dass er sich erkennbar schwer getan hätte.
Die Korrekturanmerkung des Erstkorrektors ist nicht zu beanstanden. Insoweit bezieht sich das Gericht auf die Ausführungen des Erstkorrektors im Nachprüfungsverfahren. Insbesondere ist zudem zu bemängeln, dass der Kläger in der Klagebefugnis schon keinerlei europarechtliche Rechtsnorm benennt, aus der sich der nach Ansicht des Klägers mögliche Anspruch ergeben könnte. Allein deshalb ist die Bewertung des Erstkorrektors, dass der Kläger sich erkennbar schwer damit tue, eine Klagebefugnis aus EU-Recht abzuleiten, zuzustimmen.
d) Mit einer weiteren Rüge wendet sich der Kläger gegen die Korrekturanmerkung „Beteiligten- und Handlungsfähigkeit überflüssig“ des Erstkorrektors auf Seite 1 des Begründungsblattes. Es leuchte nicht ein, wieso diese Ausführungen überflüssig sein sollten, nachdem sie auch in der Lösungsgliederung später im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ausdrücklich aufgelistet seien. Der Erstkorrektor äußerte hierzu im Nachprüfungsverfahren, dass er mit der Bezeichnung als „überflüssig“ nur zum Ausdruck gebracht habe, dass es sich um eine Banalität handle, deren Nennung keine juristische Leistung innewohne. Die Berücksichtigung als zutreffende Ausführung habe aber keine Relevanz für die Bewertung der Arbeit gehabt.
Auch diese Einwendung des Klägers hat keinen Erfolg. Es fehlt hier schon an der Kausalität der Korrekturanmerkung für das Klausurergebnis. Das Gericht sieht keinen Grund, an der Aussage des Korrektors im Nachprüfungsverfahren, dass seine Korrekturanmerkung für die Bewertung der Klausur nicht relevant gewesen sei, zu zweifeln. Die Prüfung der Beteiligten- und Prozessfähigkeit in der Klausurbearbeitung erscheint für das Gericht nachvollziehbar als absolut untergeordneter Prüfungspunkt.
e) Der Kläger rügt zudem die Anmerkung des Erstkorrektors auf Seite 2 des Begründungsblattes, wonach dieser kritisiere, dass der Prüfling Art. 8 Abs. 2 und Abs. 4 Kommunalabgabengesetz -KAG- zwar genannt, das Kostendeckungsprinzip und Äquivalenzprinzip aber nicht herausgearbeitet habe. Für den Kläger bleibe insoweit fraglich, was die Korrektur unter der Herausarbeitung dieser Punkte verstehe. Auf den Seiten 10-12 seiner Klausurbearbeitung gehe er auf die Kostendeckung ein:
„Die erhobene Gebühr dient der (Teil-)Deckung der anfallenden Kosten für die Gemeinde G, wobei nur eine 60%-Deckung der tatsächlichen Kosten besteht und die Differenz aus dem allgemeinen Gemeindehaushalt der G finanziert wird, womit die Gebührenhöhe möglichst gering gehalten wird (Art. 22 II 2 GO, Art. 8 II, III KAG).“
Auch zum Äquivalenzprinzip stelle er kurz und bündig fest:
„Das Ausmaß der Gebühr bemisst sich im Sinne des Art. 8 IV KAG nach der Anzahl der gemeinsam unterrichteten Personen sowie nach der Kursdauer. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erhebung einer Gebühr liegen somit vor.“
Weiterhin rügt der Kläger den herangezogenen Korrekturmaßstab des Erstkorrektors als prüfungsrechtlich ungeeignet, überzogen und unzulässig, unter anderem da der Erstkorrektor sich im Rahmen seiner Ausführungen im Nachprüfungsverfahren auf eine Kommentarfundstelle berufen habe. Es dürfe nicht erwartet werden, dass ein Prüfling Ausführungen tätige, die ebenso vertieft seien wie die eines Kommentars.
Auch mit diesen beiden Rügen dringt der Kläger nicht durch.
(1) Unter Verweis auf die Ausführungen des Erstkorrektors im Nachprüfungsverfahrens zum Kostendeckungsprinzips- (Deckelung der Gebühren nach oben, aber nicht nach unten etc.) und des Äquivalenzprinzips (Rückgriff auf den sogenannten Wirklichkeits- bzw. Wahrscheinlichkeitsmaßstab) ist nicht zu beanstanden, dass der Korrektur bemängelte, dass beide Begriffe rechtlich nicht herausgearbeitet wurden.
(2) Auch soweit der Kläger mit seiner Rüge des Korrekturmaßstabes eine Überschreitung des zulässigen Prüfungsstoffes geltend macht, dringt der Kläger hiermit nicht durch.
Wird eine Aufgabe gestellt, die den Prüfungsstoff überschreitet oder aus sonstigen Gründen unzulässig ist, liegt ein Mangel im Prüfungsverfahren im Sinn von § 12 Abs. 1 JAPO vor (vgl. VG Ansbach v. 24.2.2005, Az. AN 2 K 04.01309, juris; VG Ansbach v. 16.11.2006, Az. AN 2 K 05.04271, juris, jeweils mit ausführlicher Begründung; OVG NW v. 10.9.2009, Az. 14 B 1009/09, juris). Denn diese Vorschrift umfasst nicht nur Mängel des Prüfungsverfahrens, die erst im Laufe der Prüfung auftreten und den äußeren Prüfungsablauf beeinträchtigen, sondern auch solche Verstöße, durch die der Prüfling gehindert wird, seine tatsächliche Leistungsfähigkeit in entsprechende Prüfungsleistungen umzusetzen. Bei materiellen Prüfungsfehlern geht es demgegenüber um die Anwendung materiellen Prüfungsrechts bei der Bewertung einer fehlerfrei ermittelten Leistung. Folglich ist ein Fehler im Verfahren durch die Wiederholung der Prüfung bzw. der mit Verfahrensfehlern behafteten Teile der Prüfung zu bereinigen, ein materieller Bewertungsfehler dagegen durch eine erneute Bewertung durch den oder die Prüfer.
Soweit der Kläger einen solchen formellen Mangel des Prüfungsverfahrens im Sinne von § 12 Abs. 1 JAPO geltend macht, hat er diesen Verfahrensfehler nicht rechtzeitig gerügt. Die Rüge erfolgte erstmalig im Schriftsatz vom 30. Juli 2016. Zum einen spricht vieles dafür, dass der Kläger eine etwaige Überschreitung des Prüfungsumfangs direkt nach dem Termin der jeweiligen Klausur hätte erkennen und Rügen müssen (vgl. insofern bspw. VG München, U. v. 13.10.2009 – M 4 K 09.261). Jedenfalls hätte dem Kläger die eventuelle Überschreitung spätestens nach Abschluss des Nachprüfungsverfahrens bekannt sein müssen, mithin nach Erhalt des Schreibens des Landesjustizprüfungsamtes vom 6. Juni 2016 (inklusive der dort angehängten Stellungnahmen der Korrektoren). Auch insofern war die Geltendmachung im Schriftsatz vom 30. Juli 2016 jedenfalls nicht mehr unverzüglich im Sinne von § 12 Abs. 2 JAPO.
Im Übrigen liegt – unabhängig von der verspäteten Rüge – auch keine unzulässige Aufgabenstellung vor; die Aufgabe 6 überschreitet weder den Prüfungsstoff noch ist sie sonst unzulässig. Zum Prüfungstermin des Klägers 2015/2 zählte das Kommunalabgabenrecht nach § 18 Abs. 2 Nr. 5 c) JAPO in der Fassung vom 10.9.2013 noch ausdrücklich zum Prüfungsstoff der Ersten Juristischen Staatsprüfung. Anders als der Kläger dies vorträgt, beschränkt sich der Prüfungsstoff nicht auf die reine Wiedergabe des Gesetzeswortlautes bzw. darf darüber hinausgehendes Wissen nicht abgefragt werden. Die Kenntnis des Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzips zu erwarten erscheint dem Gericht nicht als Überschreitung des Prüfungsumfangs, zumal Klausuren auch schwierigere Teile enthalten dürfen – wenn nicht sogar müssen -, um eine Notenabstufung zwischen schwächeren und besseren Klausurbearbeitern zu ermöglichen.
(3) Mithin war auch der gerügte Korrekturmaßstab des Erstkorrektors nicht „ungeeignet, überzogen und unzulässig“. Seine Erwartungen hinsichtlich der Herausarbeitung des Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzips lagen vollständig innerhalb dessen, was in der Klausur angelegt war.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung.
IV.
Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.


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