Verwaltungsrecht

Streitwert für Klage auf Abbaugenehmigung

Aktenzeichen  2 O 23/22

Datum:
29.6.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt 2. Senat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OVGST:2022:0629.2O23.22.00
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

Der Streitwert richtet sich bei Verfahren, die eine Verpflichtung zur Erteilung einer (naturschutzrechtlichen) Genehmigung zum Abbau von Sand und Kies zum Gegenstand haben, nach dem aus der Abgrabung und Wiederverfüllung zu erwartenden wirtschaftlichen Gewinn. Dieser ist einheitlich mit einem pauschalierenden Einsatzbetrag von 0,50 €/m³ abzugrabenden Materials zu bewerten.(Rn.8)

Verfahrensgang

vorgehend VG Magdeburg, 12. August 2021, 4 A 13/21 MD, Beschluss

Tenor

Auf die Beschwerde des Beklagten wird die Festsetzung des Streitwerts in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 12. August 2021 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 2. Februar 2022 geändert.
Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird auf 606.333,25 € festgesetzt.
Gerichtsgebühren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

Gründe

I.
Der Beklagte richtet sich gegen die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 12. August 2021 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 2. Februar 2022.
Mit Bescheid vom 20. Dezember 2001 erteilte der Landkreis Ohrekreis der Klägerin auf der Grundlage des § 16 Abs. 1 NatSchG LSA a.F. eine Genehmigung für den Abbau von mineralische Rohstoffen (Sand) auf einer Abbaufläche von 33,29 ha im Tagebau D.-Süd. Die Geltungsdauer des Bescheides wurde bis zum 29. Februar 2016 befristet. Mit Antrag vom 9. Dezember 2015 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten als Rechtsnachfolger des Landkreises Ohrekreis die Verlängerung der Abbaugenehmigung.
Am 7. April 2020 erhob die Klägerin beim Verwaltungsgericht Untätigkeitsklage mit dem Antrag, den Beklagten zu verpflichten, über ihren Antrag vom 9. Dezember 2015 betreffend die Verlängerung der Abbaugenehmigung für den Kiessandtagebau D.-Süd zu bescheiden. Mit Bescheid vom 14. April 2021 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin wegen fehlenden Sachbescheidungsinteresse als unzulässig ab.
Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren mit Beschluss vom 12. August 2021 ein und legte dem Beklagten die Kosten des Verfahrens auf. Den Streitwert setze das Verwaltungsgericht auf 1.800.000,00 € fest, wobei es sich nach dem von der Klägerin angegebenen Jahresgewinn richtete. Hiergegen legte der Beklagte mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2021 Beschwerde ein, mit der er geltend machte, der Jahresgewinn liege allenfalls bei 50.000,00 €. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2021 nahm die Klägerin zu der Beschwerde Stellung, wobei sie unter Hinweis auf ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. M. K. von einem Jahresertrag in Höhe von 3.121.945,00 € ausging.
Hierauf verminderte das Verwaltungsgericht die Streitwertfestsetzung mit Teilabhilfebeschluss vom 2. Februar 2022 auf 1.560.972,50 €. Hierbei ging das Verwaltungsgericht von einem Jahresgewinn in Höhe von 3.121.945,00 € aus, der unter Berücksichtigung von Nr. 1.4 des Streitwertkataloges zu halbieren sei, da die Klägerin lediglich Bescheidung beantragt habe.
II.
Über die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung entscheidet nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 6 Satz 1 GKG der Berichterstatter als Einzelrichter, weil die angefochtene Entscheidung nach Einstellung des Verfahrens durch den Berichterstatter erlassen worden ist (vgl. NdsOVG, Beschluss vom 6. Mai 2020 – 2 OA 205/20 – juris Rn. 2 m.w.N.).
Die nach § 68 Abs. 1 GKG zulässige Beschwerde des Beklagten, mit der er die Herabsetzung des vom Verwaltungsgericht auf 1.560.972,50 € festgesetzten Streitwerts auf 50.000,00 € begehrt, hat (nur) in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Der Streitwert richtet sich bei Verfahren, die eine Verpflichtung zur Erteilung einer (naturschutzrechtlichen) Genehmigung zum Abbau von Sand und Kies zum Gegenstand haben, nach dem aus der Abgrabung und Wiederverfüllung zu erwartenden wirtschaftlichen Gewinn. Dieser ist – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – einheitlich mit einem pauschalierenden Einsatzbetrag von 0,50 €/m³ abzugrabenden Materials zu bewerten (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Februar 2002 – 8 E 421/01 – juris Rn. 2; zuletzt Beschluss vom 5. März 2021 – 20 A 1197/18 – juris Rn. 34; vgl. auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 14. September 2011 – 17 L 1377/11 – juris Rn. 20; VG Köln, Beschluss vom 23. Juli 2021 – 14 L 785/21 – juris Rn. 105). Maßgeblich ist das Abgrabungsvolumen des Vorhabens (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Juli 1998 – 10 A 4574/94 – juris Rn. 14). Der vom Verwaltungsgericht bei der Streitwertfestsetzung zugrunde gelegten Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach es auf den Betrag des zu erwartenden Jahresgewinns ankomme (vgl. BayVGH, Beschluss vom 31. Mai 2007 – 1 ZB 07.570 – juris Rn. 3) folgt der Senat nicht. Der hiernach zu bestimmende Streitwert ist entsprechend Nr. 1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu halbieren, da die Klägerin lediglich eine Bescheidungsklage erhoben hat. Auf die zivilrechtlichen Verhältnisse im Hinblick auf die von der Genehmigung vom 20. Dezember 2001 erfassten Grundstücke, zu denen die Klägerin mit Schreiben vom 6. April 2022 umfassend vorgetragen hat, kommt es nicht an. Ebenso wenig ist die Frage relevant, ob der Antrag der Klägerin vom 9. Dezember 2015 oder die von ihr erhobene Untätigkeitsklage vom 6. April 2020 zulässig oder begründet waren. Insbesondere die Frage, ob die Klägerin einer Zustimmung nach § 12 Abs. 2 NatSchG LSA bedurfte, ist für die Bestimmung des Streitwerts nicht relevant.
Im vorliegenden Fall ist von einem zu erwartenden Gewinn aus der Abgrabungstätigkeit in Höhe von 1.212.666,50 € auszugehen. Die Klägerin hat auf Nachfrage des Senats mitgeteilt, dass die Abbaugenehmigung einen abbaufähigen Lagerstätteninhalt von insgesamt 3,638 Mio. t umfasst habe. Dem ist der Beklagte nicht entgegengetreten. Geht man – wie in dem Gutachten von Prof. Dr. K. vom 17. Dezember 2021 – davon aus, dass es sich bei dem im Tagebau D.-Süd vorgefundenen Rohstoff um den Baustoff Sand 0/2 mm handelt, ergibt sich bei einem Verhältnis vom 1,50 t/m³ (vgl. https://www.kiesdirekt.de/shop/menge-rechner.asp?groupid=22&productid=513#) ein Volumen von 2.425.333 m³. Bei einem pauschalierenden Einsatzbetrag von 0,50 €/m³ abzugrabenden Materials ergibt sich ein Jahresgewinn von 1.212.666,50 €, der entsprechend Nr. 1.4 des Streitwertkatalogs auf 606.333,25 € zu halbieren ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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