Verwaltungsrecht

Studienplatz, Hochschule, Kapazitätsberechnung, Eilverfahren

Aktenzeichen  M 3 E 15.3999

Datum:
17.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123 VwGO

 

Leitsatz

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Zulassung zum Studium der Luft- und Raumfahrttechnik (Bachelor), erstes Fachsemester, im Wintersemester 2015/2016 an der Hochschule M. (im Folgenden: die Hochschule) außerhalb der festgesetzten Kapazität.
Mit Bescheid vom 14. August 2015 lehnte die Hochschule die Bewerbung des Antragstellers um einen Studienplatz ab.
Am … September 2015 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht München,
die Hochschule für angewandte Wissenschaften München im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, ihm vorläufig einen Studienplatz im Studiengang Luft- und Raumfahrttechnik für das erste Fachsemester im Wintersemester 2015/2016 zuzuweisen.
Zur Begründung nahm der Antragsteller Bezug auf sein Schreiben an die Hochschule vom … August 2015, mit dem er beantragt hatte, ihm den beantragten Studienplatz außerhalb der errechneten Kapazität zuzuweisen, da die Kapazität in dieser Fachrichtung nicht voll ausgeschöpft sei. Der Antragsteller wies außerdem die deutsche Staatsangehörigkeit nach.
Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2015 beantragte der Antragsgegner, vertreten durch die Hochschule, in allen Verfahren auf vorläufige Zulassung zum streitgegenständlichen Studiengang,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Hochschule habe nach der Zulassungszahlsatzung eine Kapazität von 110 Studienanfängern für das erste Fachsemester im Wintersemester 2015/2016 festgelegt. Bis zum 22. Oktober 2015 hätten sich 120 Studierende im Bachelorstudiengang Luft- und Raumfahrttechnik immatrikuliert, so dass die festgesetzte Zulassungszahl überschritten sei. Die zugrunde liegende Kapazitätsberechnung wurde vorgelegt.
Mit Schreiben vom 17. November 2015 gab das Gericht dem Antragsteller Gelegenheit, bis zum 7. Dezember 2015 seine Hochschulzugangsberechtigung glaubhaft zu machen, eine eidesstattliche Versicherung abzugeben, dass er bislang keine Zulassung für den von ihm gewünschten Studiengang an einer anderen Hochschule in Deutschland erhalten habe und den von ihm geltend gemachten Anspruch auf vorläufige Zulassung zum Studium außerhalb der Kapazität zu begründen. Eine Reaktion des Antragstellers hierauf erfolgte nicht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht der Hauptsache auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO ist eine Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Regelung nötig erscheint, um den Antragsteller vor bestimmten Nachteilen zu bewahren. Der Antrag ist somit begründet, wenn insbesondere der prozessuale Anspruch auf Sicherung des Hauptsacheanspruchs besteht. Das ist der Fall, wenn der zu sichernde Anspruch des Antragstellers nach den Vorschriften des materiellen Rechts besteht (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft (§ 294 ZPO) gemacht wird. Bei der Entscheidung nach § 123 Abs. 1 VwGO hat das Gericht die widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen. Für diese Abwägung ist nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BayVGH, B. v. 5.8.1992 – 7 CE 92.1896 – BayVBl 1992, 659) in erster Linie entscheidend, ob die Antragspartei mit einem Erfolg in einem Hauptsacheverfahren rechnen könnte.
Der Antragsteller hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, d. h. die Dringlichkeit des Begehrens, bereits vor Abschluss eines Hauptsacheverfahrens wenigstens vorläufig zum nächstmöglichen Termin zum Studiengang Luft- und Raumfahrttechnik (Bachelor) an der Hochschule nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2015/2016 zugelassen zu werden.
Mangels Vorlage einer aktuellen eidesstattlichen Versicherung über die fehlende anderweitige Zulassung des Antragstellers im streitgegenständlichen Studiengang hat der Antragsteller jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass ihm der geltend gemachte Anordnungsanspruch (Anspruch auf Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität) zusteht.
Aus dem in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Recht auf freie Wahl des Berufs und der Ausbildungsstätte in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip folgt ein verfassungsmäßig gewährleistetes Recht des die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllenden („hochschulreifen“) Staatsbürgers auf Zulassung zum Hochschulstudium seiner Wahl. Dieses Recht steht unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann (BVerfG, U. v. 8.2.1977 – 1 BvF 1/76 u. a. – juris Rn. 67; B. v. 9.4.1975 – 1 BvR 344/74 u. a. – juris Rn. 58, U. v. 18.7.1972 – 1 BvL 32/70 – juris Rn. 57 ff.). Aus der Verfassung folgt auch das Gebot, möglichst vielen Bewerbern möglichst rasch einen Studienplatz zu verschaffen (BVerwG, U. v. 7.6.1978 – VII C 63.76 – juris Rn. 55). Dieser Gesichtspunkt steht einer Weiterverfolgung eines auf mangelnde Kapazitätsauslastung gestützten Rechtsbehelfs entgegen, wenn ein Studienbewerber bereits an einer anderen Hochschule im betreffenden Studiengang zugelassen ist; die anderweitige Zulassung stellt einen Erledigungsgrund dar (vgl. BVerwG, U. v. 7.6.1978 – a.a.O – juris Rn. 55).
Vor diesem Hintergrund hat das Gericht mit Schreiben vom 17. November 2015 dem Antragsteller Gelegenheit gegeben, bis zum 7. Dezember 2015 eine eidesstattliche Versicherung nachzureichen, dass er in dem betreffenden Studiengang noch keine Zulassung an einer anderen Hochschule in Deutschland erhalten habe. Dieser Aufforderung der Glaubhaftmachung ist der Antragsteller nicht nachgekommen. Dem Gericht ist es im Eilverfahren auf außerkapazitäre Zulassung unmöglich, auf andere Weise aufzuklären, ob der Antragsteller zwischenzeitlich anderweitig zum Studiengang seiner Wahl zugelassen wurde. Die fehlende Glaubhaftmachung der bisher nicht erfolgten anderweitigen Zulassung geht zulasten des Antragstellers.
Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, 2 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 Nrn. 1.5, 18.1.


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