Verwaltungsrecht

Überprüfung einer Subventionsentscheidung

Aktenzeichen  M 31 K 17.5350

Datum:
10.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 7633
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1
VwGO § 88, § 113 Abs. 5, § 117 Abs. 5
BayHO Art. 23, Art. 44

 

Leitsatz

1 Förderrichtlinien unterliegen nicht wie Gesetze oder Rechtsverordnungen gerichtlicher Auslegung, sondern sie dienen nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (Anschluss an BVerwG NVwZ 2015, 1764). Die gerichtliche Überprüfung ist auf die Einhaltung einer ständigen, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis  beschränkt. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2 Da die Subvention eine freiwillige staatliche Leistung darstellt, ist ihre Gewährung von der Mitwirkung des Subventionsbewerbers abhängig. Wenn für die Feststellung der Förderfähigkeit notwendige Angaben der Behörde nicht oder nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, darf die Bewilligungsbehörde den Antrag ohne eigene weitere Ermittlungen ablehnen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte ohne Anwesenheit des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 10. April 2019 verhandelt und entschieden werden, da der Kläger ordnungsgemäß zum Termin geladen worden ist und im Ladungsschreiben vom 14. Februar 2019 darauf hingewiesen wurde, dass im Falle des Nichterscheinens eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Das Begehren des anwaltlich nicht vertretenen Klägers ist dahingehend auszulegen (§ 88 VwGO), dass der Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 13. Oktober 2017 verpflichtet werden soll, dem Kläger die mit Antrag vom 12. April 2016 beantragte Förderung nach dem 10.000-Häuser-Programm zu bewilligen.
Die so verstandene Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 13. Oktober 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf Bewilligung der beim Beklagten beantragten Förderung (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Bei Zuwendungen der vorliegenden Art handelt es sich um freiwillige Maßnahmen des Freistaates Bayern. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO). Vorliegend einschlägig sind insbesondere die Förderrichtlinien zur Durchführung des Bayerischen 10.000-Häuser-Programms vom 29. Juli 2015 in der Fassung vom 4. April 2016 einschließlich des entsprechenden Technik-Merkblattes T5 („TechnikBonusHolzheizung“) in der Fassung vom 4. April 2016.
Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Richtlinien geregelt, müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig angewendet werden. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung der jeweiligen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung im zugrunde liegenden Haushaltsgesetz/Haushaltsplan gezogen ist, nicht beachtet worden ist. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebunden ist. Dabei unterliegt eine solche Richtlinie nicht etwa wie Gesetze oder Rechtsverordnungen gerichtlicher Auslegung, sondern sie dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24). Bei den Richtlinien handelt es sich um keine Rechtsnormen, die einer richterlichen Auslegung unterworfen wären (BayVGH, B.v. 17.11.2010 – 4 ZB 10.1689 – juris Rn. 19; BayVGH. B.v. 27.7.2009 – 4 ZB 07.1132 – juris Rn. 13), sondern um verwaltungsinterne Weisungen. Diese setzen die Maßstäbe für die Verteilung von Fördermitteln. Sie erzeugen aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung über den Gleichheitssatz des Art. 3 GG bzw. Art. 118 Abs. 1 BV einen Anspruch auf Förderung im Einzelfall, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch gefördert werden. Nur entsprechend den genannten Grundsätzen besteht ein Anspruch auf Förderung im Einzelfall. In den einschlägigen Förderrichtlinien selbst wird auch einleitend klargestellt, dass die Förderung ohne Rechtspflicht im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel erfolgt.
Vorliegend hat der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses des Ablehnungsbescheids die Fördervoraussetzungen nicht erfüllt, was von ihm selbst auch gar nicht in Frage gestellt worden ist. Vielmehr hat der Kläger selbst eingeräumt, aufgrund der Aussage seines Heizungsbauers, wonach man mit Brennwertgeräten nur Ärger habe, auf diese Technik verzichtet zu haben.
Im Zeitpunkt der Ablehnungsentscheidung war nach den vorgelegten Antragsunterlagen die Maßnahme des Klägers nicht förderfähig. Der Kläger hatte nicht innerhalb der mit E-Mail vom 28. Juni 2017 vom Beklagten gesetzten Anhörungsfrist Nachweise für die Förderfähigkeit der eingebauten Heizungsanlage – gegebenenfalls mit dem zusätzlichen Einbau sekundärer Bauteile – vorgelegt. Den Umstand der fehlenden Förderfähigkeit hat der Beklagte zu Recht zum Anlass genommen, den Förderantrag (endgültig) abzulehnen.
Im Übrigen wird zum Nichtvorliegen der Fördervoraussetzungen auf die Begründung des angefochtenen Bescheids vom 13. Oktober 2017 sowie auf die Ausführungen des Beklagten in der Klageerwiderung vom 6. Februar 2018 Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Auch die vom Kläger erst im gerichtlichen Verfahren vorgeschlagene Lösung, durch den nachträglichen Einbau eines Feinstaubabscheiders „KW Airjekt 1“ die Förderfähigkeit seiner Anlage (noch) zu erreichen, kann – unabhängig von der Frage, ob eine solche Lösung überhaupt eine nach den einschlägigen Bestimmungen förderfähige Maßnahme darstellen würde – nicht dazu führen, dass der Kläger noch in den Genuss der beantragten Fördermittel kommt. Wie der Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, entspricht es seiner ständigen Praxis, im Zeitpunkt der getroffenen Ablehnungsentscheidung nicht vorliegende Unterlagen oder Informationen, die erst später eingereicht werden, nicht mehr zu berücksichtigen.
Dieses Vorgehen ist gerichtlich nicht zu beanstanden. Bildet – wie hier – die Willkürgrenze den gerichtlichen Prüfungsmaßstab, kommt es nicht darauf an, ob es zu der festgestellten Verwaltungspraxis Alternativen gibt, für die gegebenenfalls sogar bessere Gründe sprechen können. Willkür ist vielmehr bereits dann zu verneinen, wenn sich die Behörde überhaupt von sachlichen Erwägungen hat leiten lassen; dazu zählen insbesondere auch praktische Gesichtspunkte, da sie dazu beitragen können, Entscheidungsabläufe zu beschleunigen. Die Berücksichtigung nachträglich eingereichter Unterlagen wäre unpraktikabel, da bei einer solchen Verfahrensweise kein Zeitpunkt feststellbar wäre, in dem die Bearbeitung aller Anträge abgeschlossen werden könnte. Dies wäre nur durch weitere behördliche Fristsetzungen möglich, was einen erheblich gesteigerten Verwaltungsaufwand bedeuten würde, den die Behörde nicht hinzunehmen braucht. Schon hieraus rechtfertigt es sich, Förderanträge, bei denen zu einem bestimmten Zeitpunkt die Förderfähigkeit noch nicht nachgewiesen worden ist, endgültig abzulehnen. Dies gilt umso mehr, wenn – wie hier – der Antragsteller ihm großzügig gesetzte Fristen zur Stellungnahme und zur Nachreichung von Unterlagen, die die Förderfähigkeit belegen könnten, fruchtlos hat verstreichen lassen. Dem Kläger wäre es nach Erhalt des Anhörungsschreibens möglich und zumutbar gewesen, den Beklagten zumindest darüber zu informieren, dass er sich um eine andere technische Lösung bemüht. Da die Subvention eine freiwillige staatliche Leistung darstellt, ist ihre Gewährung von der Mitwirkung des Subventionsbewerbers in Gestalt des Subventionsantrags, insbesondere von der Mitteilung der für die Förderfähigkeit notwendigen Angaben abhängig. Wenn derartige Angaben der Behörde nicht oder nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, darf die Bewilligungsbehörde den Antrag ohne eigene weitere Ermittlungen ablehnen (vgl. VG Potsdam, U.v. 30.4.2002 – 3 K 5369/97 – juris Rn. 27).
Ein endgültiger Verlust einer Rechtsposition wäre allenfalls dann nicht hinzunehmen, wenn die Zuerkennung dieser materiellen Rechtsposition nicht in das Ermessen der Behörde gestellt wäre, der Antragsteller vielmehr bei Vorliegen der Voraussetzungen hierauf einen gesetzlichen Anspruch hätte. In derartigen Fällen könnte einem Antrag auch dann, wenn er im Verwaltungsverfahren zu Recht abgelehnt worden ist, weil der Antragsteller die erforderlichen Unterlagen trotz Fristsetzung nicht oder nur unvollständig vorgelegt hat, bei nachträglicher Feststellung der Voraussetzungen im Gerichtsverfahren gleichwohl noch stattgegeben werden (vgl. BVerwG, U.v. 18.9.1996 – 6 C 10/95 – juris Rn. 9).
So liegt der Fall hier aber gerade nicht, da es sich vorliegend um die Gewährung freiwilliger staatlicher Leistungen handelt, auf die es einen Rechtsanspruch nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinien gibt. Die ständige Verwaltungspraxis des Beklagten berücksichtigt jedoch in nicht zu beanstandender Weise nachträglich eingehende Unterlagen gerade nicht mehr, weshalb dem Kläger gerade keine materielle Rechtsposition, auf die er einen gesetzlichen Anspruch hat, genommen wird.
Da es keine Selbstbindung des Beklagten, aufgrund einer regelmäßigen behördlichen Praxis nachträglich eingehende Unterlagen zugunsten des Antragstellers noch zu berücksichtigen, gibt, ist es auch dem Gericht verwehrt, dem Kläger über den Gleichbehandlungsgrundsatz eine Förderung zuzusprechen, weil er vom Beklagten gerade nicht anders behandelt worden ist als andere Antragsteller.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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