Verwaltungsrecht

Untätigkeitsklage wegen Verweigerung einer Entscheidung über den Asylantrag

Aktenzeichen  M 17 K 16.33942

Datum:
2.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 42 Abs. 1, § 44a, § 75, § 113 Abs. 5
RL 2005/85/EG RL 2005/85/EG Art. 12 Abs. 1 S. 1, Art. 23 Abs. 2
RL 2013/32/EU Art. 14 Abs. 1 S. 1, Art. 31 Abs. 3, Abs. 5, Art. 51 Abs. 2
GRCh GRCh Art. 18, Art. 41 Abs. 1
GG GG Art. 16a
AsylG AsylG § 24 Abs. 4, § 25

 

Leitsatz

1 Im Anwendungsbereich der Asylverfahrensrichtlinie ist Asylbewerbern aus unionsrechtlichen Gründen eine auf bloße Verwaltungsentscheidung an sich über den gestellten Asylantrag gerichtete Untätigkeitsklage möglich. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die in § 75 S. 2 VwGO vorgesehene Dreimonatsfrist wird aktuell nicht durch Art. 31 Asylverfahrens-RL verlängert.   (redaktioneller Leitsatz)
3 Die pauschal abgegebene Erklärung in der allgemeinen Prozesserklärung des Bundesamtes vom 25. Februar 2016 (“Arbeitsbelastung”) genügt nicht, um einen zureichenden Grund für die Nichtverbescheidung anzunehmen.  (redaktioneller Leitsatz)
4 Die fehlende Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag ist rechtswidrig und verletzt das subjektive Recht des Klägers aus Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Asylverfahrens-RL 2005 iVm Art. 18 GRCh iVm Art. 16a GG.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Beklagte wird verpflichtet, das Asylverfahren des Klägers fortzusetzen und über seinen Asylantrag vom 16. Juni 2015 innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft des Urteils zu entscheiden.
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Untätigkeitsklage, über die mit Einverständnis der Klagepartei (Erklärung vom 31. Oktober 2016) und der Beklagten (allgemeine Prozesserklärung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25. Februar 2016 – Generalerklärung) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
1. Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage zulässig (§ 75 VwGO, § 42 Abs. 1 Alt. 3 VwGO).
Die in § 75 VwGO geregelten besonderen Anforderungen bei einer Untätigkeitsklage sind vorliegend erfüllt. Gemäß § 75 Sätze 1 und 2 VwGO ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist.
1.1. § 75 VwGO i. V. m. § 44a VwGO setzen nicht regelhaft voraus, dass die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage, wenn sie als Untätigkeitsklage erhoben wird, einen konkreten Antrag auf Verpflichtung zu einer bestimmten inhaltlichen Sachentscheidung verlangt. Jedenfalls im Anwendungsbereich der Asylverfahrensrichtlinie ist Asylbewerbern aus unionsrechtlichen Gründen eine auf bloße Verwaltungsentscheidung an sich über den gestellten Asylantrag gerichtete Untätigkeitsklage möglich, da sowohl Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2005/85/EG (Asylverfahrensrichtlinie alte Fassung – AsylVf-RL a. F.) als auch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie neue Fassung – AsylVf-RL n. F.), die auf nach dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge anzuwenden ist (vgl. Art. 52 AsylVf-RL n. F.), den Asylbewerbern ein subjektives Recht auf eine behördliche Entscheidung nach einer persönlichen Anhörung und anschließend einen Anspruch auf dessen gerichtliche Überprüfung einräumen (vgl. VG München, U. v. 8.2.2016 – M 24 K 15.31419 – juris Rn. 21; VG München, U. v. 29.3.2016 – M 24 K 15.31313 – UA S. 7ff.; VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 – 5 A 390/15 – juris Rn. 50-53).
1.2. Die Klage ist nach Ablauf der Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO zulässigerweise erhoben worden.
1.2.1. Auch im Bereich des Asylrechts gilt als Zulässigkeitsvoraussetzung die Wahrung der dreimonatigen Frist des § 75 Satz 2 VwGO, und zwar im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht (bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung der gerichtlichen Entscheidung). Die in § 24 Abs. 4 AsylG genannte sechsmonatige Frist bezieht sich demgegenüber nicht auf die Frage der Sachurteilsvoraussetzungen in einem gerichtlichen Verfahren, sondern nur auf die Frage eines Mitteilungsanspruchs gegenüber dem Bundesamt innerhalb des Verwaltungsverfahrens (vgl. VG München, U. v. 8.2.2016 – M 24 K 15.31419 – juris Rn. 27; VG München, U. v. 29.3.2016 – M 24 K 15.31313 – UA S. 9 m.V.a. VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 – 5 A 390/15 – juris Rn. 52; VG Würzburg, B. v. 8.3.2016 – W 1 K 16.30131 – juris Rn. 18). Ungeachtet dessen musste der Kläger mit seiner Klage keine weitere Zeit zuwarten, weil das Bundesamt ihm keinen Zeitpunkt mitteilte, bis wann über den Asylantrag entschieden wird.
1.2.2. Die in § 75 Satz 2 VwGO vorgesehene Dreimonatsfrist wird aktuell nicht durch Art. 31 AsylVf-RL n. F. verlängert (VG Stuttgart, U. v. 23.3.2016 – A 12 K 439/16 – juris Rn. 21; VG Würzburg, B. v. 8.3.2016 – W 1 K 16.30131 – juris Rn. 18, das jedenfalls zur Bestimmung einer angemessenen Entscheidungsfrist auf den Rechtsgedanken der noch nicht unmittelbar anwendbaren Vorschrift des Art. 31 Abs. 3 bis 5 AsylVf-RL n. F. abstellt). Art. 31 Abs. 3 AsylVf-RL n. F. sieht eine grundsätzliche Verfahrensdauer in Asylsachen von sechs Monaten vor, die unter gewissen Voraussetzungen um neun weitere Monate verlängert werden kann. Ausnahmsweise können diese Fristen um drei weitere Monate verlängert werden (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 4 AsylVf-RL n. F.). Werden beide Fristen somit um jeweils drei Monate verlängert, besteht eine 21-Monatsfrist, wie sie auch von Art. 31 Abs. 5 AsylVf-RL n. F. als Maximalfrist festgelegt wird. Die Regelungen sind auf den vorliegenden Fall jedoch noch nicht anwendbar. Der deutsche Gesetzgeber hat die europäische Verfahrensrichtlinie bislang nicht in nationales Recht umgesetzt. Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 AsylVf-RL n. F. können auch nicht unmittelbar angewendet werden, weil die Umsetzungsfrist, die gem. Art. 51 Abs. 2 AsylVf-RL n. F. erst am 20. Juli 2018 endet, insoweit noch nicht abgelaufen ist. Auch ist der Rechtsgedanke des Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 AsylVf-RL n. F. nicht dahingehend zu übernehmen, dass schon heute für Asylverfahren europarechtlich eine längere Frist als die Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO angemessen sein soll, weil andernfalls durch die Fristverlängerung eine mittelbare Anwendung zulasten der Kläger konstruiert würde (VG Stuttgart, U. v. 23.3.2016 – A 12 K 439/16 – juris Rn. 21).
1.3. Ob die Beklagte mit „zureichendem Grund“ noch nicht entschieden hat, ist dabei keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Spruchreife als Teil der Begründetheit (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO) – bei Vorliegen eines „zureichenden Grundes“ ist die Klage gleichwohl zulässig (Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, § 75 Rn. 7 m. w. N.; BVerwG, U. v. 22.5.1987 – 4 C 30/86 – NVwZ 1987, 969, juris Rn. 12; VG München, U. v. 8.2.2016 – M 24 K 15.31419 – juris).
2. Die zulässige Untätigkeitsklage ist auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Die Verweigerung einer Entscheidung über den Asylantrag des Klägers ist rechtswidrig und verletzt diesen in seinem Recht aus Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. (vgl. auch Art. 31 Abs. 2 der AsylVf-RL n. F.) i. V. m. Art. 18 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (GRCh) i. V. m. Art. 16a GG auf Entscheidung in angemessener Frist. Der Kläger hat Anspruch auf Fortsetzung des Asylverfahrens und Verbescheidung des gestellten Antrags (§ 113 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. Satz 1 VwGO).
2.1. Die Sache ist spruchreif i. S. v. § 113 Abs. 5 VwGO – insbesondere ist eine Aussetzung des Klageverfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO nicht angezeigt.
Nachdem die Beklagte keine (nähere und tragende) Begründung dafür vorgetragen hat, dass das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen worden ist, ist die Sache im Hinblick auf den Streitgegenstand (Verpflichtung zur Entscheidung binnen der antragsgegenständlichen Frist) spruchreif i. S. v. § 113 Abs. 5 VwGO. Insbesondere ist im Hinblick § 24 Abs. 4 AsylG ein weiteres Zuwarten nicht angezeigt, nachdem der dort genannte 6-monatige Zeitraum im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) deutlich überschritten ist.
Unabhängig vom fehlenden Vortrag der Beklagten zur Frage eines „zureichenden Grundes“ für die bislang ausstehende Entscheidung über den Asylantrag ist ein derartiger Grund aber auch nicht ersichtlich.
Die pauschal abgegebene Erklärung in der allgemeinen Prozesserklärung des Bundesamtes vom 25. Februar 2016 („Arbeitsbelastung“) genügt dem Begründungserfordernis des § 75 VwGO nicht. Der Einzelrichter schließt sich insoweit den Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 14. Oktober 2015 (5 A 390/15 – juris Rn. 34-38) an. Auch wenn gerichtsbekannt ist, dass das Bundesamt durch die stark erhöhten Asylbewerberzahlen überlastet ist, reicht dies nicht aus, um einen zureichenden Grund für die Nichtverbescheidung anzunehmen. Es handelt sich nicht um eine kurzfristig erhöhte Geschäftsbelastung, sondern um eine permanente Überlastung der Behörde. Hinzu kommt, dass vorliegend der Asylantrag aus einer Zeit datiert, zu der die Arbeitsbelastung bei weitem nicht das heutige Ausmaß erreicht hatte (vgl. hierzu VG Ansbach, U. v. 27.01.2016 – AN 3 K 15.30560 – juris). Eine andauernde Arbeitsüberlastung ist ferner kein sachlicher Grund im Sinne des § 75 Satz 1 VwGO (vgl. VG München, 8.4.2016 – M 12 K 16.30295 – UA S. 8f.). In einem solchen Fall ist es Aufgabe des zuständigen Bundesministeriums bzw. der Behördenleitung, entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen (vgl. VG Dresden, U. v. 13.2.2015 – A 2 K 3657/14; VG Düsseldorf, U. v. 30.10.2014 – 24 K 992/14.A; VG Braunschweig, U. v. 8.9.2014 – 8 A 618/13 – alle juris). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Behörde – wie hier – auch auf gerichtliche Nachfrage keine Perspektive für eine Entscheidung aufzeigt, so dass auf zunächst unbestimmte Zeit offenbleibt, wann überhaupt über den Antrag entschieden werden wird.
Eine weitere Nachfristsetzung unter Aussetzung des Klageverfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO, wie vom Bundesamt mit Schreiben vom 25. Februar 2016 beantragt, war daher nicht veranlasst, da das Bundesamt der schriftlichen Aufforderung des Gerichts, sich im vorliegenden Fall bis spätestens 1. Dezember 2016 zum Vorliegen eines Grundes nach § 75 Satz 3 VwGO zu äußern, nicht nachkam. Auch die bisherige Verfahrensdauer spricht dagegen, der Beklagten eine weitere Nachfrist zu setzen.
2.2. Die fehlende Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag der Klagepartei ist rechtswidrig und verletzt das subjektive Recht aus Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. (vgl. auch Art. 31 Abs. 2 der AsylVf-RL n. F.) i. V. m. Art. 18 GRCh i. V. m. Art. 16a GG.
Dabei beträgt die dem Bundesamt vorliegend noch zur Verfügung stehende angemessene Frist für die Entscheidung drei Monate ab Rechtskraft des vorliegenden Urteils.
Ausgangspunkt ist dabei aus Sicht des deutschen Rechts die Wertung des § 75 Satz 2 VwGO einerseits und des § 24 Abs. 4 AsylG andererseits (vgl. VG München, U. v. 8.2.2016 – M 24 K 15.31419 – juris Rn. 35). Dabei findet sich der in § 24 Abs. 4 AsylG benannte 6-monatige Mindestzeitraum auch in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 AsylVf-RL a. F. wieder (die AsylVf-RL a. F. ist vorliegend – wie oben dargestellt – einschlägig gemäß Art. 52 Abs. 1 AsylVf-RL n. F.). Zwar wird in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b Satz 2 AsylVf-RL a. F. noch explizit festgehalten, dass eine Unterrichtung des Asylbewerbers über den zeitlichen Rahmen des Verwaltungsverfahrens keine Verpflichtung des Mitgliedstaates gegenüber dem Asylbewerber begründet. All dies ist aber andererseits auch vor dem Hintergrund der generellen Vorgabe in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. zu sehen, wonach die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Asylverfahren unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung der Anträge „so rasch wie möglich“ zum Abschluss gebracht werden. Auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen möglichen Gründe für eine Verfahrensverzögerung und des den Mitgliedstaaten eingeräumten Spielraums bei der Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens ist deshalb stets auch das Interesse des Asylbewerbers daran zu sehen, eine Verwaltungsentscheidung (mit welchem Ergebnis auch immer) zu erhalten. Nachdem der Vollzug des unionsrechtlich geprägten Asylrechts durch die Mitgliedstaaten dem Anwendungsbereich der Unionsgrundrechte unterfällt (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh), ist Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. dabei auch als Ausprägung des Art. 41 Abs. 1 GRCh und des dort unter anderem angesprochenen Grundsatzes zu sehen, Angelegenheiten jeder Person „innerhalb einer angemessenen Frist“ zu behandeln.
Vor diesem Hintergrund zeichnet sich der vorliegende Fall zunächst dadurch aus, dass in dem nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt seit der Stellung des Asylantrags mehr als 17 Monate verstrichen sind.
Eine Anhörung nach § 25 AsylG wurde bereits am …. Juni 2016 durchgeführt. Aus der Niederschrift zur Anhörung ergeben sich allerdings keine Umstände, wonach eine weitere Sachaufklärung erforderlich wäre, um eine behördliche Entscheidung zu treffen. Darauf hat sich die Beklagte auch weder berufen noch eine hinreichend substantiierte Begründung dafür vorgetragen, dass innerhalb von 17 Monaten seit Asylantragstellung noch keine Entscheidung über den Asylantrag getroffen wurde. Auch das zwischenzeitlich durchgeführte Dublin-Verfahren vermag keine ausreichende Begründung zu liefern, da die Rücküberstellungsfrist bereits am 8. Oktober 2015 abgelaufen war und damit die Beklagte bereits vor über 13 Monaten für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden ist.
Dies und der Umstand, dass seit der Asylantragstellung deutlich mehr als 12 Monate
(also mehr als das Doppelte des in § 24 Abs. 4 AsylG genannten 6-monatigen Zeitraums) verstrichen sind, führt im Hinblick auf das von Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. geschützte Interesse der Klagepartei an einer raschen Entscheidung dazu, dass dem Bundesamt ab Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung noch drei Monate zur Verfügung stehen, um über den Asylantrag der Klagepartei in der Sache zu entscheiden.
Der Fristablauf nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung trägt dem Umstand Rechnung, dass gemäß § 167 Abs. 2 VwGO eine vorläufige Vollstreckung bei einer Verpflichtungsklage nur hinsichtlich der Kosten möglich ist (so überzeugend VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 – 5 A 390/15 – juris Rn. 42).
Da die Klagepartei keinen Antrag auf Zuerkennung materieller Rechtspositionen gestellt hat, kommt es vorliegend auf die Problematik des Durchentscheidens nicht an (vgl. VG Stuttgart, U. v. 23.3.2016 – A 12 K 439/16 – juris Rn. 21; VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 – 5 A 390/15 – juris; VG Hannover, B. v. 11.01.2016 – 7 A 5037/15 – juris; Gegen „Durchentscheiden“: VG München, U. v. 8.11.2016 – M 23 K 16.32317; U. v. 31.10.2016 – M 23 K 16.31454; VG Freiburg (Breisgau), U. v. 23.09.2016 – A 1 K 2611/16 -, juris; VGH BW, B. v. 1.7.1997 – A 13 S 1186/97 ; VG Karlsruhe, U. v. 8.7.2016 – A 3 K 172/16 – juris; VG Stuttgart, U. v. 23.3.2016 – A 12 K 439/16 – juris; VG München, U. v. 8.2.2016 – M 24 K 15.31419 – juris; VG Trier, U. v. 18.8.2016 – 5 K 3379/16.TR; a.A. BayVGH, B. v. 7.7.2016 – 20 ZB 16.30003 – juris).
3. Die Beklagte hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO als unterlegene Partei die Kosten des gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil können die Beteiligten die Zulassung der Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. Dem Antrag sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Gegenstandswert beträgt 2.500,00 EUR.
Gründe:
Da Streitgegenstand des Verfahrens die Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über den Antrag des Klägers, nicht jedoch die Prüfung des Bestehens seiner materiellen Ansprüche ist, reduziert das Gericht den Gegenstandswert aus Gründen der Billigkeit, § 30 Abs. 2 RVG (VG Ansbach, U. v. 27.01.2016 – AN 3 K 15.30560 – juris Rn. 37 ff.)
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 Abs. 1 AsylG).


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