Verwaltungsrecht

Unzulässige Anhörungsrüge wegen Nichtwahrung der Frist

Aktenzeichen  8 ZB 16.2521

Datum:
23.1.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 57 Abs. 2, § 152a Abs. 2 S. 1
BGB BGB § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Der Zeitpunkt der Kenntnis von der behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs, der die Zwei-Wochenfrist für die Anhörungsgrüge in Gang setzt, ist im Regelfall mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der (vollständigen) gerichtlichen Entscheidung an den Beteiligten identisch. (redaktioneller Leitsatz)
2 Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG folgt keine Pflicht der Gerichte, sich mit jedem Vorbringen im Detail in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (Anschluss an BVerwG NVwZ 2013, 1549). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

8 ZB 15.1363 2016-11-17 Bes VGHMUENCHEN VG Regensburg

Tenor

I.
Die Anhörungsrüge wird verworfen.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1. Die Anhörungsrüge ist unzulässig. Der Kläger hat die Zwei-Wochen-Frist nach § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht gewahrt.
Die Zwei-Wochen-Frist wird durch Kenntnis des betreffenden Beteiligten von der behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs in Lauf gesetzt, wobei der Zeitpunkt der Kenntnis vorliegend – wie dies in aller Regel der Fall ist (vgl. hierzu nur Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 152a Rn. 15 m. w. N.) – mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der (vollständigen) gerichtlichen Entscheidung an den Beteiligten identisch ist. Insoweit Abweichendes hat der Kläger weder behauptet noch – was gegebenenfalls erforderlich wäre – glaubhaft gemacht (§ 152a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO).
Die entsprechende Kenntnis vom Beschluss des Senats vom 17. November 2017 ist auf Klägerseite laut Empfangsbekenntnis des Klägerbevollmächtigten am Dienstag, 29. November 2016, eingetreten. Hiernach begann die Zwei-Wochen-Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO am Mittwoch, 30. November 2016 und endete mit Ablauf des Dienstag, 13. Dezember 2016 (vgl. zur Fristberechnung § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB, § 188 Abs. 2 BGB). Die Anhörungsrüge des Klägers (Schriftsatz vom 13.12.2016) ging bei Gericht (per Telefax) erst am 14. Dezember 2016 ein.
2. Die unzulässige Anhörungsrüge wäre auch unbegründet. Der Kläger legt keine Gründe dar, aus denen sich ergibt, dass das Gericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 6 VwGO).
Der Kläger trägt vor, die Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung sei darauf zurückzuführen, dass geltend gemachte Rechtsfehler und Einwände vom Senat nicht in gebotener Weise zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen worden seien. Diese Annahme trifft nicht zu. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Senat nicht gehalten war, das gesamte Vorbringen des Klägers wiederzugeben und zu jedem einzelnen Detailvorbringen Stellung zu nehmen (vgl. BVerwG, B. v. 28.11.2013 – 9 B 14.13 – DVBl 2014, 237 Rn. 34 m. w. N.). In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist diesbezüglich geklärt, dass aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG keine Pflicht der Gerichte folgt, sich mit jedem Vorbringen im Detail in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (BVerfG, B. v. 19.5.1992 – 1 BvR 986/91 – BVerfGE 86, 133/146; vgl. auch BVerwG, B. v. 4.7.2013 – 9 A 7.13 – juris Rn. 4). Ebenso wenig wird ein Gericht durch Art. 91 Abs. 1 BV verpflichtet, in seiner Entscheidung auf alle Ausführungen eines Beteiligten einzugehen (BayVerfGH, E. v. 25.10.2016 – Vf. 83-VI-14 – juris Rn. 38 f. m. w. N.). Hierdurch wird in keiner Weise infrage gestellt, dass der Senat das gesamte Vorbringen des Klägers vollständig zur Kenntnis genommen und umfassend gewürdigt hat.
Soweit der Kläger in der Anhörungsrüge nochmals auf den Gesichtspunkt des Heranfahrens an das Donauufer mit dem PKW an anderer Stelle unter der vermeintlichen Gefahr von Öl- oder Benzinverlusten zu sprechen kommt, ist offensichtlich, dass dieser Gesichtspunkt hinsichtlich der vom Kläger begehrten Genehmigung zur erweiterten Nutzung einer Steganlage von keiner anspruchsbegründenden Bedeutung sein kann. Insoweit haben sich Ausführungen hierzu im Beschluss vom 17. November 2016 erübrigt.
Den vom Kläger hervorgehobenen Gesichtspunkt des Sportboot-Verkehrs auf dem betreffenden Donauabschnitt hat der Senat nicht verkannt. Aus dem Beschluss vom 17. November 2016 wird vielmehr deutlich, dass der Bootsbetrieb in der Fahrrinne gewürdigt wurde, dieser Fahrbetrieb jedoch den vorliegend maßgeblichen Uferbereich – anders als die vom Kläger gewünschte intensivierte Stegnutzung – nicht beeinträchtigt (vgl. Entscheidungsumdruck, S. 4 unten).
Schließlich vermag der Vortrag des Klägers im Anhörungsrügeverfahren auch nicht deutlich zu machen, inwieweit sich aus der von Klägerseite im Zulassungsverfahren vorgelegten fischereifachlichen Stellungnahme vom 9. Juli 2015 in hinreichend substanziierter Weise ergeben soll, dass – wie behauptet – eine negative Beeinflussung des Ökosystems Donau durch die beantragte intensivierte Nutzung der Steganlage ausgeschlossen werden könne (vgl. hierzu bereits Beschluss des Senats vom 17.11.2016, Entscheidungsumdruck, S. 5). Schon insoweit konnten sich ernstliche Zweifel hinsichtlich der diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichts im Zulassungsverfahren nicht ergeben.
3. Entsprechend § 154 Abs. 2 VwGO trägt der Kläger die Kosten des Verfahrens.


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