Verwaltungsrecht

Verwaltungsgerichte, Anlassbeurteilung, Verwaltungsrechtsweg, Befähigung zum Richteramt, Widerspruchsbescheid, Übernahme in das Beamtenverhältnis, Zulässigkeit des Rechtsweges, Anspruchsgrundlage, Gerichte für Arbeitssachen, Aufhebung, Rechtsmittelbelehrung, Prozeßbevollmächtigter, Bevollmächtigter, Auswahlentscheidung, Bestenauslese, Juristische Person des öffentlichen, Verwaltungsgerichtsordnung, Vorabentscheidung, Beurteilungsrichtlinien, Interne Ausschreibung

Aktenzeichen  AN 16 K 21.00118

Datum:
16.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 16404
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GVG § 17 a Abs. 3 und 4
BBG § 126

 

Leitsatz

Tenor

Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist zulässig.

Gründe

I.
Die Klägerin wendet sich gegen ihre dienstliche Anlassbeurteilung der Beklagten vom 28. Juli 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2020.
Die Klägerin ist Tarifbeschäftigte in der Entgeltgruppe 6 TVöD (Bund) beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt). Sie bewarb sich auf eine der ausgeschriebenen Verbeamtungsstellen für Tarifbeschäftigte des vergleichbar mittleren Dienstes (Verbeamtungsaktion 2018).
Durch Abhilfebescheid vom 12. Mai 2020 hob das Bundesamt im Verfahren AN 16 E 19.02441 eine zunächst zur Vorbereitung der Auswahlentscheidung nach Maßgabe von Nr. 2.2 der Richtlinie für die Beurteilung von Beamtinnen und Beamten im Geschäftsbereich des BMI (ohne Bundespolizei) erstellte „Anlassbeurteilung“ für den Zeitraum vom 18. November 2017 bis 31. Dezember 2018 auf und erklärte, eine neue Beurteilung zu erstellen. Unter Vorbehalt eines aktuellen Führungszeugnisses ohne Eintrag und der Feststellung der gesundheitlichen Eignung sicherte das Bundesamt der Klägerin zu, sie zur Beamtin auf Probe in der Besoldungsgruppe A 6 zu ernennen, wenn sie in der neu zu erstellenden Anlassbeurteilung mindestens die Gesamtnote von 7 Punkten erreicht.
In der neu erstellten dienstlichen Anlassbeurteilung für den Zeitraum vom 18. November 2017 bis 31. Dezember 2018 vom 28. Juli 2020 erzielte die Klägerin eine Gesamtnote von 6 Punkten.
Einen hiergegen mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 23. September 2020 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2020 zurück.
Die Klägerin hat am 18. Januar 2021 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach Klage erhoben mit dem Antrag, die dienstliche Beurteilung vom 28. Juli 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2020 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsansicht des Gerichts von einer neuerlichen dienstlichen Beurteilung nach Maßgabe der Beurteilungsrichtlinie BMI vom 7. April 2017 abzusehen, hilfsweise, eine neue Beurteilung zu erstellen.
Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 25. März 2021 lässt die Klägerin vortragen, dass die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nachdrücklich bestritten sowie eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter gerügt werde. Mangels öffentlicher Ausschreibung fehle ein Bezug zu Art. 33 Abs. 2 GG. Die interne Ausschreibung richte sich ausschließlich an Arbeitnehmer beim Bundesamt. Begrifflich und verfassungsrechtlich liege nur dann eine Ausschreibung im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG vor, wenn alle Bundesbürger die Möglichkeit hätten, sich auf die ausgeschriebenen Stellen im Eingangsamt einer Beamtenlaufbahn zu bewerben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Behördenakten der Beklagten und die Gerichtsakten zum vorliegenden Verfahren sowie zum Verfahren AN 16 E 19.02441 verwiesen.
II.
Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist zulässig.
1. Aufgrund der Rechtswegrüge der Klägerin ist im Wege einer Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Verwaltungsgerichten zu entscheiden.
Gemäß § 17 a Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Sätze 1 und 2 GVG hat das Gericht vorab durch zu begründenden Beschluss über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtswegs rügt. Rüge ist das ausdrückliche Bestreiten des Rechtswegs, nicht lediglich das Anzweifeln (Rennert in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 41 Rn. 29; BayVGH, U.v. 13.9.2006 – 12 BV 06.808 – juris Rn. 27). Vorliegend hat die Klägerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 25. März 2021 die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs explizit bestritten und mithin gerügt i.S.v. § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG.
2. Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist gemäß § 126 Abs. 1 BBG zulässig.
a) Hiernach ist für alle Klagen der Beamtinnen, Beamten, Ruhestandsbeamtinnen, Ruhestandsbeamten, früheren Beamtinnen, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Wie der 6. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit Beschluss vom 19. Dezember 2019 (Az. 6 C 19.2409) ausführt, ist diese Vorschrift nach allgemeiner Auffassung auch auf Ansprüche vorbeamtlicher Art aus einer der dem Beamtenrecht zugeordneten Anspruchsgrundlage anwendbar (Hebeler in: Battis, Bundesbeamtengesetz, 5. Auflage 2017, § 126 Rn. 12 m.w.N.). Maßgeblich ist die wahre Natur des Rechtsverhältnisses, nicht die vom Rechtsschutzsuchenden vorgenommene rechtliche Zuordnung. So sind Klagen auf Einstellung als Beamter oder gegen die Ablehnung einer solchen Einstellung – anders als Klagen auf Abschluss eines Arbeitsvertrags als Tarifbeschäftigter im öffentlichen Dienst (BVerwG, B.v. 19.7.2017 – 2 A 9.16 – juris; BAG, U.v. 11.6.2013 – 9 AZR 668/11 – juris) – beamtenrechtlich und fallen in die Rechtswegzuständigkeit der Verwaltungsgerichte. Anspruchsgrundlage ist das durch den Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis begründete beamtenrechtliche Bewerbungsverhältnis (BVerwG, U.v. 25.10.2010 – 2 C 22.09 – BVerwGE 136, 140 Rn. 13). Der in Art. 33 Abs. 2 GG verankerte Grundsatz der Bestenauslese vermittelt dabei jedem Bewerber ein grundrechtsgleiches Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl (stRspr., vgl. BVerfG, B.v. 20.9.2016 – 2 BvR 2453/15 – BVerfGE 143, 22 Rn. 18; BVerwG, B.v. 21.12.2016 – 2 VR 1.16 – BVerwGE 157, 168 Rn. 21; BayVGH, B.v. 23.4.2019 – 6 CE 19.76 – juris Rn. 9).
b) Die Klägerin verfolgt mit ihrer gegen ihre Anlassbeurteilung gerichteten Klage einen solchen (vor-)beamtlichen Anspruch, für den der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Denn es handelt sich bei der streitgegenständlichen Beurteilung um keine „normale“ dienstliche Beurteilung der Klägerin als Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst im Rahmen ihres Arbeitsvertragsverhältnisses, für deren Prüfung die Gerichte für Arbeitssachen zuständig wären. Es handelt sich vielmehr um eine Anlassbeurteilung, die der Dienstherr ausschließlich im Rahmen des Auswahlverfahrens zur Besetzung der ausgeschriebenen Beamtenstellen im mittleren Dienst erstellt hat, nachdem die Klägerin sich um eine dieser Beamtenstellen beworben hatte. Als Grundlage für die Anlassbeurteilung hat der Dienstherr die Richtlinie für die Beurteilung von Beamtinnen und Beamten im Geschäftsbereich des BMI vom 7. April 2017 herangezogen, die nach Nrn. 1.1 und 2.2 nur in dieser Fallkonstellation auf Tarifbeschäftigte Anwendung findet. Das Rechtsschutzziel der Klägerin ist auf Aufhebung der streitigen Anlassbeurteilung gerichtet mit dem Ziel, in ein Beamtenverhältnis des mittleren Dienstes auf Probe im Rahmen der Verbeamtungsaktion 2018 übernommen zu werden. Dass die Klägerin im vorliegenden Verfahren keinen Anspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG geltend macht, sondern sich ausschließlich gegen ihre Anlassbeurteilung vom 28. Juli 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2020 wendet, ergibt sich aus der im Verfahren AN 16 E 19.02441 erklärten Zusicherung der Beklagten, der Klägerin im Rahmen der Verbeamtungsaktion 2018 eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 6 BBesO freizuhalten und die Klägerin in ein Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen, wenn sie in der neu zu erstellenden Anlassbeurteilung mindestens mit der Gesamtnote 7 beurteilt wird. Dieser prozessuale Umstand vermag jedoch nichts daran zu ändern, dass Anspruchsgrundlage vorliegend nicht das Arbeitsvertragsverhältnis der Klägerin als Tarifbeschäftigte bildet, sondern das (vor-)beamtliche Bewerbungsverhältnis um eine Beamtenstelle des mittleren Dienstes im Rahmen der Verbeamtungsaktion 2018. Schließlich dringt auch der Einwand des Klägerbevollmächtigten, Art. 33 Abs. 2 GG sei vorliegend aufgrund interner Ausschreibung nicht anzuwenden, bereits deshalb nicht durch, weil sich die Auswahlentscheidung der Beklagten über die Vergabe von Beamtenstellen auch bei der gewählten Begrenzung des Bewerberfeldes auf beim Bundesamt tätige Tarifbeschäftigte nach den Grundsätzen der Bestenauslese gemäß Art. 33 Abs. 2 GG bestimmt.


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