Verwaltungsrecht

Vesetzungsverfügung gegen Telekom-Mitarbeiter

Aktenzeichen  6 CS 18.1205

Datum:
13.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 17246
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4 S. 1
BBG § 28 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, § 61 Abs. 1, § 62 Abs. 1, § 78, § 126 Abs. 4
GG Art. 33 Abs. 5, Art. 143b Abs. 3 S. 1
ZPO § 444
BPersVG § 77 Abs. 2
PostPersRG § 2 Abs. 2 S. 2, § 4 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Ein Bundesbeamter muss grundsätzlich die mit der Möglichkeit der Versetzung generell unvermeidlich verbundenen persönlichen, familiären und auch finanziellen Belastungen mit seinem Dienstantritt in Kauf nehmen; das gilt umso mehr, wenn die Personalmaßnahme wesentlich auch das Ziel verfolgt, einem zuletzt beschäftigungslosen, aber voll alimentierten Beamten eine dauerhafte Beschäftigung zu übertragen (stRspr BayVGH BeckRS 2018, 6929). (redaktioneller Leitsatz)
2. Verweigert ein Beamter unberechtigt seine aufgrund der normierten Gehorsamspflicht gegebene Mitwirkung an Maßnahmen zur Überprüfung seiner Einsatz- und Verwendungsfähigkeit, so geht dies entsprechend § 444 ZPO zu seinen Lasten; andernfalls hätte es der Beamte in der Hand, entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung die für die Frage seiner Einsatzfähigkeit erforderliche ärztliche Untersuchung erheblich zu erschweren oder gar zu vereiteln (ebenso BVerwG BeckRS 2012, 53130). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 1 S 18.155 2018-05-16 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 16. Mai 2018 – RN 1 S 18.155 – wird in seinen Nummern I. und II. aufgehoben.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 11. Januar 2018 gegen die Versetzungsverfügung der Antragsgegnerin vom 15. Dezember 2017 wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der am 22. Juli 1962 geborene Antragsteller ist Beamter auf Lebenszeit im mittleren technischen Dienst (BesGr A 8) der Antragsgegnerin und der Deutschen Telekom AG (DTAG) zugeordnet. Er ist seit dem 1. Dezember 2008 beschäftigungslos und seit September 2009 Betriebsrat bei der Telekom Placement Services (TPS). Er wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen seine mit Bescheid vom 15. Dezember 2017 verfügte Versetzung zur Organisationseinheit TPS mit Übertragung eines mit A 8 bewerteten Personalpostens „Sachbearbeiter Projektmanagement“ im Bereich Business Projects am Dienstort D. (Hessen) mit Wirkung vom 1. April 2018.
Auf das Anhörungsschreiben vom 10. Juli 2015 machte der Antragsteller insbesondere geltend, die beabsichtigte Versetzung sei ihm aufgrund der Entfernung des neuen Dienstortes von seinem Wohnort (384 km) familiär und gesundheitlich nicht zumutbar.
Am 17. September 2015 fand ausweislich der Behördenakte eine arbeitsmedizinische Untersuchung des Antragstellers durch Ärzte der B. GmbH statt; ein entsprechendes Gutachten wurde dem Dienstherrn aber nicht vorgelegt, weil der Antragsteller keine Einwilligung zur Befundweitergabe abgegeben hatte. Einer weiteren arbeitsmedizinischen Untersuchung durch die B. GmbH widersprach der Antragsteller. Am 28. Oktober 2016 wurde er durch den Amtsarzt, einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, untersucht. Als Ergebnis ist in dessen psychiatrischen Gutachten vom 8. November 2016 festgehalten, dass der Antragsteller vermutlich seit Ende 2015 an einer depressiven Störung leide. Sein aktueller psychischer Zustand entspreche den diagnostischen Kriterien einer schweren depressiven Episode (ICD-10-Nr.: F32.3). Aufgrund dieser depressiven Störung könne es dem Antragsteller aus psychiatrischer Sicht nicht zugemutet werden, wöchentliche Pendelfahrten zwischen seinem Wohnort und dem beabsichtigten Dienstort zu unternehmen. Auch ein Umzug sei nicht zumutbar.
Der Betriebsrat TPS hatte zunächst mit Schreiben vom 25. Februar 2016 die Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung des Antragstellers verweigert. Im Einigungsstellenverfahren wurde die Sache wiederholt vertagt, um dem Arbeitgeber Gelegenheit zu geben, den Sachverhalt durch Einholung eines Obergutachtens zu klären. Mit Schreiben vom 17. Juli 2017 ordnete die DTAG gegenüber dem Antragsteller an, sich einer fachärztlichen Einsatzuntersuchung bei einem Facharzt für Psychiatrie und Psychologie in G. (Niedersachsen) zu unterziehen. Der Antragsteller leistete dieser Anordnung keine Folge, sondern teilte – nach Verstreichen des Untersuchungstermins – mit, er habe seine Mitwirkungspflichten insoweit bereits erfüllt und müsse einen von seinem Wohnort so weit entfernten Untersuchungsort nicht hinnehmen. In der Sitzung der Einigungsstelle am 4. Dezember 2017 wurde festgestellt, dass im Hinblick auf die den Antragsteller betreffende Personalmaßnahme kein Grund für die Verweigerung der Zustimmung im Sinn des § 77 Abs. 2 BPersVG vorliegt.
Daraufhin versetzte die DTAG den Antragsteller mit Bescheid vom 15. Dezember 2017 aus dienstlichen Gründen mit Wirkung zum 1. April 2018 zur Organisationseinheit TPS und setzte ihn als Sachbearbeiter Projektmanagement im Bereich Business Projects am Beschäftigungsort D. (Hessen) ein. Gleichzeitig wurde ihm ein nach A 8 bewerteter Personalposten übertragen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die dienstlichen Gründe bestünden darin, dass der oben beschriebene Arbeitsposten bei der TPS am Standort D. frei sei und im Interesse an der geregelten Arbeitserledigung besetzt werden müsse. Neben der sach- und zeitgerechten Erfüllung der Dienstgeschäfte sei zudem der Anspruch des Antragstellers auf amtsangemessene Beschäftigung zu erfüllen. Ein wohnortnäherer Einsatz sei geprüft worden, aber nicht möglich; eine Alternativstelle stehe nicht zur Verfügung. Die Bewertung der dem Antragsteller übertragenen Tätigkeit sei im Rahmen des Prüfverfahrens bei der DTAG festgelegt worden; diese entspreche seinem Amt der BesGr A 8. Der Umstand, dass seine Ehefrau an ihrem jetzigen Arbeitsort berufstätig sei, stelle keinen Hinderungsgrund dar, da seine Alimentation als vollzeitbeschäftigter Beamter hinreichend für die gesamte Familie sei. Als Bundesbeamter müsse er grundsätzlich damit rechnen, möglicherweise künftig aus dienstlichen Gründen den Dienstort wechseln zu müssen. Soweit er auf seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinweise, habe die Antragstellerin eine betriebsärztliche sowie fachärztliche Untersuchung veranlasst; das Ergebnis sei in die Ermessensentscheidung einbezogen worden und stehe seiner Versetzung nicht entgegen.
Gegen diese Versetzungsverfügung legte der Antragsteller Widerspruch ein, über den bislang nicht entschieden ist.
Der Antragsteller hat am 2. Februar 2018 beim Verwaltungsgericht beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Versetzung anzuordnen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, dass ihm eine Versetzung nach D. nach dem Ergebnis der amtsärztlichen Begutachtung gesundheitlich nicht zumutbar sei. Im Übrigen werde mit Nichtwissen bestritten, dass ein wohnortnäherer Einsatz nicht möglich sei. Es treffe nicht zu, dass er sich einer psychologischen Untersuchung verweigert hätte. Eine Einigungsstelle sei nicht berechtigt, derartige höchstpersönliche Untersuchungsanordnungen im Rahmen der personalvertretungsrechtlichen Aufgabenerfüllung anzuordnen. Im Übrigen habe die Anordnung einer Untersuchung in G. wegen der weiten Entfernung zum Wohnort den bekannten gesundheitlichen Einschränkungen widersprochen. Für ihn komme weder eine auswärtige Übernachtung noch eine Reisezeit von 6,5 Stunden für eine einfache Fahrt zum Psychiater infrage. Soweit die Antragsgegnerin der Ansicht sei, das Gutachten des Amtsarztes vom 25. Oktober 2016 sei veraltet, sei sie verpflichtet, vor Ausspruch der Versetzung ein neues amtsärztliches Gutachten anfertigen zu lassen. Im Übrigen werde die Amtsangemessenheit der Beschäftigung mit Nichtwissen bestritten.
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 16. Mai 2018 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Versetzungsverfügung vom 15. Dezember 2017 angeordnet. Zu Begründung hat es ausgeführt: Die Versetzung sei jedenfalls nicht offensichtlich oder mit großer Wahrscheinlichkeit rechtmäßig. Es fehle an einer klaren und hinreichend gesicherten Beurteilungsgrundlage, ob der mit der Maßnahme verbundene Ortswechsel dem Antragsteller nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen gesundheitlich zumutbar sei. Über das Ergebnis der medizinischen Bewertung des Amtsarztes habe die Antragsgegnerin nicht einfach hinweggehen dürfen, sondern hätte weitere Ermittlungen veranlassen müssen. Auch wenn sich der Antragsteller der erneuten psychologischen und psychiatrischen Begutachtung bei einem Facharzt für Psychiatrie in G. widersetzt habe, so sei jedenfalls derzeit nicht von einem gesundheitlichen Zustand auszugehen, der seine Versetzung nach D. ermögliche. Solange die gesundheitliche Situation des Antragstellers nicht abschließend geklärt sei, erschienen die Erfolgsaussichten seines Widerspruchs in der Hauptsache zumindest als offen. Auf der Grundlage einer von den voraussichtlichen Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren unabhängigen Interessenabwägung überwiege hier (ausnahmsweise) das Suspensivinteresse des Antragstellers das öffentliche Vollzugsinteresse an einer möglichst raschen Durchsetzung der streitigen Versetzungsverfügung.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin. Zur Begründung führt sie aus, das amtsärztliche Gutachten aus dem Jahr 2016 habe für die in Frage stehende Maßnahme keine ausreichende Aktualität mehr aufgewiesen, so dass beschlossen worden sei, aktuelle und weitere Gutachten zur gesundheitlichen Situation des Antragstellers einzuholen. Die Mitwirkung an der Abklärung der aktuellen gesundheitlichen Einschränkungen habe der Antragsteller jedoch verweigert. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass die Antragsgegnerin tatsächlich weitere Ermittlungen bezüglich der gesundheitlichen Situation des Antragstellers angestrengt habe. Daher könne ein Ermessensfehler im Hinblick auf mangelndes Bemühen um Abklärung der gesundheitlichen Einschränkung des Antragstellers nicht vorliegen. Zu Unrecht gehe das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Unklarheit über den gesundheitlichen Zustand des Antragstellers nicht zu dessen Lasten gehe. Dies müsse auch deswegen bereits gelten, weil der Antragsteller wiederholt zum Zwecke der ärztlichen Gutachtenerstellung Unterlagen zum Teil weder den berufenen Ärzten noch seiner Dienstherrin vorgelegt habe und so maßgeblich zu der unklaren Lage hinsichtlich seiner gesundheitlichen Einschränkungen über Jahre hinweg beigetragen habe.
Der Antragsteller verteidigt den Beschluss des Verwaltungsgerichts.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet.
Aus den mit der Beschwerde innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründen besteht entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts kein ausreichend gewichtiger Grund, um die aufschiebende Wirkung des vom Antragsteller gegen seine Versetzung eingelegten Widerspruchs nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anzuordnen.
Im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers, seiner Versetzung vorerst bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht Folge leisten zu müssen. Die streitige Versetzung ist zwar nicht offenkundig, aber doch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtmäßig (1.). Das Interesse des Antragstellers wiegt nicht so schwer, um gleichwohl abweichend von der gesetzlichen Grundregelung des § 126 Abs. 4 BBG die aufschiebende Wirkung des Hauptsacherechtsbehelfs anzuordnen und ihn dadurch vorläufig von der Befolgungspflicht zu entbinden (2.).
1. Die Versetzung des Antragstellers zur Organisationseinheit TPS auf einen Arbeitsposten am Dienstort D. (Hessen) ist bei summarischer Prüfung unter Berücksichtigung der vom Antragsteller geltend gemachten Einwendungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtmäßig.
Rechtsgrundlage der streitigen Verfügung, die mit dem Verwaltungsgericht keinen formellen Bedenken begegnet, ist § 28 Abs. 2 Satz 1 BBG. Danach ist eine Versetzung aus dienstlichen Gründen ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das neue Amt mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und die Tätigkeit aufgrund der Vorbildung oder Berufsausbildung zumutbar ist. Diese für Bundesbeamte allgemein geltende Vorschrift findet gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 PostPersRG mangels anderer Bestimmung auch auf die Beamten Anwendung, die – wie der Antragsteller – bei den Postnachfolgeunternehmen beschäftigt und als solche Bundesbeamte sind (vgl. Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG). Bei der in Rede stehenden Personalmaßnahme handelt es sich um eine Versetzung in diesem Sinn. Zwar spricht die gesetzliche Definition des § 28 Abs. 1 BBG von der „Übertragung eines anderen Amtes bei einer anderen Dienststelle“. Bei Beamten der Postnachfolgeunternehmen, deren berufliche Tätigkeit (lediglich) als Dienst gilt (§ 4 Abs. 1 PostPersRG), tritt indes an die Stelle des Amtes der neue (abstrakt zu verstehende) Aufgabenbereich und an die Stelle des Dienststellenwechsels der Betriebswechsel (vgl. OVG Saarl, B.v. 19.1.2017 – 1 B 310/16 – juris Rn. 4 ff. m.w.N.). Demnach handelt es sich bei der streitigen Maßnahme um eine Versetzung, weil sie dem seit Dezember 2008 beschäftigungslosen Antragsteller den (abstrakten) Aufgabenbereich eines Sachbearbeiters Projektmanagement im Bereich Business Projects bei der TPS am Beschäftigungsort D. überträgt.
a) Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Versetzung sind, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist, erfüllt.
Es bestehen – gewichtige – dienstliche Gründe für die Versetzung. Diese verfolgt wesentlich auch das Ziel, dem – mit Ausnahme der Tätigkeit als Betriebsrat – seit geraumer Zeit beschäftigungslosen, aber voll alimentierten Antragsteller eine (Dauer-)Beschäftigung zu vermitteln (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2018 – 6 ZB 18.324 – juris Rn. 7; B.v. 23.3.2017 – 6 B 16.1627 – juris Rn. 32; B.v. 9.7.2014 – 6 ZB 13.1467 – juris Rn. 10 m.w.N.). Die Versetzung liegt in einem solchen Fall nicht nur im betriebswirtschaftlichen Interesse der Beklagten, eine Gegenleistung für die fortlaufend gezahlten Bezüge zu erhalten, sondern auch im öffentlichen Interesse an einer sachgerechten und reibungslosen Aufgabenwahrnehmung. Hinzu kommt die durch die Versetzung erfolgende Erfüllung des Beschäftigungsanspruchs des zuvor beschäftigungslosen Antragstellers aus Art. 33 Abs. 5 GG. Der dem Antragsteller bei der TPS übertragene Arbeitsposten als Sachbearbeiter Projektmanagement im Bereich Business Projects entspricht seinem Statusamt. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass dieser Arbeitsposten nur „auf dem Papier“ stehen könnte oder aufgrund der Vorbildung oder Berufsausbildung des Antragstellers nicht zumutbar wäre, sind nicht ersichtlich.
b) Dass die DTAG ihr Versetzungsermessen ohne Rechtsfehler ausgeübt hat, ist zwar nicht offenkundig, aber doch überwiegend wahrscheinlich.
Anhaltspunkte dafür, dass die Versetzung auf sachwidrigen Gründen beruht, etwa den Antragsteller für sein Verhalten als Betriebsrat abzustrafen, sind nicht ersichtlich. Eben so wenig besteht Anlass zu Zweifeln an der Angabe der DTAG, es sei für den Antragsteller kein geeigneter ortsnaher Arbeitsposten frei; der Beamte hat keinen Anspruch darauf, dass der Dienstherr für ihn eine Stelle einrichtet oder freiräumt.
Schließlich spricht bei summarischer Prüfung einiges für die Annahme, dass die verfügte Versetzung dem Antragsteller nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen zumutbar ist, auch wenn der neue Dienstort D. 384 km von seinem Wohnort entfernt liegt und ein tägliches Pendeln ausscheidet.
Ein Bundesbeamter muss nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich die mit der Möglichkeit der Versetzung generell unvermeidlich verbundenen persönlichen, familiären und auch finanziellen Belastungen mit seinem Dienstantritt in Kauf nehmen. Das gilt insbesondere auch für die Belastungen, die auf einem Ortswechsel durch das ganze Bundesgebiet beruhen, denn jeder Bundesbeamte muss grundsätzlich damit rechnen, an verschiedenen Dienstorten in der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt zu werden (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2018 – 6 ZB 18.324 – juris Rn. 10; B.v. 23.3.2017 – 6 B 16.1627 – juris Rn. 31; 24.7.2014 – 6 ZB 12.2055 juris Rn. 9; OVG NW, B.v. 30.9.2014 – 1 B 1001/14 – juris Rn. 21). Der Dienstherr hat zwar bei beabsichtigten Personalmaßnahmen die sich aus der Lage der bisherigen Wohnung für den Betroffenen und gegebenenfalls auch seine Familie ergebenden Belastungen im Rahmen seiner Fürsorgepflicht (§ 78 BBG) zu berücksichtigen. Im Regelfall muss aber der durch eine seinen Dienstort verändernde Personalmaßnahme betroffene Beamte Nachteile, die sich aus dem Erfordernis des Ortswechsels ergeben, im Hinblick auf den Grundsatz der Versetzbarkeit eines Beamten als wesentlicher Bestandteil seiner Pflicht zur Dienstleistung (vgl. § 61 Abs. 1 BBG) grundsätzlich hinnehmen. Das gilt umso mehr, wenn die Personalmaßnahme – wie hier – wesentlich auch das Ziel verfolgt, einem zuletzt beschäftigungslosen, aber voll alimentierten Beamten eine dauerhafte Beschäftigung zu übertragen (BayVGH, B.v. 23.3.2017 – 6 B 16.1627 – juris Rn. 32).
Einen etwaigen schlechten Gesundheitszustand des Beamten, der die Belastung durch einen Ortswechsel verstärken würde, muss der Dienstherr in seine Abwägung einbeziehen. Die Wahrscheinlichkeit einer erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigung, etwa gar einer dauernden vorzeitigen Dienstunfähigkeit des Beamten, wird der Dienstherr im Allgemeinen nicht in Kauf nehmen dürfen. Dagegen muss ihn nicht jede Möglichkeit einer solchen Gesundheitsbeeinträchtigung von einer Versetzung aus dienstlichem Bedürfnis abhalten. Dass ein – nicht gewünschter – Ortswechsel den Beamten und seine Familie belastet und auch gesundheitlich ungünstiger ist als der gewünschte Verbleib am bisherigen Ort, liegt im Rahmen der regelmäßigen Nachteile einer Versetzung, die grundsätzlich in Kauf genommen werden müssen (Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, BBG 2009 § 28 Rn. 80 m.w.N.).
In Anwendung dieses – strengen – Maßstabs sprechen überwiegende Gründe dafür, dass der Dienstherr jedenfalls bei Erlass der Versetzungsverfügung und gegenwärtig von einer Zumutbarkeit des Ortswechsels auch in gesundheitlicher Hinsicht ausgehen durfte und darf.
Allerdings hat der Amtsarzt in seinem Gutachten vom 8. November 2016 eine durch die psychischen Belastungen aufgrund der beruflichen Konfliktsituation und der geplanten Versetzung ausgelöste „schwere depressive Episode (ICD-10-Nr.: F32.3)“ beim Antragsteller festgestellt und aufgrund dieses Zustands aus psychiatrischer Sicht weder wöchentliche Pendelfahrten noch einen Umzug zum neuen Dienstort als zumutbar angesehen; zur Vermeidung einer Verschlechterung seines Zustands mit einer möglichen krisenhaften Zuspitzung depressiver Symptomatik sei dringend davon abzuraten, den Antragsteller zusätzlichen psychoemotionalen und physischen Belastungen auszusetzen. Aus diesem amtsärztlichen Gutachten kann jedoch nicht, jedenfalls nicht ohne weitere Feststellungen, auf eine Unzumutbarkeit nach den genannten allgemeinen beamtenrechtlichen Maßstäben geschlossen werden.
Zum einen war das Gutachten bei Erlass der Versetzungsverfügung bereits über ein Jahr alt war und damit zeitlich überholt. Denn bei einer Depression besteht die Chance des vollständigen Wiederabklingens der Symptomatik, wobei die Verlaufsdauer variabel ist, aber von einer abgrenzbaren Phasendauer von vier bis sechs Monaten ausgegangen werden kann. Die Diagnose einer depressiven Episode erlaubt demnach nicht den Schluss, die bei der Untersuchung festgestellten (Leit-) Symptome würden auch noch nach Ablauf eines Jahres unverändert vorliegen, zumal der Antragsteller nach seinen Angaben monatlich psychiatrische Vorstellungstermine wahrnimmt und medikamentös behandelt wird. Zum andern ist die Diagnose hinsichtlich des Schweregrads und der daraus gezogenen Schlüsse nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Zunächst dürfte es sich bei der Schlüsselbezeichnung nach ICD-10 um einen Schreibfehler handeln; denn die genannte Nr. F32.3 bezeichnet (nach ICD-10-WHO Version 2016) eine schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen, die jedoch nicht ansatzweise festgestellt worden sind. Eine Qualifizierung als schwere – und nicht „nur“ leichte oder mittelgradige – depressive Episode ohne psychotische Symptom (F32.2) setzt voraus, dass mehrere Symptome vorliegen und „quälend“ sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach dem Klassifikationsschema schon bei einer mittelgradigen Depression der Patient meist große Schwierigkeiten hat, alltägliche Aktivitäten fortzusetzen. Das Gutachten stellt zwar die nach ICD-10 für die Annahme einer depressiven Episode genannten Leitsymptome sowie weitere Symptome fest, die der Antragsteller geschildert hat. Allerdings enthält das Gutachten keine plausible Begründung zum vergebenen Schweregrad oder Aussagen zu den Auswirkungen auf die Fähigkeit des Antragstellers, alltägliche soziale oder berufliche Aktivitäten zu entfalten. Dazu hätte jedoch Anlass bestanden, da der Antragsteller sich nach eigenem Vortrag kontinuierlich – auch in letzter Zeit – um zahlreiche Stellen beworben und in diesem Zusammenhang auch Probearbeiten durchgeführt hat, sich um sein Haus kümmert und auch als aktives Betriebsratsmitglied in Bayern unterwegs ist. Wie sich dies mit der Diagnose einer schweren depressiven Episode vereinbaren lässt, hätte jedenfalls einer Erläuterung bedurft.
Das amtsärztliche Gutachten vom 8. November 2016 hat dem Dienstherrn allerdings Anlass zu weiteren Ermittlungen dazu gegeben, ob dem Antragsteller der mit der Versetzung verbundene Ortswechsel gesundheitlich zumutbar ist. Dieser Ermittlungspflicht ist die DTAG jedoch ausreichend nachgekommen. Dass es kein aktuelles, die abwägungsrelevanten gesundheitlichen Belange nachvollziehbar darlegendes fachärztliches Gutachten gibt, hat nicht die Antragsgegnerin, sondern der Antragsteller selbst zu vertreten. Denn die DTAG hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 17. Juli 2017 die dienstliche Weisung erteilt, sich einer fachärztlichen Einsatzuntersuchung bei einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in G. zu unterziehen. Dem ist der Antragsteller nicht nachgekommen. Dieser Umstand geht zu seinen Lasten, weil die Untersuchungsanordnung entgegen seiner Meinung rechtlich nicht zu beanstanden war.
Die Anordnung war aus sich heraus verständlich. Es bestand entgegen der Auffassung des Antragstellers bereits damals hinreichender Anlass für eine weitere Untersuchung, weil das amtsärztliche Gutachten – wie dargelegt – inhaltlich für eine abschließende Beurteilung der Zumutbarkeit nicht ausreichte. Mit der Auswahl des beauftragten Arztes hat sich die DTAG im Rahmen ihres Ermessens gehalten.
Die Auswahl eines Facharztes in G. (Niedersachsen) ist trotz der erheblichen Entfernung zum Wohnort des Antragstellers nicht unverhältnismäßig, auch wenn die Auswahl eines örtlich näher gelegenen Arztes sinnvoller gewesen sein mag. Es war dem – seit fast zehn Jahren beschäftigungslosen – Antragsteller sowohl im Hinblick auf den zeitlichen Aufwand als auch unter Berücksichtigung seiner orthopädischen und psychischen Beschwerden ohne weiteres zumutbar, sich für die Untersuchung nach G. zu begeben. Es ist zwar richtig, dass er laut orthopädischem Gutachten bei längeren Auto- oder Zugfahrten im Rahmen längerer Sitzphasen unter Schmerzen in beiden Knien leidet, wobei aber eine durch mehrere Pausen unterbrochene Autofahrt dennoch als grundsätzlich möglich erachtet wurde. Es ist angesichts dessen nicht nachvollziehbar, warum eine mehrstündige Bahnfahrt für den Antragsteller dagegen unzumutbar sein sollte. Bei einer solchen Bahnfahrt ist es dem Antragsteller doch sogar – anders als bei Autofahrten – jederzeit möglich, seine Beine auszustrecken oder öfter aufzustehen und die längeren Sitzphasen durch gelegentliche Gänge durch die Wagen des Zuges zu unterbrechen. Entgegen der Ansicht des Antragstellers stellt das amtsärztliche Gutachten nicht fest, dass ihm nur eintägige Reisen möglich seien. Für eine solche Einschätzung fehlte es auch an einer nachvollziehbaren Begründung, zumal der Antragsteller selbst davon spricht, dass er mit seiner Familie gelegentlich „für ein paar Tage“ verreist. Der Antragsteller hatte danach keinen hinreichenden Grund für seine Weigerung, der dienstlichen Anordnung nachzukommen.
Aufgrund der Weigerung, sich der angeordneten Untersuchung zu unterziehen, durfte die Antragsgegnerin die Unklarheit über den aktuellen gesundheitlichen Zustand des Antragstellers zu seinen Lasten werten. Dies folgt aus dem aus § 444 ZPO abgeleiteten, auch im Verwaltungsverfahren geltenden allgemeinen Rechtsgrundsatz, nach dem das die Benutzung eines bestimmten Beweismittels schuldhaft vereitelnde Verhalten einer Partei im Rahmen freier Beweiswürdigung als ein Umstand gewertet werden kann, der für die Richtigkeit des Vorbringens des Gegners zeugt (vgl. BVerwG, U.v. 26.1.2012 – 2 C 7.11 – juris Rn. 21). Dieser Grundsatz gilt auch im Rahmen des Weisungsrechts nach § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG. Denn der Beamte hat aufgrund der hierin normierten Gehorsamspflicht an Maßnahmen zur Überprüfung seiner Einsatz- und Verwendungsfähigkeit mitzuwirken. Diese Verpflichtung ginge ins Leere, wenn aus einer unberechtigten Weigerung keine Rückschlüsse gezogen werden könnten. Andernfalls hätte es der Beamte in der Hand, entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung die für die Frage seiner Einsatzfähigkeit erforderliche ärztliche Untersuchung erheblich zu erschweren oder gar zu vereiteln (vgl. auch BVerwG, U.v. 27.6.1991 – 2 C 40.89 – juris; U.v. 26.4.2012 – 2 C 17.10 – juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 3.8.2015 – 6 A 684/14 – juris Rn. 5).
2. Das Interesse des Antragstellers wiegt nicht so gewichtig, um gleichwohl abweichend von der gesetzlichen Grundregelung des § 126 Abs. 4 BBG die aufschiebende Wirkung des Hauptsacherechtsbehelfs anzuordnen und ihn dadurch vorläufig von der Befolgungspflicht zu entbinden.
Das öffentliche Interesse daran, den rechtswidrigen Zustand der inzwischen beinahe zehn Jahre andauernden Beschäftigungslosigkeit des Antragstellers durch die Versetzung zur TPS in D. zu beenden, wiegt schwerer. Außerdem ist der DTAG eine langfristige Hemmung der streitigen Zuweisungsverfügung auch wirtschaftlich nicht zuzumuten, weil sie ansonsten trotz der bestehenden beamtenrechtlichen Dienstleistungspflicht des Antragstellers gezwungen wäre, den geltend gemachten Bedarf durch Rekrutierung zusätzlichen Personals vom Arbeitsmarkt zu decken. Dahinter müssen die insbesondere gesundheitlichen Belange des Antragstellers zurückstehen. Deren Gewicht ist zwar prinzipiell als hoch einzustufen. Allerdings lässt sich zum einen nicht ohne weiteres prognostizieren, dass sie durch den Vollzug der Versetzung und den damit verbundenen Ortswechsel tatsächlich erheblich beeinträchtigt werden. Zum anderen muss der Antragsteller das verbleibende Risiko selbst tragen, weil er die vom Dienstherrn rechtmäßig angeordnete weitere Untersuchung verweigert hat.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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