Verwaltungsrecht

Vollziehbare Abschiebungsandrohung in den sicheren Herkunftsstaat Senegal

Aktenzeichen  M 4 S 16.35761

Datum:
11.1.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 5
AsylG AsylG § 29a Abs. 2, § 34 Abs. 1, § 36 Abs. 3, Abs. 4
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

1 Senegal ist ein sicherer Herkunftsstaat. Sind keine individuellen Umstände asylerheblicher Bedrohung oder für das Vorliegen konkreter Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen des Zielstaats begründet sind, vorgetragen, ist der Asylantrag zu Recht als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden. (redaktioneller Leitsatz)
2 Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, können nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller, der keinerlei Dokumente vorlegt, behauptet, Staatsangehöriger des Senegal zu sein, aber bei seiner Großmutter in Gambia aufgewachsen zu sein. 2013 sei er zunächst aus Gambia in den Senegal zu seinem Vater gezogen, wo er ca. ein Jahr geblieben sei. Es habe an seinen Wohnort in … Rebellen gegeben. Sie hätten gehört, dass die Rebellen angreifen würden. Man müsse sofort Schutz suchen. Sein Vater habe zu ihm gesagt, dass er daher sofort ausreisen solle. Die Polizei habe Angst vor den Rebellen, in einer anderen Gegend des Senegal kenne er niemanden. Er habe die Grundschule und die Mittelschule besucht und als Rezeptionist im Gaststättengewerbe gearbeitet. Als Geburtsdatum wird der … Januar 1987 in den Akten geführt. Der Asylantrag datiert auf den 13. April 2015, ein Dublin-Verfahren wurde trotz EURODAC-Treffers wegen Fristablaufs nicht durchgeführt. Der Antragsteller sei über Mali, Burkina Faso, Niger und Libyen, wo er sich zwei Jahre aufgehalten habe, nach Italien gereist. Nach Deutschland sei er am …. Januar 2015 auf dem Landweg eingereist, nachdem er sich drei Monate in Italien aufgehalten habe.
Auf die Niederschrift über die Anhörung des Antragstellers vor dem Bundesamt wird im Einzelnen verwiesen.
Mit Bescheid vom 8. Dezember 2016, lehnte das Bundesamt sowohl den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter (Ziffer 2. des Bescheids) als auch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1. des Bescheids) als offensichtlich unbegründet ab, ebenso wurde der Antrag auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus als abgelehnt (Ziffer 3. des Bescheids). Das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG wurde verneint (Ziffer 4. des Bescheids), der Antragsteller wurde zur Ausreise aufgefordert, die Abschiebung wurde bei nicht fristgerechter Ausreise angeordnet (Ziffer 5. des Bescheids). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 7 AufenthG wurde auf zehn Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Ziffer 6. des Bescheids), das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet ab dem Tag der Abschiebung auf 30 Monate (Ziffer 7. des Bescheids).
Der Antragsteller stamme aus einem sicheren Herkunftsland im Sinne von § 29a Abs. 2 AsylG. Er habe nichts vorgetragen, was ein Abweichen von dieser allgemeinen Einschätzung gebieten würde. Er mache auch keine staatliche Verfolgung geltend. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sei als offensichtlich unbegründet, die Zuerkennung des subsidiären Schutzes als unbegründet abzulehnen. Auch individuelle Gefahren, die das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes begründen könnten, seien nicht erkennbar.
Auf die Begründung des Bescheids wird im Einzelnen verwiesen.
2. Am 19. Dezember 2016 erhob der Antragsteller gegen den Bescheid des Bundesamtes fristgerecht Klage (M 4 K 16.35758).
Mit dieser wird sinngemäß unter Aufhebung des Bescheids die Verpflichtung der Beklagten zur Anerkennung des Antragstellers als Asylberechtigten bzw. ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen begehrt. Weiter hilfsweise die Feststellung des Vorliegens des subsidiären Schutzes sowie des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG geltend gemacht.
Über die Klage ist noch nicht entschieden.
Gleichzeitig wurde im vorliegenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen auf den Vortrag des Antragstellers vor dem Bundesamt verwiesen.
Die Antragsgegnerin hat sich im Verfahren nicht geäußert, sie hat die Behördenakten vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte des Bundesamtes Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung zulässig (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 AsylG; § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 36 Abs. 3 AsylG), jedoch unbegründet.
Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (Art. 16 a Abs. 4 Satz 1 GG, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Ernstliche Zweifel liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird (BVerfGE 94, 166, 194). Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (§ 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG).
Die Androhung der Abschiebung unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung stützt sich auf die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet (§ 34 Abs. 1 i. V. m. § 36 Abs. 1 AsylG). Das Gericht hat daher die Einschätzung des Bundesamts, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Maßgeblich ist dabei, ob sich diese Einschätzung im Ergebnis als tragfähig und rechtmäßig erweist. Darüber hinaus hat das Gericht gemessen am Maßstab der ernstlichen Zweifel auch zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht den Antrag auf subsidiären Schutz abgelehnt und das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG verneint hat (vgl. zum Ganzen: Marx, Kommentar zum AsylVfG, 8. Auflage, § 36 Rdnr. 43, 56 f. jew. m. w. N.).
Vorliegend bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffen Bescheids vom 8. Dezember 2016. Das Bundesamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Bundesamt den Antrag auf subsidiären Schutz abgelehnt und keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festgestellt hat. Dem Antragsteller droht weder im Hinblick auf die allgemeine Situation in Senegal noch aufgrund besonderer individueller Umstände eine asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG sowie der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.
Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid des Bundesamts verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Der Antragsteller hat – auch wenn man seinen Vortrag als wahr unterstellt – keine asylrelevanten Gründe vorgebracht.
Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG scheiden aus. Hinsichtlich der vorgetragenen Erkrankung gilt folgendes:
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
Diese Regelung erfasst damit grundsätzlich nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können (st. Rspr. schon zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG; vgl. BVerwG, U.v. 29.10.2002 – 1 C 1/02 – DVBI 2003, 463; U.v. 25.11.1997 – 9 C 58/69 – BVerwGE 105; bzgl. § 60 Abs. 7 AufenthG vgl. BVerwG, B.v. 17.08.2011 – 10 B 13/11 u. a. – juris; BayVGH, U.v. 03.07.2012 – 13a B 11.30064 – juris jeweils m. w. N.).
Jedoch lässt sich daraus im vorliegenden Fall für den Antragsteller kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis ableiten.
Die Abschiebungsandrohung, die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sowie die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffern 5., 6. und 7. des Bescheids vom 8. Dezember 2016 sind ebenso offensichtlich rechtmäßig.
Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.


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