Verwaltungsrecht

Vorläufiger Rechtsschutz bei Folgeantrag – Albanien

Aktenzeichen  M 4 S 16.32295

Datum:
29.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 4, § 36 Abs. 4 S. 1, § 71 Abs. 1 S. 1, Abs. 4, Abs. 5 S. 1, S. 2, § 77 Abs. 2, § 80, § 83b
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5 bis Abs. 7
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 123 Abs. 1 S. 2, Abs. 3, § 154 Abs. 1
VwVfG VwVfG § 51 Abs. 1 bis Abs. 3
ZPO ZPO § 920 Abs. 2

 

Leitsatz

Erlässt das Bundesamt mit der Entscheidung über den Folgeantrag keine erneute Abschiebungsandrohung und teilt der Ausländerbehörde nur mit, dass kein Folgeverfahren durchgeführt wird (§ 71 Abs. 5 AsylG), richtet sich der vorläufige Rechtsschutz nach § 123 VwGO. Er hat nur Erfolg, wenn die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Verfahrens überwiegend wahrscheinlich sind (hier: mangels neuer Tatsachen verneint). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Anträge werden abgelehnt.
II.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Die Antragsteller sind albanische Staatsangehörige albanischer Volkszugehörigkeit.
Sie haben bereits unter den Aktenzeichen 6247610-121 (Antragsteller zu 1, 2, 4 und 5) und 624725-121 (Antragsteller zu 3) Asylanträge in der Bundesrepublik Deutschland gestellt. Die Asylanträge wurden mit bestandskräftigen Bescheiden vom 8. Dezember 2015 und 4. Dezember 2015 als offensichtlich unbegründet abgelehnt und die Abschiebung nach Albanien angedroht.
Am 4. Juli 2016 beantragten die Antragsteller die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Folgeantrag) mit dem Ziel, dass Abschiebungsverbote festgestellt werden. Die Antragsteller trugen vor, dass sie sich bis zum … Juni 2016 in den Niederlanden aufgehalten hätten. Hinsichtlich der Folgeanträge könnten sie bezüglich des Erstverfahrens keine neuen Gründe nennen.
Mit Bescheid vom 9. August 2016, zugestellt am 11. August 2016, lehnte das Bundesamt die Anträge auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Ziffer 1) sowie die Anträge auf Abänderung der Bescheide vom 8. Dezember 2015 und 4. Dezember 2015 bezüglich der Feststellungen zu § 60 Abs. 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes -AufenthG- ab (Ziffer 2).
Zur Begründung führte das Bundesamt insbesondere aus, dass keine Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes -VwVfG- vorlägen. Eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage sei nicht ersichtlich, da die Antragsteller ihre Folgeanträge nicht ausreichend begründet hätten. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen zu § 60 Abs. 5 bis 7 AufenthG seien im vorliegenden Fall ebenfalls nicht gegeben.
Zur Niederschrift erhob der Antragsteller am 18. August 2016 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München (Az. M 4 K 16.32294) und beantragte gleichzeitig sinngemäß,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Mitteilung gemäß § 71 Abs. 5 Asylgesetz -AsylG- gegenüber der Ausländerbehörde zu unterlassen.
Am … August 2016 übersandte die Antragsgegnerin die Akten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten des Bundesamtes Bezug genommen.
II.
Die Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz sind zulässig, haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Der vorläufige Rechtsschutz richtet sich hier nach § 123 VwGO. Grundlage für eine Abschiebung der Antragsteller wären, da der mit der Hauptsacheklage angegriffene Bescheid keine Abschiebungsandrohung enthält (siehe dazu § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG), die fortgeltenden bestandskräftigen Abschiebungsandrohungen aus den Bescheiden vom 4. und 8. Dezember 2015 in Verbindung mit den Mitteilungen an die für die Antragsteller zuständige Ausländerbehörde nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG. Bei der vorliegenden Fallgestaltung kann vorläufiger Rechtsschutz mithin nur im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO gewährt werden (vgl. VGH BW, B. v. 2.12.1997 – A 14 S 3104/97 – InfAuslR 1998,193; Funke/Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum AsylVfG, Stand Januar 2014, § 71 Rn. 315 ff. m. w. N.).
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Der zu sichernde Anspruch (Anordnungsanspruch) und dessen Gefährdung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.
Unabhängig vom Bestehen eines Anordnungsgrundes haben die Antragsteller jeden-falls keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Stellt ein Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag, so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen (§ 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Die vorliegenden Eilanträge könnten deshalb nur dann Erfolg haben, wenn die Antragsteller glaubhaft gemacht hätten, dass die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Verfahrens, das zur Anerkennung der Antragsteller als Asylberechtigte bzw. zur Feststellung des Vorliegens der Flüchtlingseigenschaft oder eines Abschiebungsverbots nach § 4 AsylG, § 60 AufenthG führen wird, überwiegend wahrscheinlich gegeben sind. Dabei legt das Gericht den eingeschränkten Prüfungsmaßstab zugrunde, der im Fall einer nach § 71 Abs. 4 AsylG grundsätzlich zu erlassenden, hier aber wegen § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG nicht erforderlichen neuen Abschiebungsandrohung anzuwenden wäre. Gemäß § 71 Abs. 4 i. V. m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Abschiebung nur bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme ausgesetzt werden.
Derartige ernstliche Zweifel bestehen hier nicht. Die Antragsgegnerin hat zu Recht die erneute Durchführung eines Asylverfahrens abgelehnt, da die Antragsteller die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens i. S.v. § 71 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG bzw. auf Wiederaufgreifen des Verfahrens bezüglich der Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 4 AsylG, § 60 AufenthG nicht glaubhaft gemacht haben. Insoweit wird vollumfänglich auf die im Bescheid der Antragsgegnerin getätigten Ausführungen verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Es wurden gegenüber dem früheren Verfahren keine neuen Tatsachen oder Beweismittel vorgetragen, die zu einem Wiederaufgreifen führen würden. Dies gilt auch für den vom Antragsteller zu 1) bei der Rechtsantragstelle zur Niederschrift gegebenen Vortrag, er wolle mit seiner Familie die Operation seiner Ehefrau abwarten. Der Vortrag lässt nicht erkennen, wieso sich hieraus ein Wiederaufgreifensgrund ergeben sollte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.


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