Verwaltungsrecht

Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit aufgrund Beantragung eines Staatsbürgerausweises

Aktenzeichen  B 1 K 17.337

Datum:
25.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 53912
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 45 Abs. 2
RuStAG 1913 § 4 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

I.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 07.04.2017 ist in den Ziffern I, III, IV und VII (Widerruf der Waffenbesitzkarte, Anordnung der Unbrauchbarmachung bzw. Abgabe der Waffen, Anordnung der Verwertung der Waffen und Kostenanordnung) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat zudem keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Jagdscheins. Der ablehnende Bescheid des Landratsamts … vom 07.04.2017 ist in Ziffer VI. rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG hat die zuständige Behörde eine waffenrechtliche Erlaubnis, vorliegend also die Waffenbesitzkarte nach § 10 Abs. 1 WaffG, zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine Erlaubnis ist u.a. zu versagen, wenn eine Person nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG i.V.m. § 5 WaffG. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, b und c WaffG stellt es einen absoluten Unzuverlässigkeitsgrund dar, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Personen Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden (Buchst. a), mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (Buchst. b) oder Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Buchst. c).
Hierzu ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen eine Prognose zu erstellen und der allgemeine Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG). Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Dabei ist in Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich, sondern es genügt vielmehr eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2014 – 21 ZB 14.1512 – juris Rn. 12; B.v. 4.12.2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn. 14 mit Hinweis auf stRspr des BVerwG z.B. B.v. 31.1.2008 – 6 B 4/08 – juris, sowie B.v. 2.11.1994 – 1 B 215/93 – juris). Bloße Vermutungen reichen hingegen nicht.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich das Verwaltungsgericht anschließt, sind Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, waffenrechtlich unzuverlässig (vgl. Beschlüsse des Senats v. 5.10.2017- 21 CS 17.1300; v. 12.12.2017 – 21 CS 17.1332; v. 10.1.2018 – 21 CS 17.1339; v. 15.1.2018 – 21 CS 17.1519 – alle juris).
Der Verfassungsschutzbericht 2017 des Bundes (S. 90) definiert „Reichsbürger“ als eine organisatorisch wie ideologisch äußerst heterogene Szene, der jedoch die fundamentale Ablehnung des Staates, seiner Repräsentanten sowie der gesamten Rechtsordnung gemein ist. Nach dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2017 (S. 171 ff.) sind „Reichsbürger“ Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Den Vertretern des Staates sprechen sie die Legitimation ab oder definieren sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie berufen sich in unterschiedlichster Form auf den Fortbestand des Deutschen Reiches. Reichsbürger behaupten, Deutschland habe keine gültige Verfassung und sei damit als Staat nicht existent, oder das Grundgesetz habe mit der Wiedervereinigung seine Gültigkeit verloren. Daher fühlen sich Reichsbürger auch nicht verpflichtet, den in der Bundesrepublik geltenden Gesetzen Folge zu leisten. Die Reichsbürgerbewegung wird als sicherheitsgefährdende Bestrebung eingestuft. Die Reichsbürgerideologie insgesamt ist geeignet, Personen in ein geschlossenes verschwörungstheoretisches Weltbild zu verstricken, in dem aus Staatsverdrossenheit Staatshass werden kann. Dies kann Grundlage für Radikalisierungsprozesse sein (Verfassungsschutzbericht Bayern 2017, S. 178).
Wer der Ideologie der Reichsbürgerbewegung folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt, gibt Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird. Dies gilt für den Umgang mit Waffen ebenso wie für die Pflicht zur sicheren Waffenaufbewahrung, die Pflicht zur getrennten Aufbewahrung von Waffen und Munition, die Pflicht zu gewährleisten, dass andere Personen keinen Zugriff haben können, sowie die strikten Vorgaben zum Schießen mit Waffen im Besonderen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c WaffG). Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein soll, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdient, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird (vgl. BVerwG, B.v. 26.3.1997 – 1 B 9/97 – juris), muss einer der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnenden Person anknüpfend an die Tatsache, dass sie die waffenrechtlichen Normen gerade nicht als für sich verbindlich ansieht, die nach § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden (vgl. zum Ganzen: NdsOVG, B.v. 18.7.2017 – 11 ME 181/17; VG Minden, U.v. 29.11.2016 – 8 K 1965/16; VG Cottbus, U.v. 20.9.2016 – VG 3 K305/16; VG München, B.v. 8.6.2017 – M 7 S 17.933; einschränkend VG Gera, U.v. 16.9.2015 – 2 K 525/14 Ge – jeweils juris).
Nach neuerer Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 25.01.2018 – 21 CS 17.2310 – juris) ist für die negative Prognoseentscheidung nicht erforderlich, dass über eindeutig „reichsbürgertypische“ schriftliche Äußerungen im Zusammenhang mit der Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises hinaus „weitere negative Erkenntnisse“ vorhanden sind, um zu einem schlüssigen Gesamtbild zu kommen.
b) Die für den Kläger negative Prognose im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG im Hinblick auf seine waffenrechtliche Zuverlässigkeit stützt sich auf folgende Tatsachen:
Der Kläger hat beim Ausfüllen des Formulars „Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit“ nach außen gegenüber einer Behörde zu erkennen gegeben, dass es ihm nicht nur um den Erwerb eines Staatsangehörigkeitsausweises geht, sondern dass er ideologische, für Reichsbürger typische Ziele verfolgt. Dies ergibt sich daraus, dass er angab, die Staatsangehörigkeit durch „Abstammung gemäß § 4 Abs. 1 RuStAG Stand 1913“ erworben zu haben. Weiter gab er an, dass er die Staatsangehörigkeit „in Königreich Bayern“ seit „Geburt“ erworben habe durch „Abstammung gemäß § 4 Abs. 1 RuStAG Stand 1913“. Zu den Aufenthaltszeiten seit seiner Geburt gab er an, von 1976 bis heute an 6 verschiedenen Orten im „Königreich Bayern“ gelebt zu haben. Die für Reichsbürger typische Diktion ergibt sich zudem aus den Angaben im Begleitschreiben in der Unterscheidung zwischen der Verwendung der Begriffe „RuStAG, Stand 22.07.2013“ und „StAG“ mit dem Zusatz: „Sollte dieser Antrag nicht bearbeitet werden, bitte ich um eine schriftliche Justiziable Erklärung unter Nennung der gültigen Gesetze warum nicht.“
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führte hierzu im einstweiligen Rechtsschutzverfahren im Beschluss vom 25.01.2018 (Az. 21 CS 17.2310) Folgendes aus:
„Der Antragsteller hat beim Ausfüllen des Formulars „Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit“ sowie in seinem undatierten Begleitschreiben unter Verwendung eines eindeutig „reichsbürgertypischen“ Vokabulars nach außen gegenüber einer Behörde zu erkennen gegeben, dass es ihm nicht nur um den Erwerb eines Staatsangehörigkeitsausweises geht, sondern dass er ideologische für Reichsbürger typische Ziele verfolgt. Er hat unter Berufung auf § 4 Abs. 1 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes (RuStAG), Stand 22.07.2013, in seinem Begleitschreiben darauf verwiesen, dass das Bundesverwaltungsamt das EStA-Register führe, in das das Feststellungsergebnis umgehend einzutragen sei. Weiter hat er ausgeführt: „Es wird rein vorsorglich darauf hingewiesen, dass Sie nach erfolgreicher Feststellung gemäß § 33 Abs. 3 StAG dazu verpflichtet sind, die gesamten Daten zu den Entscheidungen unverzüglich an die Registerbehörde und gemäß § 33 Abs. 5 StAG an die zuständige Meldebehörde zu übermitteln… .Sollte dieser Antrag nicht bearbeitet werden, bitte ich um schriftliche Justiziable Erklärung unter Nennung der gültigen Gesetze warum nicht.“ Daraus lässt sich die Motivation des Antragstellers für die Beantragung seines Staatsangehörigkeitsausweises entnehmen, ihm geht es in erster Linie darum, zügig in das beim Bundesverwaltungsamt (Registerbehörde) geführte Register der Entscheidungen in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten (§ 33 StAG) mit seinen im Formular getätigten Angaben, dass er die deutsche Staatsangehörigkeit durch Abstammung gemäß § 4 Abs. 1 RuStAG Stand 1913 (vermittelt durch die Staatsangehörigkeit des „Königreichs Bayern“) eingetragen zu werden. Reichsbürger sind davon überzeugt, dass sie aus der Bundesrepublik Deutschland austreten können. Als ersten Schritt zu ihrem vermeintlichen Austritt betrachten sie häufig die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises unter Berufung auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 (Verfassungsschutzbericht Bayern 2016, S. 184). Vom Staatsangehörigkeitsausweis erhofft sich dieser Personenkreis – rechtlich völlig unzutreffend – u.a. den „Ausstieg aus der Firma BRD“ oder die Sicherung vermeintlicher Rechte beim „Untergang des Systems“. Es ist eine „reichsbürgertypische“ Verhaltensweise, eine Eintragung in das EStA-Register und entsprechende EStA-Registerauszüge mit dem Inhalt „Erwerb der Staatsangehörigkeit nach § 4 RuStAG, Stand 1913“ zu erwirken. Die Tatsache, dass der im Jahr 1976 in B… geborene und in verschiedenen bayerischen Orten wohnhafte Antragsteller im Antragsformular seinem Geburts- und Wohnsitzort jeweils als Staat „Königreich Bayern“ hinzufügte und darüber hinaus angab, seit Geburt neben der deutschen Staatsangehörigkeit noch die Staatsangehörigkeit des Königreichs Bayern zu besitzen, erworben durch Abstammung gem. § 4 Abs. 1 RuStAG Stand 1913, legt „reichsbürgertypisch“ nahe, dass sich der Antragsteller nicht als zur Bundesrepublik Deutschland zugehörig ansieht.
Der Antragsteller hat im Laufe des Verfahrens auch nicht plausibel machen können, dass er die durch seine reichsbürgertypischen Verhaltensweisen nach außen getretene ideologische Grundhaltung nicht verinnerlicht hat bzw. sich davon distanziert hat. So erklärt der vom Antragsteller bei seiner Anhörung am 15. März 2017 angegebene Beweggrund für die Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweises, diesen für eine Auswanderung nach Kanada im Rentenalter zu benötigen, nicht, warum hierfür eine umgehende Eintragung im EStA-Register erforderlich ist. Seine erst im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gedanken an einen längeren Auslandsaufenthalt in Kanada sind ebenso mit Blick auf die Diktion des Begleitschreibens wenig glaubwürdig.
Auch hat der Antragsteller bei der Anhörung am 15. März 2017 nicht zu erklären vermocht, warum er in das Antragsformular eingetragen hat, seit seiner Geburt im Königreich Bayern zu leben. Seine Antwort, im Internet habe gestanden, dass man die Vorfahren bis zum Urgroßvater angeben müsse und die Angaben bis 1913 zurückreichen müssten, geht vielmehr nicht auf die gestellte Frage ein. Das Formular ist im Hinblick auf die einzutragenden Angaben zur eigenen Person des Antragstellers, wie Geburtsort, Geburtsstaat, Aufenthaltszeiten, Ort, Staat usw. so eindeutig gestaltet, dass das behauptete Verständnis des Antragstellers, in diesem Zusammenhang Angaben zu den Vorfahren bis 1913 eintragen zu müssen, völlig abwegig ist und als Schutzbehauptung einzuordnen ist. Der Umstand, dass der Antragsteller zwar einerseits auf Nachfrage angab, das Königreich Bayern sei im Jahre 1920 untergegangen, er andererseits aber „Königreich Bayern“ als Geburts- und Wohnsitzstaat angegeben hat, legt im vorliegenden Gesamtzusammenhang nahe, dass dadurch die Ablehnung der Existenz der Bundesrepublik Deutschland und damit auch von deren Rechtssystem zum Ausdruck kommt. Zudem erscheint seine Aussage, er wisse bis heute (Anhörung vom 15.3.2017) nicht, was das RuStAG sei, vor dem Hintergrund dass er in seinem undatierten Begleitschreiben zwischen RuStAG und StAG unterschieden hat, zweifelhaft.
Nach den Ausführungen des Antragstellers in der Beschwerdeerwiderung zum Punkt „Antragsbearbeitung“ habe der zuständige Sachbearbeiter des Landratsamtes nach Einsichtnahme in das ausgefüllte Antragsformular dem Antragsteller ohne Begründung mitgeteilt, dass ein solcher Antrag vom Landratsamt nicht bearbeitet werde. Bei Recherchen im Internet sei er auf ein Formblatt mit einer „Justiziablen Erklärung“ gestoßen. Dieses Schreiben habe er an das Landratsamt geschickt, um eine Erklärung zu erhalten. Diese vom Antragsteller beschriebene Vorgehensweise kann jedenfalls nicht widerlegen, dass er den Staatsangehörigkeitsausweis in reichsbürgerideologischer Absicht beantragt hat. Die Umstände stellen sich vielmehr so dar, dass das Landratsamt den in „reichsbürgertypischer Weise“ ausgefüllten Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit und Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises wegen fehlendem Sachbescheidungsinteresse (vgl. VG Lüneburg, U.v. 5.4.2017 – 6 A 525/16, VG Potsdam, U.v. 31.3.2017 – 9 K 4781/16, VG Magdeburg, U.v. 9.9.2016 – 1 A 88/16 – alle juris) nicht weiter bearbeitet hat und der Antragsteller sich daraufhin auf den einschlägigen Internetseiten Rat eingeholt hat, wie weiter zu verfahren sei. Als Ergebnis dieser Recherche hat er daraufhin das undatierte Begleitschreiben mit dem ausgefüllten Antragsformular an das Landratsamt gesandt. Dies zeigt, dass der Antragsteller sich die Reichsbürgerideologie zu eigen gemacht hat und seine Handlungsweise danach ausgerichtet hat.“
Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an und macht sie sich auch nach dem Eindruck des Klägers nach Durchführung der mündlichen Verhandlung zu eigen. Das Gericht hält die Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er habe sich beim Ausfüllen keine Gedanken über die Angabe „Königreich Bayern“ gemacht, er habe sich die Seite im Internet nicht weiter detailliert angeschaut, er habe bei seiner Anhörung erstmals von Reichsbürgern gehört, er habe mit Reichsbürgern nichts am Hut, er wisse nicht, was das EStA-Register sei und habe den Staatsangehörigkeitsausweis wegen einer im Rentenalter beabsichtigten Auswanderung beantragt, für Schutzbehauptungen. Einen schlüssigen und plausiblen Grund, warum er den Staatsangehörigkeitsausweis bereits jetzt (der Kläger ist im Jahr 1976 geboren!) beantragt hat, konnte der Kläger nicht geben. Hinzu kommt, dass die Ausreisepläne so wenig fortgeschritten waren, dass die Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweises bislang der erste und einzige Schritt zu einer angeblich beabsichtigten Auswanderung gewesen sein soll. Dass sich der Kläger die aufgerufene Seite nicht detailliert angesehen habe, die Angaben dort ungeprüft übernommen habe und sich keine Gedanken zum Königreich Bayern gemacht habe, kann ebenfalls nicht geglaubt werden. Der Kläger hat als Beruf Schreiner erlernt, hat sich zum Fertigungsmechaniker umschulen lassen und arbeitet als Einsteller. Der Versuch des Klägers, sich selbst gegenüber der Kammer in der mündlichen Verhandlung als unbedarft darzustellen, ist vor dem Hintergrund seines beruflichen Werdegangs und seinem sicheren Auftreten in der mündlichen Verhandlung (der Kläger konnte sich wortreich und geschickt erklären) nicht überzeugend. Auch die behauptete Naivität im Umgang mit dem Internet kann ihm die Kammer nicht glauben. Der Kläger dürfte aufgrund seines Alters mit den Tücken des Internets vertraut sein. Der Beruf des Fertigungsmechanikers verlangt vom Kläger große Sorgfalt, weswegen nicht nachvollziehbar ist, dass er Angaben aus dem Internet ungeprüft übernimmt und sie, ohne weiter darüber nachzudenken, gegenüber einer Behörde im Rechtsverkehr verwendet.
2. Die weitere Anordnung in der Ziffer III des Bescheids findet ihre Rechtsgrundlage in § 46 Abs. 2 WaffG und erweist sich ebenfalls als rechtmäßig. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde anordnen, dass jemand, der auf Grund einer widerrufenen Erlaubnis Waffen oder Munition besessen hat, binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Der Tenor des Bescheides lässt in einer Zusammenschau mit den Gründen hinreichend erkennen, dass das Landratsamt bei der verfügten Anordnung eine Ermessensentscheidung getroffen hat. Im Gegensatz zur Begründung des Widerrufs der Waffenbesitzkarte, bei dem das Landratsamt zutreffend darauf hingewiesen hat, dass für Ermessenserwägungen insoweit kein Raum bleibe, wird auf Seite 5 des Bescheids zu Recht angeführt, dass das Landratsamt die Anordnungen nach § 46 Abs. 2 WaffG treffen „kann“, was dafür spricht, dass die erforderliche Ermessensbetätigung erfolgt ist, zumal insbesondere die für die Abgabe bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen verfügte Frist von zwei Monaten nach Rechtskraft des Bescheids einzelfallbezogen festgelegt wurde und sich im Übrigen auch im Rahmen des Verhältnismäßigen bewegt. Eine ausdrückliche Begründung der Ermessensentscheidung war angesichts der Gefährlichkeit von Waffen und der Tatsache, dass vom Kläger nichts vorgebracht wurde, was trotz des Entzugs der Waffenbesitzkarte den weiteren Verbleib der Waffe bei ihm rechtfertigen könnte, nicht erforderlich (vgl. VG Ansbach, U.v. 27.9.2012 – AN 5 K 11.1888; VG Würzburg, B.v. 3.4.2009 – W 5 S 09.163 – juris).
Der Hinweis auf die Verwertungsbefugnis in Ziffer IV des Bescheids stützt sich auf § 46 Abs. 5 Satz 1 WaffG.
3. Schließlich begegnet die Gebührenfestsetzung in Ziffer VII des Bescheids keinen rechtlichen Bedenken, da sie sich innerhalb des der Behörde vorgegebenen Rahmens bewegt (vgl. Tarif-Stellen 39/40 der Lfd. Nr. 2.II.7 des Kostenverzeichnisses).
4. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verlängerung seines Jagdscheins. Ein Anspruch auf Erteilung eines Jagdscheins ist ausgeschlossen, wenn Versagungsgründe i.S.d. § 17 BJagdG der Erteilung eines Jagdscheins entgegenstehen. Vorliegend ist nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt … von einem Versagungsgrund nach § 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 BJagdG ausgegangen ist.
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BJagdG ist der Jagdschein Personen zu versagen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit oder körperliche Eignung nicht besitzen. Fehlt – wie hier – die Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 WaffG, darf nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (Falknerjagdschein) erteilt werden, § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG. Gemäß § 17 Abs. 3 BJagdG besitzen Personen die erforderliche jagdrechtliche Zuverlässigkeit nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden (Nr. 1) oder mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen und diese Gegenstände sorgfältig verwahren werden (Nr. 2) oder Waffen oder Munition an Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Nr. 3). Diesbezüglich kann auf die obigen Ausführungen zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers verwiesen werden. Entsprechend den dortigen Ausführungen ist der Kläger als unzuverlässig im Sinne von § 17 Abs. 3 BJagdG zu qualifizieren. Ihm fehlt damit auch hinsichtlich des Jagdrechts die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 17 Abs. 1 BJagdG, so dass kein Anspruch auf Verlängerung des Waffenscheins besteht.
II.
Die Klage ist daher insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
III.
Die Berufung war nach § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.


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