Verwaltungsrecht

Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse, Verdacht fehlender persönlicher Eignung, Nichtvorlage eines angeforderten Gutachtens

Aktenzeichen  M 7 S 22.211

Datum:
13.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 16241
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
WaffG § 45 Abs. 2 S. 1
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2
WaffG § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
WaffG § 6 Abs. 2
AWaffV § 4 Abs. 6 S. 1
WaffG § 46

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 7.625 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner am … Januar 2022 erhobenen Klage gegen den Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse sowie die hierzu ergangenen Folgeanordnungen mit Bescheid des Landratsamts M. (im Folgenden: Landratsamt) vom 15. November 2021.
Der Antragsteller beantragte am 13. Juni 2013 die (Wieder-)Erteilung eines Kleinen Waffenscheins nach § 10 Abs. 4 Satz 4 WaffG, nachdem dieser mit Bescheid des Landratsamts vom 26. August 2010 mangels waffenrechtlicher Zuverlässigkeit des Antragstellers widerrufen worden war. Im Rahmen des Erteilungsverfahrens forderte das Landratsamt vom Antragsteller mit Schreiben vom 24. Juli 2013 zum Nachweis der persönlichen Eignung des Antragstellers im Umgang mit Schusswaffen und Munition die Vorlage eines entsprechenden Gutachtens an. Die Anforderung sei veranlasst, da Bedenken gegen dessen persönliche Eignung bestünden. Der Antragsteller sei gemäß polizeilicher Mitteilung vom 30. Juni 2007 beobachtet worden, wie er mit einer geholsterten erlaubnisfreien Waffe und Handschellen am Isarufer entlang gegangen sei und bei einem Grillfest mit aufgebaut habe. Auf die Frage eines Polizeibeamten habe der Antragsteller angegeben, die Waffe aus Eigenschutzgründen zu tragen. Die Waffe sei zur Vermeidung von Eskalationen mit weiteren Badegästen und zur Gefahrenabwehr sichergestellt worden. Zudem habe der Antragsteller gemäß polizeilicher Auskunft am 30. Januar 2007 während eines Besuchs im … … … Restaurant eine erlaubnisfreie Schusswaffe offen am Körper getragen. Im Zuge der Polizeikontrolle habe der Antragsteller einen Kleinen Waffenschein vorlegen können, der ihn zum Führen der Schusswaffe berechtigt habe. Auf Nachfrage habe der Antragsteller angegeben, die Waffe zum Eigenschutz mitzuführen, nachdem er bereits mehrfach von ausländischen Mitbürgern zusammenschlagen worden sei. Allerdings sei es nicht üblich, solche Schusswaffen, auch für Dritte sichtbar, ganz ungeniert offen am Körper zu tragen. Ein verdecktes Tragen der Waffe wäre problemlos möglich gewesen. Durch die deutlich sichtbare Tragweise der Waffe sei die Bevölkerung unnötig beunruhigt worden. Trotz Hinweises und Bitte des Landratsamts, zukünftig das offene Tragen von erlaubnisfreien Schusswaffen in der Öffentlichkeit zu unterlassen, habe der Antragsteller gemäß polizeilicher Mitteilung vom 9. Oktober 2009 als ehemaliger Teilnehmer einer Fortbildungsmaßnahme im beruflichen Fortbildungszentrum der Bayerischen Wirtschaft am 24. September 2009 bei der ehemaligen Seminarleiterin vorgesprochen, um noch nicht ausbezahlte Reisekosten einzufordern, die aufgrund eines Softwarefehlers noch nicht ausbezahlt worden seien. In diesem Zusammenhang habe der Antragsteller geäußert, „Wenn das Geld nicht sofort überwiesen wird, dann ist hier Feierabend und zwar für alle“. In einem Nebensatz habe er erwähnt, dass es für die Seminarleiterin besser wäre, wenn sie nächstes Wochenende nicht auf das Oktoberfest gehen würde. Zudem sei der Antragsteller bereits am 11. September 2009 wegen der ausstehenden Reisekosten bei einer anderen Kollegin im Fortbildungszentrum gewesen. In dem Streitgespräch habe er die Mitarbeiterin mit der Aussage bedroht, dass sie vorsichtig sein solle, falls sie mal einen roten Punkt wahrnehmen würde, denn der Antragsteller sei im Besitz einer Waffe. Beim Verlassen habe er die Jacke nach oben gezogen und die Mitarbeiterin habe eine in seinem Hosenbund steckende Schusswaffe erkennen können. Konkrete direkte Bedrohungen habe der Antragsteller nicht ausgesprochen. Das in der Folge gefertigte Fachpsychologische Gutachten der TÜV SÜD L. Service GmbH vom .. September 2013 bewertete die erhobenen u.a. Befunde dahingehend, dass die Schilderungen des Antragstellers in so starkem Maße auf Rechtfertigung hinausliefen, dass nicht erkennbar sei, woher für den fraglichen Verhaltensbereich über die momentan erlebten Folgen hinaus überdauernd Impulse für eine stabile Verhaltensänderung kommen sollten. Der Antragsteller stelle bei der rückblickenden Beurteilung seine eigene Sichtweise rechtfertigend, bagatellisierend und teils leicht ironisierend in den Vordergrund. Ohne die notwendige Aufarbeitung der für seine Auffälligkeit ursächlichen Problematik böten gute Vorsätze alleine in kritischen Anreizsituationen keine Gewähr für zuverlässiges Verhalten im Sinne der Fragestellung. Aufgrund der vorliegenden Befunde könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 5) und persönliche Eignung (§ 6) besitze.
In der Folge nahm der Antragsteller mit E-Mail vom .. Oktober 2015 seinen Antrag auf Erteilung des Kleinen Waffenscheins vom 13. Juni 2013 sowie einen am 26. August 2015 gestellten Antrag auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte zurück.
Mit E-Mail vom .. Februar 2016 beantragte der Antragsteller die Wiederaufnahme seines Antrags vom 26. August 2015 auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte und legte im Rahmen des Erteilungsverfahrens freiwillig ein Eignungsgutachten der … GmbH vom 24. März 2016 vor. Danach habe der Antragsteller sehr ausführlich schildern können, dass er sich inzwischen persönlich weiterentwickelt und eine realistische Zukunftsprognose geschaffen habe. Seine dargestellten Einsichten seien im Gegensatz zu früher an übergeordneten Werten, der Einhaltung von Normen und Gesetzen respektive an konkreten Zielen orientiert. Es sei deutlich geworden, dass er über die Jahre einen Nachreifungsprozess durchlaufen habe. Aufgrund dieses selbstkritischen Verständnisses, respektive des inzwischen erworbenen gesteigerten Verantwortungsbewusstseins sei davon auszugehen, dass sich die Verhaltensänderungen des Antragstellers im Sinne der Fragestellung künftig positiv auswirken würden und der Antragsteller in der Lage für einen verantwortungsvollen und stets sicheren Umgang mit einer Waffe sei. Der Antragsteller habe durch seine eingeleitete Verhaltensänderung eine auf Dauer verlässliche Verhaltenssteuerung und Verhaltenskontrolle initiiert. Daher habe er die wesentlichen Voraussetzungen für eine positive Prognose erfüllt. Die zu stellenden Eignungsvoraussetzungen im Umgang mit Waffen und Munition lägen vor.
Mit E-Mail vom … März 2016 beantragte der Antragsteller auch die Wiederaufnahme seines Antrags auf Erteilung eines Kleinen Waffenscheins vom 13. Juni 2013.
Auf Hinweis des Landratsamts, dass eine Wiederaufnahme der zurückgenommenen Anträge nicht möglich sei, stellte der Antragsteller am 15. April 2016 erneut einen Antrag auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte und legte eine Bestätigung des Bayerischen Landesverbandes für Dynamic Schießen e.V. über das Bedürfnis zum Erwerb einer Waffe vor. Zudem stellte er unter gleichem Datum erneut einen Antrag auf Erteilung eines Kleinen Waffenscheins. In der Folge wurde dem Antragsteller am 24. Mai 2016 die Waffenbesitzkarte Nr. … vom Landratsamt und der Kleine Waffenschein Nr. … ausgestellt. Mit Antrag vom 16. Juni 2016 beantragte der Antragsteller zudem die Erteilung eines Europäischen Feuerwaffenpasses, der ihm unter der Nr. … am gleichen Tag erteilt wurde.
Mit Schreiben vom 24. Juni 2021 forderte das Landratsamt den Antragsteller auf, auf eigene Kosten ein amts-, fachärztliches oder fachpsychologisches Gutachten als Nachweis seiner persönlichen Eignung zum Umgang mit Schusswaffen und Munition vorzulegen. Die Anforderung des Gutachtens sei veranlasst, da im Rahmen der durchgeführten routinemäßigen Zuverlässigkeitsüberprüfung sowie durch Mitteilung der Verkehrspolizeiinspektion … bekannt geworden sei, dass der Antragsteller immer wieder mit seinem Verhalten polizeilich auffalle. Am 30. Mai 2016 hätten gegen 11:00 Uhr uniformierte Einsatzkräfte auf Streifenfahrt in … … den Pkw des Antragstellers mit amtlichem Kennzeichen … … festgestellt. In diesem Pkw habe der Antragsteller im unteren linken Abschnitt der Windschutzscheibe ein Abzeichen befestigt, welches das Bayerische Hoheitswappen und die Aufschrift „Hundeführer im Einsatz“ enthalten habe. Weiterhin sei in der Mitte der Windschutzscheibe ein mobil einsetzbares Blinklicht angebracht gewesen. Eine ähnliche Vorrichtung sei hinter der Heckscheibe auffindbar gewesen. Im Windschutzscheibenbereich habe sich weiterhin ein zweiter Rückspiegel befunden und am Dach des Pkw sei eine verlängerte Funkantenne verbaut gewesen. Gegenüber den Einsatzkräften habe der Antragsteller wahrheitswidrig angegeben, Hundeführer zu sein. Er habe sich demnach bewusst wahrheitswidrig gegenüber Dritten verhalten, als ob er Aufgaben und Befugnisse einer ihm verliehenen Amtsstellung wahrnehmen würde. Gegenüber den Einsatzkräften habe er sich äußerst unfreundlich und unkooperativ verhalten. Zudem habe sich herausgestellt, dass der Antragsteller bereits wegen Amtsanmaßung in Erscheinung getreten sei. So habe er mit einem ähnlich ausgerüsteten Fahrzeug am 6. November 2007 unter der Verwendung von blauen Blinklichtern auf der BAB 8 unter anderem ein ziviles Einsatzfahrzeug der Polizei dazu genötigt, die Fahrspur zu räumen. Am 7. Februar 2017 habe der Antragsteller zum wiederholten Mal seinen Pkw so gekennzeichnet, als könne es sich um ein Zivilfahrzeug der Polizei handeln. Der Pkw sei mit Frontblitzer hinter der Windschutzscheibe und Dachantennen, ähnlich den Antennen für Polizeifunk, ausgestattet gewesen und habe so im Halteverbot gestanden. Der Antragsteller sei durch Polizeibeamte bei der deswegen durchgeführten Kontrolle dazu veranlasst worden, diese Kennzeichnungen zu entfernen. Am 27. April 2019 habe der Antragsteller durch eine Vollbremsung den hinter ihm fahrenden Verkehrsteilnehmer zum Anhalten genötigt und ihn bedroht. Der Antragsteller habe sich von einem anderen Autofahrer behindert gefühlt. Deshalb habe er sich vor ihn gesetzt und eine Vollbremsung auf einer dreispurigen Straße eingeleitet. Er sei ausgestiegen und habe dem anderen Autofahrer gedroht, ihn aus dem Auto zu ziehen und fertig zu machen, falls er dies nochmal machen würde. Am 10. März 2020 gegen 20:00 Uhr seien Einsatzkräfte zur Unfallaufnahme auf der A … eingesetzt gewesen. Nach Eintreffen an der Unfallörtlichkeit sei der Antragsteller an das Dienstfahrzeug herangetreten. Noch bevor der eingesetzte Beamte das Dienstfahrzeug habe verlassen können, habe der Antragsteller Anweisungen gegeben, wie bei der Unfallaufnahme und der Fahrzeugbergung weiter zu verfahren sei. Er habe dann angegeben, „First Responder“ zu sein und mit seinem Pickup die Fahrzeugbergung durchzuführen. Der Antragsteller sei zu diesem Zeitpunkt mit einer gelben Warnweste mit schwarzer Aufschrift „First Responder“ bekleidet gewesen. Sein Pickup sei mit fest verbauten gelben Blitzleuchten versehen gewesen, welche sich in Betrieb befunden hätten. Der Antragsteller habe Fachsprache und Fachbegriffe an den Tag gelegt, wie sie in der Regel von Polizei und Rettungskräften, Bergeunternehmen oder Straßenbaubehörden wie der Autobahndirektion verwendet würden. Der Pickup des Antragstellers sei professionell mit Warnleuchten ausgestattet gewesen, wodurch dieser den Anschein eines Dienstfahrzeugs oder Behördenfahrzeugs erweckt habe. Auch nachdem der eingesetzte Polizeibeamte das Polizeifahrzeug verlassen habe, habe der Antragsteller weitere Anweisungen für das von ihm geplante Bergevorhaben gegeben. Mehrmals habe er seine Fachkompetenz und Funktion als „First Responder“ betont. Während sich die Beamten ein Lagebild verschafft hätten und die anwesenden Unfallbeteiligten zum Hergang befragt hätten, habe der Antragsteller mehrmals das Vorgehen der Beamten unterbrochen und versucht, diese zu dem von ihm geplanten Bergevorgehen zu bewegen. Auch bei Inaugenscheinnahme des Unfallfahrzeugs und weiteren einzuleitenden Maßnahmen, habe der Antragsteller versucht, sich dem Vorgehen der Polizeibeamten zu widersetzen. Er habe versucht, sich mit den Worten „ich mach das trotzdem“ an den Anweisungen der Beamten vorbei zu drängen. Erst auf klare bestimmte Anweisung habe er gehorcht. Auf späteres intensives und bestimmtes Nachfragen der Beamten habe der Antragsteller angegeben, seine „First-Responder“-Funktion für den Katastrophenschutz … … auszuführen. Am 19. April 2020 sei das Anwesen des Antragstellers von einer uniformierten Streifenbesatzung angefahren worden. Vor Ort habe der Antragsteller die Streifenbesatzung mit aggressivem und unkooperativem Verhalten vom Grundstück verwiesen. Eine Konversation sei nach Verlassen des Grundstücks nur bedingt möglich gewesen. Der Antragsteller habe sich währenddessen weiterhin äußerst unkooperativ und aggressiv verhalten. Weiter sei eine Gefährderansprache zu dessen Verhalten an der Unfallstelle durchgeführt worden. Hierbei habe sich der Antragsteller weiter uneinsichtig gezeigt. Eine weitere Gesprächsführung sei aufgrund des uneinsichtigen Verhaltens des Antragstellers nicht möglich gewesen. Der Antragsteller sei polizeilich hinlänglich bekannt. Im Jahr 2010 sei ihm bereits der Kleine Waffenschein wegen Nötigung in Tateinheit mit Amtsanmaßung widerrufen worden. Weiter sei er, auch aufgrund der erwähnten Sachverhalte, dafür bekannt, über zu reagieren, wenn er sich in seinen Rechten verletzt fühlte, gleich ob er tatsächlich im Recht sei oder nicht. Es werde daher beabsichtigt, die waffenrechtlichen Erlaubnisse des Antragstellers kostenpflichtig zu widerrufen. Das Verhalten des Antragstellers stelle solche Tatsachen dar, die Bedenken gegen dessen persönliche waffenrechtlichen Eignung begründeten. Die begründeten Bedenken könnten durch Vorlage eines Gutachtens ausgeräumt werden. Es wurde darauf hingewiesen, dass bei nicht zeitgerechter Vorlage des Gutachtens oder im Falle der Weigerung des Antragstellers, sich untersuchen zu lassen, im weiteren Verfahren vom Fehlen der persönlichen Eignung zum Umgang mit Waffen und Munition ausgegangen werden würde und die waffenrechtlichen Erlaubnisse des Antragstellers widerrufen würden. Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Mit Schreiben vom … Juli 2021 bestellte sich der bereits im Verwaltungsverfahren Bevollmächtigte des Antragstellers und teilte mit, dass sein Mandant das geforderte Gutachten nicht beibringen werde. Der Antragsteller habe in der Vergangenheit bereits ein Gutachten der … vorgelegt. Seit diesem Zeitpunkt seien dem Antragsteller Voreinträge in dessen Waffenbesitzkarte bewilligt worden. Eine waffenrechtlich relevante strafrechtliche Verurteilung habe sich seitdem nicht ergeben. Richtig sei, dass der Antragsteller mit einem übereifrigen Polizisten in Konflikt geraten sei. Dies sei aber keine Tatsache für ein Gutachten nach § 6 WaffG, zumal die Behörde auf einen einseitigen Sachbericht zurückgreife.
Mit Bescheid vom 15. November 2021, dem Antragsteller zugestellt am 29. Dezember 2021, widerrief das Landratsamt die für den Antragsteller ausgestellte Waffenbesitzkarte Nr. …, den Kleinen Waffenschein Nr. … sowie den Europäischen Feuerwaffenpass Nr. … (Nr. 1). Der Antragsteller wurde aufgefordert, die in seinem Besitz befindlichen, nachfolgend einzeln aufgeführten Waffen und die ggf. vorhandene Munition bis spätestens 1. Februar 2022 einem Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu und dem Landratsamt hierüber einen Nachweis vorzulegen (Nr. 2). Weiter wurde der Antragsteller verpflichtet, die in Nr. 1 genannten Erlaubnisdokumente unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 1. Februar 2022 beim Landratsamt zurückzugeben (Nr. 3). Auf die sofortige Vollziehbarkeit von Nr. 1 des Bescheids wurde hingewiesen. Die sofortige Vollziehung der Nrn. 2 und 3 wurde angeordnet (Nr. 4). Für den Fall, dass der Antragsteller die unter Nr. 2 genannte Verpflichtung nicht fristgerecht erfüllen werde, würden die Gegenstände durch die Verwaltungsbehörde kostenpflichtig sichergestellt. Für den Fall, dass der Antragsteller Nr. 3 des Bescheids nicht fristgerecht erfüllen werde, werde ein Zwangsgeld i.H.v. 250,- Euro zur Zahlung fällig. Für den Fall der Nichterfüllung sei auch die Anordnung von mehrfach gesteigertem Zwangsgeld zulässig (Nr. 5). Dem Antragsteller wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zudem wurden eine Gebühr in Höhe von 285,- Euro sowie Auslagen in Höhe von 6,14 EUR festgesetzt (Nr. 6).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Widerruf der waffenrechtli chen Erlaubnisse stütze sich auf § 45 Abs. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 WaffG. Aufgrund der bekanntgewordenen – im Einzelnen dargestellten – Vorfälle, seien die tatbestandlichen Voraussetzungen beim Antragsteller gegeben. Der Antragsteller sei in der Vergangenheit bereits mehrmals wegen Amtsmissbrauchs und ähnlicher Delikte polizeilich in Erscheinung getreten. Weiterhin sei der Antragsteller wegen Aggressionsdelikten wie Nötigung und Körperverletzung sowie der Beteiligung bei mehreren Streitigkeiten im öffentlichen Raum aufgefallen. Die Untere Waffenbehörde habe starke Zweifel an der Geeignetheit des Antragstellers zum Besitz scharfer Schusswaffen. Der Antragsteller zeige sich immer wieder extrem verhaltensauffällig. Die im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente hätten die Zweifel an der persönlichen Eignung des Antragstellers nicht ausräumen können. Ein Gutachten sei nicht vorgelegt worden. Demzufolge sei der Antragsteller derzeit nicht geeignet, mit Waffen oder Munition umzugehen. Das vorliegende Fehlen der persönlichen Eignung verpflichte die Untere Waffenbehörde gemäß § 45 Abs. 2 WaffG kraft Gesetzes dazu, die waffenrechtlichen Originaldokumente zu widerrufen. Die Anordnung in Nr. 2 stütze sich auf § 46 Abs. 2 WaffG, Nr. 3 des Bescheids auf § 46 Abs. 1 WaffG. Die sofortige Vollziehung der Nrn. 2 und 3 des Bescheids habe gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO im überwiegenden öffentlichen Interesse angeordnet werden können, da bei Ausschöpfung der möglichen Rechtsmittel unter Umständen ein sehr langer Zeitraum bis zur Wirksamkeit des Bescheids vergehen würde, währenddessen die Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen und Rückgabe der Originalausfertigungen nicht vollzogen werden könne. Wegen des besonderen Sicherheitsbedürfnisses im Bereich des Waffen- und Sprengstoffrechts und wegen der Gefahren für das Leben und die Gesundheit Dritter durch eventuellen Missbrauch von Schusswaffen sei eine rasche Durchsetzung der getroffenen Anordnungen erforderlich. Der sicherheitsrechtliche Aspekt erfordere es, die Pflicht zur Überlassung oder Unbrauchbarmachung der Waffen und die Rückgabe der Originaldokumente für sofort vollziehbar zu erklären. Die Abwägung des öffentlichen Interesses an einer möglichst raschen Überlassung oder Unbrauchbarmachung der Waffen sowie an der Rückgabe der Originaldokumente des Antragstellers mit dem privaten Interesse des Antragstellers, die Waffen und Dokumente bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheids zu besitzen, ergebe daher den Vorrang der öffentlichen Belange. Die Androhung der behördlichen Sicherstellung der Waffen und der ggf. vorhandenen Munition stütze sich auf § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG. Die Androhung des Zwangsgeldes stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG. Die Kostenentscheidung beruhe auf den – im Einzelnen aufgeführten – einschlägigen Vorschriften des Kostenrechts.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat am … Januar 2022 Klage gegen den Bescheid vom 15. November 2021 erhoben (M 7 K 22.171) und zugleich einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, vorliegend könne der Vollzug des Bescheids ohne schwerwiegende Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen aufgeschoben werden. Es gehe um Sportwaffen, welche der Antragsteller seit längerer Zeit besitze und um waffenrechtliche Dokumente. Ein Gutachten nach § 6 WaffG sei bereits im Jahr 2016 erbracht worden. Vorliegend sei die Argumentation der Behörde zum Sofortvollzug nicht schlüssig. Der (abstrakt) befürchtete Missbrauch der Waffen und der Erlaubnisurkunden im Rechtsverkehr bleibe ohne nachvollziehbare Argumentation. Es gebe immerhin Verfahrenseinstellungen bei den herangezogenen Delikten und ein Gutachten aus dem Jahr 2016. Die vorzunehmende Abwägung führe zu dem Ergebnis, dass hier ausnahmsweise einmal das Aussetzungsinteresse des Antragstellers für die Dauer des Hauptsacheverfahrens Vorrang vor dem Vollzugsinteresse des Antraggegners bzw. der ohnehin nicht gefährdeten Allgemeinheit habe. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass zwischen der Anhörung/Aufforderung zur Beibringung des Gutachtens nach § 6 WaffG mit Schreiben der Behörde vom 24. Juni 2021 bis zum Erlass eines Widerrufsbescheids (Eingang am 29. Dezember 2021) mehr als ein halbes Jahr vergangen sei und die Behörde am 24. September 2021 an die Angelegenheit habe erinnert werden müssen, da der Antragsteller zwischenzeitlich gehofft habe, die Sache habe sich ohnehin erledigt. Der Behörde sei es damals anscheinend nicht eilig gewesen. Vorliegend könne der Vollzug des Bescheids somit schon aufgrund der bisher vergangenen Zeitspanne ohne schwerwiegende Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen aufgeschoben werden. Bei der vorliegend gebotenen summarischen Prüfung erweise sich der Ausgang des Klageverfahrens als offen, wenn nicht sogar als erfolgreich. Im Rahmen des Klageverfahrens (M 7 K 22.171) wurde insoweit im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid führe verschiedene Vorgänge auf, welche geeignet sein sollten, ernstliche Zweifel an der waffenrechtlichen Eignung des Antragstellers zu begründen. Hier werde einseitig auf die Berichte der VPI … und anderer Polizeidienststellen zurückgegriffen und dieser Vortrag als wahr unterstellt. Tatsächlich habe kein einziger Vorfall zu einer rechtskräftigen Verurteilung geführt. Durch die Verfahrenseinstellungen im Vorfeld sei keiner der Sachverhalte unter Einbeziehung des Antragstellers beleuchtet worden. Seine Hilfsbereitschaft im Straßenverkehr am … März 2020 sei ihm gar zum Verhängnis geworden. Er solle „Titel, Berufsbezeichnungen und Abzeichen“ missbraucht haben, indem er seine Kenntnisse und Fähigkeiten angeboten habe. Richtig sei, dass der Antragsteller mit einem übereifrigen Polizisten in Konflikt geraten sei. Dies sei aber keine Tatsache, um ein Gutachten nach § 6 WaffG zu fordern, zumal die Behörde auf einen einseitigen Sachbericht zurückgreife. Mit Schreiben vom 24. Juni 2021 sei der Antragsteller dennoch wieder einmal aufgefordert worden, ein fachpsychologisches Gutachten nach § 6 WaffG beizubringen. Voraussetzung hierfür seien „ernstliche Zweifel“ der Behörde an der waffenrechtlichen Eignung des Antragstellers. Welche der Fallgruppen des § 4 Abs. 1 Nr. 1 AWaffV die Behörde hier im Auge gehabt habe, sei nicht klar. Auch die Kausalität, welche zum Waffenmissbrauch führen solle, sei nicht erkennbar. Der Antragsteller habe in der Vergangenheit immerhin schon einmal ein Gutachten der …, ein psychologisches Gutachten nach § 6 WaffG, vorgelegt. Seit diesem Zeitpunkt seien dem Antragsteller Voreinträge in seiner Waffenbesitzkarte bewilligt worden, eine waffenrechtlich relevante strafrechtliche Verurteilung habe sich nicht ergeben. Es stelle sich die Zusatzfrage, wie viele Gutachten eine Behörde innerhalb von 5 Jahren fordern könne. Die Ziffern 2 und 3 des Bescheids gewährten dem Antragsteller gerade einmal einen Monat, um Waffen und waffenrechtliche Erlaubnisse abzugeben. Unabhängig von obigem Sachvortrag, der zu keinem Widerruf komme, werde die gesetzte Frist als zu kurz moniert. Der Bescheid sei zwar auf den 15. November 2021 datiert, tatsächlich aber erst am 29. Dezember 2021 zugestellt worden. Eine Verwertung von Waffen und Munition finde schwerpunktmäßig über die monatlich erscheinenden deutschsprachigen Waffenzeitschriften DWJ (Deutsches Waffenjournal) und Visier statt. Berücksichtige man noch den jeweiligen Redaktionsschluss ergebe sich keine Möglichkeit für den Antragsteller sinnvoll eine Verkaufsannonce zu schalten.
Der Antragsteller beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der bereits eingereichten Klage vom 06.01.22 (per bea gesendet am 13.02.22) Ziffern Nr. 4 i.V.m. Nr. 2 und 3 des Bescheids des Beklagten vom 15.11.2021 – Aktenzeichen … (Anlage), eingegangen am 29.12.2021 wird wieder hergestellt.
Der Beklagte beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
Zur Begründung wird auf den Inhalt der Behördenakte sowie den streitgegenständlichen Bescheid verwiesen und ergänzend im Wesentlichen ausgeführt, die mangelnde Eignung liege beim Antragsteller unbestritten vor. Der Antragsteller habe erhebliche Zweifel gesät, ob er dem strengen Maßstab, der an jeden Waffenbesitzer anzulegen sei, genügen könne und ob er die notwendige Charakterfestigkeit habe, die beim Umgang mit Schusswaffen überall und immer zu fordern sei. Die im Bescheid aufgeführten Vorfälle sowie Verhaltensauffälligkeiten des Antragstellers ließen eine psychische Erkrankung und/oder konkrete Gefahr einer Fremdgefährdung (bspw. sich bei einem Unfall als „First Responder“ auszugeben) befürchten. Es bedürfe keiner besonderen Hervorhebung, dass die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erwähnten Personengruppen (hier: psychisch Kranke) besonders zu besonders leichtfertigem oder missbräuchlichem Umgang mit Schusswaffen neigten. Der Antragsteller habe genügend Zeit gehabt, auf die Anhörung vom 24. Juni 2021 hin zum Sachvortrag bzw. zu den Vorgängen Stellung zu nehmen. Die herangezogenen Erkenntnisse, bspw. der Polizeiinspektionen, könnten als wahr unterstellt werden. Es sei unerheblich, ob im Jahr 2016 bereits ein Gutachten durch den Antragsteller beigebracht worden sei. Aufgrund neuer Tatsachen bzw. Erkenntnisse seit der letzten Gutachtenerstellung im Jahr 2016, welche wieder Zweifel bzw. Bedenken an der persönlichen Eignung des Antragstellers weckten, sei die Untere Waffenbehörde abermals verpflichtet, ein erneutes Gutachten einzufordern, um die Bedenken der persönlichen Eignung auszuräumen. Dem Antragsteller habe es freigestanden, die getätigte Annahme seiner persönlichen Nichteignung durch Vorlage eines entsprechenden Gutachtens zu widerlegen. Der Antragsteller habe sich geweigert ein Gutachten beizubringen (vgl. anwaltliche Stellungnahme vom 14. Juli 2021). Infolgedessen hätten durch die Nichtvorlage des fachpsychologischen Gutachtens die Bedenken der Behörde nicht ausgeräumt werden können. Daraus folge, dass die Untere Waffenbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Antragstellers habe schließen dürfen. Hierauf sei der Antragsteller zuvor im Anhörungsschreiben vom 24. Juni 2021 hingewiesen worden. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG seien Erlaubnisdokumente unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, herauszugeben. Die Herausgabe innerhalb von zwei Wochen sei hier als unverzüglich anzusehen. Auch für die Anordnung nach § 46 Abs. 2 WaffG sei das Setzen einer angemessenen Frist vorgesehen. Die Frist von einem Monat zum Überlassen bzw. Unbrauchbarmachen der Waffen sei ausreichend und angemessen. Waffen könnten auch außerhalb des Anzeigenmarktes von monatlich erscheinenden Waffenfachzeitschriften veräußert werden, beispielsweise durch Überlassen an einen örtlichen Waffenhändler. Der Antragsteller sei den Forderungen aus dem Bescheid bis dato nicht nachgekommen. Er habe die noch vorhandenen Waffen bisher nicht an einen Berechtigten überlassen oder dauerhaft unbrauchbar gemacht. Eine Abgabe der waffenrechtlichen Erlaubnisse sei ebenfalls nicht erfolgt. Dass der Widerruf erst ein halbes Jahr nach dem Anhörungsschreiben erlassen worden sei, sei vor allem dem Umstand geschuldet, dass nochmals Verfahrensakten der Staatsanwaltschaft zur Durchsicht angefordert worden seien. Zum öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung sei ergänzend auszuführen, dass ein Waffenbesitzer nur dann als persönlich geeignet anzusehen sei, wenn keine Zweifel an seiner Vertrauenswürdigkeit bestünden. An Personen, die über Schusswaffen verfügten bzw. diese nutzen dürften, müssten hohe Ansprüche hinsichtlich ihres Charakters und ihres Verantwortungsbewusstseins gestellt werden. Schusswaffen in der Hand einer Person, die den strengen Anforderungen nicht genügten, stellten eine ständige Gefahr für das Leben und die Gesundheit Dritter durch einen eventuellen Waffenmissbrauch dar. Diese Gefahr abzuwenden, liege im öffentlichen Interesse. Der sicherheitsrechtliche Aspekt erfordere es, auch nach später gewonnener Erkenntnis (vorliegend nach der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfung sowie Mitteilung der Polizeiinspektion) die waffenrechtlich notwendige Verfügung für sofort vollziehbar zu erklären. Dass dem Antragsteller bisher Voreinträge in seine Waffenbesitzkarte bewilligt worden seien, ändere nichts an der getroffenen Entscheidung der Behörde, da die Gesamtabwägung des öffentlichen Interesses an einer möglichst rasch wirksamen Umsetzung von diesbezüglich für erforderlich erachteten waffenrechtlichen Maßnahmen einen eindeutigen Vorrang der öffentlichen Belange ergebe. Die Anordnung des Sofortvollzugs für die Vorlage der waffenrechtlichen Erlaubnisse sei im öffentlichen Interesse erfolgt, da wegen der Gefahr durch persönlich nicht geeignete Waffenbesitzer für die hohen zu schützenden Rechtsgüter, Gesundheit und Leben von Menschen, nicht bis zur Unanfechtbarkeit eines Bescheids abgewartet werden könne. Da der Antragsteller jahrelang polizeilich wegen diverser Delikte sowie Verhaltensauffälligkeiten in Erscheinung getreten sei, sei auch ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben. Die Begründungsanforderungen des Sofortvollzugs seien eingehalten worden. Wegen der besonderen Gefährlichkeit des Waffenbesitzers durch die persönliche Ungeeignetheit sei eine Darlegung einer über die Nichteignung hinausgehenden Begründung für die sofortige Vollziehbarkeit von Widerrufsbescheiden nur in Ausnahmefällen erforderlich, in denen sich eine relative Ungefährlichkeit weiteren Waffenbesitzes während des Rechtsbehelfsverfahrens aufdränge. Eine solche sich aufdrängende Ungefährlichkeit sei beim Antragsteller, der mehrmals wegen diverser Delikte und Verhaltensauffälligkeiten in Erscheinung getreten sei, offensichtlich nicht gegeben.
Hierauf erwiderte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom *. Februar 2022, der Antragsteller sei in dem im Jahr 2016 beigebrachten Gutachten als zuverlässig eingestuft worden. Seit diesem Zeitpunkt seien ihm weitere Waffen genehmigt worden. Die weiteren „neuen Erkenntnisse“ seien einseitig geschöpft worden und rechtfertigten kein erneutes Gutachten und erst recht nicht den behördlichen Rückschluss auf eine Nichteignung. Ergänzend sei anzumerken, dass ein weiteres bei der Staatsanwaltschaft München II geführtes Strafverfahren gegen den Antragsteller – … … … – ebenfalls eingestellt worden sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Hauptsacheverfahren (M 7 K 22.171) sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist im Interesse des Antragstellers sachdienlich dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller begehrt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage insbesondere gegen den kraft Gesetzes (vgl. § 45 Abs. 5 WaffG) sofort vollziehbaren Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse in Nr. 1 des Bescheids vom 15. November 2021 anzuordnen und im Hinblick auf die im Bescheid für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen in den Nrn. 2 und 3 des Bescheids wiederherzustellen (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO).
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem kraft Gesetzes bestehenden beziehungsweise von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht alleiniges Indiz für die vorzunehmende Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer (dann reinen) Interessenabwägung.
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage unbegründet, da die Anordnung der sofortigen Vollziehung bzgl. der Nrn. 2 und 3 des Bescheids vom 15. November 2021 formell rechtmäßig ist und das (teilweise kraft Gesetzes bestehende) öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner in der Hauptsache erhobenen Klage überwiegt.
Die behördliche Sofortvollziehbarkeitsanordnung betreffend die Nrn. 2 und 3 des Bescheids ist formell rechtmäßig. Die von der Behörde vorgebrachte Begründung – an die keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen sind (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55 m.w.N.) – genügt formell den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, da es sich dabei um eine auf den konkreten Fall abstellende, nicht lediglich formelhafte schriftliche Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts handelt. Es reicht dabei jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die anordnende Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet. Die Begründung muss kenntlich machen, dass sich die Behörde bewusst ist, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55).
Der Antragsteller hat nach Abwägung seines privaten Interesses mit dem öffentlichen Interesse keinen Anspruch auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse (Nr. 1 des Bescheids) sowie der in den Nrn. 2 und 3 hierzu ergangenen Folgeanordnungen überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
Nach summarischer Prüfung bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse des Antragstellers. Der Bescheid vom 15. November 2021 dürfte rechtmäßig sein und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier des Bescheidserlasses, abzustellen. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg der Klage in der Hauptsache kann daher nicht angenommen werden.
Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis, vorliegend die Waffenbesitzkarten nach § 10 Abs. 1 WaffG, der Kleine Waffenschein nach § 10 Abs. 4 WaffG sowie der Europäische Feuerwaffenpass nach § 32 Abs. 6 WaffG, zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Ein solcher Versagungsgrund liegt vor, wenn die erforderliche persönliche Eignung im Sinne von § 6 WaffG fehlt (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 WaffG). Nach § 6 WaffG besitzen Personen unter anderem die erforderliche persönliche Eignung nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie aufgrund in der Person liegender Umstände mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren können oder dass die konkrete Gefahr einer Fremd- oder Selbstgefährdung besteht (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG). § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG knüpft als maßgeblicher Versagungsgrund für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis nicht an die körperliche oder geistige, sondern einheitlich an „die erforderliche persönliche Eignung“ an. Hierunter werden alle diejenigen Fälle zusammengefasst, bei denen eine unverschuldete Unfähigkeit zum sorgfältigen Umgang mit Waffen oder Munition vorliegt, ohne dass es darauf ankäme, ob diese Unfähigkeit körperlich oder geistig bedingt ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.1.2018 – 21 CS 17.1521 – juris Rn. 11).
Sind Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung nach § 6 Abs. 1 WaffG begründen, so hat die zuständige Behörde nach § 6 Abs. 2 WaffG der betroffenen Person auf Kosten der betroffenen Person die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über die geistige oder körperliche Eignung aufzugeben. Näheres hierzu ist in der Allgemeinen WaffengesetzVerordnung – AWaffV – geregelt (vgl. § 6 Abs. 4 WaffG). Nach § 4 Abs. 3 AWaffV teilt die Behörde dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel oder der die Bedenken begründenden Tatsachen hinsichtlich seiner persönlichen Eignung mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und ein Gutachten beizubringen hat. Der Betroffene hat die Behörde darüber zu unterrichten, wen er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Behörde übersendet zur Durchführung der Untersuchung auf Verlangen des Gutachters bei Vorliegen der Einwilligung des Betroffenen die zur Begutachtung erforderlichen ihr vorliegenden Unterlagen. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen oder bringt er der zuständigen Behörde das von ihr geforderte Gutachten aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht fristgerecht bei, darf die Behörde bei ihrer Entscheidung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV auf seine Nichteignung schließen, wenn er in der Beibringungsaufforderung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde. Der Schluss auf die Nichteignung ist aber nur zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BayVGH, B.v. 15.8.2016 – 21 CS 16.1247 – juris Rn. 16).
Vorliegend dürfte das Landratsamt zurecht nach § 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV auf die Nichteignung des Antragstellers geschlossen haben, da die Voraussetzungen für die Anforderung eines Gutachtens erfüllt sein dürften und der Antragsteller sich trotz entsprechender Aufforderung durch das Landratsamt geweigert hat, das angeforderte Gutachten vorzulegen.
Die dem Landratsamt bekannt gewordenen Vorfälle dürften in der Gesamtschau die Annahme des Vorliegens aufklärungsbedürftiger Bedenken hinsichtlich der charakterlichen Eignung des Antragstellers im Umgang mit Waffen und Munition und damit auch des Bestehens einer konkreten Gefahr der Fremdgefährdung rechtfertigen. Es dürfte sich dabei mithin um solche Tatsachen handeln, die geeignet sind, anlassbezogen Bedenken gegen dessen persönliche Eignung i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WaffG zu begründen.
So dürfte bereits der Vorfall vom 27. April 2019 für sich genommen, geeignet sein, erhebliche Bedenken an der persönlichen Eignung des Antragstellers zu begründen. Denn es ist anerkannt, dass Mängel im psychischen Bereich eine fehlende persönliche Eignung waffenrechtlichen Sinne begründen, wie etwa Jähzorn, Wutausbrüche und Unbeherrschtheit bzw. ein unkontrolliertes Verhalten in Konfliktsituationen (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 18.12.2012 – OVG 11 S 58.12 – juris Rn. 19). Der Antragsteller hat in einer alltäglichen Situation im Straßenverkehr eine für ihn wie andere Verkehrsteilnehmer gefährliche Lage geschaffen, indem er sich mit seinem Fahrzeug vor einen ihn behindernden Pkw setzte und auf einer dreispurigen Straße eine Vollbremsung einleitete, aus seinem Fahrzeug stieg und dem anderen Autofahrer für den Wiederholungsfall androhte, „ihn aus dem Auto zu ziehen und fertig zu machen“. Der Antragsteller hat dadurch ein hohes Maß an Unbeherrschtheit zum Ausdruck gebracht und sich als durch alltägliche Situationen leicht provozierbar gezeigt. Dabei hat er sein Verhalten in einer von ihm als Konflikt empfundenen Situation in erster Linie an einer sofortigen Befriedigung seines Bedürfnisses, den anderen Verkehrsteilnehmer zurechtzuweisen, ausgerichtet und sich nicht durch die von der eingeleiteten Vollbremsung und dem Aussteigen auf einer dreispurigen Straße für Dritte und ihn selbst ausgehenden Gefahren von diesem impulsiven und unbesonnen Verhalten abbringen lassen. Der Vorfall begründet daher Zweifel, dass der Antragsteller die Anforderungen an die waffenrechtliche persönliche Eignung, wonach ein Waffenbesitzer in besonderem Maße verpflichtet ist, Zurückhaltung zu üben und zur Deeskalation beizutragen, nicht erfüllt.
Die danach wohl bereits gerechtfertigten Zweifel dürften sich durch die zahlreichen polizeilich dokumentierten Vorkommnisse weiter verdichten, in denen der Antragsteller mit seinem Verhalten bzw. durch sein Equipment den Eindruck erweckt hat, eine offizielle oder jedenfalls herausgehobene Tätigkeit auszuüben, die ihn von der Allgemeinheit abhebt. Das in diesem Zusammenhang gezeigte Verhalten des Antragstellers dürfte die im Gutachten der … GmbH vom 24. März 2016 getroffene Prognoseeinschätzung widerlegen, der Antragsteller habe infolge eines Nachreifungsprozesses durch seine eingeleiteten Verhaltensänderungen eine auf Dauer verlässliche Verhaltenssteuerung und Verhaltenskontrolle initiiert. Noch bei der Untersuchung am 28. August 2013 durch einen Gutachter des TÜV SÜD hatte der Antragsteller als ursächliche Bedingung seiner damaligen Auffälligkeit angegeben, „Leichtsinn und dieses Überlegene wahrscheinlich, was haben zu dürfen, was andere nicht dürfen“. Das seit der zweiten Begutachtung am 16. März 2016 gezeigte und polizeilich dokumentierte Verhalten des Antragstellers lässt vermuten, dass dieser nach wie vor Möglichkeiten sucht, sich von der Allgemeinheit abzuheben und in Rollen aufzutreten, in denen ihm Befugnisse zu kommen, über die ein Normalbürger nicht verfügt (z.B. als Hundeführer im Einsatz, „First Responder“, Zivilpolizist). Es scheint daher nicht ausgeschlossen, dass das gezeigte Verhalten des Antragstellers Ausdruck eines übersteigerten Geltungsbedürfnisses sowie eines pathologischen Zwangs sein könnte, sich über seine Mitmenschen erheben und von diesen absetzen zu wollen. Dies dürfte auch – wie der Antragsteller 2013 selbst angedeutet hat – für den streng regulierten Besitz von und Umgang mit Waffen gelten.
Hiervon ausgehend dürfte es nicht zu beanstanden sein, dass das Landratsamt den Antragsteller nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 WaffG aufgefordert hat, ein amts-, fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis über seine persönliche Eignung vorzulegen. Dem dürfte es auch nicht entgegenstehen, dass es in keinem der Vorfälle zu einer strafrechtlichen Verurteilung des Antragstellers gekommen ist. Denn auch die Einstellung des Strafverfahrens nach § 153 a StPO hindert Behörden und Gerichte nicht, die festgestellten Tatsachen als gewichtig einzustufen. Eine Bindung der Behörde an eine Einstellung des Strafverfahrens aus bestimmen Gründen sieht das Gesetz nicht vor (vgl. VG Ansbach, U.v. 12.12.2007 – AN 15 K 07.03004, AN 15 K 07.03005 – juris Rn. 26 m.w.N.). Ebenso können Delikte in die anzustellende Gefahrenprognose einbezogen werden, auch wenn diese nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt bzw. auf den Privatklageweg verwiesen wurden (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2021 – 24 ZB 20.3095 – juris Rn. 11).
Zu keinem anderen Ergebnis dürfte auch der Einwand des Bevollmächtigten des Antragstellers führen, die Behörde habe ihre Entscheidung auf einen einseitig ermittelten Sachverhalt gestützt und die Sicht des Klägers auf die streitgegenständlichen Vorfälle nicht ausreichend berücksichtigt. Denn das Landratsamt durfte von der Richtigkeit der polizeilichen Feststellungen ausgehen. Amtliche Schilderungen und Bewertungen, wie sie vorliegend von der zuständigen Polizeidienststelle abgegeben wurde, dürfen im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden; eine Beurteilung sicherheitsrechtlicher Sachverhalte anhand polizeilicher Feststellungen kann das Ergebnis einer nicht zu beanstandenden behördlichen oder richterlichen Beweiswürdigung sein (vgl. BayVGH, B.v. 13.1.2016 – 22 CS 15.2643 – juris Rn 10 m.w.N.). Dies schließt es zwar nicht aus, dass gegen die polizeiliche Sachverhaltsschilderung und Beurteilung erhobene substantiierte Einwände von der Polizei widerlegt werden müssen oder ggf. der weiteren Klärung durch die Behörde oder das Gericht bedürfen (vgl. BayVGH, B.v. 13.1.2016 – 22 CS 15.2643 – juris Rn 10 m.w.N.). Solche wurden jedoch vom Antragsteller bislang nicht geltend bzw. nicht glaubhaft gemacht.
Schließlich dürfte es auch nicht zu beanstanden sein, dass das Landratsamt zum wiederholten Mal ein Gutachten zur persönlichen Eignung des Antragstellers angefordert hat. Insofern haben sich seit der Begutachtung durch die … GmbH am 16. März 2016 – im Zeitpunkt der erneuten Gutachtensaufforderung mithin vor mehr als fünf Jahren – zahlreiche neue Erkenntnisse bezüglich des Antragstellers ergeben, die die Behörde bei ihrer Bewertung der persönlichen Eignung des Antragstellers zwingend zu berücksichtigen hatte. Es dürften mithin ausreichende Anhaltspunkte dafür bestanden haben, dass sich die Prognoseeinschätzung im Gutachten der … GmbH vom 24. März 2016 zwischenzeitlich überholt haben könnte.
Weiterhin dürfte auch davon auszugehen sein, dass die formellen Anforderungen an die Anordnung der Gutachtensvorlage nach § 4 Abs. 3 AWaffV erfüllt sind. Dem Antragsteller wurde mit Schreiben vom 24. Juni 2021 mitgeteilt, dass Bedenken an seiner persönlichen Eignung wegen der im Einzelnen dargestellten Vorfälle bestünden. Zudem wurde er aufgefordert, ein auf seine Kosten erstelltes amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Gutachten über seine geistige oder körperliche Eignung vorzulegen, dessen Anforderungen im Schreiben näher umschrieben wurden. Der Antragsteller wurde auch darauf hingewiesen, dass im Falle der Weigerung, sich untersuchen zu lassen, im weiteren Verfahren auf seine persönliche Nichteignung zum Umgang mit Waffen und Munition geschlossen werden könne, mit der Folge, dass ein Grund zum Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnis gegeben wäre. Dem Antragsteller wurden die bestehenden Möglichkeiten – Vorlage eines Gutachtens oder Verzichtserklärung hinsichtlich der waffenrechtlichen Erlaubnisse – aufgezeigt und er wurde aufgefordert, dem Landratsamt die begutachtende Stelle bis spätestens 30. Juli 2021 mitzuteilen. Der Antragsteller hat in der Folge jedoch ein Gutachten nicht in Auftrag gegeben, sondern dem Landratsamt bereits am 14. Juli 2021 über seinen Bevollmächtigten mitteilen lassen, dass er das geforderte Gutachten nicht beibringen werde.
Aus diesem Grund dürfte das Landratsamt bei Erlass des streitgegenständlichen Bescheids zurecht auf dessen Nichteignung zum Umgang mit Waffen geschlossen haben (vgl. § 4 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 AWaffV) und hatte den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse als zwingende gesetzliche Folge auszusprechen (§ 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG). Weiter dürfte die behördliche Anordnung der Gutachtenbeibringung auch vor dem Hintergrund der erheblichen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit, die von einer Waffe in ungeeigneten Händen ausgehen können, verhältnismäßig sein.
Schließlich dürften auch gegen die mit dem Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse verbundenen notwendigen Anordnungen in Nr. 2 (Verpflichtung zur Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition), Nr. 3 (Verpflichtung zur Rückgabe der waffenrechtlichen Erlaubnisse im Original) und Nr. 5 (Androhung der Sicherstellung sowie Zwangsgeldandrohung) des Bescheids vom 15. November 2021 keine rechtlichen Bedenken bestehen. Die Folgeentscheidungen dienen der Umsetzung des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse und stellen die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der formellen Erlaubnisberechtigung durch sofortige Abgabe der Erlaubnisurkunden sicher. Soweit dem Landratsamt dabei Ermessen eingeräumt ist, sind Ermessensfehler nicht ersichtlich (vgl. zum diesbezüglichen Prüfungsumfang des Gerichts § 114 Satz 1 VwGO). Insbesondere erscheint die jeweils eingeräumte Frist bis zum 1. Februar 2022, was bei Zustellung am 29. Dezember 2021 einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Bescheids entspricht, als angemessen. Das Gericht teilt insoweit die Auffassung des Antragsgegners, dass dem Antragsteller auch Möglichkeiten außerhalb der Veräußerung seiner Waffen mittels Inseraten in monatlich erscheinenden Druckwerken zur Verfügung stehen. Zudem steht es dem Antragsteller auch frei, die Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids alternativ durch die – wenn auch unwirtschaftliche, im Sinne der Gefahrenabwehr aber hinzunehmende – dauerhafte Unbrauchbarmachung zu erfüllen.
Im Übrigen würde selbst bei offenen Erfolgsaussichten der Klage bei einer reinen Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Verfügungen das Interesse des Antragstellers überwiegen.
In Fällen der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung – hier bzgl. Nr. 1 – unterscheidet sich die Interessenabwägung von derjenigen, die in den Fällen einer behördlichen Anordnung – hier bzgl. Nrn. 2 und 3 – stattfindet. Während im Anwendungsbereich von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei der Interessenabwägung die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen bedeutsam wird, ist in Fällen der Nrn. 1 bis 3 zu beachten, dass hier der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Hat sich schon der Gesetzgeber für den Sofortvollzug entschieden, sind die Gerichte – neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache – zu einer Einzelfallbetrachtung grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. BVerfG, B.v. 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 – juris Rn. 21 f.).
Im Hinblick auf Nr. 1 des Bescheids (Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse) intendiert die gesetzliche Wertung des § 45 Abs. 5 WaffG bereits ein überwiegendes Vollzugsinteresse. Der Gesetzgeber hielt in dieser Fallgruppe die Anordnung der sofortigen Vollziehung für dringend angezeigt. In derartigen Fällen sei im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung immer eine umgehende Beendigung des Waffenbesitzes geboten bzw. ein höherwertiges legitimes Interesse an einem weiteren Waffenbesitz bis zum Eintritt von Bestands- oder Rechtskraft (u.U. mehrere Monate oder Jahre) überhaupt nicht zu erkennen. Den berechtigten Belangen der Betroffenen könnte in Ausnahmefällen durch eine abweichende (Eil-)Anordnung der Verwaltungsgerichte Rechnung getragen werden (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2018 – 21 CS 17.2459 – juris Rn. 29 unter Verweis auf BT-Drs. 16/7717, S. 33). Dies kommt hier aber nicht in Betracht. Der Antragsteller hat bezüglich des Widerrufs seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse keine durchgreifenden Gründe vorgetragen, die auf besondere, über die im Regelfall mit der Anordnung sofortiger Vollziehung verbundenen Umstände hingewiesen hätten, aufgrund derer eine Abwägung zugunsten seiner privaten Interessen ausfallen müsste. Weder das Positiv-Gutachten aus dem Jahr 2016 noch der Umstand, dass es sich bei den Waffen des Antragstellers „nur“ um Sportwaffen handele, ist dabei geeignet, die getroffene Gefahrenprognose hinsichtlich solcher Gefahren, die von einer Waffe in ungeeigneten Händen ausgehen können, zu entkräften. Der im streitgegenständlichen Bescheid des Antragsgegners verfügte Widerruf dient dem besonderen Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit an einem sicheren und zuverlässigen Umgang mit Schusswaffen sowie Munition und daher dem Schutz überragender Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Gegenüber diesem gewichtigen öffentlichen Interesse hat das private Interesse des Antragstellers zurückzustehen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass zwischen der Aufforderung zur Gutachtensvorlage und der Zustellung des Widerrufsbescheids über ein halbes Jahr vergangen ist. Denn die von der Behörde für ihre Entscheidung benötigte Zeit stellt insoweit kein Indiz für die Eilbedürftigkeit dar, mit der der Zugriff von waffenrechtlich nicht geeigneten Personen auf Waffen und Munition zu verhindern ist. Insoweit unterscheidet sich die nach Bescheidserlass an der von der Behörde festgestellten Nichteignung des Antragstellers ausgerichtete Interessensabwägung maßgeblich von der Interessenslage vor Bescheidserlass, in der die Behörde ihr Ermessen hinsichtlich der zu treffenden Eignungsprognose erst noch auszuüben hatte und eine Nichteignung des Antragstellers noch gar nicht festgestellt war.
Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) be steht aus Gründen der Gefahrenabwehr regelmäßig auch für die mit der Widerrufsentscheidung verbundenen notwendigen Anordnungen. Denn diese Folgeentscheidungen stellen sicher, dass der kraft Gesetzes (§ 45 Abs. 5 WaffG) sofort vollziehbare Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis (vgl. insoweit BayVGH, B.v. 4.3.2016 – 21 CS 15.2718 – juris Rn. 17) tatsächlich umgesetzt wird.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG – i.V.m. Nr. 1.5 und 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Danach sind für die Waffenbesitzkarten einschließlich einer Waffe ein Betrag von 5.000,- Euro zzgl. 750,- Euro je weiterer Waffe (hier: 7 weitere Waffen) anzusetzen. Für den Widerruf eines Kleinen Waffenscheins wird der Auffangwert von 5.000,- Euro angesetzt (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2018 – 21 CS 17.1519 – juris Rn. 25). Der Widerruf des Europäischen Feuerwaffenpasses bleibt daneben ohne Ansatz (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn. 24). Daraus errechnet sich für das Hauptsacheverfahren ein Gesamtstreitwert von 15.250,- Euro, der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes halbiert wird.


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