Verwaltungsrecht

Wohnnutzung, Mischgebiet, Bescheid, Vollziehung, Untersagung, Werbung, Gefahrenabwehr, Dienstleistungen, Erlaubnis, Fiktionswirkung, Wohnung, Innenbereich, Sofortvollzug, Genehmigung, sofortige Vollziehung, Interesse der Allgemeinheit, Kosten des Verfahrens

Aktenzeichen  RO 4 S 22.167

Datum:
2.5.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 12287
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Stadt R. vom 21.2.2022 wird hinsichtlich dessen Nr. 1 bis 3 wiederhergestellt und hinsichtlich dessen Nr. 5 bis 7 angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehung der Untersagung des Betriebs einer Prostitutionsstätte.
Der Antragsteller ist Eigentümer der Wohnung „EG links“ in der …str. … in Regensburg. Dabei handelt es sich um ein möbliertes Ein-Zimmer-Appartement mit einer Grundfläche von ca. 25 qm. Nach eigenen Angaben vermietet der Antragsteller diese Wohnung seit 1.1.2017 wochenweise bzw. für zwei Wochen an einzelne Dienstleisterinnen nach dem Prostituiertenschutzgesetz – ProstSchG. Zuvor sei dort seit 1985 ein Prostitutionsgewerbe betrieben worden.
Am 7.9.2017 zeigte der Antragsteller die Prostitutionsstätte gemäß § 37 Abs. 2 ProstSchG an und stellte am 2.10.2017 einen Genehmigungsantrag nach § 12 Abs. 1 ProstSchG.
Am 2.11.2017 teilte das Bauordnungsamt der Antragsgegnerin mit, dass die Prostitutionsstätte bauplanungsrechtlich nicht genehmigungsfähig sei, weil sie sich in einem Mischgebiet mit überwiegender Wohnnutzung befinde.
Mit Schreiben vom 15.11.2021 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zur beabsichtigten Versagung der beantragten Erlaubnis an. Hiergegen nahm der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 10.1.2022 rechtlich Stellung.
Unter dem 21.1.2022 erließ die Antragsgegnerin folgenden Bescheid:
1. Der Antrag von Herrn … … auf eine Erlaubnis gem. § 12 ProstSchG zum Betrieb einer Prostitutionsstätte im Anwesen …str. …, … R. – EG links, wird abgelehnt.
2. Herrn … … wird der weitere Betrieb der Prostitutionsstätte in dem Anwesen …str. …, … R. – EG links, untersagt.
3. Die unter Nr. 2 gezeichnete Tätigkeit ist spätestens zwei Wochen nach Zustellung dieses Bescheides; im Falle der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs innerhalb zwei Wochen nach Bestandskraft dieses Bescheids – einzustellen.
4. Die sofortige Vollziehung der Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 wird im öffentlichen Interesse angeordnet.
5. Falls Herr … … der unter Nr. 2 genannten Verpflichtung nicht, nicht fristgemäß oder nicht vollständig nachkommt, wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,- Euro zur Zahlung fällig.
6. Herr … … hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
7. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr i.H.v. 500,- Euro festgesetzt.
Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass einer Erlaubnis bedürfe, wer ein Prostitutionsgewerbe nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 ProstSchG betreibe. Eine solche Erlaubnis sei dem Betreiber bisher nicht erteilt worden. Die Prostitutionsstätte im Anwesen des Antragstellers sei materiell-rechtlich nicht erlaubnisfähig. Sie sei baurechtlich nicht genehmigt, auch nicht genehmigungsfähig. Das Anwesen liege nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes, sondern im bauplanungsrechtlichen Innenbereich nach § 34 BauGB, wobei die Art der baulichen Nutzung der näheren Umgebung einem Mischgebiet entspreche. Das restliche Gebäude sowie die Nachbargrundstücke würden größtenteils für Wohnzwecke genutzt. Ein bordellartiger Betrieb sei hier nur dann nicht generell unzulässig, wenn er in der Form der Wohnungsprostitution betrieben werde und den durch § 15 BaunutzungsverordnungBauNVO gesetzten Rahmen einhalte. Der Wohnungsprostitution sei eigen, dass die Prostituierten im betreffenden Gebäude auch wohnten. Voraussetzung einer Wohnnutzung und damit auch einer „wohnähnlichen“ Nutzung sei es aber, dass diese auf eine gewisse Dauer angelegt sei. Eine Nutzung, die darauf beruhe, die betreffenden Räume einem ständig wechselnden Personenkreis zu überlassen, weise schon aus diesem Grund kein „wohnungsähnliches“ Erscheinungsbild auf und sei damit als das Wohnen wesentlich störendes Gewerbe anzusehen. Bei der Prostitutionsstätte handle es sich um Wohnungsprostitution, jedoch mit ständig wechselndem Personenkreis. Bordellartige Betriebe könnten nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO nicht zugelassen werden, da sie die im Mischgebiet ebenfalls zulässige Wohnnutzung wesentlich störten. Gründe hierfür seien deren Wirkung auf die Nachbarschaft und die von ihnen ausgehende „milieubedingte Unruhe“. Bordellartige Betriebe seien außerdem aus Jugendschutzgründen wegen vorhersehbaren Belästigungen und des zu befürchtenden Trading-Down-Effekts nicht wohnverträglich. Auf eine Belästigung durch den Betrieb im Einzelfall komme es nicht an.
Darüber hinaus widerspreche die örtliche Lage dem öffentlichen Interesse insbesondere auch deshalb, weil durch diese eine Gefährdung der Jugend zu befürchten sei, § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG. Hier befinde sich in unmittelbarer Nähe die … Schule. Zwar sei diese eine Fortbildungseinrichtung für Erwachsene, jedoch befänden sich weitere Einrichtungen in der Nähe, so eine private Kinderarztpraxis (42 m Fußweg), eine Sportanlage des … Sportbundes (140 m Fußweg), die …-Kinderkrippe „…“ (400 m Fußweg) und die … Kinderinsel … (550 m Fußweg). Eine Jugendgefährdung bestehe bereits, wenn Kinder durch täglichen Sichtkontakt und durch diese – Prostitutionsstätten inhärente – milieubedingte Unruhe Kenntnis von der Existenz der Prostitutionsstätte erlangten und aufgrund der Kindern natürlicherweise innenwohnenden Neugier mit dem Thema Prostitution und käuflichen sexuellen Dienstleistungen konfrontiert würden. Dies stelle eine Gefährdung der Jugend dar. Die örtliche Lage der Prostitutionsstätte widerspreche somit dem öffentlichen Interesse.
Da die nach § 12 ProstSchG erforderliche Erlaubnis dem Betreiber versagt worden sei, gelte die Fortführung der Prostitutionsstätte nicht mehr als gemäß § 37 Abs. 2 und 4 ProstSchG erlaubt. Gemäß § 15 Abs. 2 GewerbeordnungGewO könne die Fortsetzung der Betreibens eines Betriebs ohne Erlaubnis, zu dessen Ausübung eine Erlaubnis erforderlich sei, verhindert werden. Die Antragsgegnerin mache von ihrem Ermessen Gebrauch und erlasse die Anordnung, um den unerlaubten Betrieb künftig zu unterbinden. Vom Antragsteller werde eine Prostitutionsstätte gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 ProstSchG betrieben, da er Räumlichkeiten für die Erbringung sexueller Dienstleistungen bereitstelle, die Nutzung der Wohnung maßgeblich steuere und einen Nutzen aus der Prostitution anderer ziehe.
Die gesetzte Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides erscheine vorliegend angemessen, um die Einstellung der Prostitution herbeizuführen. Insbesondere sei sie angemessen, da für die Gewerberäume lediglich Kurzfristmietverträge für einzelne Tage oder höchstens eine Woche abgeschlossen werden würden. Somit bestehe die Möglichkeit für den Antragsteller, seinen Verpflichtungen nachzukommen, indem er bereits bestehende Kurzfristmietverträge noch ordnungsgemäß abwickeln könne.
Die Gewerbeausübungsuntersagung sei angemessen. Das Interesse des Antragstellers am Betrieb müsse hinter dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der Rechtsvorschriften zurückstehen. Das Prostitutionsgewerbe sei besonders anfällig für schwere Straftaten, wie Menschenhandel, Zwangsprostitution und Zuhälterei. Bereits vor diesem Hintergrund sei die sofortige Untersagung eines Gewerbes angemessen, welches ohne die erforderliche Erlaubnis betrieben werde. Die Gewerbeausübungsuntersagung sei erforderlich, da weniger belastende ähnlich wirksame Mittel nicht ersichtlich seien.
Zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung führte die Antragsgegnerin aus, dass die Allgemeinheit ein besonderes Interesse an rechtmäßigen Zuständen im Prostitutionsgewerbe habe. Das öffentliche Interesse überwiege gegenüber dem Interesse des Antragstellers, den Prostitutionsbetrieb ohne Erlaubnis bis zum Abschluss einer verwaltungsgerichtlichen Prüfung führen zu dürfen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei ebenso verhältnismäßig, da dem Antragsteller eine Zweiwochenfrist gewährt worden sei.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten am 31.1.2022 Klage erhoben. Zugleich hat er um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
Zur Begründung seines Antrags führt er aus, dass die Verknüpfung mit Baurecht verkenne, dass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit noch in dem dafür bestimmten Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sei. Der Gesetzgeber habe die Erteilung der Erlaubnis zum Betrieb einer Prostitutionsstätte gerade nicht von einer zuvor erteilten baurechtlichen Genehmigung abhängig machen wollen. Insoweit wird auf den Wortlaut von § 12 Abs. 7 ProstSchG verwiesen. Ausweislich der Gesetzesbegründung würden sonstige Erlaubnisse und Anzeigepflichten nach anderen Gesetzen nicht ersetzt. Folglich würden die Vorschriften des ProstSchG auch keine Konzentrationswirkung entfalten und erteilte Erlaubnisse hätten keine Bindungswirkung. Das Sachentscheidungsinteresse fehle erst dann, wenn das rechtliche Hindernis offensichtlich sei. Ein solches rechtliches Hindernis sei hier nicht gegeben.
Bei der Prostitutionsstätte des Antragstellers handle es sich nicht um einen bordellartigen Betrieb, sondern um ein kleines „Wohnungsbordell“. Das Wohnungsbordell unterscheide sich von der Wohnungsprostitution nur dadurch, dass die Prostituierten nicht dauerhaft dort wohnten. Es gebe dem gesamten Gebäude nicht sein Gepräge und sei nach außen hin auch nicht als solches erkennbar. Das Gebäude sei im Inneren eines großen Grundstücks gelegen. Im Gebäude arbeite bzw. lebe nur eine einzige Prostituierte und zwar in dem streitgegenständlichen Ein-Zimmer-Appartement „App. R.“. Insgesamt habe das Gebäude 18 Wohnungen. Von außen sei überhaupt nicht erkennbar, dass dort Dienstleistungen gemäß § 2 Abs. 2 ProstSchG angeboten werden würden. Es werde ausschließlich immer nur an eine einzige Prostituierte vermietet, wobei die Vermietungsdauer zwischen ein und zwei Wochen betrage. Eine Konfrontation mit Anwohnern sei ausgeschlossen. All diese Merkmale unterschieden die Prostitutionsstätte von einem bordellartigen Betrieb, der über eine Organisationsstruktur, wie z.B. eine Hausdame verfüge und bei der in der Regel mehr als eine Prostituierte arbeite, da sich sonst die hohen Betriebskosten nicht tragen würden. Die typisierende Betrachtung könne nur so weit reichen, als es um Betriebe gehe, die insbesondere solche beeinträchtigenden Auswirkungen auf ihre Umgebung hervorrufen könnten. Störungen setzten voraus, dass die Prostitutionsstätte nach außen – in welcher Form auch immer – in Erscheinung trete. Hierzu zählten nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts Werbung im Umfeld des Betriebes oder auch eine entsprechende Fassadengestaltung. Hier finde Außenwerbung in keinerlei Form statt, weder durch die Prostituierten selbst noch durch den Antragsteller. Selbst am Klingelschild und im Flurbereich fänden sich keine Hinweise auf die Prostitutionsstätte. Werbung finde ausschließlich in Form von Anzeigen durch die Prostituierten auf einschlägigen Online-Portalen statt. Der Betrieb hebe sich gerade nicht von der umgebenden Nutzung ab und sei dem Prostitutionsgewerbe nicht zuzuordnen. Ein zusätzlicher, gebietsfremder „Publikums-Verkehr“ finde gerade nicht statt, weil Laufkundschaft nicht bedient werde und Prostituierte nur alle ein bis zwei Wochen wechselten. Es werde auch nicht in den Nachtstunden gearbeitet, welche für das Bundesverwaltungsgericht ab 22.00 Uhr beginnen würden. Die Prostitutionsstätte sei somit genehmigungsfähig. Selbst wenn man es für zulässig erachte, dass bauplanungsrechtliche Erwägungen bei der Entscheidung zu Grunde gelegt werden dürften, ändere dies nichts am Ergebnis. Unerheblich sei, dass bis heute keine baurechtliche Genehmigung erteilt worden sei. Dies stehe der Erteilung einer Erlaubnis nach dem ProstSchG nur entgegen, wenn sich das baurechtliche Hindernis schlechthin nicht ausräumen ließe. Insoweit wird auf einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs verwiesen.
Eine vermeintliche Gefährdung der Jugend liege nicht vor. Bei den … Schulen handle es sich um ein Weiterbildungszentrum für Erwachsene. Überdies befinde sich der Eingang zur Schule direkt an der Straße, während der Eingang zum Appartement sich im Innenhof des Grundstücks befinde. Die private Kinderarztpraxis befinde sich auf der anderen Straßenseite, jedoch nicht zur Straße hin, sondern im Innenhof. Im Übrigen sei die Straße vierspurig und der Fußgängerbereich von der Straße durch einen Grünsteifen bzw. Bäume getrennt. Die Sportanlage des … Sportbundes sei wiederum durch einen Zaun, einen Baumstreifen, Gebäude und eine Straße vom Grundstück getrennt. Auch trainierten dort nur Erwachsene. Alle anderen Einrichtungen lägen erheblich entfernt. Die Prostitutionsstätte bestehe seit mehr als 20 Jahren und es seien keinerlei Beschwerden bekannt. Die Prostitutionsstätte sei aufgrund der Nichterkennbarkeit, der fehlenden Laufkundschaft und niedrigen Frequentierung nicht geeignet, die bei Kindern und Jugendlichen natürlicherweise innewohnende Neugier zu wecken. Szenetypische Kfz parkten dort nicht.
Der Antragsteller beantragt wörtlich,
die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Ablehnungs- und Untersagungsverfügung des Antragsgegners vom 21.1.2022 wiederherzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt sie aus, dass die Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers ausfalle. Die Versagung mit einhergehender Betriebsuntersagung stelle sich bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig dar. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei eingehend und einzelfallbezogen begründet worden. Die sofortige Vollziehung sei anzuordnen gewesen. Das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung ergebe sich im Bereich des Sicherheitsrechts regelmäßig aus den Gesichtspunkten, die für den Erlass des Verwaltungsaktes selbst maßgebend gewesen seien. Ohne sofortige Vollziehung könne das der präventiven Gefahrenabwehr dienende Erlaubnisverfahren nicht gewährleistet werden. Der Erlaubnisantrag sei rechtmäßig abgelehnt und der weitere Betrieb der Prostitutionsstätte zu Recht untersagt worden. Da das Prostitutionsgewerbe rechtzeitig bis 1.10.2017 angezeigt worden sei, habe für die Prostitutionsstätte vorübergehend eine Erlaubnisfiktion nach § 37 Abs. 4 Satz 1 ProstSchG vorgelegen.
Die baurechtliche Situation sei sehr wohl beachtlich. Die Prüfung der Erlaubnisfähigkeit könne nicht gänzlich unabhängig von der baurechtlichen Situation erfolgen. Die Versagung habe auch zu erfolgen, wenn eine Gefährdung der in § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG genannten Schutzgüter zu befürchten sei. In einem Mischgebiet sei ein bordellartiger Betrieb nur dann nicht generell unzulässig, wenn er in der Form der Wohnungsprostitution betrieben werde und den durch § 15 BauNVO gesetzlichen Rahmen einhalte. Voraussetzung einer Wohnnutzung sei aber, dass diese auf eine gewisse Dauer angelegt sei. Die örtliche Lage widerspreche dem öffentlichen Interesse. Der Antragsteller berücksichtige nicht, dass sich weitere Einrichtungen in der Nähe der Prostitutionsstätte befänden. Neben den bereits im Bescheid erwähnten Nutzungen wird auf einen Kinderspielplatz verwiesen, der sich in ca. 90 m Fußweg in südlicher Richtung befinde. Die örtliche Lage widerspreche selbst dann dem öffentlichen Interesse, wenn von außen die Prostitutionsstätte nicht als solche zu erkennen sei. Durch den verstärkten Kraftfahrzeugverkehr oder lautstarke Auseinandersetzungen sei eine Belästigung für die Allgemeinheit zu befürchten. Die Betriebszeiten seien mit 10.00 bis 21.00 Uhr angegeben worden, während derer ca. drei bis sieben Kunden empfangen werden sollten. Aufgrund der Öffnungszeiten und der Lebensumstände der Nachbarn könne hier somit durchaus eine Störung von der Prostitutionsstätte ausgehen. Von der Prostitutionsstätte könnten Geräusche emittieren, während sich Nachbarn von einer Nachtschicht erholen möchten oder ihre Kinder betreuten. Es könne insbesondere im Sommer bei Hitze nicht gewährleistet werden, dass stets die Fenster der Prostitutionsstätte geschlossen seien und sich die Anwohner in den benachbarten Gärten oder Balkonen den milieutypischen Geräuschen entziehen könnten. Vielmehr sei damit zu rechnen, dass auch entsprechende, mit dem Vollzug sexueller Handlungen gewöhnlich einhergehende Geräusche nach außen dringen würden. Eine Prostitutionsstätte mitten in einem Wohngebiet bleibe nicht unbemerkt und sei naturgemäß Gegenstand von Gesprächen der Anwohner untereinander.
Die Versagung und die Betriebsuntersagung scheide auch nicht wegen des angeblichen langen Bestehens der Prostitutionsstätte aus. Es sei kein faktischer Duldungszustand geschaffen worden, auf den der Antragsteller habe vertrauen dürfen. Aufgrund der Neueinführung des Gesetzes sei abzusehen gewesen, dass die Bearbeitung aller Erlaubnisanträge viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Dies habe der Gesetzgeber antizipiert und den „Altbetreibern“ eine Genehmigungsfiktion bis zum Abschluss des zunächst langwierigen Erlaubnisverfahrens eingeräumt. Dies heiße jedoch gerade nicht, dass die Erlaubnis einem bereits bestehenden Betrieb nicht etwa versagt werden könne.
Für den Sachverhalt und das Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf die in elektronischer Form vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakte mit den wechselseitigen Schriftsätzen.
II.
1. Der Antrag, den das Gericht als Antrag nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auslegt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen Nr. 1, 2 und 3 des Bescheids vom 21.1.2022 wiederherzustellen und gegen dessen Nr. 4, 5 und 6 anzuordnen, ist zulässig (dazu 1.1). Er hat auch in der Sache Erfolg (dazu 1.2).
1.1 Der so verstandene Antrag ist zulässig. Er ist insbesondere auch statthaft, soweit er sich hinsichtlich Nr. 1 des Bescheids vom 21.1.2022 auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung richtet.
Zwar begehrt der Kläger insoweit die Erteilung der von ihm beantragten Erlaubnis, so dass in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 statthaft ist und im Eilrechtsschutz somit regelmäßig ein Antrag nach § 123 VwGO zur Erteilung einer vorläufigen Erlaubnis zu stellen wäre.
Allerdings bestimmt § 37 Abs. 4 ProstSchG, dass die Fortführung des Prostitutionsgewerbes bis zur Entscheidung über den Antrag auf Erlaubnis als erlaubt gilt, wenn die Antragsfrist nach § 37 Abs. 2 ProstSchG eingehalten wurde, und konstituiert somit eine Fiktionswirkung. Die Ablehnung des Antrags auf Erlaubnis durch die zuständige Behörde lässt diese Fiktionswirkung entfallen, so dass das Rechtsschutzziel des Antragstellers darin liegt, das Erlöschen der Fiktionswirkung zu verhindern.
Die Ablehnung des beantragten Verwaltungsaktes entfaltet somit eine über die bloße Ablehnung hinausgehende Belastungswirkung. In einem solchen Fall kommt auch dem in der Versagungsgegenklage enthaltenen Antrag auf Aufhebung der versagenden Entscheidung ein Suspensiveffekt nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu (vgl. Schenke in: Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 24. Aufl. 2018, § 80, Rn. 12). Diese über die Ablehnung hinausgehende Belastungswirkung liegt hier darin, dass mit der Ablehnung des Antrags die Fiktionswirkung des § 37 Abs. 4 ProstSchG erlischt. Eine Versagungsgegenklage gegen den ablehnenden Bescheid ließe die Erlaubnisfiktion aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Klage grundsätzlich wieder aufleben. Diese aufschiebende Wirkung entfällt allerdings, wenn die Behörde, wie hier geschehen, die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO anordnet. Damit kann der Antragsteller mit einem Antrag auf Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung sein Rechtsschutzziel erreichen (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 7.2.2019 – 6 L 181/19 – BeckRS 2019, 2484; VG Regensburg, B. v. 30.1.2020 – RN 8 S 20.42).
1.2 Der Antrag ist auch in der Sache erfolgreich.
Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt allerdings nach § 80 Abs. 2 VwGO dann, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder die Behörde die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders anordnet. In diesen Fällen kann das Gericht nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch anordnen (wenn diese aufgrund Gesetzes ausgeschlossen ist) oder wiederherstellen (wenn eine Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vorliegt). Das Gericht trifft insoweit eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat dabei zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind vorrangig die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die gebotene summarische Prüfung, dass Rechtsbehelfe gegen den angefochtenen Bescheid keinen Erfolg versprechen, tritt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung regelmäßig hinter das Vollziehungsinteresse zurück und der Antrag ist unbegründet. Erweist sich die erhobene Klage hingegen bei summarischer Prüfung als zulässig und begründet, dann besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids und dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist stattzugeben. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht ausreichend absehbar, muss das Gericht die widerstreitenden Interessen im Einzelnen abwägen. Die Begründetheit eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann sich daneben auch daraus ergeben, dass die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtswidrig ist, weil sie den formellen Anforderungen nicht genügt.
Der angeordnete Sofortvollzug ist vorliegend in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden (dazu a)). Eine summarische Prüfung ergibt, dass die Erfolgsaussichten der erhobenen Klage, offen sind (dazu b)). Die daher vorzunehmende Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragsgegnerin (dazu c)).
a) Die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit genügt den formellen Anforderungen. Insbesondere ist dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genüge getan. Diese Begründungspflicht verlangt von der zuständigen Behörde, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit eines Bescheids unter Bezugnahme auf die Umstände des konkreten Einzelfalls darzustellen (BayVGH, B.v. 14.2.2002 – 19 ZS 01.2356 – NVwZ-RR 2002, 646). § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hat unter anderem eine Warnfunktion für die handelnde Behörde. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die Behörde des Ausnahmecharakters ihrer Anordnung bewusst wird und die konkret betroffenen Interessen sorgsam prüft und abwägt (BayVGH, B.v. 3.5.2018 – 20 CS 17.1797 – juris Rn. 2). Nichtssagende, formelhafte Wendungen reichen deshalb nicht aus. Allerdings genügt dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, dass die Behörde diese Interessenlage aufzeigt und deutlich macht, dass sie auch im vorliegenden Fall gegeben ist. Dies kommt insbesondere im Bereich des Sicherheitsrechts, zu dem im weiteren Sinn auch der streitgegenständliche Bescheid gehört, in Betracht (BayVGH, B.v. 10.3.2008 – 11 CS 07.3453 – juris Rn. 16).
Gemessen an diesen Maßstäben ist die vorliegend zu prüfende Begründung des Sofortvollzugs ausreichend. Der angefochtene Bescheid bezieht sich auf die umfassenden Anforderungen des ProstSchG an einen Betreiber sowie auf die Anfälligkeit des Prostitutionsgewerbes für schwere Straftaten wie Menschenhandel, Zwangsprostitution und Zuhälterei und den daraus resultierenden Schutz höchster Rechtsgüter wie der körperlichen Unversehrtheit und der Freiheit der Person und folgert hieraus ein besonderes Interesse der Allgemeinheit an rechtmäßigen Zuständen im Prostitutionsgewerbe und daran, dass Ordnungswidrigkeiten, die durch einen unerlaubten Prostitutionsbetrieb sowie Wettbewerbsvorteile durch einen illegalen Betrieb einer Prostitutionsstätte verhindert würden. Dies erachtet das Gericht als ausreichend.
Die weitere Frage, ob die von der Behörde angeführte Begründung die Anordnung des Sofortvollzugs in der Sache trägt, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit und damit des materiellen Rechts (vgl. VG Würzburg, B. v. 6.2.2020 – W 8 S 19.1689, juris Rn. 22).
b) Das Gericht sieht nach summarischer Prüfung die Erfolgsaussichten in der Hauptsache als offen an. Ob die Ablehnung des Antrags auf Erteilung der Erlaubnis rechtmäßig ist, bedarf der Klärung im Hauptsacheverfahren (dazu aa)). Dies wirkt sich auch auf die Untersagung des Betriebs in Nr. 2, die Verpflichtung des Antragstellers, die Ausübung der Prostitution einzustellen in Nr. 3, die Zwangsgeldandrohung in Nr. 5 sowie die Entscheidung über die Kosten in Nr. 6 und 7 aus (dazu bb)).
aa) Nach § 12 Abs. 1 ProstSchG bedarf derjenige, der ein Prostitutionsgewerbe betreiben will, der Erlaubnis der zuständigen Behörde, wobei Versagungsgründe in § 14 ProstSchG normiert sind. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG ist die Erlaubnis unter anderem dann zu versagen, wenn das Betriebskonzept oder die örtliche Lage des Prostitutionsgewerbes dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere wenn sich dadurch eine Gefährdung der Jugend oder schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes oder Gefahren oder sonstige erhebliche Nachteile oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten lassen.
Vorliegend stützt die Antragsgegnerin die Versagung der vom Antragsteller beantragten Erlaubnis zum einen darauf, dass die Prostitutionsstätte nach einer Stellungnahme des Bauordnungsamtes baurechtlich nicht genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig ist, zum anderen darauf, dass eine Gefährdung der Jugend zu befürchten sei.
Hinsichtlich der Frage, ob dem Antragsteller ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Erlaubnis zusteht, so dass die Ablehnung rechtswidrig war, geht das Gericht von offenen Erfolgsaussichten aus.
Dem Antragsteller fehlt nicht aufgrund einer fehlenden baurechtlichen Genehmigung schon das Antrags- oder Sachbescheidungsinteresse. Gemäß § 12 Abs. 7 ProstSchG und ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/8556, S. 77) bleiben Erlaubnis- und Anzeigepflichten nach anderen Gesetzen unberührt, so dass die Regelungen des ProstSchG keine Konzentrationswirkung entfalten. Eine Behörde ist allerdings dann nicht verpflichtet, in die Prüfung eines Genehmigungsantrags einzutreten, wenn klar ist, dass der Antragsteller aus Gründen außerhalb des Verfahrens an einer Verwertung der begehrten Genehmigung gehindert wäre und deshalb die Genehmigung ersichtlich nutzlos wäre (BVerwG, B. v. 30.6.2004 – 7 B 92/03, NVwZ 2004, 1240). Dies setzt voraus, dass für die Verneinung des Sachbescheidungsinteresses erforderlich ist, dass außer Zweifel steht, dass der Verwertung einer beantragten Genehmigung rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstehen (BVerwG, U. v. 29.4.2004, NVwZ-RR 2004, 855). Im Umkehrschluss fehlt das Sachbescheidungsinteresse nicht schon dann, wenn lediglich zweifelhaft oder ungewiss ist, ob der Antragsteller wegen – vermeintlicher – Hindernisse von der angestrebten Erlaubnis Gebrauch machen kann (BayVGH, B. v. 30.03.2021 – 22 ZB 20.1972, juris, Rn. 14 f.; VG Würzburg, U. v. 22.7.2020 – W 6 K 20.116, juris, Rn. 26). Vielmehr muss es sich um ein „offensichtliches“ Hindernis handeln (BayVGH, U. v. 23.3.2006 – 26 B 05.555 – BeckRS 2006, 17553 Rn. 18). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Der Antragssteller macht geltend, es handle sich bei seinem Gewerbe um ein Wohnungsbordell. Ein Wohnungsbordell in einem Mischgebiet nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO lässt sich nicht typisierend erfassen, es ist daher nicht von vornherein nach baurechtlichen Vorschriften offensichtlich nicht genehmigungsfähig, sondern bedarf einer Einzelfallprüfung (BVerwG U. v. 9.11.2021- 4 C 5/20, NVwZ 2022, 416). Zwar hält es die Kammer durchaus für möglich, dass es sich bei dem vom Antragssteller betriebenen Gewerbe nicht um Wohnungsprostitution in diesem Sinn handelt, weil sich die Prostituierten, an welche die Wohnung durch den Antragsteller vermietet wird, dort nur jeweils ein bis zwei Wochen aufhalten. Andererseits stellt das Bundesverwaltungsgericht bei der Einordnung eines Wohnungsbordells entscheidend darauf ab, dass die gewerbliche Nutzung der Räumlichkeiten in der Regel von außen nicht wahrnehmbar sei und keine erheblichen negativen Auswirkungen auf die benachbarte Wohnnutzung habe (BVerwG U. v. 9.11.2021, a.a.O., Rn. 12 m.w.N.). Demzufolge könne eine typisierende Betrachtung nur soweit reichen, als es um Betriebe gehe, die dem städtebaulich zu verstehenden Begriff der „milieubedingten“ Unruhe zuzuordnen seien. Dies setze voraus, dass der prostitutive Betrieb nach außen – in welcher Form auch immer – in Erscheinung trete, etwa durch entsprechende Fassadengestaltung wie Aufschriften oder auffällige Werbung, und sich die Einrichtung dadurch von der umgebenden Nutzung abhebe und dadurch einen zusätzlichen, gebietsfremden Verkehr auslöse (BVerwG, U. v. 9.11.2021, a.a.O., Rn. 13).
Den der Antragsschrift beigelegten Fotos ist eine solche Erkennbarkeit nach außen nicht zu entnehmen. Die vorgelegten Verträge ergeben auch keine nächtlichen Arbeitszeiten, sodass durchaus denkbar ist, dass das Gewerbe des Antragsstellers nach den oben genannten Maßgaben noch der Wohnungsprostitution zugeordnet werden kann. Die abschließende Beurteilung dieser Frage ist daher einem baurechtlichen Genehmigungsverfahren vorbehalten.
Das Gericht sieht es auch als offen an, ob – wie von der Antragsgegnerin behauptet – wegen des Betriebskonzepts oder der örtlichen Lage des Prostitutionsgewerbes gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG eine Gefährdung der Jugend zu befürchten ist. Ob das vom Antragsteller beabsichtigte Prostitutionsgewerbe eine solche Gefährdung der Jugend auslösen kann, hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalles ab. Zwar hat die Antragsgegnerin insoweit darauf verwiesen, dass sich in unmittelbarer Nähe Einrichtungen befänden, die dazu führen könnten, dass Kinder durch täglichen Sichtkontakt bzw. „milieubedingte Unruhe“ Kenntnis von der Existenz der Prostitutionsstätte erlangen könnten und damit unfreiwillig und unangemessen mit dem Thema Prostitution und käufliche sexuelle Dienstleistungen konfrontiert werden würden. Allerdings bedarf es schon im Hinblick darauf, dass Zweifel hinsichtlich der Wahrnehmbarkeit der Prostitutionsstätte nach außen bestehen, voraussichtlich einer Beweisaufnahme im Rahmen der Klage auf Erteilung der beantragten Erlaubnis, ob diese Überlegungen durchgreifen können. Bestätigt wird dies dadurch, dass einige der von der Antragsgegnerin genannten Einrichtungen, wie insbesondere die … Schulen, nicht typischerweise von Kindern besucht werden, während andere Einrichtungen, wie die …-Kinderkrippe „…“ oder die … Kinderinsel … einen halben Kilometer entfernt gelegen sind.
Ebenso wird im Verfahren auf Erteilung der beantragten Erlaubnis zu klären sein, ob im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin genannten Geräuschbelästigungen durch „mit dem Vollzug sexueller Handlungen gewöhnlicher Weise einhergehende Geräusche“ bzw. „verstärkten Kraftfahrzeugverkehr“ oder „lautstarke Auseinandersetzungen“ der Versagungsgrund schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes oder der Gefahren oder sonstigen erheblichen Nachteile oder Belästigungen für die Allgemeinheit erfüllt sein kann.
bb) Rechtsgrundlage von Nr. 2 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 21.1.2022 ist § 15 Abs. 2 Satz 1 GewerbeordnungGewO. Danach kann die Fortsetzung des Betriebes eines Gewerbes, zu dessen Ausübung eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung (Zulassung) erforderlich ist und das ohne diese Zulassung betrieben wird, von der zuständigen Behörde verhindert werden. Erweist sich die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Erlaubnis als rechtswidrig, kann auch die Untersagung des Betriebs keinen Bestand haben, so dass auch insoweit die Erfolgsaussichten offen sind.
Gleiches gilt für die Anordnung, die Ausübung der Prostitution einzustellen in Nr. 3, die Zwangsgeldandrohung in Nr. 5 sowie die Kostenentscheidung in Nr. 6 und 7. c) Die Interessenabwägung fällt vorliegend zu Lasten der Antragsgegnerin aus. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Antragsteller aufgrund der Erlaubnisfiktion nach § 37 Abs. 4 Satz 1 ProstSchG bis zur Ablehnung seines Antrags das Prostitutionsgewerbe betreiben durfte und nach seinen insoweit unwidersprochen gebliebenen Angaben ein Prostitutionsgewerbe in den streitgegenständlichen Räumlichkeiten bereits seit 1985 ausgeübt wird.
Im Hinblick darauf, dass die Antragsgegnerin über den Antrag des Antragstellers vom 2.10.2017 auf Erteilung einer Erlaubnis erst am 21.1.2022, also nach mehr als vier Jahren entschieden und somit über mehrere Jahre in Kauf genommen hat, dass der Antragsteller das von ihm beantragte Prostitutionsgewerbe in den streitgegenständlichen Räumlichkeiten erlaubt weiter betreiben konnte, vermag das Gericht ein vorrangiges öffentliches Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht zu erkennen. Dies gilt umso mehr, als seitens der Antragsgegnerin auch nicht vorgetragen wurde, dass es aufgrund des Prostitutionsgewerbes zu Beschwerden durch Anwohner oder Dritte gekommen sei oder sich Hinweise auf solche Beschwerden den Behördenakten entnehmen ließen.
2. Die gerichtliche Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
3. Rechtsgrundlage der Streitwertfestsetzung sind §§ 153 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 und 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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