Verwaltungsrecht

Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft

Aktenzeichen  W 8 S 20.30824

Datum:
17.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 17817
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 60 Abs. 1
AsylG § 30, § 36 Abs. 4 S. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben algerischer Staatsangehöriger, der sein Heimatland schon im Jahr 2000 verlassen hat. Er reiste nach eigenen Angaben am 30. September 2019 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 23. Oktober 2019 einen Asylantrag, den er primär auf wirtschaftliche Gründe stützte.
Mit Bescheid vom 2. Juli 2020 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1 des Bescheides), den Antrag auf Asylanerkennung (Nr. 2) und den Antrag auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als offensichtlich unbegründet ab. Weiter stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, und im Falle des Nichteinhaltens der Ausreisefrist die Abschiebung nach Algerien oder einen anderen Staat, in den der Antragsteller einreisen darf oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet ist, angedroht. Die Vollziehung der Abschiebungsandrohung und der Lauf der Ausreisefrist wurden zum Ablauf der einwöchigen Klagefrist und, im Falle einer fristgerechten Stellung eines Antrags auf Anordnung einer aufschiebenden Wirkung der Klage, bis zur Bekanntgabe der Ablehnung des Eilantrags durch das Verwaltungsgericht ausgesetzt (Nr. 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG wurde angeordnet und auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 7. Juli 2020 ausgehändigt.
Am 15. Juli 2020 erhob der Antragsteller zu Protokoll der Urkundsbeamtin im Verfahren W 8 K 20.30823 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid und beantragte im vorliegenden Verfahren:
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung wird angeordnet.
Zur Begründung verwies der Antragsteller auf seine Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und brachte weiter im Wesentlichen vor: Hinsichtlich des Fristversäumnisses möchte er anmerken, dass er am Mittwoch, 8. Juli 2020 bei der Caritas in der ANKER-Einrichtung gewesen sei. Ihm sei gesagt worden, dass er am Mittwoch zur Rechtsantragsstelle des Verwaltungsgerichts gehen müsse. Es würde reichen, wenn er diesen Mittwoch hingehen würde, obwohl er bei der Caritas gesagt habe, dass er nur eine Woche Zeit habe. Er habe sich auf die Aussage der Caritas verlassen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte W 8 K 20.30823) sowie die beigezogene Behördenakte verwiesen.
II.
Bei verständiger Würdigung des Vorbringens des Antragstellers (§ 122 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 88 VwGO) ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Nr. 5 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Juli 2020 begehrt.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere nicht verfristet. Der Antragsteller hat zwar die Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG für den Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO trotz ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung:und Hinweis auf die Wochenfrist auch in arabischer Sprache versäumt. Denn die Wochenfrist für den ihn am Dienstag, den 7. Juli 2020 ausgehändigten Bescheid endete nach § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des Dienstags, 14. Juli 2020 und war bei der Antragstellung am 15. Juli 2020 abgelaufen.
Jedoch war dem Antragsteller gemäß § 60 Abs. 1 VwGO antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da er die Wochenfrist ohne Verschulden versäumt hat. Denn eine verschuldete Versäumnis einer Frist liegt nur dann vor, wenn der Beteiligte hinsichtlich der Wahrung der Frist diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten war (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 60 Rn. 9 m.w.N.). Dabei dürfen die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht angesichts der Bedeutung des Rechtsinstituts der Wiedereinsetzung für den von Verfassungswegen gewährleisteten Rechtsschutz des Betroffenen nicht überspannt werden.
Der Antragsteller hat glaubhaft vorgebracht, dass er sich unter Hinweis auf die Wochenfrist an die Caritas im ANKER-Zentrum gewandt habe, die – wie gerichtsbekannt ist – den Asylbewerbern bei der Erhebung von Klagen und Stellung von Eilanträgen im Asylverfahren behilflich ist. Offensichtlich hat die Mitarbeiterin bei der Caritas die Wochenfrist nicht richtig berechnet. Dieses Fehlverhalten kann dem Antragsteller nicht zum Vorwurf gemacht werden.
Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist aber unbegründet, da insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG).
Das Gericht folgt den Feststellungen und der Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Ausführungen im Bescheid decken sich mit der bestehenden Erkenntnislage, insbesondere mit dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes (Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien vom 25.6.2019, Stand: Mai 2019; vgl. ebenso BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Algerien vom 26.6.2020; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderreport 11, Algerien, Marokko, Tunesien, Menschenrechtslage, im Fokus: Vulnerable Personen, Stand 6/2019; Länderreport 3, Algerien, November 2018).
Das Vorbringen des Antragstellers rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die angesprochene persönliche Situation ist offensichtlich nicht asyl-, flüchtlings- oder sonst schutzrelevant (vgl. § 30 AsylG), wie die Antragsgegnerin im streitgegenständlichen Bescheid zutreffend ausgeführt hat. Denn nach dem eigenen Sachvortrag des Antragstellers im behördlichen Verfahren war der wesentliche Ausreisegrund seine persönliche wirtschaftliche Situation und die fehlende Zukunft in Algerien.
Des Weiteren liegen keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. 7 Satz 1 AufenthG vor. Auch insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid, die sich das Gericht zu eigen macht, Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Das Gericht hat insbesondere keine durchgreifenden Zweifel, dass dem Antragsteller im Anschluss an seine Rückkehr nach Algerien die Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz möglich sein wird. Dem Antragsteller ist es zuzumuten, sich eine Arbeit zu suchen, bzw. es besteht die Möglichkeit der Unterstützung von noch in Algerien lebenden Familienmitgliedern. Gegenteiliges folgt auch nicht aus der allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Lage in Algerien, wie auch das Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid zutreffend ausgeführt hat. In Algerien ist die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und auch die medizinische Grundversorgung gewährleistet (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien vom 25.6.2019, Stand: Mai 2019, S. 8 f., 20 f.; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Algerien vom 26.6.2020, S. 27 ff.). Der Antragsteller ist erwerbsfähig und gesund. Ihm ist deshalb wie in der Vergangenheit zuzumuten, zur Sicherung seines Existenzminimums den notwendigen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit zu verdienen bzw. gegebenenfalls auf die Unterstützung durch Familienangehörige der noch in Algerien lebenden (Groß-)Familie zurückzugreifen. Die ca. 20-jährige Abwesenheit des Antragstellers von seiner Heimat ist unschädlich, weil der in Algerien geborene Antragsteller nach eigenen Angaben erst im Alter von 19 Jahren seine Heimat verlassen und die frühkindliche Prägung und Sozialisierung bis ins Erwachsenenalter in seinem Heimatland erfahren hat, so dass er mit der Sprache und den dortigen Lebensverhältnissen vertraut ist. Letztlich ist dem Antragsteller eine (Re-)Integration in die Lebensverhältnisse seines Heimatlandes möglich und zumutbar (im Ergebnis ebenso VG Frankfurt, U.v. 5.3.2020 – 3 K 2341/19.F.A – juris; SaarlOVG, B.v. 25.9.2019 – 2 A 284/18 – juris; VG Minden, B.v. 30.8.3019 – 10 L 370/19.A – juris; U.v. 28.3.2017 – 10 K 883/16.A – juris; U.v. 22.8.2016 – 10 K 821/16.A – juris; BVerwG, U.v. 15.4.2019 – 1 C 46/18 – juris; U.v. 27.3.2018 – 1 A 5/17 – juris; VG Stade, U.v. 1.4.2019 – 3 A 32/18 – juris; VG Magdeburg, U.v. 6.12.2018 – 8 A 206/18 – juris; VG Köln, B.v. 24.8.2016 – 3 L 1612/16.A – juris).
Sonstige Gründe für das Bestehen eines Abschiebungsverbots sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Insbesondere rechtfertigt die weltweite COVID-19-Pandemie keine andere Sichtweise in Bezug auf das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. 7 Satz 1 AufenthG. Nur in ganz außergewöhnlichen Fällen können schlechte humanitäre Verhältnisse zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führen, nämlich dann wenn es sich hierbei um zwingende humanitäre Gründe handelt (vgl. OVG NRW, U.v. 24.3.2020 – 19 A 4470/19.A – juris m.w.N.).
Weiter ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG Gefahren nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen sind. Fehlt – wie hier – ein solcher Erlass kommt ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG allenfalls ausnahmsweise in verfassungskonformer Auslegung in Betracht, wenn es zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke, d.h. zur Vermeidung einer extremen konkreten Gefahrenlage erforderlich ist (BVerwG, U.v. 13.6.2013 – 10 C 13.12 – BVerwGE 147, 8). Allgemeine Gefahren können aufgrund der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbotes grundsätzlich nicht rechtfertigen. Der Antragsteller hat aber offensichtlich keinen Anspruch wegen einer extremen Gefahrenlage. Eine verfassungswidrige Schutzlücke liegt nur dann vor, wenn der Schutzsuchende bei einer Rückkehr in das Zielland mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Die drohenden Gefahren müssen nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise Opfer einer extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahr ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Eine Abschiebung müsste dann ausgesetzt werden, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges“ dem sicheren Tod oder schweren Verletzungen ausgeliefert würde. Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren (OVG NRW, U.v. 24.3.2020 – 19 A 4470/19.A – juris, vgl. auch schon VG Würzburg, B.v. 1.7.2020 – W 8 S 20.30762 – juris; jeweils m.w.N.).
Eine solche konkrete außergewöhnliche Gefahrenlage für den Antragsteller ist vorliegend im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt im Hinblick auf die Verbreitung des Corona-Virus (SARS-CoV-2) auch vor dem Hintergrund des erforderlich hohen Wahrscheinlichkeitsgrades für das Gericht nicht erkennbar. Der 39 Jahre alte Antragsteller ohne erkennbare Vorerkrankungen gehört nicht zu einer besonderen Gruppe mit höherem Risiko für einen schweren, möglicherweise lebensbedrohlichen Verlauf der Covid-19-Erkrankung (vgl. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogruppen.html).
Abgesehen davon hat der Antragsteller keinerlei Angaben gemacht wie sich aktuell die Lage zur Ausbreitung von COVID-19 in Algerien – vor allem in seiner Heimatregion – darstellt, insbesondere wie viele Menschen sich dort mit dem zugrundeliegenden Krankenheitserreger Sars-CoV 2 infiziert haben, hierdurch schwer erkrankt oder gar verstorben sind, von wie vielen Ansteckungsverdächtigen derzeit auszugehen ist, welche Schutzmaßnahmen und mit welcher Effektivität der algerische Staat zu Eindämmung der Pandemie ergriffen hat, um beurteilen zu können ob und welche Wahrscheinlichkeit für eine möglicherweise befürchtete Ansteckung mit COVID-19 im Fall einer Rückkehr besteht. Denn für die Beurteilung ist auf die tatsächlichen Umstände des konkreten Einzelfalles abzustellen, zu der auch eine eventuelle Zugehörigkeit einer Risikogruppe gehört (OVG NRW, B.v. 23.6.2020 – 6 A 844/20.A – juris).
Ergänzend ist anzumerken, dass nach den aktuellen Fallzahlen – auch im Vergleich zu Deutschland – keine erhöhte Gefahr der Ansteckung oder gar schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankung besteht. In Algerien sind aktuell 21.355 Personen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert, es gibt 1.052 Todesfälle und 15.107 Genesene (https://www.worldometers.info/coronavirus/country/algeria/). Demgegenüber verzeichnet Deutschland 201.836 Infizierte, 9.157 Todesfälle und 186.400 Genesene (https://www.worldometers.info/coronavirus/country/germany/). Des Weiteren ist zu beachten, dass Algerien nicht tatenlos geblieben ist, sondern Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie getroffen hat (siehe BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Kurzinformation Staatendokumentation, Afrika, COVID-19 – aktuelle Lage vom 9.7.2020, S. 14 f.; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Algerien, Stand: 26.6.2020, S. 30).
Der Antragsteller muss sich letztlich – genauso wie bei etwaigen anderen Erkrankungen, bei der die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung um ein Vielfaches höher liegt als bei dem Corona-Virus (vgl. zu Malaria OVG NRW, U.v. 24.3.2020 – 19 A 4470/19.A – juris; VG Karlsruhe, U.v. 26.2.2020 – A 4 K 7158/18 – juris) – gegebenenfalls mit den Behandlungsmöglichkeiten in Algerien behelfen. Darüber hinaus bestehen – wie auch in anderen Staaten, wie etwa in Deutschland – individuell persönliche Schutzmöglichkeiten, wie das Tragen einer Gesichtsmaske, Händewaschen oder die Wahrung von Abstand zu anderen Personen, um das Risiko einer Ansteckung durch eigenes Verhalten zu minimieren.
Im Übrigen ist der Antragsteller gehalten, im Bedarfsfall die Möglichkeiten des – nicht europäischem Niveau entsprechenden – algerischen Gesundheits- und Sozialsystems (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Algerien, Stand: 26.6.2020, S. 29 f.; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, Stand: Mai 2019, vom 25.6.2019, S. 20 f.) auszuschöpfen. Gegebenenfalls kann er auch auf private Hilfemöglichkeiten oder Hilfsorganisationen sowie auf Rückkehr- und Starthilfen sowie auf Reintegrationsprogramme zurückzugreifen, sodass er nicht völlig mittellos wäre.
Des Weiteren hat das Gericht keine triftigen Anhaltspunkte geschweige denn konkrete Belege, dass sich die Lebensverhältnisse und die humanitären Lebensbedingungen infolge der Corona-Pandemie in Algerien in der Weise verschlechtert hätten oder alsbald verschlechtern würden, dass generell für jeden Rückkehrenden eine Extremgefahr im oben skizzierten Sinn mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen würde. Folglich ist dem Antragsteller eine Rückkehr nach Algerien zumutbar.
Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass gerade hinsichtlich der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie Ausgleichsmaßnahmen zur Unterstützung notleidender Bevölkerungsteile geschaffen wurden. Hilfsmaßnahmen kommen vor allem aus der Zivilgesellschaft. Außerdem kommt es zur Stundung von Steuerzahlungen und Krediten. Anzeichen für eine Wasser- oder Lebensmittelknappheit bestehen nicht (BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Kurzinformation der Staatendokumentation AFRIKA, COVID-19 – aktuelle Lage, S. 10 f., vom 9.7.2020, insbesondere S. 14 f.).
Das Gericht verkennt – auch unter Berücksichtigung der Corona-Pandemie -nicht die mitunter schwierigen Lebensverhältnisse in Algerien. Diese betreffen jedoch algerische Staatsangehörige in vergleichbarer Lage in gleicher Weise.
Der Antrag war daher nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG abzulehnen.


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